Mit ihrem neuen Angebot haben kommunale Arbeitgeber und Bundesregierung erneut gezeigt, dass sie die Löhne der öffentlich Beschäftigten nach drei Jahren extremer Belastung massiv senken wollen. Während die Arbeiter wütend und empört reagieren, will Verdi die Kampfbereitschaft mit dem Schlichtungsverfahren zermürben und einen Streik mit allen Kräften verhindern.
Das Angebot, das Bund und Kommunen Medienberichten zufolge in der letzten Verhandlungsrunde vorlegten, ist nichts weniger als eine Kriegserklärung an die Beschäftigten. Nachdem die Pflegerinnen und Pfleger, die Müllwerker und Busfahrer in den letzten drei Jahren unter den widrigsten Arbeitsbedingungen das Land am Laufen gehalten haben, will die Regierung jetzt ihre Löhne massiv senken.
Denn angesichts einer offiziellen Inflationsrate von fast zehn Prozent und noch viel höheren Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Energie bedeutet selbst die Verdi-Forderung von 10,5 Prozent, bzw. mindestens 500 Euro mehr Lohn bei einer Laufzeit von 12 Monaten einen empfindlichen Reallohnverlust.
Doch der Regierung reicht das nicht aus. Sie hat laut Medienberichten lediglich acht Prozent, bzw. mindestens 300 Euro Lohnerhöhung angeboten. Gegenüber der WSWS erklärte eine Sprecherin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) sogar, dass es nicht einmal ein solches Angebot gegeben habe, sondern nur „Elemente einer Einigung sondiert“ worden seien.
Selbst wenn es das Angebot gegeben haben sollte, wäre es eine Provokation. Geht man von den 27 Monaten Laufzeit des ersten Angebots der Arbeitgeber und einer ähnlichen Staffelung der Lohnerhöhungen aus, kommt schließlich eine jährliche Lohnerhöhung von etwas mehr als vier Prozent heraus. Ansonsten gibt es nur Einmalzahlungen, die sich nicht auf das zukünftige Lohnniveau auswirken. Schreibt sich die Inflation bei Lebensmitteln, Energie und Mieten fort, würde ein durchschnittlicher Arbeiter über die Laufzeit fast die Hälfte seiner Kaufkraft einbüßen.
Der Mangel an Pflegekräften und Beschäftigten anderer Bereiche des öffentlichen Dienstes würde durch die massiven Lohnsenkungen weiter verschärft und die ohnehin üblen Arbeitsbedingungen würden schlichtweg unerträglich. Die Leidtragenden sind nicht nur die Beschäftigten, sondern alle Menschen, die auf die öffentliche Gesundheitsversorgung, den öffentlichen Nahverkehr und andere Teile der Daseinsvorsorge angewiesen sind.
Die Regierung organisiert diesen rigorosen Sozialkahlschlag, um ihre wahnsinnigen Aufrüstungspläne zu finanzieren und die Milliardengeschenke, die den Banken und Konzernen in der Pandemie gemacht wurden, bei den Arbeitern wieder einzutreiben. Am Mittwoch hat der Haushaltsausschuss des Bundestags die Waffenlieferungen an die Ukraine kurzerhand auf 15 Milliarden Euro verfünffacht – ein Vielfaches dessen, was den Bund die Verdi-Lohnforderung kosten würde.
Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes reagieren auf diesen Kahlschlag im Interesse der Reichen und der Rüstung zu Recht mit Wut und Empörung. Das hat nicht zuletzt die enorme Streikbereitschaft während der Warnstreiks der letzten Wochen gezeigt. Arbeiter wollen die Angriffe der Regierung nicht hinnehmen und erhalten überwältigende Unterstützung von der großen Mehrheit der Bevölkerung, die selbst von den Kürzungen betroffen ist.
Doch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi setzt alles daran, einen umfassenden Streik zu verhindern. Sie hat dem Schlichtungsverfahren zugestimmt und sich damit für diesen Zeitraum zum Verzicht auf jede Streikmaßnahme verpflichtet.
Anders als von der Gewerkschaft und vielen Medien kolportiert, handelt es sich bei diesem Verfahren mitnichten um einen automatischen Prozess. Eine Schlichtung nach drei ergebnislosen Verhandlungsrunden war von Verdi selbst zusammen mit dem VKA am 25. Oktober 2011 vereinbart worden. Gesetzliche Regelungen gibt es angesichts des Grundrechts auf Streik und Koalitionsfreiheit nicht.
Die Schlichtung ist der durchsichtige Versuch, die Arbeiter zu zermürben und einen Arbeitskampf zu verhindern. Als Vorsitzende der Schlichtungskommission wurden der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) von der Arbeitgeberseite und der ehemalige Bremer Staatsrat Henning Lühr (SPD) für die Gewerkschaften berufen. Damit sitzen Vertreter der Regierungsparteien an allen Enden des Verhandlungstisches, denn auch die meisten Verdi-Funktionäre haben ein Parteibuch der SPD oder der Grünen.
Die Schlichtung ist ein abgekartetes Spiel, mit dem am Ende die Reallohnkürzung durchgesetzt werden soll. Das hat Verdi schon bei der Post gezeigt, wo die Gewerkschaft einen Streik verhinderte und das skandalöse Angebot der Konzernführung akzeptierte, obwohl 86 Prozent der Beschäftigten in einer Urabstimmung dagegen und für Streik gestimmt hatten.
Verdi spielt diese Rolle als Streikbrecher und Betriebspolizei, weil sie aufs Engste mit Regierung und Unternehmen verbunden ist. Sie unterstützte die Bankenrettung ebenso wie jetzt die Kriegspolitik. Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die „Zeitenwende“ und damit die größte Aufrüstung seit Hitler verkündete, schlossen sich die Gewerkschaften mit Regierung und Unternehmen zur Konzertierten Aktion zusammen. Darin sprechen sie ab, wie sie die Löhne angesichts der horrenden Inflation niedrig halten und Streiks unterdrücken.
Was Regierung, Unternehmen und Gewerkschaften fürchten, ist eine europäische Streikbewegung. In Frankreich gehen Millionen gegen Macrons Rentenkürzungen auf die Straße, in Großbritannien streiken Hunderttausende gegen Lohnsenkungen und die Einschränkung des Streikrechts und in Spanien, Portugal, Belgien und vielen anderen Ländern entwickeln sich massive Streiks. Verdi will um jeden Preis verhindern, dass diese Bewegung auch in Deutschland um sich greift und die Regierung mit ihren Kürzungs- und Kriegspolitik herausfordert.
Die Beschäftigten dürfen die gewerkschaftliche Zwangsjacke nicht akzeptieren. Wenn sie ihre Löhne verteidigen und die unerträglichen Arbeitsbedingungen verbessern wollen, müssen sie sich in unabhängigen Aktionskomitees zusammenschließen, die Verdi das Misstrauen aussprechen und den Streik in die eigene Hand nehmen.
Die Aktionskomitees müssen sich international in der Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) zusammenschließen und den Kampf gegen die Kürzungspolitik mit dem Kampf gegen Krieg und Aufrüstung verbinden. Kontaktiert uns jetzt und schickt eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340, um Euch daran zu beteiligen.
„Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssen die Auseinandersetzung mit der Regierung als das verstehen, was sie ihrem Wesen nach ist“, schrieben wir am Dienstag in einer Erklärung: „Teil einer europäischen und internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus und die Kriegspolitik. Denn kein gesellschaftliches Problem kann gelöst werden und die Löhne können nicht verteidigt werden, ohne die Macht der Banken und Konzerne zu brechen und sie unter demokratische Kontrolle zu stellen.“