Nach Protesten: Kanadische Universität Waterloo erlaubt Antikriegsveranstaltung der IYSSE jetzt doch

Die Universität Waterloo ist von ihrer Drohung abgerückt, eine Antikriegsveranstaltung der International Youth and Students for Social Equality am 28. März auf ihrem Campus in Kitchener-Waterloo (Ontario) zu unterbinden.

Die IYSSE haben ihr demokratisches Recht, die Veranstaltung abzuhalten, energisch verteidigt. Sie ist Teil einer weltweiten Veranstaltungsreihe der IYSSE unter dem Titel „Der Krieg in der Ukraine und wie er gestoppt werden kann: Die historischen und politischen Ursprünge des Nato-Kriegs gegen Russland“.

Am Dienstag schickte die Universität der IYSSE eine E-Mail, die offenbar darauf ausgelegt war, einen Vorwand zu schaffen, um die Buchung des Raums im Conrad Grebel University College zu stornieren. In der Mail warf die Universität der IYSSE vor, sie habe falsche Angaben über den Charakter der Veranstaltung gemacht und wolle das College mit ihr in Verbindung bringen. Ferner wurde eine neue Reihe von weiteren Bedingungen gestellt, die deutlich über diejenigen im Buchungsvertrag hinausgingen und bis einschließlich letzten Mittwoch hätten erfüllt werden müssen, damit die Veranstaltung stattfinden könne.

Flugblatt für die Veranstaltung an der Universität Waterloo (Foto: WSWS)

Viele dieser Bedingungen waren, offen gesagt, empörend. So wurde die IYSSE aufgefordert, der Universität „vollständige Kontaktdaten (Namen, Adressen und Telefonnummern)“ für alle „an der Organisation der Veranstaltung beteiligten“ Personen vorzulegen, dazu „Scans“ ihrer „Führerscheine, Krankenkassenkarten oder Reisepässe“.

In der Mail war von telefonischen Beschwerden über die Veranstaltung die Rede, und auch Gewaltandrohungen wurden angedeutet. Um die Einführung ihrer neuen Vorgaben zu rechtfertigen, laut denen die IYSSE Details zu ihrem „Plan für das Management der Teilnehmer“ vorlegen muss, behauptete die Universität, die Veranstaltung werde „vermutlich Opposition“ anziehen, daher könnten „Sicherheits- und Kontrollmaßnahmen des Publikums“ notwendig werden.

Matthew Richter, Vertreter der IYSSE, erklärte am nächsten Tag in einem Schreiben, er weise die Vorwürfe der Universität über falsche Angaben zurück und lehne ihren Versuch ab, willkürlich neue Bedingungen für die Buchung des Raums festzulegen. Er wies darauf hin, das die Universität vom Ukrainian Canadian Congress unter Druck gesetzt werde. Diese vom kanadischen Staat geförderte Organisation propagiert einen rechtsextremen ukrainischen Nationalismus, der den Nazi-Kollaborateur und Kriegsverbrecher Stepan Bandera verherrlicht.

Richters Schreiben endete mit der Erklärung, die Veranstaltung am Dienstag „sollte wie geplant stattfinden. Es spricht nichts dagegen. Sollte sie nicht stattfinden, wird dies von den Studierenden und der Öffentlichkeit als Ergebnis einer offenen politischen Zensur gewertet, durch die eine öffentliche Diskussion über die Ursprünge und Konsequenzen eines Kriegs, in den Kanada zunehmend involviert wird, verhindert werden soll.“

Am Donnerstagnachmittag – einige Stunden, nachdem die World Socialist Web Site Richters Brief veröffentlicht und Studierende und Arbeiter in Kanada und weltweit aufgerufen hatte, gegen die Zensur der IYSSE durch die Universität Waterloo zu protestieren – erhielt Richter einen zweiten Brief von der Universität. Darin verzichtete sie auf die neuen Forderungen und Bedingungen, die sie in der E-Mail vom Dienstag gestellt hatte.

Der Brief des leitenden Administrators E. Paul Penner vom Donnerstag begann mit der Feststellung: „Wir haben nicht die Absicht, Ihre Veranstaltung abzusagen. Allerdings möchten wir sicherstellen, dass sie angemessen durchgeführt wird.“ Ein Großteil des Schreibens besteht aus dem Versuch, die zurückgenommenen Bedingungen zu rechtfertigen. So behauptete Penner weiterhin, das Werbematerial der IYSSE könnte Verwirrung darüber stiften, wer die Veranstaltung organisiert – obwohl darauf ausdrücklich steht, die Veranstaltung werde „von der International Youth and Students for Social Equality ausgerichtet“, und obwohl das Conrad Grebel University College, in Übereinstimmung mit dem Buchungsvertrag für den Raum, ausschließlich zum Zweck der Identifizierung des Versammlungsorts erwähnt wird.

Richter hatte in seinem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Universität, sofern sie von irgendwelchen Drohungen gegen die Veranstaltung am Dienstag weiß, dazu verpflichtet ist, „die IYSSE über die Art dieser Drohungen zu informieren und öffentlich dagegen Stellung zu beziehen“. Als Reaktion darauf erklärte das Universitätsmanagement nun: „Uns sind keine Sicherheitsrisiken bekannt, und wir werden Sie davon unterrichten, wenn wir irgendetwas davon erfahren.“

In ihrem Schreiben vom Donnerstag behauptet die Universität außerdem, sie sei von niemandem wegen der Veranstaltung der IYSSE kontaktiert worden, der sich mit dem Ukrainian Canadian Congress (UCC) identifiziert habe. Allerdings hatte die WSWS bereits zuvor dokumentiert, dass der UCC und die ihm nahestehenden Studentenorganisationen eine systematische Kampagne führen, um die Absage von Antikriegsversammlungen zu erzwingen. Sie versuchen u.a., die Organisatoren als „prorussisch“ zu verleumden, und wenn dies nicht gelingt, die Veranstaltungen zu stören.

Sie können so ungestraft agieren, weil sie von den höchsten Ebenen des kanadischen Staats unterstützt werden. Die stellvertretende Premierministerin und Finanzministerin, Chrystia Freeland, deren Großvater ein prominenter rechtsextremer Nazi-Kollaborateur war, steht dem UCC seit ihrer Kindheit nahe und hat regelmäßig dessen Huldigungen von Bandera und seiner Organisation Ukrainischer Nationalisten unterstützt. Der Stabschef von Verteidigungsministerin Anita Anard, Taras Zalusky, war von 2010 bis 2016 Vorstandschef und geschäftsführender Direktor des UCC.

Noch wichtiger ist jedoch, dass die liberale Regierung „an der Seite der Ukraine steht“, dem Nato-Marionettenregime in Kiew seit Beginn des Kriegs Waffen im Wert von über einer Milliarde Dollar geliefert hat und die USA trotz der Gefahr eines Atomkriegs in der Eskalation des Konflikts unterstützt, weil dies den räuberischen Interessen der kapitalistischen Elite des kanadischen Imperialismus dient.

Letzten Endes ist die unablässige Kriegspropaganda des politischen Establishments und der bürgerlichen Medien ebenso wie ihre ihre Versuche, die Stimmen von Kriegsgegnern zu zensieren und zum Schweigen zu bringen, ein Ausdruck der Angst der herrschenden Klasse. Sie erkennen nicht nur, dass es unter Arbeitern zunehmendes Misstrauen und Widerstand gegen den Krieg gibt, auch wenn diese bisher noch keinen politisch klaren Charakter haben. Sie fürchten, dass ihr zur Rechtfertigung des Krieges geschaffenes Narrativ – Russlands Überfall auf die Ukraine sei völlig „unprovoziert“ und das Selenskyj-Regime würde für „Demokratie“ und „Selbstbestimmung“ der Ukraine kämpfen – schnell auseinanderfallen würde, wenn offene Kritik geäußert und Diskussionen darüber geführt würden. Das heißt, dass ihre Kriegsbefürwortung als Ansammlung von Lügen und Halbwahrheiten auf der Grundlage von Geschichtsfälschung entlarvt würde.

Wir danken allen Lesern der WSWS, die uns bei unserem Widerstand gegen den Versuch der Universität Waterloo, die Veranstaltung der IYSSE zu zensieren, unterstützt haben. Es handelt sich um einen kleinen, aber wichtigen Sieg für die demokratischen Rechte der arbeitenden Bevölkerung.

Wir rufen alle Studierenden der Universität Waterloo und alle Leser der WSWS in Kitchener-Waterloo, Guelph und Umgebung auf, an der IYSSE-Veranstaltung am 28. März um 19 Uhr teilzunehmen. Veranstaltungsort ist Raum 1302 des Conrad Grebel University College, 140 Westmount Road North, Waterloo (Ontario). Hauptredner wird Niles Niemuth sein, leitender WSWS-Redakteur.

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