USA liefern Langstreckenraketen an die Ukraine

Am Freitag kündigte das Weiße Haus die Lieferung von Langstreckenraketen an die Ukraine an, mit denen Angriffe auf Ziele möglich sind, die rund 150 Kilometer weit in russischem Gebiet liegen. Dieser Schritt stellt eine der bisher bedeutendsten Eskalationen der amerikanischen Beteiligung am Krieg gegen Russland dar.

Die Ankündigung wurde, wie es mittlerweile üblich ist, am Freitagnachmittag bekanntgegeben, so dass sie in der Bevölkerung so wenig Beachtung wie möglich fand.

Die gefügigen US-Medien unterstützen das Ziel der Biden-Regierung, die Bevölkerung über die Konsequenzen dieser Entscheidung im Unklaren zu lassen. Diese massive Eskalation des Kriegs gegen Russland wurde in den Medien praktisch nicht erwähnt. Weder die New York Times noch das Wall Street Journal oder die Washington Post berichteten darüber auf den Titelseiten und auch die abendlichen Nachrichtensendungen erwähnten es nicht.

Bei dem als Small Diameter Bomb (SDB) bezeichneten Waffensystem handelt es sich um eine raketengestützte lenkbare Gleitbombe. Ihre Reichweite ist doppelt so groß wie die der HIMARS-Raketen, die Washington bereits geliefert hat.

Soldaten der 3rd Munitions Squadron der US Air Force mit Small Diameter Bombs (SDB) während eines Bereitschaftstrainings auf dem Luftwaffenstützpunkt Joint Base Elmendorf-Richardson in Alaska am 9. Februar 2018. (Foto: Alejandro Peña, US Air Force)

Mit dieser Ankündigung widerspricht Biden seiner Zusicherung vom Mai, als er erklärt hatte: „Weder ermutigen wir die Ukraine noch versetzen wir sie in die Lage, jenseits ihrer Grenzen anzugreifen.“ Zudem hatte er erklärt: „Wir liefern der Ukraine keine Raketensysteme, mit denen Angriffe auf Russland möglich sind.“

Die Ankündigung ist das jüngste Element in einer extrem schnellen Eskalation der Beteiligung der USA am Krieg in den letzten zwei Wochen. Am 26. Januar erklärte das Weiße Haus, es werde der Ukraine 31 Abrams-Kampfpanzer liefern. Dieser Schritt erfolge im Rahmen einer Koalition aus Nato-Staaten, die der Ukraine in einer ersten „Welle“ über 120 Kampfpanzer liefern.

Direkt nach dieser Ankündigung gab das Weiße Haus bekannt, dass die US-Regierung Gespräche über die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an die Ukraine führe, während Demokraten und Republikaner sowie dominante Teile der US-Medien deren Entsendung forderten.

Die erwartete Ankündigung der neuen Langstreckenwaffen kommt zu einem Zeitpunkt, an dem die Regierung Biden laut Presseberichten erwägt, einen ukrainischen Angriff auf die mehrheitlich russischsprachige Halbinsel Krim, die Russland seit 2014 als sein Territorium beansprucht, offen zu unterstützen.

Die Biden-Regierung hatte bereits 2021 die Krim-Plattform der Selenskyj-Regierung in der Ukraine unterstützt, welche die „Rückeroberung der Krim“ vorsieht. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine hatte Washington seine explizite Unterstützung für das offizielle Kriegsziel der Selenskyj-Regierung abgemildert, um den massiv eskalierenden Charakter der eigenen Beteiligung am Krieg zu verschleiern.

Doch jetzt berichtet die New York Times: „Die Biden-Regierung beginnt endlich einzuräumen, dass Kiew möglicherweise dazu in der Lage sein muss, das russische Schutzgebiet anzugreifen, selbst wenn dieser Schritt das Risiko einer Eskalation erhöht.“

Die Times schreibt, die Biden-Regierung „erwägt ihren bisher mutigsten Schritt: die Ukraine bei einem Angriff auf die Halbinsel zu unterstützen“.

In einem Artikel des Magazins Foreign Affairs mit dem Titel „Was die Ukraine braucht, um die Krim zu befreien“ schrieb Lieutenant Colonel Alexander Vindman von der US Army: „Washington sollte der Ukraine die Waffen und Unterstützung geben, die sie für einen schnellen und entscheidenden Sieg braucht.“ Vindman ist der ehemalige Direktor für europäische Angelegenheiten im Nationalen Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten.

Er erläuterte in dem Artikel, wie eine von der Nato unterstützte ukrainische Offensive gegen die Krim ablaufen würde:

Der erste Schritt würde darin bestehen, die russischen Truppen in den Regionen Cherson und Lugansk und im Norden von Donezk festzusetzen. Danach würde die Ukraine den Rest der Provinz Saporischschja befreien und durch das südliche Donezk zum Asowschen Meer vorstoßen, um Russlands Landbrücke zur Ukraine zu durchtrennen. Die ukrainischen Truppen müssten außerdem die Kertsch-Brücke zerstören, durch die Russland mit der Halbinsel Krim verbunden ist und über die Moskau seine Truppen über Straße und Schiene versorgen kann.

Was hingegen keiner der Planer dieser Offensive zugibt: deren Umsetzung erfordert eine massive Ausweitung der Nato-Beteiligung am Krieg, d.h. nicht nur den Einsatz hochmoderner Waffen, sondern auch den direkten Einsatz von Nato-Truppen.

Letzte Woche erklärte die WSWS in einem Artikel zur Lieferung von M1-Abrams-Panzern an die Ukraine, wie ein solches Szenario ablaufen könnte:

Die Bedeutung der Lieferung liegt weniger in der Wirkung der Panzer auf dem Schlachtfeld als in den Folgen ihres Einsatzes. Für die Abrams-Panzer, die per Gasturbine angetrieben werden, ist ein umfangreiches logistisches Netz in der Ukraine erforderlich, an dem eine große Zahl spezialisierter Unternehmen aus den USA mitwirkt. Angriffe auf dieses Versorgungsnetz und auf amerikanisches Personal, das die Panzer wartet, können genutzt werden, um die Einrichtung einer Flugverbotszone und die Entsendung von US- und Nato-Truppen in die Ukraine zu fordern.

Nur eine Woche später werden die ersten Schritte dieses Szenarios bereits in die Praxis umgesetzt.

Politico berichtete am Freitag: „Eine Gruppe ehemaliger Offiziere und privater Spender treibt Gelder auf, um westliche Techniker in die Nähe der ukrainischen Front zu schicken, wo sie die im Kampf beschädigten gelieferten Waffen und Fahrzeuge reparieren werden, mit denen das Land überhäuft wurde.“

Weiter hieß es: „Der Plan sieht vor, 100 bis 200 erfahrene Personen zu finden, die in die Ukraine reisen und mit kleinen Einheiten nahe der Front zusammenarbeiten sollen. Im Rahmen des Projekts mit dem Namen Trident Support würden diese Personen den ukrainischen Soldaten beibringen, wie sie ihre Ausrüstung im Handumdrehen reparieren.“

Die Behauptung, diese Initiative werde von „ehemaligen“ Offizieren geleitet, ist nur ein betrügerischer Vorwand, damit sich die Biden-Regierung davon distanzieren kann. Der Einsatz der Techniker mag vielleicht „freiwillig“ sein, doch die Bedrohung für die Sicherheit hunderter amerikanischer Staatsangehöriger, die an der Front amerikanische Fahrzeuge warten, könnte den USA ebenso gut als Vorwand für eine weitere Eskalation des Kriegs dienen.

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