Ford: Angebot der IG Metall über 18 Prozent Lohnsenkung schlägt hohe Wellen

Das Angebot, die Löhne für alle 22.000 Ford-Beschäftigten in Deutschland um 18 Prozent zu senken, das die IG Metall im Bieterwettbewerb zwischen den Standorten Saarlouis und Almussafes gemacht hat, schlägt hohe Wellen. Der Artikel der WSWS, der in Deutschland darüber berichtete, erreichte allein in den ersten beiden Tagen eine fünfstellige Leserzahl.

Die spanische Zeitung Economia Digital hatte am Sonntag gestützt auf spanische Ford-Betriebsräte berichtet, was der deutsche Ford-Gesamtbetriebsrat unter Benjamin Gruschka angeboten hatte, um das spanische Werk Almussafes bei Valencia zu unterbieten. Danach hatte er Lohnkürzungen in Höhe von 18 Prozent und zusätzlich unentgeltliche Mehrarbeit im Umfang von 20 Tagen pro Jahr zugesichert.

Die WSWS hatte bereits im Februar des letzten Jahres gemeldet, dass das Ende Januar 2022 abgegebene Angebot des Gesamtbetriebsrats für den Standort Saarlouis Kürzungen für alle deutschen Standorte beinhaltete. Die IG Metall bezeichnete das zynisch als „Solidarität für Saarlouis – Zukunft für alle!“ Doch den Inhalt des Angebots hielten die Betriebsräte strikt geheim. Nun, da es erstmalig öffentlich ist, sind die Kölner Arbeiterinnen und Arbeiter im Stammwerk in Köln und im Entwicklungsstandort in Aachen überrascht, was der Betriebsrat hinter ihrem Rücken beschlossen hat.

Es ist nach wie vor unklar, wie die Lohnkürzungen zustande kommen sollten. Die spanische Zeitung berichtete, sie sollten sich zu 15 Prozent aus einer Kürzung von tariflichen Lohnbestandteilen und zu weiteren 3 Prozent aus Kürzungen von Zusatzleistungen, wahrscheinlich dem „Transformationsgeld“ (T-Zug), zusammensetzen.

Kölner Ford-Arbeiter fragten verwundert bei der WSWS nach, ob diese Nachricht wirklich stimme. Denn die deutschen Medien haben darüber nicht ein Sterbenswörtchen berichtet. Viele Ford-Beschäftigten seien daher noch skeptisch, sagte uns ein Kölner Arbeiter. „Dass es überhaupt so etwas gibt, kann man ja gar nicht glauben,“ sagte er. Der Betriebsrat in Köln habe sich noch gar nicht dazu geäußert. „Er wird sich wohl am Montag auf der Betriebsversammlung dazu äußern müssen.“

Die beiden außerordentlichen Betriebsversammlungen am Montag in Köln hat der Betriebsrat einberufen, um die Belegschaft auf den weiteren Abbau von Arbeitsplätzen vorzubereiten. In Köln wird gerade das gesamte Werk auf die Produktion von Elektrofahrzeugen umgerüstet. Die Produktion des Kleinwagens Fiesta wird nach fast einem halben Jahrhundert (47 Jahren) vorzeitig schon im Sommer beendet. Dadurch entfällt die Motorenfertigung mit 600 Beschäftigten.

Bislang hatten Betriebsrat und Geschäftsleitung den Arbeitern im Motorenwerk und in der Fahrzeugfertigung die Weiterbeschäftigung in der Produktion der Elektro-Modelle zugesichert. Selbst aus Saarlouis sind inzwischen über 100 Arbeiter dem Angebot gefolgt, nach Köln in die Fertigung zu kommen.

„Es schien so, als würden hier bald mehr als die derzeit knapp 14.000 Mitarbeitenden benötigt“, schreibt der Kölner Stadtanzeiger. Die Zeitung vermutet, dass in der Entwicklung Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, weil zahlreiche Modelle auslaufen.

Der Artikel erinnert daran, dass der B-Max aus Craiova und der C-Max aus Saarlouis „schon längst Geschichte“ sind, nun laufe auch der Mondeo aus, der S-Max und der Galaxy im April.

Alles in allem sinke die Zahl der Fahrzeuge, für die Ford in Europa verantwortlich sei, so der Kölner Stadtanzeiger. „Das könnte bedeuten, dass im Entwicklungszentrum im Köln-Merkenich mit 3800 Mitarbeitenden viele Stellen auf der Kippe stehen oder in Aachen, wo an Verbrennern gearbeitet wird.“

Ob auch in der Produktion Stellen abgebaut werden, ist unklar. Genauso steht die Frage im Raum, ob der Stellenabbau in Köln damit zusammenhängt, dass die angebotene 18-prozentige Lohnkürzung nun doch nicht greift und entsprechend kompensiert werden muss. Denn bekanntermaßen hat sich der Konzern für die Schließung des Werks in Saarlouis mit den verbliebenen 4600 Beschäftigten entschieden.

Dort ist der Betriebsrat unter Markus Thal weiterhin damit beschäftigt, die Schließung des Werks zu organisieren und die Belegschaft hinzuhalten. In einem Informationsblatt des Betriebsrates versichert Thal, dass er immer noch – hinter dem Rücken der Belegschaft – eng mit Ford und der saarländischen Landesregierung zusammenarbeitet.

Er erinnert auch daran, dass die Geschäftsführung kein Zukunftskonzept hat. Nun rächten sich „die 10 Monate, die man in einen Schein-Bieterprozess zwischen zwei Standorten gesteckt hat, ohne unabhängig vom Ergebnis an einem Plan für den unterlegenen Standort zu arbeiten“. Dies wäre möglich und erforderlich gewesen.

Das war nicht erforderlich. Denn egal, was die Geschäftsleitung und die Konzernzentrale machen: Der Betriebsrat deckt es ab und setzt es durch. Thal wäre es offensichtlich lieber gewesen, er hätte sich schon von Beginn an um die Investorensuche kümmern können.

Eindeutiger kann man die eigene Rolle als Abbruchunternehmer im Auftrag der Konzernspitze kaum beschreiben.

Ein Ford-Arbeiter aus Saarlouis hatte, sofort nachdem der spanische Artikel in deutscher Übersetzung kursierte, über Whatsapp dem Ford-Aktionskomitee geschrieben: „Saarlouis-Betriebsrat zum Teufel jagen“ und nachgeschoben: „Gibt es keine Möglichkeit, die abzuwehren?“

Es gibt nur eine Möglichkeit, dem Betriebsrat – in Saarlouis und in Köln – Einhalt zu gebieten. Arbeiter müssen aktiv werden und sich selbst organisieren. Das Ford-Aktionskomitee, in dem sich Kollegen gegen die Politik von Betriebsrat und IG Metall zusammengeschlossen haben, muss gestärkt und ausgebaut werden.

Es hat sich von Beginn an gegen den Bieterwettbewerb gestellt und auch gefordert, das IGM-Angebot zu veröffentlichen, was Thal und Gruschka immer vehement zurückgewiesen hatten. Nun wird das Werk in Saarlouis geschlossen und in Köln werden Arbeitsplätze abgebaut. Das ist die Bilanz der IG Metall und ihrer Betriebsräte, die für Lohnsenkungen, Werksschließungen und Arbeitsplatzabbau stehen.

Die Bilanz, die das Aktionskomitee im letzten Jahr vorgelegt hat, ist hingegen in allen Belangen von den Ereignissen bestätigt worden. Jede einzelne Einschätzung und Voraussage hat sich bewahrheitet. Es ist nun Zeit, die nötigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

Arbeiter müssen sich unabhängig von den Gewerkschaften organisieren und brauchen eine internationale Strategie. Nach der Bekanntgabe der Werksschließung im vergangenen Jahr schrieb das Ford-Aktionskomitee in einem Statement:

Wir müssen unseren Kampf in Saarlouis mit den anderen Kämpfen in der Autoindustrie... und den Massenkämpfen überall auf der Welt zusammenbringen. International haben sich schon über 50 Aktionskomitees gegründet, davon viele in der Autoindustrie. Mit ihnen müssen wir uns in der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees vernetzen und den gemeinsamen Widerstand organisieren. Die internationale Strategie des Konzerns bedarf einer internationalen Gegenstrategie von uns.

Meldet euch beim Ford-Aktionskomitee und diskutiert das gemeinsame Vorgehen, um Arbeitsplätze und Löhne zu verteidigen. Kontaktiert uns und schickt eine Whatsapp-Nachricht an folgende Nummer: +491633378340

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