Polnische Regierung nutzt Ukrainekrieg zur inneren und äußeren Aufrüstung

Im Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland in der Ukraine spielt die ultra-rechte polnische Regierung der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) eine zentrale Rolle. Sie agiert als provokativer und aggressiver Verbündeter des US-Imperialismus in der Region.

Nach den USA und Großbritannien hat Polen der Ukraine mit 1,8 Milliarden US-Dollar die drittgrößte Summe an Waffenlieferungen versprochen, obwohl sein Bruttoinlandsprodukt nur ein Bruchteil dessen der imperialistischen Großmächte beträgt. Während große Teile der ohnehin verarmten polnischen Bevölkerung durch die rasant steigende Inflation und die Folgen der Pandemie verelenden, nutzt Warschau den Ukrainekrieg, um lang gehegte Aufrüstungspläne zu forcieren und auszuweiten.

Panzer der Polnischen Streitkräfte am "Tag der Armee" 2008 [Photo: mon.gov.pl]

Bereits Ende letzten Jahres hatte der PiS-Chef und damalige Minister für nationale Sicherheit, Jaroslaw Kaczynski, den „Plan zur Verteidigung des Vaterlandes“ vorgelegt. Dieser sah eine Überarbeitung des 2017 beschlossenen Modernisierungsplans der Streitkräfte vor. Der Wehretat sollte bis 2030 von 2,2 Prozent (etwa 13 Milliarden US Dollar) auf 2,5 Prozent des BIP erhöht werden. Bis 2035 sollten rund 115 Milliarden Dollar in die Armee investiert werden und ihre Stärke von 110.000 auf 250.000 Mann anwachsen.

Einige Monate nach Beginn des Krieges wurde das Aufrüstungstempo dann nochmals deutlich gesteigert. Statt auf 2,5 Prozent soll der Etat nun auf 3 Prozent des BIP anwachsen, und das nicht 2026, wie es zwischenzeitlich hieß, sondern bereits im kommenden Jahr. Hinzu kommen weitere Milliarden aus dem Sonderfonds zur Unterstützung der Streitkräfte.

Der Sonderfonds ist ein Kernstück des neuen Gesetzes zur Sicherstellung der Finanzierung der Aufrüstung. Er entzieht sich der Kontrolle des Parlaments und umgeht auch die (mit der deutschen Schuldenbremse vergleichbaren) gesetzlichen Verpflichtungen zur Konsolidierung des Haushalts. Seine Finanzierung speist sich aus verschiedenen Kanälen – aus Staatsanleihen und Anleihen der nationalen Entwicklungsbank BGK, aus dem Staatshaushalt sowie dem Gewinn der Polnischen Nationalbank.

Da die Regierung aufgrund der wirtschaftlichen Probleme und der hohen Inflation bei der Emission von Staatsanleihen Problem hatte, brachte sie im Eiltempo eine Gesetzesänderung durch den Sejm, die gesonderte Verteidigungsanleihen ermöglicht. Laut Regierung soll der Unterstützungsfonds in diesem Jahr 20 Milliarden Zloty (4,2 Mrd. Euro) und im kommenden Jahr rund 50 Milliarden Zloty (10,5 Mrd. Euro) umfassen.

Das Gesetz zur Verteidigung des Vaterlandes trat am 23. April in Kraft. Zuvor wurde es von beiden polnischen Parlamentskammern (Sejm und Senat) fast einstimmig und ohne Einwände angenommen. Die Zustimmung sämtlicher Oppositionsparteien verdeutlicht, dass die Kriegspolitik nach innen wie nach außen von allen Teilen der herrschenden Klasse unterstützt wird. Soweit es Kritik an der PiS gibt, handelt es sich lediglich um taktische Differenzen.

Militarisierung der Gesellschaft und Stärkung rechtsextremer Kräfte

Ein zentraler Baustein von Polens Aufrüstungsplänen ist die Einführung eines einjährigen freiwilligen Grundwehrdiensts. Polen hatte 2010 seine allgemeine Wehrpflicht abgeschafft. Seither hat die nominell achtgrößte Armee der Nato Probleme, genug Personal zu finden. Der massive Ausbau des Militärs und paramilitärischer Einheiten geht dabei Hand in Hand mit der Stärkung der seit langem staatlich geförderten rechtsradikalen Kräfte Polens.

Das neue System ist klar darauf ausgerichtet, die bittere Armut großer Teile der polnischen Arbeiterklasse und insbesondere der Jugend auszunutzen. Es setzt auf finanzielle Anreize, um junge Menschen in die mörderische Maschinerie des Militarismus zu integrieren. Bei einer fünfjährigen Verpflichtung lockt ein Vollstipendium, auch vorrangige Behandlung bei Bewerbung in der öffentlichen Verwaltung soll es geben. Wer dann immer noch zögert, wird mit der Aussage geködert, „man könne jederzeit aufhören“.

Nach einer extrem verkürzten Grundausbildung von 28 Tagen, für die es das volle Soldatengehalt von 4400 Zloty (925 Euro) gibt, werden die Rekruten vereidigt und in die Reserve aufgenommen. Nun haben sie die Wahl, nach weiteren elf Monaten militärischer Ausbildung den freiwilligen Wehrdienst abzuschließen oder von der Berufsarmee übernommen zu werden. Alternativ können sie nach der 28-tägigen Grundausbildung zu den Territorialen Verteidigungsstreitkräften (WOT) gehen.

Die paramilitärische WOT, die direkt dem Verteidigungsministerium untersteht, ist ein zentraler Bestandteil des Aufrüstungsprogramms. Im Gegensatz zur klassischen Reserve setzt sie sich aus Soldaten und Freiwilligen zusammen und ist zeitlich befristet. Sie führt mehrmals im Monat Übungen durch, mit entsprechender Freistellung von der Arbeit und Besoldung. Auch die WOT soll laut den Regierungsplänen von rund 30.000 auf 50.000 Mann anwachsen.

Ähnlich wie ihr ukrainisches Pendant, die Territorialverteidigung, wo Neonazi-Formationen wie das Asow-Bataillon und die internationale Legion den Ton angeben, wird auch die WOT von ultrarechten Kräften dominiert.

Sie wurde 2016 vom damaligen Verteidigungsminister Antoni Macierewicz geschaffen, der ein militanter Antikommunist und Antisemit ist und enge Verbindungen zu rechtsradikalen Kreisen unterhält. Macierewicz hat eine Schlüsselrolle bei der Kampagne der PiS zur Stärkung antisemitischer Kräfte gespielt und insbesondere die Verantwortung polnischer Nationalisten für antijüdische Pogrom wie in Jedwabne und Kielce geleugnet.

Heute ist Macierewicz stellvertretender Vorsitzender der PiS-Partei, und die WOT untersteht nun Mariusz Błaszczak, seinem Nachfolger, der ebenfalls ultrarechte Positionen vertritt. So hat er den Aufmarsch von 60.000 Faschisten in Warschau im November 2017 als „wunderschönen Anblick” bezeichnet.

Die Propagierung der Positionen der extremen Rechten gehört auch offiziell zu den Aufgaben der WOT, was euphemistisch mit „Stärkung der patriotischen und christlichen Grundlagen des polnischen Systems und der Streitkräfte“ umschrieben wird. Die WOT dient auch explizit der inneren Sicherheit.

Die Gründung eines 66-köpfigen WOT-Orchesters in Radom bezeichnete der stellvertretende Verteidigungsminister Wojciech Skurkiewicz als „Beginn eines großen Projekts, der Schaffung einer zentralen Institution in unserer Stadt zur Popularisierung einer Verteidigungskultur und WOT-Tradition“. Neben dem Orchester will man Zentren einrichten, wo in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden, NGOs und den Sozialpartnern die „Popularisierung der Verteidigung“ betrieben wird. Auch ein „Zentrum für Kultur und Tradition“ soll es geben.

Mit anderen Worten, die WOT dient als Instrument zur vollständigen Militarisierung der Gesellschaft und als Vehikel für die massive gesellschaftliche und politische Stärkung rechtsradikaler Kräfte.

Wie die Militarisierungsoffensive aussieht, konnte man ab Mitte Mai sehen, als die Rekrutierungskampagne auf Grundlage des neuen Gesetzes begann. In ganz Polen wurden 32 sogenannte „militärische Picknicks“ organisiert und 70 Rekrutierungsstellen eingerichtet. Am 15. August, dem traditionellen Tag der Armee (anlässlich des Jahrestages der Schlacht von Warschau 1920) gab es statt dem traditionellen Militärmarsch auch ein „Wochenende mit der Armee“ (Weekend z wojskiem) mit umfangreichen Festlichkeiten und Veranstaltungen.

Die „militärischen Picknicks“ lockten mit „zahlreichen Attraktionen für Kinder und Erwachsene“, mit Militärtechnik zum Anfassen, Militärorchestern, Ständen und Präsentationen. Die Bilder, die man dazu findet, sind abstoßend. Hüpfburgen stehen neben Schützenpanzern, Kinder posieren mit MGs.

Die Territorialverteidigungsstreitkräfte werben auch gezielt unter Schülern, Studenten und Auszubildenden, ihre Sommerferien für den 16-tägigen Aufnahmetrainingskurs zu nutzen, der zynisch als „Urlaub mit den Territorialverteidigungskräften“ beworben wird. Auch hier lockt man mit umgerechnet etwa 100 Euro nach Abschluss des Kurses.

Tomasz Klucznik, Pressesprecher der 7. Pommerschen Territorialverteidigungsbrigade, ermutigte sogar besonders die Lehrer der Sekundarstufe zur Teilnahme an der Ausbildung. „Lehrer können ihr praktisches Wissen über die Funktionsweise der Truppe auffrischen und unsere moderne Ausrüstung kennenlernen,“ so Klucznik.

Hintergrund ist die im März von Bildungsminister Przemysław Czarnek angeordnete Änderung des Fachs „Sicherheitserziehung“ (EdB). Ab September soll demnach in der achten Klasse der Grundschulen und der ersten Klasse der weiterführenden Schulen Verteidigungsausbildung Teil des Schulunterricht sein – inklusive Schießausbildung.

Nach zwei Jahren Corona-Pandemie ersetzt der Verteidigungsunterricht ausgerechnet das bisherige Modul zur Gesundheitsförderung. Weitere neue Lerninhalte sind das Überleben bei Feindseligkeiten, Erste Hilfe beim Einsatz konventioneller Waffen und Cybersicherheit.

Eingerahmt wird das Ganze von einer umfassenden rechten Bildungsreform, bekannt auch als Lex Czarnek. Neben der autoritären Überwachung und Kontrolle von Schülern sowie der Arbeit von Lehrern steht dabei die „nationale Bildung“ im Fokus.

Das Unterrichtslehrbuch „Geschichte und Gegenwart – 1945-1979“ (von Wojciech Roszkowski) für das gleichnamige neue Unterrichtsfach gleicht einem rechtsextremen Pamphlet. Selbst Vertreter der offiziellen Oppositionsparteien werfen ihm vor, von einem ultranationalistischen und erzkatholischen Gesellschaftsbild geprägt zu sein. Es wettert gegen Atheisten, Kommunisten, Grüne, Neoliberale, Schwarze, LGBTQ, künstliche Befruchtung und selbst Rock´n Roll Musik.

Sollten ideologische Indoktrination und aggressive Werbekampagne nicht ausreichend „Freiwillige“ hervorbringen, sieht die Verteidigungsreform auch vor, dass alle polnischen Staatsbürger ab 18 Jahren zum Zweck der „Führung von Militärakten und militärischen Qualifikationen registrierungspflichtig“ sind.

Um die militärische Datenbank zu füllen, erhält die Armee Zugriff auf die gesamten Daten aller nur denkbaren Institutionen „für jeden Zweck, ohne Kontrolle, ohne Einschränkung des Datenkatalogs oder der Zeit ihrer Verarbeitung“, so Wojciech Klicki von der Panoptykon Stiftung gegen die Überwachungsgesellschaft. „Dank der neuen Vorschriften können die Militärbehörden überprüfen, wie oft wir krank sind, welche Steuern wir zahlen, ob wir bestraft wurden, ob ein Verfahren oder ein Gerichtsverfahren gegen uns läuft.“ Und das, so Klicki weiter, mit direkten Zugriff auf die Datenserver. Durch das Gesetz zur „Verteidigung des Vaterlandes“ wird die Armee also selbst zum uneingeschränkten Geheimdienst.

Polens Aufrüstungsorgie und die wachsenden Spannungen in Europa

Das Ausmaß der Aufrüstung zeigt, dass Polen größere Ambitionen verfolgt, als nur eine von vielen Geigen im Nato-Kriegsorchester zu spielen. Das Land ist seit langem ein zentraler Verbündeter der USA in Europa. Die Drei-Meere-Initiative, der sich seit Juni auch die Ukraine offiziell angeschlossen hat, knüpft unverhohlen an das Projekt des Intermariums des Pilsudski-Regimes aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen an und wird seit 2017 offiziell von Washington unterstützt. Damals wie heute träumt die polnische Bourgeoisie davon, im Schatten der USA zumindest regional die Rolle einer Großmacht zu spielen.

Dass die regierende PiS das Nato-Bündnis nutzt, um sich auch gegen Deutschland in Stellung zu bringen, machte der PiS-Vorsitzende Jarosław Kaczyński deutlich. Am Rande einer Pressekonferenz bemerkte er, er sei sich gar nicht sicher, ob sich die von Bundeskanzler Olaf Scholz eingeleitete Ertüchtigung der Bundeswehr wirklich gegen Russland richte – oder vielleicht doch gegen Polen. Anfang August hatte Kaczyński öffentlich gegen den „deutschen Plan zur Vorherrschaft” in Europa und weltweit gewettert.

Von daher überrascht es nicht, wenn auf der langen Einkaufsliste Polens kein einziges deutsches Fabrikat vorkommt.

Allein in den letzten sechs Monaten hat Polens Verteidigungsminister Błaszczak Rüstungskäufe in Wert von über 11 Milliarden Dollar unterzeichnet. Das ist beinahe die Hälfte des Umfangs aller Rüstungskäufe der letzten sieben Jahre zusammengenommen. Dazu kommen weitere Kaufankündigungen und unterzeichnete Rahmenverträge.

Die größten Posten darunter sind:

  • Drei Miecznik-Fregatten für umgerechnet rund 2 Milliarden Dollar, die unter britischer Lizenz in polnischen Werften gebaut werden. Das letzte der drei Schiffe soll 2034 an die polnische Marine übergeben werden.
  • 250 M1A2 Abrams-Panzer inklusive Unterstützungsfahrzeuge, Klappbrücken und ein Logistik- und Ausbildungspaket für 4,75 Milliarden Dollar von der amerikanischen Firma General Dynamics, abgeschlossen voraussichtlich bis 2026. Bis dato ist dies der größte Kauf in der Geschichte der polnischen Armee. Mitte Juli wurde obendrein noch der Kauf von 116 gebrauchten M1A1 Abrams-Panzern angekündigt.
  • Eine Batterie des polnischen Kurzstrecken-Raketenabwehrsystem Narew, aufbauend auf der britischen CAMM Boden-Luft-Rakete von MBDA für 360 Millionen Dollar. Langfristig soll das Narew-Programm über 13 Milliarden Dollar kosten und 23 Einheiten umfassen. Es ist Teil des bereits 2015 angekündigten „Shield of Poland“, einem mehrstufigen Raketen- und Flugabwehrprogramm, das neben Narew auch die Mittelstreckenverteidigung Wisła und das Flugabwehrgeschütz Pilica umfasst.
  • Wisla besteht aus US-amerikanischen Patriot-Batterien, von denen bereits 2018 zwei Einheiten für 4,75 Mrd. Doller gekauft wurden. Mindestens sechs weitere Batterien sollen folgen.
  • Die Serienproduktion für Pilica hat in diesem Jahr begonnen. Es besteht aus einem 23-mm-Flugabwehrgeschütz, das um zwei Piorun-Raketen und Radaranlagen ergänzt wird. Sechs Batterien dieser Art soll die polnische Armee in diesem Jahr für 160 Millionen Dollar vom polnischen Staatskonzern Mesko bekommen.
  • Die Piorun-Raketen werden auch als schultergestützte Variante produziert. Eine unbekannte Anzahl davon hat Polen auch an die Ukraine geliefert. Laut Hersteller soll die Produktionsmenge in diesem Jahr auf 600 verdoppelt werden und ab 2023 auf 1000 steigen. 3500 weitere für 750 Millionen Dollar hatte Polen im Juni bestellt.
  • Vier Module des unbemannten Drohnensystems Gladius der polnischen WB Electronics Konzerns für 440 Millionen Dollar. Es umfasst mehrere Hundert Aufklärungs- und Selbstmorddrohnen.
  • Drei Minenjagdschiffe der Kormoran-Klasse im Wert von rund 800 Millionen, die von einer Werft des staatlichen Rüstungskonzerns PGZ in Danzig gebaut werden.
  • 32 Mehrzweckhubschrauber AW-149 für 1,8 Milliarden vom italienischen Leonardo Konzern. Die Produktion soll vollständig vom polnischen Tochterunternehmen PZL-Świdnik übernommen werden.
  • 70 Geschütztürme ZSSW-30 für den Radpanzer Rosomak für 370 Millionen. Auch dieser Auftrag wird vom staatlichen PGZ-Rüstungskonzern übernommen. Bei der gleichen Pressekonferenz kündigte Błaszczak an, dass die letzten Tests für den neuen Schützenpanzer Borsuk laufen und dieser 2024 ebenfalls tausendfach in Serienproduktion gehen soll.

Neben diesen bereits besiegelten Einkäufen gibt es noch weitere, weit größere Kaufpläne.

  • 32 „Kruk“ Kampfhubschrauber für schätzungsweise 2,3 Milliarden. Die US Konzerne Boeing und Bell sind laut Verteidigungsministerium in der Endauswahl als Kooperationspartner.
  • Drei neue U-Boote der Orca-Klasse für rund 2,6 Milliarden. 2019 erhielt Polen deutsche, französische und schwedische Angebote, ohne sich jedoch bisher entschieden zu haben.
  • Im Mai kündigte Verteidigungsminister Błaszczak an, die Anschaffung von insgesamt 500 HIMARS Raketen-Systemen prüfen zu lassen. Das selbstfahrende Mehrfachraketenwerfersystem wird für empfindliche Verluste der russischen Armee verantwortlich gemacht, seit die ukrainische Armee darüber verfügt. Polen besitzt bereits 80 Einheiten und hatte 2019 20 weitere für 414 Millionen Dollar bestellt, die im nächsten Jahr eintreffen sollen.
  • Im Juli wurde ein Rahmenvertrag über die Lieferung des neuen polnischen Jagdpanzers Ottokar Brzoza in unbekannter Stückzahl abgeschlossen. Seine Bewaffnung – britische Brimstone-Lenkflugkörper mit einer Reichweite von 12 km – stammt von MBDA.
  • Der Höhepunkt der bisherigen Rüstungsorgie kam vor einigen Tagen dazu: Am 6. August wurde der Abschluss eines Rahmenvertrags zum Kauf von 1000 Kampfpanzern vom südkoreanischen Hyundai Rotem Konzern bekannt. 180 K2-Panzer wurden sofort für 2,2 Milliarden Dollar geordert. Die restlichen 820 sollen als modifizierter Lizenzbau (K2PL) ab 2026 in Polen hergestellt werden. Im Ganzen dürfte der Kauf also weit über 10 Milliarden Dollar kosten.
  • Dazu sind weitere südkoreanischen Einkäufe im Gespräch. So etwa 672 selbstfahrende Panzerhaubitzen vom Typ K9A1 und 48 leichte Kampfflugzeuge FA-50. Auch diese beiden sollen als polnischer Lizenzbau stattfinden. Allein die Panzerhaubitzen dürften schätzungsweise weitere 2,5 Milliarden kosten.

Offiziell werden die massiven Waffenkäufe damit begründet, dass Polen, das umfangreiche Waffenlieferungen an die Ukraine getätigt hat, seine Verteidigungsfähigkeit wiederherstellen müsse. Tatsächlich ist Polen nach den USA und Großbritannien der drittgrößte Lieferant militärischer Geräte an die Ukraine. Laut dem internationalen Militärportal Oryx hat es 230 T-72M-Panzer, 40 Schützenpanzer APC 1, 20 Panzerhaubitzen T-72 Goździk, 20 Grad BM 21 Multi-Lead-Raketenwerfer, 100 Luft-Luft-R-73-Raketen, 10.000 Grot-Sturmgewehre und FlyEye-Aufklärungsdrohnen geliefert.

Hinter der polnischen Einkaufspolitik steht auch der bedingungslose Schulterschluss mit der US-Armee. Bei mehreren Käufen erklärte Verteidigungsminister Błaszczak, den Ausschlag gebe die größtmögliche Kompatibilität mit dem US-Militär. Die südkoreanische Armee ist bereits eng mit diesem verzahnt.

Deutlich wurde dies bei der Eröffnung der Abrams-Akadamie in Posen. Diese soll unter Anleitung des 5. US-Korps polnische Soldaten an geliehenen Abrams-Panzern ausbilden, bis die neu Bestellten eintreffen.

Das Korps stellte bisher das „Forward Rotation Command“ der US Streitkräfte, wurde aber vor einigen Monaten nach Ankündigung von Präsident Biden zum ständigen Hauptquartier. Damit verstieß Biden offen gegen das Nato-Russland Abkommen von 1997, das eine „dauerhafte“ Stationierung ausschloss. Der kommandierende General John Stephen Kolasheski lobte Polen als Bollwerk und erklärte: „Bald wird niemand mehr zwischen einem polnischen und einem amerikanischen Panzer unterscheiden können. Sichtbar sei nur das stärkste Militärbündnis“.

Verteidigungsminister Blaszczak holte den Antikommunismus in Form von Ronald Reagan aus der Mottenkiste und erklärte pathetisch, „das Reich des Bösen“ sei bereits einmal gestoppt worden. „Heute wollen die Herrscher des Kreml das Reich des Bösen wieder aufbauen, aber die freie Welt“ werde gewinnen. In Wahrheit begann mit der Ära Reagan eine internationale Welle der sozialen Konterrevolution, die jeden Widerstand mithilfe rechtsextremer, paramilitärischer Kräfte blutig unterdrückte

In dieser Hinsicht hat der Minister tatsächlich den passenden Vergleich gewählt. Während Polen den Ukrainekrieg nutzt, um sich für einen neuen Weltkrieg zu rüsten, richtet sich die massive Militarisierung und der Aufbau rechter paramilitärischer Kräfte in erster Linie gegen die Arbeiterklasse Polens und Europas.

Experten zufolge steht Polen kurz vor einer Rezession, nachdem das BIP im zweiten Quartal 2022 um 2,3 Prozent eingebrochen ist, mehr als in anderen Ländern Osteuropas. Mit 15,5 Prozent ist die Inflation in Polen eine der höchsten in Europa und die bei weitem schlimmste seit 1989. Bis zum nächsten Jahr wird sie voraussichtlich weiter auf 18,8 Prozent steigen.

3.5 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine haben in Polen, das selbst eine Bevölkerung von knapp 38 Millionen hat, Zuflucht gefunden. In einigen Städten ist die Bevölkerung durch die hohe Zahl der Flüchtlinge um 15 bis 20, in Danzig sogar um 34 Prozent gestiegen. Von Anfang an kam fast die gesamte Hilfestellung für die Flüchtling aus der arbeitenden Bevölkerung, obwohl sich deren Lebensbedingungen selbst rasch verschlechtern. Die PiS-Regierung verweigert den Flüchtlingen jede signifikante Hilfe.

Für den Herbst sagen viele Kommentatoren eine Welle von Arbeiterprotesten und Streiks voraus, insbesondere unter den 500.000 Lehrern, deren landesweiter Streik 2019 von den Gewerkschaften verraten wurde.

Die Arbeiterklasse ist die einzige soziale Kraft, die dem wachsenden Militarismus, Faschismus und der enormen Gefahr einer weiteren katastrophalen Ausweitung des Krieges entgegentreten kann und wird. Die zentrale Aufgabe besteht darin, für diese Kämpfe die notwendige Führung und den politischen und organisatorischen Rahmen aufzubauen. Das erfordert den Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees und vor allem einer polnischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale.

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