Präsident Joe Biden wird am Freitag Mohammed bin Salman besuchen, den Kronprinzen der theokratischen Diktatur Saudi-Arabiens. Es ist noch keine vier Jahre her, seit bin Salman den kaltblütigen Mord an Jamal Khashoggi verübte, einem amerikanischen Staatsbürger und Kolumnisten der Washington Post.
Der Mord an Khashoggi war ein monumentaler krimineller Akt, der einen internationalen Aufschrei auslöste. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die saudische Monarchie ihn kaltblütig ermordet hat.
Bin Salman ist ein Mörder, was die Regierung Biden selbst zugibt. Dieser Mann würde in jedem Land, das auch nur ein geringes Maß an Rechtsstaatlichkeit aufweist, auf der Stelle verhaftet werden. Selbst unversöhnliche Gegner der Todesstrafe könnten geneigt sein, für ihn eine Ausnahme machen.
Und doch umarmt Biden jetzt Khashoggis Mörder in aller Öffentlichkei und ignoriert dabei die Bitten der Verlobten und der Familie des Ermordeten. Ins Weiße Haus zurückgekehrt, wird er Spuren von Khashoggis Blut an seinen Schuhen tragen.
In den amerikanischen Medien hat Bidens Ankündigung keinen öffentlichen Aufschrei hervorgerufen. Zwar bezeichnete der Chefredaktor der Washington Post letzten Monat die Gerüchte über die Reise als „enttäuschend“, doch rief er nicht dazu auf, sie abzusagen. Seither schweigt die Redaktion.
Im Februar 2021 veröffentlichte die Biden-Regierung einen Bericht, in dem es heißt, dass bin Salman den Mord an Khashoggi 2018 persönlich „gebilligt“ habe. Khashoggi wurde in das saudische Konsulat in Istanbul gelockt, wo er Dokumente für seine bevorstehende Hochzeit erhalten sollte. Daraufhin tötete ihn eine Gruppe von Attentätern in der Botschaft. Eine Videoaufnahme, die die türkische Regierung anschließend veröffentlichte, belegt offenbar, dass sein Körper mit einer Säge zerstückelt wurde.
Bei einer Präsidentschaftsdebatte der Demokraten im November 2019 hatte Biden noch kategorisch erklärt, dass seine Regierung, sollte er zum Präsidenten gewählt werden, keine Waffen mehr an Saudi-Arabien für dessen Krieg gegen den Jemen verkaufen werde. Und er versprach, er werde die saudischen Beamten, die Khashoggi getötet hatten, „bestrafen“.
Damals wurde Biden gefragt: „Präsident Trump hat hochrangige saudische Führer nicht bestraft. Würden Sie das tun?“
Biden antwortete:
Ja, und ich habe es damals schon gesagt. Khashoggi wurde in der Tat ermordet und zerstückelt, und zwar, wie ich glaube, auf Befehl des Kronprinzen. Und ich würde sehr deutlich machen, dass wir ihnen keine Waffen mehr verkaufen, sondern sie den Preis dafür zahlen lassen und zu dem Paria machen, der sie sind (…)
Und ich würde auch, wie gesagt, die Subventionen beenden, die wir derzeit haben, und den Verkauf von Material an die Saudis beenden. Sie gehen dort rein und ermorden Kinder, sie ermorden unschuldige Menschen. Deshalb müssen sie zur Rechenschaft gezogen werden.
Außer dem Mord an Khashoggi bezog sich Biden also auch auf den Krieg im Jemen, den die Saudis führen, und in dem die saudische Monarchie gezielt die Zivilbevölkerung angreift und sie unter anderem massenhaft aushungern lässt. Dazu stellte ein Beamter der Vereinten Nationen fest: „Die Zivilbevölkerung im Jemen hungert nicht, sie wird ausgehungert.“ Derselbe Beamte forderte, Saudi-Arabien vor den Internationalen Strafgerichtshof zu bringen.
Nach Angaben des US-Außenministeriums gibt es in Saudi-Arabien „erhebliche Menschenrechtsprobleme“:
ungesetzliche Tötungen, Hinrichtungen wegen gewaltloser Vergehen, gewaltsames Verschwindenlassen, Folter (…) erhebliche Eingriffe in die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (…) Keine Möglichkeit der Bürger, ihre Regierung friedlich durch freie und faire Wahlen zu wählen, Gewalt und Diskriminierung von Frauen (…) Kriminalisierung einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher sexueller Handlungen, sowie Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit für Arbeiter, einschließlich des Verbots von Gewerkschaften und Tarifverhandlungen.
Im vergangenen März, nur vier Monate vor Bidens Reise, wurden in Saudi-Arabien an einem einzigen Tag 81 Menschen hingerichtet, in der modernen Geschichte des Königreichs die höchste Zahl.
All seinen Wahlversprechen zum Trotz hat Biden bei seinem Amtsantritt die US-Waffenlieferungen an Saudi-Arabien ausgeweitet, um dessen Krieg gegen die Zivilbevölkerung im Jemen zu unterstützen. Er hat dem Königreich im Jahr 2021 weitere Raketen im Wert von 650 Millionen Dollar verkauft.
Bidens Treffen mit bin Salman und seine fortgesetzte Unterstützung für den mörderischen Krieg im Jemen stehen im Einklang mit der Zurückweisung seines eigenen Wahlversprechens, „diese Periode unerbittlicher Kriege zu beenden“.
Noch während Biden seine leeren Erklärungen über Saudi-Arabien abgab, war seine Regierung dabei, weitreichende Pläne zur systematischen Aufrüstung der Ukraine zu schmieden und den aktuellen Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland vorzubereiten.
Auf diesen Krieg beruft sich Biden heute, um zu rechtfertigen, warum er jeden Anschein einer Distanzierung von Saudi-Arabiens Massenmord im Jemen und Khashoggis Ermordung fallen lässt.
Am Samstag veröffentlichte Biden in der Washington Post (Khashoggis ehemaliger Zeitung) einen Kommentar mit dem Titel „Warum ich nach Saudi-Arabien gehe“. Darin weist Biden jegliche Diskussion über Menschenrechte weit von sich. Er gibt nicht einmal mehr vor, dass die US-Außenpolitik altruistisch sei. Stattdessen definiert er die politischen Ziele Washingtons im Nahen Osten ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der „amerikanischen Interessen“.
Die Worte „Menschenrechte“ und „Khashoggi“ kommen in dem Beitrag nur je einmal vor. Stattdessen rechtfertigt Biden die Reise, einschließlich seines persönlichen Treffens mit bin Salman, als für die Förderung von Wirtschaft und Militär – in Bidens Worten: „wichtigen amerikanischen Interessen“ – entscheidend.
Biden erklärt darin gleich zu Beginn, dass er in den Nahen Osten reise, weil „die dortigen Wasserwege für den globalen Handel und die Lieferketten, auf die wir angewiesen sind, unerlässlich sind. Ihre Energieressourcen sind von entscheidender Bedeutung, um die Auswirkungen von Russlands Krieg in der Ukraine auf die weltweite Versorgung abzumildern.“
Er fügt hinzu: „Meine Einstellung zu den Menschenrechten sind zwar klar und seit langem bekannt“, militärische und wirtschaftliche Erfordernisse hätten jedoch Vorrang. Er schreibt:
Als Präsident ist es meine Aufgabe, unser Land stark und sicher zu halten. Wir müssen der russischen Aggression entgegentreten, uns in die bestmögliche Position bringen, um China auszustechen, und uns für mehr Stabilität in einer wichtigen Region der Welt einsetzen. Um diese Ziele zu erreichen, müssen wir direkt mit Ländern zusammenarbeiten, die diese Ergebnisse beeinflussen können. Saudi-Arabien ist eins dieser Länder, und wenn ich am Freitag mit der saudischen Führung zusammentreffe, wird es mein Ziel sein, eine strategische Partnerschaft zu stärken, die auf gegenseitigen Interessen und Verantwortlichkeiten beruht.
Hatice Cengiz, Khashoggis Verlobte, bat Biden im letzten Monat in einem Kommentar direkt: „Sagen Sie Ihre Reise ab und halten Sie Ihr Versprechen ein, Gerechtigkeit für Jamal zu schaffen!“ Sie schrieb, die Reise werde „unsere Trauer und Hoffnungslosigkeit noch erheblich verstärken“.
Sie schrieb: „Sie verurteilen Russland für die Verfolgung von Dissidenten und die Begehung von Kriegsverbrechen in der Ukraine.“ Warum, fragte sie, werde dann der saudischen Königsfamilie „ein Freibrief erteilt“?
„Ist das der Preis des Öls?“
Offenkundig ja.
Die US-Medien stellen den Krieg der USA gegen Russland in der Ukraine so dar, als würde er aus rein altruistischen Motiven geführt, und als wären die Vereinigten Staaten bereit, aus reinem Wohlwollen grenzenlose Ressourcen für einen gerechten Krieg zur Verteidigung der „Demokratie“ aufzubringen.
Wer leichtgläubig genug ist, zu glauben, dass der Krieg der USA gegen Russland etwas mit „Menschenrechten“ und der Bekämpfung von Kriegsverbrechen zu tun habe, der möge sich Bidens Reise nach Saudi-Arabien ansehen. Sie wird ihm die Augen öffnen. Diese Episode macht einmal mehr deutlich, dass humanitäre Belange in der US-Außenpolitik keine Rolle spielen. Sie sind lediglich eine schöne Verpackung für die Öffentlichkeit.
Die geostrategische Politik der USA ist durch Washingtons Streben nach globaler Hegemonie bedingt, in deren Mittelpunkt die Zerstörung und Unterwerfung Russlands steht. Diese wiederum ist das Vorspiel für einen militärischen Konflikt mit China.
Warum geht Biden nach Saudi-Arabien, wie er in seiner Stellungnahme schreibt?
Weil er ein schamloser Heuchler ist. Weil er zu jedem Verbrechen fähig ist.
Im Namen des Öls, des Geldes, der Profite für seine Zahlmeister in der amerikanischen Oligarchie und der US-Rüstungsindustrie, damit sie gegen Russland Krieg führen können – für all dies legitimiert Biden den Mord an Jamal Khashoggi und stellt seinen Mördern einen Freibrief aus.
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