Sri-lankisches Aktionskomitee in Solidarität mit dem Kampf des Aktionskomitees Pflege

Kolleginnen und Kollegen des Aktionskomitees Pflege

Mit Begeisterung haben wir auf der World Socialist Web Site die Nachricht von der Gründung des Aktionskomitees Pflege im Streik der Krankenschwestern und -pfleger an den Universitätskliniken Nordrhein-Westfalens (NRW) gelesen. Es ist Teil einer beispiellosen internationalen Mobilisierung von Krankenschwestern und –pflegern.

Wir, sri-lankische Krankenschwestern und -pfleger und Beschäftigte des Gesundheitswesens, möchten unsere Solidarität mit dem mutigen, seit über sechs Wochen andauernden Streik der Pflegekräfte in NRW zum Ausdruck bringen. Wir unterstützen euren Kampf für angemessene Arbeitsbedingungen und eine gute Pflegepraxis. Dieser Kampf muss unabhängig von der Gewerkschaft Verdi geführt werden, und er verbindet die Beschäftigten des Gesundheitswesens mit Pflegekräften und Personal in Sri Lanka und auf der ganzen Welt.

Demonstrierende Pflegekräfte des Balapitya Hospitals, Süd-Sri Lanka, 5. April 2022 (WSWS Media)

In Sri Lanka leben und arbeiten wir in einem Land, in dem die globale Krise in besonders scharfer Form zum Ausdruck kommt, und die Corona-Pandemie und der Stellvertreterkrieg der USA und Nato gegen Russland in der Ukraine haben diese Krise noch einmal deutlich verschärft. Wir kämpfen für die Mobilisierung des Pflegepersonals in Aktionskomitees, die der Internationalen Arbeiterallianz angehören. Wir wollen das rasch erodierende Gesundheitssystem des Landes retten und die Grundversorgung wiederherstellen.

Im letzten Monat sind die Preise für Lebensmittel offiziell um 57 Prozent angestiegen, und durch diese Preisexplosion bei lebenswichtigen Gütern haben sich unsere Reallöhne immens verschlechtert. Jetzt hat die Regierung Sri Lankas begonnen, unsere Nominallöhne zu kürzen, indem sie zunächst die Zulagen, z. B. für Überstunden, gestrichen hat. Die Regierung setzt damit das Diktat des IWF um. In dem Zusammenhang hat sie auch die Mehrwertsteuer, die die Verbraucher zahlen, von 8 auf 12 Prozent erhöht. Jetzt schon haben sich die Preise für Grundnahrungsmittel innerhalb eines Jahres verdoppelt und verdreifacht.

Wir stimmen voll und ganz mit eurer Feststellung überein, dass unsre „Kolleginnen und Kollegen überall mit der gleichen katastrophalen Lage konfrontiert“ sind. Überall wird das Pflegepersonal, das an vorderster Front gegen Corona gekämpft hat, massiv unter Druck gesetzt.

Am 8. Juni verhängte der sri-lankische Präsident Gotabhaya Rajapaksa das neue Gesetz über den systemrelevanten öffentlichen Dienst (Essential Public Service Act - EPSA), das sich gegen das Gesundheitspersonal richtet. Es enthält staatliche Angriffe, die die aufgestaute Wut der Pflegekräfte über die Kürzungen der Überstundenvergütung auf den Siedepunkt bringen. Nach dem drakonischen EPSA-Gesetz soll jeder systemrelevante Gesundheitsbeschäftigte, der nicht zur Arbeit erscheint, „nach einem Schnellverfahren vor einem Richter verurteilt“ und mit einer „strengen Haftstrafe“ von zwei bis fünf Jahren und/oder einer Geldstrafe zwischen 2.000 und 5.000 Rupien ($US5-$US13) bestraft werden. Das „bewegliche und unbewegliche Eigentum“ der solcherart Verurteilten kann vom Staat beschlagnahmt werden, und ihr Name wird „aus allen beruflichen Einstellungs-Registern gestrichen“.

In unserem Nachbarland Indien hat die Polizei am 7. Juni in Chennai rund 500 protestierende staatliche Hilfspflegekräfte angegriffen und sie verhaftet. Diese Krankenschwestern und –pfleger protestierten dort seit einigen Tagen und forderten ihre unbefristete Anstellung und höhere Löhne.

Wir sind auch völlig damit einverstanden, was ihr in Bezug auf die Rolle der Gewerkschaften schreibt. In Sri Lanka haben die Gewerkschaften des Gesundheitssektors nach Ausbruch der Corona-Pandemie mehrere Kämpfe der Pflegekräfte sabotiert und einen nach dem anderen verraten. Obwohl wir in der Hochphase der Pandemie und in der Zeit des Lockdowns unter immensen Schwierigkeiten arbeiteten, mussten wir unseren mageren Lohn für Transport und andere arbeitsbedingte Ausgaben verwenden. Aufgrund dieses Verrats haben unsere Familien unsägliches Leid erfahren.

Die Federation of Health Professionals (FHP), der gewerkschaftliche Dachverband im Gesundheitswesen, dem auch die Gewerkschaft der Pflegekräfte angehört, hat alles getan, um eine Konfrontation mit der Regierung zu vermeiden. Seit Beginn der Pandemie richtet sie bei allen Kämpfen der Beschäftigten im Gesundheitswesen lahme Appelle an die Regierung.

Allein im letzten Jahr hat sie zehnmal zu einem befristeten Streik aufgerufen, und zu einigen weiteren Streiks in diesem Jahr – immer mit den gleichen Forderungen. Als Reaktion auf die wachsende Wut ihrer Mitglieder behauptet die FHP immer wieder, dass begrenzte gewerkschaftliche Aktionen die Regierung unter Druck setzen und dazu zwingen könnten, die Forderungen der Pflege zu erfüllen. Den Medien haben FHP-Führer unverblümt erklärt, dass sie zu Streiks aufrufen, um „die Militanz der Mitglieder zu steuern“.

Der Verrat der Gewerkschaften hat es den Behörden sogar ermöglicht, unseren Sonderurlaub zu streichen, der uns als Ausgleich für die immense Corona-Belastung gewährt worden war. Tausende Beschäftigte des Gesundheitswesens, darunter sehr viele Krankenschwestern und -pfleger und ihre Familien, haben sich mit Covid-19 infiziert, und mehr als zwei Dutzend Pflegekräfte sind an den Folgen der Pandemie gestorben.

Die FHP hat auch unseren jüngsten Kampf gegen die Lohnkürzungen verraten. In mehreren großen Krankenhäusern haben Pflegekräfte und andere Beschäftigten des Gesundheitswesens an den allgemeinen Streiks und Demonstrationen teilgenommen, bis ihre Gewerkschaften diese Streiks allein aufgrund einer vagen Zusicherung des Gesundheitsministers, die gekürzten Zulagen irgendwann in der Zukunft zurückzuerstatten, wieder abgesagt haben.

All dies zeigt, dass die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, große Ähnlichkeit mit den euren haben. Und dies gilt für Krankenschwestern und -pfleger und Beschäftigte des Gesundheitswesens auf der ganzen Welt.

Wir stimmen auch mit euren Forderungen vollkommen überein und bekräftigen noch einmal unsere Solidarität mit eurem Kampf.

Health Workers Action Committee (Sri Lanka)
E-Mail: healthworkers-sl@wsws.org
Tel.. / WhatsApp: +94777601592

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