Kein Krieg in der Ukraine! Für einen wissenschaftlichen Kampf gegen Covid-19! Baut jetzt die Parti de l’égalité socialiste auf!

Am Sonntag, den 10. April, findet der erste Wahlgang der französischen Präsidentschaftswahlen 2022 statt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht, ist für den 24. April eine Stichwahl vorgesehen. Inmitten eines weltweiten Kollaps des kapitalistischen Systems hat die Arbeiterklasse es mit dem Bankrott des gesamten französischen Establishments zu tun.

Die Menschheit ist mit drei großen internationalen Krisen konfrontiert, und nur die Arbeiterklasse kann sie lösen: Erstens wütet die Corona-Pandemie seit mehr als zwei Jahren. Sie hat bislang weltweit fast 20 Millionen Menschenleben gekostet, darunter fast zwei Millionen in Europa. Zweitens wird der Lebensstandard drastisch heruntergefahren, und die Lebenshaltungskosten steigen unaufhörlich, um die Rettungsaktionen für die Banken und die Finanzaristokratie zu finanzieren. Aber vor allem schüren drittens die Nato-Mitgliedstaaten den Krieg gegen Russland, indem sie Waffen an die ukrainische Regierung sowie deren rechtsextreme nationalistische Milizen liefern. Dieser Krieg droht sich in einen dritten Weltkrieg auszuweiten.

Es ist kaum abzuschätzen, wie die Wahl an diesem Sonntag ausgehen wird. Rund ein Viertel der Franzosen ist noch unentschlossen, für wen sie stimmen werden. Debatten, die während des Wahlkampfs geführt wurden, beschränkten sich angesichts des Ukraine-Kriegs auf Aufrufe zur „nationalen Einheit“. Meinungsforscher prognostizieren derweil eine Wiederholung der Stichwahl von 2017 zwischen dem amtierenden Präsidenten Emmanuel Macron und der neofaschistischen Kandidatin Marine Le Pen. Während Macron in den Umfragewerten abstürzte, konnten sowohl Le Pens Rassemblement National (RN) als auch die Partei Jean-Luc Mélenchons, La France Insoumise (LFI, Unbeugsames Frankreich) deutlich aufholen. Dennoch ist der Ausgang der Wahl vollkommen ungewiss. Jeder mögliche Wahlausgang ist derzeit denkbar, einschließlich ein Sieg Marine Le Pens.

Ein zentrales Merkmal dieser Wahl ist der Bankrott von Mélenchon und anderen Kandidaten, darunter Philippe Poutou von der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) oder Nathalie Arthaud von Lutte Ouvrière (LO, Arbeiterkampf), die von den bürgerlichen Medien als „links“ bezeichnet werden. Nach dem Generalstreik in Frankreich 1968 orientierten sich diese Kräfte jahrzehntelang an der „Einheit der Linken“, einem Bündnis aus der stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) sowie der Sozialistischen Partei (PS). Letztere wurde 1971 als Partei für das Finanzkapital vom ehemaligen Nazi-Kollaborateur François Mitterrand gegründet. Besonders die PCF und die PS, die im Begriff stehen, zu kollabieren, sind in der Bevölkerung zutiefst diskreditiert.

Während des gesamten Wahlkampfs lagen die pseudolinken Kräfte nicht nur weit hinter Macron, einem ehemaligen Investmentbanker, den die Arbeiter verächtlich als „Präsident der Reichen“ titulieren, sondern auch hinter Le Pen. Das bedeutet nicht, dass sie etwa für ein linkes Programm keine Unterstützung bekommen hätten, im Gegenteil: In zentralen Fragen wie der Corona-Pandemie oder dem Krieg in der Ukraine griffen sie Macron von rechts an. Sie überließen es der extremen Rechten, sich als Opposition zu Macron zu präsentieren.

Auf der Basis libertärer Standpunkte unterstützten die pseudolinken Kräfte die Proteste der Impfgegner, die einen wissenschaftlichen Kampf gegen Covid-19 ablehnen. Zuletzt haben sie sich mit den Fürsprechern der Nato-Politik gegen Russland verbündet, während die Gefahr eines katastrophalen Kriegs ständig zunimmt. Gleichzeitig treiben die Sanktionen gegen russische Energie- und Getreidelieferungen die Preise für Arbeiter an den Zapfsäulen und in den Supermärkten in die Höhe.

Inmitten dieser surreal wirkenden politischen Atmosphäre, in der die Opposition in der Bevölkerung gegen Macron keinen sozialistischen oder linken Ausdruck findet, konnte sich Le Pen in demagogischer Manier als eigentliche Herausforderin Macrons positionieren und sich für eine Kandidatur um die Macht in Stellung bringen.

Die Parti de l'égalité socialiste (PES), die französische Sektion der Vierten Internationale, unterstützt bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich weder einen der Kandidaten noch ein bestimmtes Wahlbündnis. Die Arbeiterklasse muss die reaktionäre Bilanz der Amtsperiode von Macron als Warnung verstehen: Keine der Kandidaturen, weder von Macron selbst noch von Mélenchon oder jemand anderem, stellt eine wirkliche Alternative zu einer neofaschistischen Präsidentschaft dar.

Unabhängig von ihrem Ausgang werden die französischen Präsidentschaftswahlen nicht ein einziges Problem der Arbeiterklasse lösen. Dies liegt daran, dass diese Probleme nicht auf nationaler Ebene gelöst werden können. Nur eine politische Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse, gestützt auf eine revolutionäre, sozialistische Perspektive, kann die Pandemie, den gefährlichen Kriegskurs der Finanzelite und den drohenden Faschismus besiegen.

Die Pandemie, die steigende Inflation und der Krieg in der Ukraine haben zu unerträglichen sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen geführt, die den weltweiten Klassenkampf immer weiter vorantreiben. Nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen in Frankreich brachen in Sri Lanka, Peru und Tunesien Massenproteste gegen die amtierenden Regierungen aus. Gleichzeitig streikten Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Indien und Griechenland. Lkw-Fahrer in Spanien, Eisenbahner in Kanada und Raffineriearbeiter in den USA und Großbritannien legten die Arbeit nieder. Mit der steigenden Inflation und der zunehmenden Verschärfung des Ukraine-Kriegs geht die Finanzaristokratie auf Kollisionskurs mit der Arbeiterklasse.

Baut jetzt die PES in Frankreich auf! Nur eine soziale Revolution bietet eine fortschrittliche Lösung gegen Krieg, die globale Pandemie und eine sich verschärfende weltweite Wirtschaftskrise. Die massiven Klassenkämpfe müssen mit dem revolutionären marxistisch-trotzkistischen Erbe der Arbeiterklasse verbunden werden. Nötig ist eine historische Abrechnung mit sämtlichen Kräften, die die Arbeiterklasse im 20. Jahrhundert an den Stalinismus und die nationalen Gewerkschaften gefesselt haben. Das sind die Aufgaben der PES und ihrer Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI).

Bilanz von Macrons Präsidentschaft

Als es im Jahr 2017 zur Stichwahl zwischen Macron und Le Pen kam, rief die PES zu einem aktiven Boykott auf. Inmitten von Protesten und wachsender Wut unter Arbeitern und Jugendlichen bot die Wahl nur die vergiftete Alternative zwischen Macron und Le Pen. Die PES bestand darauf, dass Macron, ein Investmentbanker und ehemaliger Wirtschaftsminister der PS, im Vergleich mit Le Pen keineswegs das geringere Übel sei, und dass seine Politik ebenso reaktionär sei wie ihre. In dieser Lage bestand die einzig gangbare Perspektive darin, in der Arbeiterklasse eine Bewegung gegen den Wahlsieger aufzubauen.

Mit dieser Position stand die PES im Gegensatz zu Mélenchons Partei LFI, wie auch zur pablistischen NPA, die beide Macron den Vorzug vor Le Pen gaben. Sie hat sich aber seither voll und ganz bestätigt. Macrons Präsidentschaft reagierte auf eine Explosion des Klassenkampfs, indem er die offizielle Politik immer weiter nach rechts trieb.

Macron begann seine Präsidentschaft damit, dass er in seiner Siegesrede in der Wahlnacht einen „republikanischen Gruß“ an Le Pen entrichtete. Sofort begann er, soziale Errungenschaften abzuschaffen. In enger Abstimmung mit den Gewerkschaften bereitete er tiefe Einschnitte bei den Renten, der Arbeitslosenversicherung und den Löhnen der Eisenbahner vor. Der erste große Ausbruch von Widerstand gegen seine Politik kam nicht von den Gewerkschaften, sondern von einer internationalen Bewegung, die außerhalb der Gewerkschaften entstand.

Das war im Jahr 2018, als es in den USA zu Lehrerstreiks kam und sich im Sudan politische Proteste formierten. In Frankreich traten die „Gelbwesten“ gegen soziale Ungleichheit auf, und noch ehe diese wieder abebbten, breiteten sich Massenproteste und Streiks über alle Kontinente aus. Die „Gelbwesten“ besetzten Autobahnen und Straßen und organisierten sich dabei über die sozialen Medien. Ihre Proteste weiteten sich zu einer regelrechten Konfrontation mit dem Polizeistaat aus. Macron mobilisierte die Bereitschaftspolizei gegen sie und begann, sich lobend über Philippe Pétain, Frankreichs Diktator im Zweiten Weltkrieg und Nazi-Kollaborateur, zu äußern, der angeblich ein „großer Soldat“ gewesen sei.

Die „Gelbwesten“ sahen sich dem giftigen Hass des gesamten offiziellen Frankreichs gegenüber, genossen aber unter Arbeitern eine breite Sympathie. Was die Gewerkschaftsbürokratie betrifft, so reagierten sie auf das Aufkommen der „Gelbwesten“-Proteste, indem sie einen geplanten Lkw-Streik absagten. Wie die NPA verleumdeten auch die Gewerkschaftsführer die „Gelbwesten“ als Neofaschisten. In dieser Situation hielt Macron einen Hubschrauber in 24-Stunden-Alarmbereitschaft, um im Notfall zu entkommen. Im März 2019 ermächtigte er die Armee, auf die „Gelbwesten“ zu schießen. Das war das erste Mal seit dem Massenstreik von 1948, nach dem Sturz des Pétain-Regimes, dass in Frankreich wieder ein solcher Befehl erteilt wurde.

Die Armee schoss zwar nicht, aber die „Gelbwesten“ sahen sich mit militarisierter Repression konfrontiert, wie es sie seit Jahrzehnten nicht gegeben hatte: Auf den Straßen erschienen gepanzerte Fahrzeuge, Wasserwerfer und Horden von Bereitschaftspolizisten. Mehr als 10.000 Demonstranten wurden festgenommen und zum Verhör inhaftiert, über 4.400 wurden verletzt. Zwei Dutzend Menschen verloren ein Auge durch Gummigeschosse der Polizei, und fünf verloren durch Polizeigranaten eine Hand. Ein Unbeteiligter wurde getötet. In den Jahren 2019 und 2020 folgte mit dem Eisenbahnerstreik gegen Macrons Rentenkürzungen der längste Streik in Frankreich seit Mai 1968.

Das Schlüsselerlebnis von Macrons Präsidentschaft war die Covid-19-Pandemie mit seiner Entscheidung, die Bevölkerung müsse „mit dem Virus leben“. Am Anfang der Pandemie kam es in Italien und den Vereinigten Staaten zu spontanten Streiks für einen konsequenten Lockdown und dem Schutz von Leben, was Auswirkungen auf ganz Europa hatte. Macron war gezwungen, einen strengen Lockdown zu akzeptieren, der aber schon im Mai 2020 wieder aufgehoben wurde. Seither hat sich Macron, wie alle Regierungen der EU, geweigert, entsprechend der medizinischen Anweisung Infektionen konsequent zurückzuverfolgen und zu isolieren, um eine weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern.

Der Kontrast zwischen der Corona-Politik in China und in der EU fällt ins Auge: Er zeigt die enormen menschlichen Kosten von Macrons Politik, die nur als sozialer Mord bezeichnet werden kann. China hat die Übertragung des Virus seit Beginn des Lockdowns unterbunden, und das Land konnte viele Monate lang fast unter normalen Bedingungen leben, bis das Virus erneut aus dem Ausland eingeschleppt wurde. China hat mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern weniger als 5.000 Menschenleben an die Pandemie verloren. Nach Juli 2020 waren es bis zum März 2022 nur noch fünf. In ganz Europa, wo nur halb so viele Menschen wie in China leben, kamen fast zwei Millionen Menschen ums Leben, darunter 142.000 in Frankreich. Nach der Aufhebung des strengen Lockdowns starben in Europa mehr als 1,5 Millionen Menschen, und in Frankreich allein 110.000.

Wie das IKVI erklärte, war die Covid-19-Pandemie ein auslösendes Ereignis der Weltgeschichte, vergleichbar mit dem Ersten Weltkrieg, der die russische Oktoberrevolution auslöste. Die Pandemie verschärfte die Krise des Weltkapitalismus massiv und beschleunigte die Entwicklung, die entweder zu einem katastrophalen Krieg oder zu einer sozialen Revolution führen muss.

Der Finanzaristokratie und dem politischen Establishment ging es nicht um die Rettung von Menschenleben, sondern um die Rettung ihres Reichtums. Die EU beschloss Corona-Pakete in Höhe von mehreren Billionen Euro für die Banken und Finanzmärkte, wodurch die Börsen und der Reichtum der Aktionäre massiv aufgebläht wurden. Dies ließ die öffentliche Verschuldung in der EU in die Höhe schnellen. Frankreichs Verschuldung erreichte ein Ausmaß von 115 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts. Dieser Schuldenberg wurde dadurch finanziert, dass man die Arbeiter in den Betrieben hielt, koste es was es wolle und trotz tausender an Covid-19 verlorener Menschenleben.

Die Gewerkschaften und pseudolinken Parteien, wie LFI und die NPA, unterstützten diese Politik des sozialen Mordes. In ihren Führungen sitzen Vertreter der wohlhabenden Mittelschicht, deren materielle Interessen sich in ihrer Politik widerspiegeln: Die Gewerkschaftsbudgets, wie auch die Börsenportfolios der Bürokraten, werden durch Geldzuweisungen der Unternehmer gefüllt.

Als die EU im Frühjahr 2020 das Ende der Lockdowns vorbereitete, machte Mélenchon klar, dass die LFI infolge der EU-Politik mit einem Massensterben in Frankreich rechnete. Als es darum ging, was die LFI in Bezug auf die Pandemie vorschlagen sollte, ließ er sich von der „Union Sacrée“ aus Sozialdemokraten, Liberalen und rechtsextremen Kräften inspirieren, die im Ersten Weltkrieg dem deutschen „Burgfrieden“ entsprach. Mélenchon erklärte: „Wir haben uns die Gesetze von 1915–1916 angesehen, um zu verstehen, wie genau vorgegangen wurde (…) Alle Männer waren an der Front, und Millionen von ihnen starben. Es interessierte uns, wie damals der soziale Zusammenhalt erhalten wurde.“

Die Pseudolinke hat ihre „Union Sacrée“ gebildet, um den Widerstand der Arbeiter gegen Macrons Politik zu ersticken. Trotz einer hohen Impfquote in der Bevölkerung unterstützte die LFI im Jahr 2021 die Proteste gegen eine Impfpflicht, an deren Spitze Marine Le Pens Nichte, Marion Maréchal Le Pen, marschierte. Im Jahr 2022 haben LFI, NPA und LO die „Freiheitskonvois“ nach dem Vorbild der rechtsextremen Proteste in Kanada unterstützt und ein Ende der Pandemiemaßnahmen gefordert, die eine Ausbreitung des Virus stoppen oder einschränken sollten.

Diese reaktionäre Politik ebnete den Weg für eine faschistoide Wende der herrschenden Elite in Frankreich. Inmitten einer Krise der militärischen Besetzung Malis eskalierten die Angriffe auf Immigranten und Muslime. Innenminister Gérald Darmanin, ein Sympathisant der rechtsextremen Partei Action française, setzte drakonische Gesetze durch, die sich gegen muslimische Vereinigungen richten und ihre staatliche Überwachung und Auflösung erleichtern. Darmanin griff Le Pen öffentlich an und bezeichnete sie als „weich“ in Beug auf den Islam.

Beträchtliche Teile des Offizierskorps, die die Querdenker unterstützen, riefen zu einem Staatsstreich auf. Diese Kräfte werden von großen Unternehmen des französischen Aktienindex CAC-40 großzügig finanziert. Sie gruppieren sich um den pensionierten General Pierre de Villiers, dessen Vater den gescheiterten Staatsstreich gegen die Unabhängigkeit Algeriens von Frankreich im April 1961 unterstützt hatte. Heute unterstützten sie die faschistische Präsidentschaftskandidatur des rechtsextremen Journalisten Eric Zemmour, eines Apologeten des Vichy-Regimes, der mehrfach wegen Aufstachelung zum Rassen- und Religionshass verurteilt wurde.

Vor allem aber wurde eine radikale Wende in der Außenpolitik vollzogen. Macron hatte sich bisher als verantwortungsbewusster als die Nato dargestellt und diese als „hirntot“ kritisiert, weil sie einen Zusammenstoß mit Russland riskiere. Wie das IKVI jedoch erklärt hatte, war die Covid-19-Pandemie auch in dieser Hinsicht ein auslösendes Ereignis, und dies bestätigte sich in diesem Jahr.

Als der russische Präsident Wladimir Putin in der Ukraine einmarschierte, schloss Macron sich der Nato vorbehaltlos an und unterstützte die Bewaffnung des ukrainischen Regimes für einen Krieg gegen Russland. Inzwischen häufen sich die Rufe in den US-amerikanischen und europäischen Medien, die einen Regimewechsel in Russland, den Sturz und die Ermordung Putins und ein mögliches militärisches Eingreifen der Nato in der Ukraine fordern. Die Gefahr eines direkten Konflikts zwischen der Nato und Russland wächst, und er könnte einen Weltkrieg auslösen.

Im französischen Establishment ist die Russenfeindlichkeit unumstritten. Dabei ist in der Arbeiterklasse die Erinnerung an die Rolle noch sehr lebendig, die die Sowjetunion bei der Niederschlagung des Faschismus spielte, als die Naziarmeen Frankreich im Zweiten Weltkrieg besetzt hatten. Die NPA, Mélenchon und die stalinistische Gewerkschaft CGT, im Kalten Krieg ein enger Verbündeter der Sowjetbürokratie, befürworten heute offen den Kriegskurs gegen Russland. Andere Kräfte, wie Nathalie Arthaud von der Lutte Oufrière, stellen sich auf die Seite der Nato indem sie die Arbeiter aufrufen, die Positionen der Gewerkschaften zu unterstützen.

Während Macrons Präsidentschaft hat sich die Bourgeoisie offen von den demokratischen Traditionen Frankreichs abgewandt, und die Pseudolinken, die Stalinisten und Pablisten haben jede auch nur symbolische Verbindung zum Marxismus abgebrochen. Die marxistisch-internationalistische Alternative zu diesen bankrotten Kräften ist die PES, die französische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI). Sie stützt sich auf das politische Erbe des IKVI und seine Verteidigung des Trotzkismus gegen die Pseudolinke.

Der Zusammenbruch der PS, der PCF und ihrer Anhängsel

Die dreißig Jahre, die seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie im Jahr 1991 vergangen sind, haben die Einschätzung des IKVI über die gegenwärtige Epoche bestätigt. In den 1990er Jahren behaupteten demoralisierte Stalinisten und bürgerliche Propagandisten gleichermaßen, die stalinistische Auflösung der Sowjetunion markiere das „Ende der Geschichte“ und den endgültigen Triumph der kapitalistischen Demokratie. Der Markt würde nach dieser Auffassung innerhalb des nationalstaatlichen Systems für Wohlstand und Demokratie sorgen.

Das IKVI erklärte hingegen, dass die Auflösung der Sowjetunion nichts an den Prognosen der großen Marxisten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und der Oktoberrevolution verändert habe. Entweder führt der von fatalen Widersprüchen geplagte Kapitalismus zum Weltkrieg, oder er wird durch die sozialistische Weltrevolution überwunden.

Das IKVI verstand die Auflösung der Sowjetunion als Teil einer unlösbaren Krise des nationalstaatlichen Systems, das an seinem wirtschaftlich schwächsten Glied zerbrochen war. Es wies auf die Auswirkungen der Globalisierung der Produktion und die Entstehung transnationaler industrieller Lieferketten hin. Dies verschärfte nicht nur die Krise des nationalstaatlichen Systems. Es machte alle Organisationen, die ein nationales Programm für die Arbeiterklasse vertraten – nicht nur stalinistische Regime, sondern auch sozialdemokratische und stalinistische Parteien und Gewerkschaften – historisch obsolet.

Dreißig Jahre später hat sich die Position des IKVI zur These vom „Ende der Geschichte“ bestätigt. Selbst der amerikanische Präsident Joe Biden sagt, die Geschichte befinde sich an einem „Wendepunkt“, und räumt in seinen Diskussionen mit US-Generälen, wenn es um die kommenden Kriege um die „neue Weltordnung“ geht, eine Zahl von 40 bis 60 Millionen Toten ein. Nach Trumps beispiellosem Versuch, am 6. Januar 2021 in Washington zu putschen, hat Biden zugegeben, dass er nicht weiß, ob die Vereinigten Staaten in zehn Jahren noch eine Demokratie sein würden.

Diese hysterische Offensive der Reaktion stellt die sozialistische Revolution der Arbeiterklasse auf die Tagesordnung. Das IKVI, das den Nationalismus und die stalinistische Irrlehre vom „Sozialismus in einem Land“ unversöhnlich bekämpft, steht im Widerspruch zu all denjenigen Tendenzen, die die französischen Medien als „linke“ oder „trotzkistische“ Parteien bewerben.

1953 brach das IKVI mit den politischen Vorfahren der pablistischen NPA, weil sie für eine Auflösung der Vierten Internationale in stalinistische, reformistische und bürgerlich-nationalistische Parteien eintraten. Andere Tendenzen wie Lutte Ouvrière (LO) und Pierre Lamberts Internationalistische Kommunistische Organisation (OCI) haben die „Union der Linken“ von PS und PCF unterstützt und ein Bündnis mit dem Pablismus angestrebt. (Die OCI war früher die französische Sektion des IKVI, hatte aber 1971 mit dem IKVI gebrochen.) Heute sind sie alle als bankrott entlarvt.

Ihre Ausrichtung auf die Big-Business-PS und die stalinistische PCF beruhte auf einer Ablehnung der revolutionären Rolle der Arbeiterklasse und war seit 1968 eng mit den Interessen von Schichten der Mittelklasse verbunden. Politisch orientierten sie sich an den nationalistischen Manövern innerhalb der Grenzen Frankreichs.

Was die Sowjetunion betrifft, so hat der Kapitalismus – weit davon entfernt, Frieden und Wohlstand zu bringen – sie in den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Ruin getrieben. Dies ebnete den Weg für eine Welle imperialistischer Kriege von 1991 bis heute, vom Irak über Somalia, Jugoslawien, Afghanistan, Libyen, Syrien und Mali. Im Laufe der Jahrzehnte hat sich das Nato-Bündnis praktisch ganz Osteuropa einverleibt und ist bis an die westlichen Grenzen Russlands vorgedrungen. Gleichzeitig sorgte die Bourgeoisie unter der Schirmherrschaft der Europäischen Union (EU) für die Verarmung breiter Schichten der europäischen Arbeiterklasse.

Die PS und die PCF, die dominierenden Parteien der französischen Arbeiterklasse in der Nachkriegszeit, sind zerfallen und liegen in den Umfragen bei 2 bzw. 4 Prozent. Ihre Sparpolitik in Regierungsverantwortung und ihr Verrat zahlloser Streiks und Protestbewegungen durch die ihnen angeschlossenen Gewerkschaften haben sie in breiten Schichten der Arbeiterklasse diskreditiert.

Ihr bankrotter Nationalismus hat die Voraussetzungen für den Aufstieg des neofaschistischen Rassemblement National (RN) von Le Pen geschaffen, die die historischen Verbindungen ihrer Partei zum Nationalsozialismus und zum Holocaust sorgfältig herunterspielt. Sie verspricht demagogisch, im Gegensatz zu PS und PCF das französische Volk zu schützen, indem sie das Renteneintrittsalter auf 60 Jahre senken und eine „Steuer auf Finanzvermögen“ erheben werde. Ihre Angriffe auf Einwanderer und Muslime, ihre Huldigung der Polizei und ihre Aufrufe zum „sozialen Frieden“, d. h. zur Unterdrückung von Streiks und Protesten, unterscheiden sich kaum von denen Macrons, der PS und ihrer politischen Anhängsel.

Le Pens Wirtschaftspolitik ist auf die Bedürfnisse der französischen Banken zugeschnitten, nicht auf die der französischen Arbeiter. Le Pen puscht die von den bürgerlichen Medien geschaffene giftige Stimmung gegen Einwanderer, aber in der Bevölkerung ist echter Hass auf Migranten kaum vorhanden. Eine Umfrage im vergangenen Jahr ergab, dass 89 Prozent der Franzosen Le Pens Politik der „nationalen Präferenz“ ablehnen, die eine Diskriminierung bei Löhnen und Sozialleistungen zugunsten französischer Staatsbürger am Arbeitsplatz vorsieht. 60 Prozent befürworten die Legalisierung aller Einwanderer.

Sollte Le Pen die Wahl gewinnen, wird sie eher früher als später in Konflikt mit der Arbeiterklasse geraten. Die entscheidende Frage bei den französischen Präsidentschaftswahlen ist nicht, wer die Wahl gewinnen wird, sondern wie die Arbeiterklasse den gewählten Präsidenten bekämpfen wird.

Was fordert die PES?

  • Mobilisiert Arbeiter in Frankreich und weltweit gegen den Imperialismus der Nato und die wachsende Gefahr eines atomaren Weltkriegs!

Die PES verurteilt den Einmarsch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Ukraine. Gleichzeitig ist es erforderlich, dass Arbeiter und Jugendliche nicht nur gegen Putins Kriegshandlungen mobilisiert werden, sondern auch und insbesondere gegen die Kriegstreiberei der imperialistischen Nato-Mächte, einschließlich Frankreich. Andernfalls wird sämtliche Kritik an der Außenpolitik des Kremls, unabhängig von der Absicht, zum Echo der antirussischen Nato-Kriegspropaganda.

Der Krieg in der Ukraine ist das katastrophale Ergebnis der Auflösung der Sowjetunion. Die stalinistische Theorie der „friedlichen Koexistenz“ mit dem Imperialismus erwies sich als ebenso falsch wie der „Sozialismus in einem Land“. Seither hat sich die Nato nicht nur Osteuropa praktisch bis an die Grenzen Russlands einverleibt. Sie hat außerdem das ukrainische Regime bis an die Zähne bewaffnet, insbesondere seit dem von der Nato unterstützten Putsch in Kiew 2014. Jetzt führt die Nato einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, indem sie Milliarden Dollar in die ukrainische Armee und rechtsextreme nationalistische Milizen wie das Asow-Bataillon pumpt.

Es besteht eine unmittelbare Gefahr, dass sich der Konflikt in der Ukraine zu einem Atomkrieg ausweitet. Die Nato verfügt über eine dreimal größere Armee als Russland, eine sechsmal so große Bevölkerung und eine Wirtschaft, die die russische um das 20-fache übersteigt. Russland ist also der Nato vollkommen unterlegen. In ihren Erklärungen fordern die Nato und die Ukraine den Sturz Putins und die Zerschlagung Russlands. Sie bezeichnen Russen als „Orks“, die massakriert werden könnten. All das macht deutlich, dass Russland einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt ist. Sollte die Nato den Appellen Polens oder anderer osteuropäischer Mächte folgen und in die Ukraine einmarschieren, um russische Streitkräfte anzugreifen, könnte es sehr schnell zu einem ausgewachsenen Atomkrieg kommen.

Auch innerhalb der Nato nehmen die internationalen Spannungen zu. Washington rief in seiner Nationalen Sicherheitsstrategie von 2017 dazu auf, sich auf einen Großmachtkonflikt mit Russland und China vorzubereiten. Unter Ausschluss Frankreichs bildeten die USA daraufhin ein Bündnis mit Australien und Großbritannien. Inmitten der Kriegstreiberei der Nato gegen Russland hat Deutschland seinen Militärhaushalt auf 150 Milliarden Euro verdreifacht. Es sei daran erinnert, dass Frankreich und Deutschland seit 1870 drei blutige Kriege gegeneinander führten. Heute fordert Macron außerdem, das Rentenalter auf 65 Jahre anzuheben und die Studiengebühren massiv zu erhöhen, damit weitere Milliarden in das französische Militär fließen können.

Über 70 Prozent der Bevölkerung lehnen eine Intervention Frankreichs in den Russland-Ukraine-Konflikt ab. Eine Antikriegsbewegung muss aufgebaut werden! Die Mittelschicht, deren Wurzeln auf die 68er-Bewegung zurückgehen, ist als Basis dafür untauglich. Sie beruft sich auf die Antikriegsbewegung, die aus dem Vietnamkrieg hervorging, spricht sich derzeit jedoch für den Krieg gegen Russland aus. Eine progressive Antikriegsbewegung kann nur innerhalb der Arbeiterklasse aufgebaut werden. Die PES appelliert an alle Jugendlichen und Arbeiter, über die Kriegsgefahr zu diskutieren, und ruft dazu auf, in den sozialen Medien, am Arbeitsplatz und in Fabriken mit all jenen die Diskussion zu suchen, die die Kriegstreiberei der Nato ablehnen.

  • Für eine Zero-Covid-Strategie!

Die von Macron vertretene und von allen Präsidentschaftskandidaten einhellig unterstütze Strategie gegen das Corona-Virus, die sich ausschließlich auf Impfungen stützt, wird die Pandemie nicht stoppen. Trotz hoher Impfquoten sind in Europa allein bis letzten Winter rund 300.000 Corona-Tote zu beklagen. In Frankreich kommt es nach wie vor zu rund einer Million Neuinfektionen und 1.000 Todesfällen pro Woche. Es wird zu neuen Varianten des Virus kommen, und die Immunität durch die Impfung wird allmählich nachlassen. Der Kapitalismus hat aber kein besseres Szenario zu bieten.

Die PES ruft dazu auf, Aktionskomitees am Arbeitsplatz und in der Schule zu bilden, um die Ausbreitung des Virus zu bekämpfen, die Gesundheit von Arbeitern und Schülern zu schützen und über geeignete Methoden zur Bekämpfung des Virus zu informieren.

Die PES unterstützt den Global Workers‘ Inquest des IKVI: globale Ermittlungen der Arbeiter in Sachen Corona-Pandemie. Wir kämpfen für eine weltweite Untersuchung der Corona-Pandemie durch die Arbeiterklasse und klären über die Notwendigkeit einer Zero-Covid-Strategie auf. Die PES ermutigt alle Arbeiter und Wissenschaftler, sich an dieser Untersuchung zu beteiligen und wendet sich entschieden gegen alle pseudolinken Forderungen nach Abschaffung von öffentlichen Gesundheitsmaßnahmen, die Ansteckungen verhindern können.

  • Baut Aktionskomitees auf! Arbeiter müssen sich unabhängig gegen Sparmaßnahmen und Repression organisieren!

Außer dem IKVI und ihren Sektionen auf der ganzen Welt fordert keine andere politische Tendenz den Aufbau und die Vernetzung internationaler Kampforganisationen in den Betrieben. Diese müssen vollkommen unabhängig von den korrupten und unternehmerfreundlichen Gewerkschaften sein und sich gegen diese positionieren. Als Treibstoff dafür dient die Wut der Arbeiter über die herrschenden sozialen Bedingungen, die die Regierungen sämtlicher Couleurs geschaffen haben.

Das einst gepriesene französische Sozialmodell ist zusammengebrochen. Eine breite Schicht in der Arbeiterklasse kann sich Grundbedürfnisse nicht mehr leisten. Ganze 60 Prozent der Menschen im erwerbsfähigen Alter fürchten, in die Armut abzurutschen. Ein Viertel verdient nicht genug, um drei gesunde Mahlzeiten pro Tag zu sich zu nehmen, und 10 Prozent sind auf Zuschüsse angewiesen, um Nahrungsmittel zu kaufen. Im März ist außerdem der Preis für Benzin drastisch angestiegen, von durchschnittlich 1,52 Euro auf 2,11 Euro pro Liter. Arbeiter müssen nun damit rechnen, Tausende Euro pro Jahr für Treibstoff auszugeben, sobald die staatliche Preisbremse Ende 2022 ausläuft.

Die Reformen der Volksfront seit den 1930er Jahren – bezahlter Urlaub, sicherer Arbeitsplatz, Rente, etc. – sind für die meisten Arbeiter höchstens noch eine blasse Erinnerung. Nur eine schmale Schicht bessergestellter Arbeiter und Angestellter kennt sie noch. Rund 40 Prozent der Franzosen fahren nie in den Urlaub, und über 70 Prozent derjenigen, die Urlaub machen können, übernachten bei Freunden. Im vergangenen Jahr basierten 21 Millionen der in Frankreich angebotene Arbeitsplätze auf Zeitarbeit. In den französischen Autofabriken liegt die Quote von Zeitarbeitern für Produktionsaufträge bei 60 bis 90 Prozent.

Der Kampf um grundlegende soziale Rechte, gegen das Massensterben durch Covid-19 und gegen den imperialistischen Krieg darf nicht den nationalen Gewerkschaften überlassen werden. Jeder ernsthafte Arbeitskampf gegen transnationale Konzerne erfordert, dass sich Arbeiter unabhängig von den Gewerkschaften und über nationale Grenzen hinweg organisieren. Die PES unterstützt den Aufruf des IKVI zum Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC).

  • Für soziale Gleichheit! Für die Enteignung der Finanzaristokratie!

Mit dem Geld, das die großen Zentralbanken drucken, bereichert sich die Finanzaristokratie um Billionen Euro. Diese Gelder werden an Finanzspekulanten weitergereicht, sie heizen die Inflation an und erhöhen massiv die Staatsverschuldung. Die Aktienmärkte werden in ungeahnte Höhen getrieben. Allein die Milliardäre Europas (die Multimillionäre nicht miteingerechnet) haben sich in der Pandemie um über eine Billion Dollar bereichert. Mega-Milliardäre wie Bernard Arnault oder Françoise Bettencourt-Meyers konnten ihr Vermögen allein im ersten Jahr nach Beginn der Corona-Rettungsaktionen um 40 Prozent und mehr steigern.

Eine parasitäre Aristokratie plündert die Gesellschaft, indem sie mit ihrem unrechtmäßig erworbenen Kapital Gewinn erzielt, den Arbeiter in der Pandemie unter Lebensgefahr erwirtschaften. Millionen Menschen müssen dafür ihr Leben opfern. Damit wird das Versprechen „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, das überall in der französischen Öffentlichkeit prangt, ad absurdum geführt. Öffentliche Gelder, die von privater Hand gestohlen wurden, müssen beschlagnahmt und für die dringlichsten sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung verwendet werden. Dazu ist es nötig, dass die Arbeiterklasse die staatliche Macht übernimmt, ob in Frankreich, in Europa oder auf der ganzen Welt.

Die PES stützt ihre Forderungen auf die Stärke der internationalen Arbeiterklasse, auf den Kampf für politische Unabhängigkeit und auf die Notwendigkeit ihrer Machtübernahme. Dies macht klar, dass die PES eine marxistisch-internationalistische Tendenz ist, die sich auf die Arbeiterklasse stützt: Das heißt, sie ist eine trotzkistische Partei.

Die Forderungen zeigen den Unterschied zwischen der PES und allen Parteien, die bei der Präsidentschaftswahl 2022 antreten. Diese Parteien sind sich trotz erbitterter Konflikte alle einig, wenn es darum geht, die Pandemiemaßnahmen abzuschaffen, einen aggressiven Kurs gegen Russland und China zu verfolgen und die französischen Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) oder mehr zu steigern. Ihre Finanzpolitik verfolgt das Ziel, die Banken und die Superreichen zu retten, und insofern geraten sie unweigerlich in Konflikt mit der Arbeiterklasse.

Der bankrotte Nationalismus von Jean-Luc Mélenchon

Jean-Luc Mélenchon, derzeit führender Herausforderer von Le Pen und Macron, der die Senkung des Rentenalters auf 60 Jahre und eine Amnestie für „Gelbwesten“ fordert, ist ein langjähriger Politiker des französischen Imperialismus. Er trat 1976 in die PS ein, nachdem er mehrere Jahre in der OCI tätig war. Innerhalb der PS protestierte er zunächst gegen die Beteiligung Frankreichs am Golfkrieg gegen den Irak 1991 und gegen die Einführung des Euro, unterstützte beides jedoch später. Er war Minister in Lionel Jospins „Plurale Linke“-Regierung aus PS, PCF und Grünen von 1997 bis 2002, bevor er 2009 die LFI gründete.

Mélenchon vertritt den französischen Nationalismus gegen den Sozialismus und die Arbeiterklasse. Zynisch applaudierte er den „Gelbwesten“, die er als nationale „Volksrevolution“ bezeichnete. Für ihn waren sie die Alternative zu einer internationalen sozialistischen Revolution, die er ablehnt. Gleichzeitig rührte er keinen Finger, um den „Gelbwesten“ gegen die Polizeischläger zu helfen. Obwohl er 2017 sieben Millionen Stimmen erhalten hatte, die vor allem aus den Arbeitervierteln der Großstädte kamen, hat er nicht ein einziges Mal an seine Wähler appelliert, die von Macron angegriffenen Streiks und Proteste zu verteidigen.

In der Frage von Covid-19 stellte sich Mélenchons Partei LFI Macron von rechts entgegen. Sie schloss sich den Aufrufen der rechtsextremen Politiker Florian Philippot und Marion Maréchal Le Pen an, gegen die Impfpflicht zu protestieren, obwohl sich über 90 Prozent der französischen Erwachsenen haben impfen lassen. Die LFI unterstützte auch „Freiheitskonvois“ in Europa gegen die Corona-Maßnahmen.

Die LFI verbindet ihren Kult um die nationale Unabhängigkeit Frankreichs mit chauvinistischer Kritik an muslimischen Kopftüchern. Nichtsdestotrotz haben Mélenchon und seine Verbündeten den Kriegseinsatz der Nato gegen Russland in der Ukraine unterstützt. Er äußert stets unweigerlich Kritik an Amerika und der Nato. Er behauptet aber fälschlicherweise auch, Moskau trage die „volle Verantwortung“ für den Krieg in der Ukraine, und befürwortet Sanktionen gegen Russland als „wirksam“. Damit trägt er dazu bei, linken Widerstand gegen die imperialistische Kriegstreiberei der Nato zu blockieren.

In der Frage eines drohenden Putsches durch Figuren wie Zemmour und de Villiers hält Mélenchon sich auffällig zurück. Bisher hat er Macron nur einmal kurz aufgefordert, diese Rechtsextremisten auf Linie zu halten. Dies spiegelt nicht nur seine Rolle als Diener des französischen Imperialismus wider, sondern auch die Freundschaften, die er mit Reaktionären wie Zemmour im politisch vergifteten Milieu der PS geschlossen hat.

Mélenchon ist so weit nach rechts gerückt, dass er mittlerweile die Unterstützung von Geoffroy Roux de Bézieux genießt, des Vorsitzenden des französischen Arbeitgeberverbands Medef. Roux de Bézieux sagte: „Ja, unsere Meinungsverschiedenheiten sind tief. Aber selbst wir Gegner erkennen es an: der Favorit der Linken für die Präsidentschaftswahlen ist bereit zu regieren, und er hat ein solides und kohärentes Programm.“ Dies ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass Mélenchon, sollte er gewählt werden, das Diktat der Banken umsetzen wird.

Wer daran zweifelt, dass Mélenchon letztlich vor der Finanzaristokratie kapitulieren wird, sollte sich die Bilanz seiner spanischen Verbündeten von Podemos ansehen. Seit sie an der Regierung sind, betreiben sie eine Politik der massenhaften Durchseuchung, die in der Pandemie zu mindestens 152.000 zusätzlichen Toten geführt hat. Sie schützen Generäle, die mit der faschistischen Vox verbündet sind und zu einem Putsch aufgerufen haben. Und sie befürworten den Nato-Kriegskurs in der Ukraine. Gegen einen Streik von Zehntausenden Metallarbeitern in Cádiz, wie auch derzeit gegen den landesweiten Lkw-Streik, hat Podemos die Bereitschaftspolizei eingesetzt.

Die reaktionäre Rolle der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) und von Lutte Ouvrière (LO)

Im aktuellen weltweiten Aufschwung des Klassenkampfs, der Corona-Pandemie und dem Nato-Kriegstreiben gegen Russland und China stehen NPA und LO heute entlarvt da. Wie sich zeigt, ist die Opposition des IKVI gegen NPA und LO alles andere als ein Streit innerhalb der trotzkistischen Bewegung. Vielmehr handelt es sich um den Kampf der trotzkistischen Bewegung gegen reaktionäre, kleinbürgerliche Parteien.

Besonders die Präsidentschaftswahlen von 2002 bleiben als einschneidende Erfahrung im Gedächtnis. Bereits damals erwiesen sich die NPA und die LO als Teil des politischen Establishments. Als Lionel Jospin, Kandidat der PS, im ersten Wahlgang ausschied, kam es zu Protesten gegen die Stichwahl zwischen dem konservativen Jacques Chirac und dem neofaschistischen Jean-Marie Le Pen (Marine Le Pens Vater). Die Ligue communiste révolutionnaire (LCR), die LO und die Parti des travailleurs (PT, Nachfolger der Organisation Communiste Internationaliste, OCI) erhielten zusammen im ersten Wahlgang drei Millionen Stimmen. Es kam außerdem zu internationalen Antikriegsprotesten gegen die bevorstehende illegale Invasion des Iraks durch die USA, die 2003 erfolgen sollte.

Das IKVI wandte sich damals in einem offenen Brief an alle drei Parteien und schlug eine Kampagne zum aktiven Boykott der Stichwahl vor. Ohne dass die politischen Differenzen zwischen dem IKVI und den Parteien beschönigt wurden, machte das IKVI in seinem Brief diesen Parteien klar, dass ein aktiver Boykott die Arbeiterklasse zum Kampf mobilisieren, sie auf den Kriegskurs Chiracs und seine sozialen Angriffe vorbereiten würde. Aber keine der pseudolinken Parteien reagierte. Stattdessen schlossen sie sich der PS-Kampagne für eine Stimmabgabe für Chirac an und argumentierten, Chirac werde die Demokratie vor dem Faschismus retten.

Die Parteien drückten damit letztendlich aus, dass die Millionen Menschen, die gegen Le Pen auf die Straße gingen, sich die Mühe, zu protestieren, sparen könnten. Sie sollten einfach zulassen, dass die Wahl stattfinde und Chirac die Macht übernehme. Den Neofaschisten wurde damit eine politische Bühne geschaffen, um sich als ausschließliche Oppositionspartei zu positionieren und sich Anwärter auf die Macht zu erklären.

Ausschlaggebend in dem Prozess, der die extreme Rechte „entdämonisieren“ sollte, war jedoch der seit 2002 erfolgte Rechtsruck des gesamten politischen Spektrums. Die extreme Rechte integrierte sich nicht im politischen Mainstream, weil die Neofaschisten näher an die Mitte gerückt wären, sondern weil alle Parteien sich ständig weiter nach rechts bewegten. Die NPA förderte auf skrupellose Weise sowohl die Stellvertreterkriege der Nato in Libyen und Syrien, als auch den rechten Putsch in Kiew 2014, den sie als „demokratische Revolution“ bezeichnete.

Als es unter der Präsidentschaft Macrons zu Klassenkämpfen und sozialen Protesten kam, reagierten die NPA und die LO mit Bestürzung. Als der Vorsitzende des Gewerkschaftsdachverbandes CGT, Philippe Martinez, behauptete, die „Gelbwesten“ (die soziale Gleichheit forderten), seien „Personen, mit denen man nicht gesehen werden will“, verleumdete die NPA diese als rechtsextreme „Poujadisten“ [nach den kleinbürgerlich-rechten Protestlern um Pierre Poujade]. Deutlich wurde dadurch die Klassenkluft, die die wohlhabende kleinbürgerliche Basis der pseudolinken Parteien von der breiten Masse der Arbeiter und unterdrückten Schichten trennt.

Die Corona-Pandemie hat die reaktionäre Rolle dieser Parteien bestätigt. Sowohl Poutou (NPA) als auch Arthaud (LO) haben eine Impflicht verurteilt, die rechtsextremen „Freedom Convoys“ unterstützt und stillschweigend dabei zugesehen, wie die EU die Superreichen seit Beginn der Pandemie mit milliardenschweren Rettungspakten fördert. Die wohlhabenden pseudolinken Aktivisten aus der Mittelklasse sind auf Linie mit der Politik des sozialen Mordes, für die die EU steht. Früher lautete die Parole der NPA: „Unser Leben ist mehr wert als ihre Profite“. Heute verkünden sie: „Unsere Profite sind mehr wert als euer Leben.“

Die NPA und die LO haben sich, trotz der zunehmenden Gefahr, dass sich der Krieg in der Ukraine zu einem Atomkrieg ausweitet, von Beginn an hinter die Nato gestellt. Die LO besteht darauf, dass die Gewerkschaften über derartige Entscheidungen bestimmen sollen. Als noch dreister offenbarte sich die NPA: Sie veröffentlichte eine Erklärung ihres Mitglieds Gilbert Achcar, in der dieser eine Niederlage Russlands, herbeigeführt durch die Nato, als einzigen Weg zur Sicherung des Weltfriedens bezeichnet.

Achcar verkörpert die Entwicklung der gutbetuchten Pseudolinken, die sich von einstmals radikalen Studenten in bewusste Werkzeuge des Imperialismus verwandelt haben. Er arbeitet als Professor an der Londoner School of Oriental and African Studies und hat zu Beginn des Nato-Kriegs in Syrien den Syrischen Nationalrat beraten, der Beziehungen zur CIA pflegte. Achcar rühmt sich nun offen damit, ein bezahlter Berater des britischen Militärs zu sein.

Baut die PES auf!

Inmitten wachsender Enttäuschung und Wut über die etablierten Parteien Frankreichs stellt sich für Arbeiter und Jugendliche die entscheidende Aufgabe: Es gilt, die PES als trotzkistische Avantgarde der Arbeiterklasse aufzubauen.

In der Zeit von Macrons Präsidentschaft kam es zu einem weltweiten Aufschwung des Klassenkampfs. Parallel zu den Kämpfen in Frankreich haben sich in den USA Streiks in der Autoindustrie und im Bergbau sowie dem Bildungsbereich entwickelt. Es gab einen landesweiten Lehrerstreik in Polen, Massenproteste gegen die Regierung im gesamten Nahen Osten und in Lateinamerika (darunter der Hirak in Algerien), Generalstreiks in Griechenland und Massenproteste der Bauern in Indien, eine Welle spontaner Streiks in Industriebetrieben in der Türkei, Massenproteste gegen die Regierung in Sri Lanka und eine weltweite Welle von Streiks im Gesundheits- und Bildungswesen gegen die Pandemie.

Gegen den reaktionären Einfluss bankrotter nationaler Organisationen muss eine einheitliche internationale Bewegung aufgebaut werden. Die Gefahr eines Atomkriegs, die weltweite Corona-Pandemie, der Aufstieg polizeistaatlicher Herrschaftsformen und die Verarmung der Arbeiter durch die Weltfinanzmärkte sind allesamt internationale Probleme. Kein einziges davon kann von Parteien gelöst werden, die auf der Ebene einzelner Nationalstaaten arbeiten. Notwendig ist ein direkter Angriff auf den obszönen Reichtum der Finanzaristokratie.

Das IKVI kämpft für den Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees (International Workers Alliance of Rank-and-File Committees, IWA-RFC). In der Ära des globalisierten Kapitalismus, der globalen Lieferketten und bankrotten nationalen Gewerkschaften wird sie die Kampforganisation der Arbeiter sein. Nur eine revolutionäre Partei, die unversöhnlich gegen Covid-19, Sparpolitik und imperialistischen Krieg kämpft, kann eine solche Organisation gegen den Widerstand der Pseudolinken und der Gewerkschaften aufbauen.

In der gesamten Präsidentschaft Macrons und besonders seit der Corona-Pandemie und der Kriegspolitik gegen Russland ist das Hoffen und Streben von Arbeitern und Jugendlichen mit Füßen getreten worden. Die arbeitende Bevölkerung hat sich mit überwältigender Mehrheit für Impfungen ausgesprochen. Von den Behörden erwartete sie weit mehr, um die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen. Eine große Mehrheit von 70 Prozent sprach sich ausdrücklich gegen eine direkte militärische Beteiligung Frankreichs am Ukraine-Konflikt aus. Diese Positionen kommen jedoch im Programm keiner etablierten Partei zum Ausdruck.

Arbeiter und Jugendliche können sich in grundlegenden politischen Fragen nur Gehör verschaffen, wenn sie eine neue internationale revolutionäre Partei aufbauen, die auf dem Erbe der marxistisch-trotzkistischen Bewegung beruht. Die PES stützt sich auf den jahrzehntelangen Kampf des IKVI für den Trotzkismus – gegen Stalinismus, Pablismus, kleinbürgerlichen Nationalismus und alle Formen des nationalen Opportunismus. Sie vertritt das IKVI und den Trotzkismus in Frankreich.

Im Rahmen ihrer internationalen Zusammenarbeit mit dem IKVI arbeitet die PES eng mit seinen Sektionen und Sympathisantengruppen in ganz Europa zusammen, um die Arbeiterklasse im Kampf für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa zu vereinigen. In Deutschland kämpft die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) unter Arbeitern und Jugendlichen gegen die Wiederkehr des deutschen Imperialismus, und in Großbritannien führt die Socialist Equality Party den Kampf für die Einheit der britischen und europäischen Arbeiter an. In der Türkei kämpft die Gruppe Sosyalist Eşitlik für den Aufbau der türkischen Sektion des IKVI.

Die PES appelliert an Arbeiter und Jugendliche, die mit ihrer Politik in Frankreich und auf Weltebene sympathisieren, den Sektionen des IKVI beizutreten und sie aufzubauen. Sie unterstreicht damit erneut den Charakter der revolutionären Bewegung, die sie in der internationalen Arbeiterklasse aufbaut:

  • Die neue Bewegung gegen Krieg muss antikapitalistisch und sozialistisch sein, denn man kann nicht ernsthaft gegen Krieg kämpfen, ohne danach zu streben, der Diktatur des Finanzkapitals und dem Wirtschaftssystem, das die Ursache für Militarismus und Krieg bildet, ein Ende zu setzen.
  • Aus diesem Grund muss die neue Antikriegsbewegung unbedingt vollkommen unabhängig sein von allen politischen Parteien und Organisationen der Kapitalistenklasse und diese ablehnen.
  • Vor allem muss die neue Antikriegsbewegung international sein und dem Imperialismus in einem vereinten globalen Kampf die enorme Kraft der Arbeiterklasse entgegenstellen.
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