Letzte Woche organisierte die sozialdemokratische spanische Gewerkschaft Union General de Trabajadores (UGT) im Ford-Werk in Almussafes bei Valencia eine Schein-Abstimmung. Es ist Teil ihres Versuchs, die Ford-Arbeiter entlang nationaler Grenzen zu spalten und Zugeständnisse zu Lasten der spanischen Ford-Arbeiter durchzusetzen.
Ford will die geplante Umstellung der Produktion auf Elektroautos bis zum Jahr 2030 ausnutzen, um Stellen abzubauen, Löhne zu senken und die Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Deshalb hat Ford Europa von den Werken in Almussafes und Saarlouis Vorschläge über die größtmöglichen Kürzungen bei Arbeitsplätzen und Bedingungen verlangt, die der Konzernzentrale in Detroit vorgelegt werden sollen. Dem „Verlierer“-Werk droht nach 2025 die Schließung, sodass in der spanischen Provinz Valencia und im Saarland zehntausende Arbeitsplätze gefährdet sind.
Die UGT manövriert hinter dem Rücken der Belegschaft. Ihren Vorschlag an das Ford-Management in der Europa-Zentrale in Köln hat sie den Arbeitern nicht vollständig vorgelegt. Dennoch verlangte sie, dass die Arbeiter darüber abstimmten. Ohne jeden Zweifel enthält der Vorschlag, der den Zuschlag für die Produktion von Elektroautos in Almussafes erwirken soll, beispiellose Angriffe auf die Arbeiter. Die UGT rechtfertigt ihre Geheimniskrämerei mit dem reaktionären Vorwand, eine Offenlegung würde ihre Position im Bieterkrieg gegen das deutsche Werk gefährden.
Die Arbeiter müssen die Offenlegung aller Zugeständnisse fordern, die die spanische Gewerkschaftsbürokratie in Valencia dem Ford-Management anbietet. Zudem müssen sie die Versuche der Gewerkschaften zurückweisen, in diesem Unterbietungswettbewerb um Löhne und Bedingungen spanische, deutsche und andere Arbeiter gegeneinander auszuspielen.
Die UGT-Bürokraten haben für die Arbeiter nur ein gut siebenminütiges Video auf YouTube veröffentlicht. Presseberichte deuten jedoch darauf hin, dass die UGT die brutalsten Angriffe auf die Ford-Arbeiter in der 46-jährigen Geschichte des Werks in Valencia vorgeschlagen hat. Einige davon sind bereits bekannt:
- Eine Nullrunde für die nächsten vier Jahre. Angesichts einer Inflation von derzeit sechs Prozent entspricht dies (laut Quellen bei Ford Valencia) einer drastischen Lohnsenkung von mindestens elf Prozent bis 2026
- Die Verlängerung der Arbeitszeit um fünfzehn Minuten pro Tag, was auf das Jahr hochgerechnet 80 Stunden unbezahlter Mehrarbeit für jeden Kollegen oder einer halben Million unbezahlter Stunden für die Gesamtbelegschaft entspricht
- Samstagsarbeit an bis zu achtzehn Tagen pro Jahr
- Die Einführung flexibler Nachtschichten
Laut der UGT haben sich an der Abstimmung 4.193 Arbeiter bzw. 70 Prozent der Gesamtbelegschaft beteiligt, davon stimmten angeblich 75 Prozent für diese „Highlights“ des Abkommens. 948 oder 22,6 Prozent lehnten sie ab. Doch da die UGT die Arbeiter im Unklaren ließ, worüber sie abstimmten, kann es sich nur um eine illegitime und undemokratische Farce handeln.
Die Gewerkschaft zwang die Arbeiter dazu, statt mit traditionellen Stimmzetteln über eine Handy-App abzustimmen. Damit wird nicht nur eine Überprüfung der ausgezählten Stimmen unmöglich, sondern einige Ford-Arbeiter erklärten gegenüber der WSWS außerdem, man habe mit dieser App mehrmals abstimmen können.
Es ist unglaubwürdig, wenn die UGT jetzt behauptet, sie habe die App benutzt, um durch diese Fernabstimmung die Sicherheit der Arbeiter während der Corona-Pandemie zu gewährleisten.
Diese vorgetäuschte Sorge um die Gesundheit der Arbeiter war offensichtlich ein Betrug. Die UGT hat in den letzten zwei Jahren die Kampagne für die Öffnung der Schulen vorbehaltlos unterstützt und die Arbeiter in die Fabriken und Büros gezwungen, die sich als größte Pandemietreiber erwiesen. In Spanien gab es eine Übersterblichkeit von 122.000. Zuletzt waren während der Pandemie mindestens elf Prozent der Bevölkerung infiziert, da die Regierungsparteien Podemos und PSOE, denen die UGT nahesteht, Unternehmensprofiten Vorrang vor Menschenleben einräumen.
Die UGT-Bürokraten schickten Dutzende Funktionäre in die Werkshallen, um die Arbeiter einzuschüchtern und dazu zu bringen, sich für die Schein-Abstimmung zu registrierten. Die Arbeiter mussten dabei ihren vollständigen Namen, Ausweisnummern und E-Mail-Adressen angeben. Das bedeutet, dass die Gewerkschaftsbürokraten, die durch vertrauliche Absprachen mit dem Management über Beförderungen, Boni und andere Zusatzleistungen mitbestimmen, mit der App feststellen können, wie jeder Arbeiter abgestimmt hat.
Gleichzeitig setzte die Gewerkschaft ihre monatelange Einschüchterungskampagne fort und betonte, das Werk werde geschlossen, wenn die Arbeiter den Deal nicht akzeptieren. Sie betonte, Ford habe in den letzten drei Jahren mehr als 12.000 Stellen abgebaut – wobei sie ihre eigene Rolle dabei verschwieg. Erst im letzten April hatte sie den Abbau von 630 Arbeitsplätzen unterstützt.
Um Widerstand gegen die betrügerische Abstimmung abzuwürgen, veröffentlichte die Gewerkschaft ihr Video auf YouTube, in dem sie die WSWS wegen ihrer Kritik an der reaktionären Zusammenarbeit zwischen UGT und dem Ford-Management attackierte. Die WSWS bekämpft konsequent sowohl die deutschen als auch die spanischen Gewerkschaften, die sich am Bieterwettbewerb des Ford-Managements zu Lasten der Arbeiter beteiligen, und setzt sich entschieden für die Vereinigung der Ford-Arbeiter über alle Landesgrenzen hinweg ein.
In dem Werk im deutschen Saarlouis haben Arbeiter ein Aktionskomitee gegründet, um die Arbeiter beider Werke zu vereinen und die Veröffentlichung aller von den Gewerkschaften angebotenen Zugeständnisse zu verlangen. Ferner fordern sie ein sofortiges Ende der Geheimverhandlungen zwischen Betriebsrat und Management und die Zusammenarbeit der Arbeiter aller Standorte bei der Verteidigung von Arbeitsplätzen, Löhnen und sozialen Errungenschaften.
Die UGT erklärt in ihrem Video jedoch: „In der letzten Saison habt ihr viele Meldungen über die Lage und Zukunft unserer Fabrik zu hören bekommen, sowie Meinungen und Zweifel an unserer Fähigkeit, gute Abkommen auszuhandeln, wie auch Kritik. Einiges davon bewegt sich am Rande der Realität.“ Während dieses Satzes erscheint neben bürgerlichen Zeitungsberichten (darunter der BILD) auch ein WSWS-Artikel über Ford vom 24. Januar.
Danach verteidigt das Video die „diskreten“ Verhandlungen der UGT mit dem Management, die hinter dem Rücken der Arbeiter stattfinden, und rät ihnen von Streiks oder „Lärm“ ab: „Wo es Einigungen [mit dem Management] gibt, da gibt es eine Zukunft. Und wo Lärm ist, da gibt´s Unsicherheit und sogar Werksschließungen.“ Daraufhin sieht man Bilder von Protesten und der Schließungen von Ford-Werken in Genk (Belgien) und Blanquefort (Frankreich).
Ford-Arbeiter haben der WSWS berichtet, wie die Gewerkschaft versuche, die Zugeständnisse durchzusetzen und die Arbeiter über die Ereignisse im Dunkeln zu lassen.
Ein Arbeiter und zweifacher Vater mit zehn Jahren Berufserfahrung am Band, erklärte, er habe trotz seiner Zweifel für das Abkommen gestimmt. Weiter sagte er: „Es gab viel Angst und viel Schweigen. Die Leute sind sehr nervös. ... Wir wissen nicht, was das Beste ist, oder wie wir es erreichen sollen. ... Wir haben mit Unsicherheit abgestimmt.“ Er äußerte Wut darüber, dass er gezwungen werde, Lohnsenkungen zu akzeptieren, während Ford massive Profite einfährt.
Weiter erklärte er, selbst wenn das Werk in Almussafes diesen Bieterwettbewerb gegen Saarlouis gewinnen sollte, werde es bald gegen Werke in Rumänien, der Türkei oder Indien antreten müssen.
Die UGT wendet diese mafiösen Taktiken an, weil sie weiß, wie unpopulär ihr Deal wirklich ist. Ein Arbeiter erklärte der WSWS: „Hätten sie gewusst, dass sie volle Unterstützung für das Abkommen hätten, dann hätten sie es vollständig vorgestellt und ein Referendum durchgeführt.“
Soll der Kampf um Arbeitsplätze, Löhne und Bedingungen erfolgreich sein, dann müssen die Ford-Arbeiter ihn international gemeinsam führen, sowohl gegen das Management, als auch gegen ihre jeweilige nationale Gewerkschaftsbürokratie.
Das unabhängige Aktionskomitee der Ford-Arbeiter in Deutschland, das die Kürzungen rundheraus ablehnt, schlägt vor, dass sich die Kollegen von Saarlouis mit denen im spanischen Valencia zusammenschließen. Die World Socialist Web Site ruft die Arbeiter in Valencia auf, Kampf gegen Ford die schmutzigen Manöver der UGT zurückzuweisen, sich mit dem Komitee in Saarlouis in Verbindung zu setzen und die Internationale Arbeiterallianz der Aktionskomitees (IWA-RFC) aufzubauen.
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