In Rumänien haben die städtischen Busfahrer und das Personal der Verkehrsbetriebe von Bukarest (STB) am 20. Januar die Arbeit niedergelegt. An dem spontanen Streik beteiligt sich das gesamte STB-Personal, Busfahrer, Mechaniker, Schlosser und Ticketverkäufer. Trotz des Drucks, den Verkehrsbetriebe und Stadtverwaltung auf sie ausüben, setzen sie den Streik fort.
Am Donnerstag und Freitag sind Gerichtsurteile ergangen, in denen der Streik als illegal eingestuft wurde. Die Stadtverwaltung droht den Streikenden mit Entlassung und polizeilichen Strafmaßnahmen, wenn sie sich den Gerichtsbeschlüssen widersetzen. Dennoch lassen sich die Beschäftigten bisher nicht einschüchtern und streiken weiter.
Der Streik hat sich weitgehend außerhalb der Kontrolle der Gewerkschaften entwickelt. Die größte von ihnen ist die Bukarester Transportarbeitergewerkschaft (STB), deren Vorsitzender Vasile Petrariu ein sozialdemokratischer Stadtrat ist. Petrariu steht der früheren Bürgermeisterin der PSD (Sozialdemokraten) und derzeitigen Familienministerin Gabriela Firea nahe.
Die Gewerkschaft hat versucht, die Beschwerden der Arbeiter durch Hinterzimmer-Manöver mit städtischen Beamten und mit der Unternehmensleitung zu entschärfen und abzulenken. Sie möchte suggerieren, dass die aktuelle Krise die Schuld des Generaldirektors der Verkehrsbetriebe sei, im Gegensatz zu der vorherigen Führung, die den Segen der PSD-Bürgermeisterin hatte.
In Wirklichkeit unterstützen alle Parteien die Angriffe auf die Arbeiter, die weit zurück reichen. In zahlreichen Interviews und in den sozialen Medien haben die Beschäftigten ihre hauptsächlichen Sorgen klar dargelegt. Sie betreffen die Sicherheit während der Fahrt, die Hungerlöhne, den Zustand der Fahrzeuge, die infolge chronischer Unterfinanzierung keine Ersatzteile bekommen und andauernd defekt sind, sowie die katastrophalen Schulden, die auf dem Unternehmen lasten und die Gefahr von Massenentlassungen beinhalten. Auch die vorherige Regierung hat keins dieser Probleme in irgendeiner Weise angepackt oder gar gelöst.
Es steht jedoch außer Zweifel, dass die Gewerkschaft einen Wechsel an der Spitze des Unternehmens, der mit einigen leeren Versprechungen einhergehen würde, als Sieg für die Arbeiter verkaufen würde.
Die STB-Gewerkschaft möchte den Arbeitskampf so schnell wie möglich beenden. Sie weigert sich entschieden, die Arbeiter in anderen Branchen zur Solidarität aufzurufen. Vasile Petrariu ist auch Vorsitzender des Gewerkschaftlichen Dachverbands, zu dem auch die Gewerkschaften der U-Bahn-Beschäftigten gehören. Wie die Busfahrer haben auch die U-Bahn-Beschäftigten mit zunehmenden Problemen zu kämpfen. So standen sie im vergangenen Jahr in einem erbitterten Arbeitskampf gegen die Regierung, den die Gewerkschaftsfunktionäre verraten haben. Sie haben die Arbeiterproteste lediglich benutzt, um den Abriss von Schmuckläden, an denen sie beteiligt waren, zu verhindern.
Vasile Petrariu verkörpert die vorherrschende Korruption und Integration im Staatsapparat, die diese Schichten auszeichnet. Er besitzt Aktien eines STB-Gesundheitszentrums, das sich im gemeinsamen Besitz des Unternehmens und der Gewerkschaft befindet. Dieses Zentrum hat im Lauf der Jahre schon viele seiner Tätigkeiten privatisiert oder an private Auftragnehmer abgegeben.
Der Arbeitskampf ist Teil des weltweit neu auflebenden Klassenkampfs. Die rumänischen Arbeiter nehmen den Kampf gegen die Regierung der Großen Koalition auf. Diese regiert erst seit acht Wochen und besteht hauptsächlich aus der nationalliberalen PNL und der sozialdemokratischen PSD. In diesem Kampf sind die Arbeiter mit den korporatistischen Gewerkschaften konfrontiert, die das größte Hindernis für sie darstellen.
Ende letzten Jahres legten Eisenbahner im ganzen Land die Züge lahm. Der Streik hatte mit einem spontanen Protest in den Depots und Reparaturbetrieben begonnen, der den Gewerkschaftsfunktionären entglitten war. Sie bemühten sich darauf nach Kräften, den Streik zu beenden, und erreichten eine so genannte „Vereinbarung“ mit dem Verkehrsminister von der sozialdemokratischen PDS. Dieser Deal enthielt nichts weiter als das Versprechen, dass die Beschäftigten eine längst versprochene magere Lohnerhöhung tatsächlich erhalten sollten.
Derzeit wehren sich die rumänischen Lehrer gegen die Gewerkschaften, die an der kriminellen Wiedereröffnung der Schulen beteiligt sind. Die Schulen des Landes sind zu faktischen Brutherden für die Omikron-Variante geworden. Täglich werden offiziell mehr als 3.000 Neuinfektionen unter den Schulkindern registriert. Die Gewerkschaften arbeiten eng mit der Regierung zusammen, um die Schulen wieder für den Präsenzunterricht zu öffnen, und alle bisherigen Schutzmaßnahmen, einschließlich der Impfungen, werden immer mehr beschnitten. Um die wachsende Wut der Lehrer und Eltern aufzufangen, haben die Gewerkschaften einen zahnlosen zweistündigen Protest organisiert, bei dem die Lehrer angewiesen wurden, sich um die Schüler zu kümmern, aber keinen Unterricht abzuhalten.
Ungeachtet des Verrats und der Korruption dieser arbeiterfeindlichen Organisationen existiert eine Schicht von kleinbürgerlichen Scharlatanen, die die Gewerkschaften unter allen Umständen stützen und verteidigen wollen. Sie organisieren sich in Parteien wie der Rumänischen Sozialistischen Partei, der Demos und anderen pseudolinken Gruppen, die verzweifelt versuchen, Illusionen in die Gewerkschaften aufrechtzuerhalten und die Arbeiter daran zu hindern, aus dieser Zwangsjacke auszubrechen.
Die Zeitschrift Libertatea, die unter diesen Schichten weit verbreitet ist, hat mehrere Artikel veröffentlicht, die zeigen sollen, dass die gewerkschaftsfeindliche Stimmung ausschließlich das Werk rechter sozialer Medien sei. In Wirklichkeit werden die Gewerkschaften von breiten Arbeiterschichten in wachsendem Maß und zu Recht abgelehnt.
Die Arbeiter müssen sich von den Gewerkschaften lösen, die nichts anderes als die Betriebspolizei des kapitalistischen Staats sind. Um ihre Kämpfe erfolgreich zu führen, müssen Arbeiter sich in unabhängigen Aktionskomitees organisieren. Eine Gegenoffensive gegen Ausbeutung und die mörderische Corona-Politik der herrschenden Klasse erfordert den Aufbau der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees.