Regie: Adam McKay
Als Donald Trump mitten in der Covid-19-Welle vom Herbst 2020 auf die Gefahren des Klimawandels angesprochen wurde, antwortete er: „Ich glaube nicht, dass die Wissenschaft das so genau weiß.“ Trumps offene Verachtung für die wissenschaftliche Wahrheit, sei es über den Klimawandel oder die Pandemie, war symptomatisch für die geistige und moralische Fäulnis des Kapitalismus.
Trump ist beileibe nicht der Einzige. Die Demokratische Partei der USA und die derzeitige Biden-Regierung mitsamt ihren politischen Lakaien in den Gesundheitsbehörden steuern ihren Teil zu den Angriffen auf die Wissenschaft bei. Wahrheiten über die Pandemie, die den Anstieg der Aktienkurse gefährden könnten, werden von ihnen vertuscht.
Die schwarze Komödie Don‘t Look Up setzt sich – mal mehr, mal weniger erfolgreich – mit diesen Fragen auf Leben und Tod auseinander: Wissenschaftler versuchen die Welt vor einem Kometen zu warnen, der in sechs Monaten in die Erde einschlagen wird. Regie führte Adam McKay (Succession, Vice – Der zweite Mann, The Big Short, Anchorman), der auch das Drehbuch geschrieben hat. Grundlage ist eine Geschichte von David Sirota (Chefredakteur von Jacobin und ehemaliger Berater der Präsidentschaftskampagne von Bernie Sanders). Der Film nimmt die wissenschaftsfeindliche Dummheit und Kriminalität des amerikanischen politischen Establishments sowie die korrupte Verflechtung von Unternehmen, Regierung und Medien aufs Korn.
McKay, der vor der weltweiten Covid-19-Pandemie mit der Arbeit an dem Film begann, konzentriert sich auf die Frage des Klimawandels. Aber viele seiner Themen finden bei einem Publikum Widerhall, das miterlebt hat, wie Millionen Menschen durch ein Virus getötet wurden, das verheerenden gesellschaftlichen Schaden angerichtet hat – eine völlig vermeidbare Katastrophe.
Don’ t Look Up, der derzeit beliebteste Film auf Netflix, ist nicht auf ganzer Linie gelungen bzw. zufriedenstellend. Der Film ist etwas plump, und sein Tonfall ist bisweilen düster und misanthropisch. Eine geringschätzige Haltung gegenüber der breiten Bevölkerung beeinträchtigt seine Qualität. Nichtsdestotrotz stechen viele Momente durch ihre völlig berechtigte Eindringlichkeit und Wut hervor.
Der Film beginnt damit, dass Kate Dibiasky (Jennifer Lawrence), Doktorandin der Astronomie an der Michigan State University, eines Nachts per Teleskop einen großen Kometen entdeckt. Sie alarmiert ihren Doktorvater Dr. Randall Mindy (Leonardo DiCaprio), dessen Berechnungen zu dem erschreckenden Ergebnis führen, dass der große Himmelskörper in etwas mehr als einem halben Jahr auf der Erde einschlagen und alles Leben auf dem Planeten vernichten wird.
Dr. Mindy alarmiert den Leiter des NASA-Koordinationsbüros für planetare Verteidigung, Dr. Teddy Oglethorpe (Rob Morgan), der die beiden ins Weiße Haus schickt, um sich mit Präsidentin Janie Orlean (Meryl Streep) zu treffen. Orlean ist mit ihren Heucheleien und Dummheiten eine Art Mischung aus verschiedenen ehemaligen US-Präsidenten.
Als Dr. Mindy und Dibiasky Präsidentin Orlean und ihrem Sohn und Stabschef Jason Orlean (Jonah Hill) die missliche Lage erklären, stoßen sie auf Unbekümmertheit und Geringschätzung.
Dr. Mindy erläutert daraufhin mit großer Dringlichkeit die Auswirkungen des bevorstehenden Ereignisses, nur um wieder einmal von Jason spöttisch unterbrochen zu werden. Ogelthorpe wirft ein: „Frau Präsidentin, dieser Komet ist das, was wir einen sogenannten Planetenkiller nennen.“
In Szenen, die Erinnerungen an die letzten beiden US-Regierungen wachrufen, weigert sich das Weiße Haus, sich der todbringenden Realität zu stellen. Die Regierung Orleans steckt außerdem mitten in einem Sexskandal, und das ausgerechnet vor den Zwischenwahlen, sodass sich die Präsidentin laut Medienberichten im „vollen Krisenmodus“ befindet.
Dr. Mindy und Dibiasky leiten die Informationen an den New York Herald weiter, dessen Redakteure die Geschichte schließlich fallenlassen, weil sie nicht genug Klickzahlen im Internet generiert. Die Berichterstattung wird von verschiedenen Klatschgeschichten über Prominente übertönt. Die beiden Wissenschaftler landen schließlich in einer zirkusähnlichen Talkshow, The Daily Rip. Die Moderatoren Brie Evantee (Cate Blanchett) und Jack Bremmer (Tyler Perry) haben sich zum Ziel gesetzt, „die schlechten Nachrichten leicht zu halten“. Sie legen die typische Selbstgefälligkeit und Idiotie an den Tag, die das amerikanische Fernsehen beherrscht.
Unterdessen erfährt der Tech-Milliardär und CEO des BASH-Konzerns, Peter Isherwell (Mark Rylance), von dem Kometen und erkennt, dass er Billionen Seltene Erden enthält. Isherwell bringt das Weiße Haus dazu, dass BASH – statt einer wissenschaftlichen Strategie zur Zerstörung des Kometen – zunächst seine konzerneigenen Drohnen zum Abbau der Mineralien hinaufschicken darf.
Dr. Mindy wird zum Gesicht dieser Operation ernannt (und lässt sich kurzzeitig von der Position und der Medienaufmerksamkeit verführen), während Kate an den Rand gedrängt wird. Aber der Plan, den Isherwell mit zunehmender Skrupellosigkeit verfolgt, führt zur Katastrophe. Als Kate schließlich die Öffentlichkeit darüber informiert, dass es dem Weißen Haus egal ist, ob der Komet auf der Erde einschlägt, kommt es zu Unruhen. Kate lernt einen halb-religiösen, schwachsinnigen Anarchisten namens Yule (Timothée Chalamet) kennen, der in ihr Leben tritt, während der Komet auf die Erde zurast.
In Don‘t Look Up gibt es starke und urkomische Momente, die hervorstechen. Als Präsidentin Orlean von der planetenvernichtenden Krise erfährt, antwortet sie zunächst: „Lassen Sie uns das Fazit ziehen. Was wird mich das kosten?“
Orlean hat sogar einen medienwirksamen „Mission Accomplished“-Auftritt an Bord eines US-Kriegsschiffs, ganz wie George W. Bush zu Beginn des Irakkriegs. Dabei verkündet sie einen im Wesentlichen aus heißer Luft bestehenden bombastischen Plan, um die Gefahr des Kometen zu bannen.
Später erscheint Dr. Mindy bei The Daily Rip und hat einen stinkwütenden Moment. Er fordert Verschwörungstheoretiker heraus, die die Realität des Kometen leugnen. Mindy hat anschließend einen Ausraster in der Show, weil er das schwachsinnige Geschwätz nicht mehr aushält. „Sehen Sie, lassen Sie uns noch einmal feststellen, dass es einen riesigen Kometen gibt, der auf die Erde zufliegt. Der Grund, warum wir wissen, dass es einen Kometen gibt, ist, dass wir ihn mit unseren eigenen Augen durch ein Teleskop gesehen haben. Wir hätten den Kometen ablenken sollen, als wir die verdammte Chance dazu hatten, aber wir haben es nicht getan. Und jetzt feuern sie sogar Wissenschaftler wie mich, weil sie ihre wissenschaftlichen Standpunkte geäußert haben, weil sie sich ihnen widersetzt haben. Die Präsidentin der Vereinigten Staaten lügt, verdammt noch mal! Diese ganze Regierung hat ihren verdammten Verstand verloren! Ich glaube, wir werden alle sterben!“ Dann wird er geknebelt und mit einem schwarzen Sack über dem Kopf in einem CIA-ähnlichen Manöver abgeführt.
Der talentierte Chalamet spielt mit Yule die vielleicht schwächste Figur. In gewisser Weise werden er und die anderen jüngeren Charaktere mit Herablassung behandelt, und das ist ein schwerwiegender Fehler. Sie werden als wankelmütig dargestellt, und die Bevölkerung als Ganzes wird als zu besessen und abgelenkt von den sozialen Medien und der Promi-Kultur dargestellt, um die Realität ernst zu nehmen.
All dies weist auf die größten Schwächen in der Sichtweise von McKay (der starke Beiträge zu Succession und anderen Filmen, insbesondere Vice – Der zweite Mann, geleistet hat) und vor allem von Sirota hin. Sirotas allgemein verächtliche Sicht auf die Bevölkerung ist typisch für das liberale und pseudolinke Publikum der Zeitschriften The Nation und Jacobin, für die er schreibt und arbeitet.
Diese Leute unterstützen Bernie Sanders und Alexandria Ocasio-Cortez sowie die Democratic Socialists of America (McKay ist Mitglied der DSA), die nichts anderes als eine Fraktion der Demokratischen Partei selbst sind. Die Angriffe auf den Clinton-Flügel sind offensichtlich, aber letztlich agieren diese „Linken“ innerhalb der politischen Umlaufbahn der Demokratischen Partei.
Auch das Drehbuch ist mitunter nachlässig, und viele der Slapstick-Gags sind zu plump und ziehen sich, wie der gesamte Film, in die Länge. Es gibt zwar Anspielungen auf Stanley Kubricks Dr. Strangelove (1964) und Sidney Lumets Network (1976), aber das Drehbuch ist weitaus weniger stringent und präzise.
Don‘t Look Up ist am stärksten, wenn er aufzeigt, wie sich in Amerika alles auf die Frage des Gegensatzes von Profit und Wissenschaft reduziert. Die inzestuöse Beziehung zwischen Konzernmagnaten, der Regierung und den Medien wird auf unvergleichliche Weise verhöhnt. Auch rechte Medienspinner und faschistische Typen werden verspottet.
Der Film ist wirkungsvoll gedreht und die Musik von Nicholas Britell (der den Soundtrack zu Succession lieferte) ist beeindruckend. DiCaprio, Lawrence, Streep und Blanchett nehmen ihre Rollen trotz der Mängel des Drehbuchs so ernst, wie sie nur können. Hill ist amüsant in seiner satirischen Darstellung des Trump-Jr.-ähnlichen Speichelleckers.
Dankenswerterweise sehen Lawrence und DiCaprio Parallelen zwischen der aktuellen Pandemiekrise und den im Film angesprochenen Gefahren. Laut Yahoo News sagte Lawrence gegenüber Reportern: „Es ist einfach sehr traurig und frustrierend zu sehen, wie Menschen, die ihr Leben der Erforschung der Wahrheit gewidmet haben, abgewiesen werden, weil die Wahrheit nicht gefällt.“
DiCaprio erklärte: „Ich war einfach dankbar, eine Figur zu spielen, die einzig und allein auf so vielen Menschen basiert, die ich in der wissenschaftlichen Fachwelt kennengelernt habe, insbesondere Klimawissenschaftler, die versuchen, die Dringlichkeit dieses Themas zu vermitteln, und das Gefühl haben, dass sie auf die letzte Seite der Zeitungen gedrängt werden.“
„Und dann kam natürlich Covid, und es gab eine ganz neue wissenschaftliche Diskussion, und es ist einfach ein so wichtiger Film in dieser speziellen Zeit.“
Trotz vieler Einschränkungen hat Don‘t Look Up bei der Bevölkerung einen Nerv getroffen. Denn die Pandemie hat eine neue tödliche Phase erreicht, in der Millionen von Menschen sterben und das politische Establishment dem Diktat des Profits folgt, anstatt der Wissenschaft und der Rettung von Menschenleben zu dienen.