Diesen Bericht hielt Tania Kent, Lehrerin und Mitglied der Socialist Equality Party (UK), auf dem Online-Treffen des Netzwerks der Aktionskomitees für sichere Bildung am 22. Dezember.
Vielen Dank für die Einladung zu eurem heutigen Treffen. Es ist klar, dass sich weltweit eine Katastrophe abzeichnet und wir mit dem Auftreten der Omikron-Variante in die tödlichste Phase der Covid-19-Pandemie eintreten.
Die zutiefst reaktionäre Haltung der britischen herrschenden Klasse – die in den letzten zwei Jahren eine Politik der „Herdenimmunität“ erzwungen und der Gesellschaft das „Leben mit dem Virus“ verordnet hat – hat dazu geführt, dass das Vereinigten Königreich erneut die Weltrangliste der Pandemie anführt, diesmal mit der Omikron-Variante.
Sie ist mittlerweile die vorherrschende Variante im Vereinigten Königreich. Bis Montag wurden 45.145 Fälle der neuen Variante registriert und insgesamt erreichten die täglichen Neuinfektionen am Freitag fast 100.000. Dabei handelt es sich nur um die bestätigten Fälle. Wissenschaftliche Berater haben der Regierung am Wochenende mitgeteilt, dass es in Wirklichkeit bereits hunderttausende tägliche Omikron-Infektionen gibt, die sich alle zwei Tage verdoppeln. Man rechnet damit, dass die täglichen Neuinfektionen innerhalb der nächsten zehn Tage zwei Millionen erreichen werden!
Trotz der sich abzeichnenden Katastrophe hat sich die Johnson-Regierung geweigert, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen, um die Explosion der Infektionen aufzuhalten. Nachdem er im vergangenen Jahr mit seinem berüchtigten Ausruf „keine weiteren verdammten Lockdowns mehr, sollen sich doch die Leichen zu tausenden auftürmen“ eine Anti-Lockdownstimmung in seiner Partei und seinen Anhängern geschürt hatte, sind die Tories angesichts dieses neuen Ausbruchs zerstritten. Ein beträchtlicher Teil von Johnsons Kabinett ist entschlossen, ihn an seiner Aussage zu messen und lehnt jegliche Maßnahmen ab, die die Ausbreitung des tödlichen Virus verhindern würden.
Das wissenschaftliche Beratergremium der Regierung (SAGE) hat darauf hingewiesen, dass ab Januar täglich zwischen 3.000 und 10.000 Menschen mit Covid ins Krankenhaus eingeliefert werden könnten, wenn „Plan B“ fortgesetzt wird, der auf „freiwilligem Home-Office“ und öffentlichem Maskentragen beruht. Hospitalisierungen und Todesfälle, die den Infektionszahlen nachlaufen, holen rasch auf. Bis Montag waren 12 Omikron-Todesfälle und 104 Hospitalisierungen bekannt.
Die Politik der „Herdenimmunität“ findet ihren brutalsten Ausdruck in den Schulen. Diese Politik wird zwar Johnson zugeschrieben, doch sie wird von der Labour-Partei und den Gewerkschaften voll unterstützt und umgesetzt. Schulen und Infektionen bei Kindern sind das große Tabu – und wenn Schulen erwähnt werden, dann nur um zu verlangen, dass sie geöffnet bleiben müssen!
Statistiken zeigen bereits, dass Lehrer mit 32 Prozent die am stärksten von einer Infektion gefährdeten Berufsgruppe sind, weil es in den Schulen keinerlei Schutzmaßnahmen gibt. Die Regierung organisiert mit voller Rückendeckung der Labour-Partei und der Gewerkschaften die Mobilisierung pensionierter und ehemaliger Lehrer, um den Personalmangel auszugleichen und Schulschließungen zu verhindern. Anstatt es zu verurteilen, die gefährdetste Altersgruppe in einen der Hauptansteckungsherde zu schicken, haben die Bildungsgewerkschaften diesen irrsinnigen Vorschlag begrüßt. Geoff Barton, Generalsekretär der Vereinigung der Schul- und Hochschulleiter, unterstützte „alles, was dabei helfen kann“, dem Personalmangel abzuhelfen.
Dieser Schritt entlarvt die Lüge, dass sich die Regierung um das „Recht auf Bildung“ der Kinder sorgt. Dieses Personal wird in die Schulen geschickt, um nichts anderes zu tun, als Kinder zu betreuen. Wie kann ein Heer von Aushilfs-Lehrkräften den täglichen Bildungsbedürfnissen der Kinder gerecht werden?
Kevin Courtney, Generalsekretär der Nationalen Bildungsgewerkschaft NEU, nutzte den Appell der Regierung, um die falschen Behauptungen der Gewerkschaften zu wiederholen, dass Schulen mit einigen wenigen Maßnahmen sicher gemacht werden können. Er bestand darauf, dass der Präsenzunterricht fortgesetzt werden müsse.
Die NEU und andere Gewerkschaften haben es zugelassen, dass ihre Mitglieder zwei Jahre lang unter gefährlichen Bedingungen arbeiten mussten, obwohl die Regierung sich weigerte, irgendeine ihrer Forderungen zu erfüllen.
Etwa 114.000 Lehrer sind am Long-Covid-Syndrom erkrankt, 570 sind bereits gestorben. Unter den Kindern sind mehr als 67.000 an Long Covid erkrankt und mindestens 112 haben bislang ihr Leben durch die Pandemie verloren. Mehr als 40.000 Eltern wurden gezwungen, ihre Kinder vom Unterricht abzumelden, weil sie sich weigerten, sie in unsichere Schulen zu schicken.
Die einzige Maßnahme der Regierung besteht darin, die Ausgabe des Impfstoffs voranzutreiben – darunter Auffrischungsimpfungen für alle Erwachsenen, die zwar notwendig sind, aber den Anstieg der Infektionen nicht aufhalten werden. Die Regierung hat sich bisher dagegen gesträubt, die 5-12-jährigen zu impfen, obwohl alarmierende Daten aus Südafrika zeigen, dass Kinder die zweithäufigste Altersgruppe sind, die sich mit Omikron infizieren. Fünf Prozent der infizierten Kinder wurden in Südafrika ins Krankenhaus eingeliefert.
Die Regierung weigerte sich, die Schulen vor den Weihnachtsferien zu schließen, obwohl viele Schulen ohnehin gezwungen waren, teilweise zu schließen, da die Corona-Infektion bei Lehrern und Schülern ihren Tribut forderte. Am Freitag, dem letzten Schultag für die meisten Schulen, wurde im Vereinigten Königreich eine Rekordzahl von 92.597 Fällen registriert.
Unter Arbeitern und Pädagogen herrscht große Besorgnis. Viele stimmen mit den Füßen ab, und große Teile der Bevölkerung haben sich in einen regelrechten selbst auferlegten Lockdown begeben. Dies sind erste Anzeichen und Voraussetzungen dafür, dass die Masse der Gesellschaft eigenständige Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreift.
Der vom IKVI organisierte Global Workers‘ Inquest zur Corona-Pandemie wird der Mechanismus sein, mit dem die Arbeiterklasse ihre Stimme erheben und sich weltweit über die gemeinsamen Erfahrungen aufklären wird, die sie gemacht hat. Die Ermittlung wird die Massenopposition entwickeln und zur Unterstützung einer Eliminierungsstrategie mobilisieren – die einzige Möglichkeit, die Arbeiterklasse international zu schützen.
Der Inquest hat bereits eine starke Unterstützung unter Lehrern und Eltern in unserem Aktionskomitee für sichere Bildung gewonnen. Viele haben sich bereit erklärt, Beiträge zu den unterschiedlichsten Erfahrungen und Themen zu liefern. Von Lehrern, die schikaniert wurden und von Lehrern mit Long Covid; von Eltern, die ihre Kinder abmelden mussten, wie Lisa Diaz, die den Widerstand gegen unsichere Schulen angeführt hat und wöchentliche Schulstreiks organisiert hat, die weltweit Unterstützung gefunden haben.
Unser Komitee hat enge Beziehungen zu Gruppen aufgebaut, die gegen die kriminelle Vertuschung der Durchseuchungspolitik der Regierung kämpfen. Wenn ihr Gelegenheit habt, die Interviews mit Lisa Diaz und Sarah Paxman zu lesen, werdet ihr den entschlossenen Kampfgeist sehen, der unter Massen von Menschen existiert. Ich möchte kurz zitieren, was sie zu sagen haben und warum sie den Workers‘ Inquest unterstützen.
Sarah Paxmans 8-jähriger Sohn Stanley ist besonders schwer gefährdet. Ihr droht eine enorme Geldstrafe von 2.500 Pfund und eine Gefängnisstrafe, weil sie ihr Kind während der Pandemie zu Hause geschützt hat.
Sarah leidet an Long Covid, das ihr neurologisches System stark beeinträchtigt hat. Stanley ist autistisch und besucht eine Sonderschule. Sarah hat ihren Sohn seit März 2020 von der Schule ferngehalten. Gegenüber der WSWS sagte sie:
„Ich bin sehr wütend. Es ist ekelhaft, darauf zu bestehen, dass Kinder in Schulen geschickt werden, in denen sich dieses Virus wie die Pest ausbreitet. Aber ich sage euch – wenn sie Streit wollen, haben sie sich die falsche Frau ausgesucht.“
„Alles, was ich tue, ist, meinen Sohn zu schützen. Ich werde es immer so tun, wie ich es für richtig halte. Wenn das ein Verbrechen ist, dann bin ich gerne eine Kriminelle. Und es gibt nichts, was ich nicht tun oder durchmachen würde, um mein Kind zu schützen. Er wird so lange bei mir zu Hause unterrichtet, bis die richtigen Maßnahmen ergriffen worden sind. Nichts wird mich in dieser Sache umstimmen.“
Lisa Diaz erklärte in Reaktion auf die Drohungen gegen sie und andere wie Sarah, denen Geldstrafen und strafrechtliche Verfolgung drohen:
„Es ist völlig dystopisch. Wir gleiten nicht in den Autoritarismus ab, wir sind bereits dort. Politiker können tun und lassen, was sie wollen, ohne dass dies Konsequenzen hat, während gefährdeten Müttern mit Gefängnis gedroht wird, weil sie ihre Kinder schützen. Manche Eltern denken vielleicht, dass sie das nicht betrifft, weil ihre Kinder in der Schule sind, aber es wird sie treffen. Es wird alle arbeitenden Menschen treffen.
„Die Welle von Drohungen gegen Eltern ist jetzt wie Omikron. Wir haben es mit einem massiven Anschwellen dieser drakonischen Maßnahmen zu tun. Ich hätte nie gedacht, dass ich das in England im Jahr 2021 erleben würde. Das Recht zu protestieren wird ausgehebelt, der Human Rights Act wird ausgehebelt. Das ist so zynisch und beunruhigend. Aber wir werden nicht klein beigeben. Sie werden ein verdammt großes Gefängnis brauchen, um uns alle unterzubringen.“
Die Rolle unseres Aktionskomitees für sichere Bildung und der Internationalen Arbeiterallianz der Aktionskomitees besteht darin, Arbeitern eine Stimme zu geben und die Wut und den Widerstand in eine positive Richtung zu lenken. Die unabhängige Stärke der Arbeiterklasse zu mobilisieren, die Dinge in die Hand zu nehmen und die von Covid ausgehende Gefahr für die Menschheit durch den Kampf für die Beseitigung und Ausrottung der Krankheit zu beenden.
Ich rufe euch dazu auf, den Global Workers‘ Inquest zu unterstützen, uns Zuschriften zu senden, den Einfluss der Untersuchung weltweit auszubauen und vor allem dem Netzwerk der Aktionskomitees für sichere Bildung und der SGP beizutreten.
Vielen Dank.