Die jüngsten Bemühungen Jair Bolsonaros, in Brasilien ein diktatorisches Regime zu errichten, werfen ein neues Licht auf den Besuch, den die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch in diesem Jahr dem brasilianischen Präsidenten abstattete.
Von Storch und ihr Mann Sven trafen sich am 21. Juli mit Bolsonaro in dessen Präsidentenpalast. Von Storch machte das Treffen anschließend auf Instagram publik und veröffentlichte ein Bild, auf dem Bolsonaro die beiden freundschaftlich umarmt. Dazu schrieb sie:
Eine eindrucksvolle Begegnung in Brasilien: Ich danke dem brasilianischen Präsidenten für die freundschaftliche Aufnahme und bin beeindruckt von seinem klaren Verständnis für die Probleme in Europa und die politischen Herausforderungen unserer Zeit.
In einer Zeit, in der die Linken ihre Ideologie über ihre internationalen Netzwerke und Organisationen auf globaler Ebene vorantreiben, müssen auch wir Konservativen uns stärker vernetzen und auf internationaler Ebene für unsere konservativen Werte einstehen.
Die Storchs trafen sich während ihrer Brasilienreise auch mit Bolsonaros Sohn Eduardo, der rechten Hand des Präsidenten. Er führt die ultrarechte Sozialliberale Partei (PSL) im Parlament und unterhält Verbindungen zu rechtsextremen Organisationen auf der ganzen Welt.
Unter anderem pflegt er enge Beziehungen zu Donald Trump und seiner Familie. Als Trump und seine Anhänger am 6. Januar versuchten, die Bestätigung von Joe Biden als Präsident durch die Erstürmung des Kapitols zu verhindern, weilte Eduardo Bolsonaro in Washington und war direkt an den Putschvorbereitungen beteiligt. Er ist auch lateinamerikanischer Vertreter von The Movement, das Trumps ehemaliger Chefstratege Steve Bannon gegründet hat, um rechtsextreme Bewegungen in Europa und weltweit zu vernetzen.
Auf Instagram lobt Storch das Treffen mit dem Präsidentensohn in den höchsten Tönen:
Wichtige Station meiner Brasilien-Reise: eine tolle Begegnung mit Eduardo Bolsonaro Gemeinsame Werte sind die Basis für eine gute, internationale Zusammenarbeit. Im Plenum des Parlaments steht neben dem Sitz des Parlaments-Präsidenten: die Bibel.
Dass Jair Bolsonaro die Militärdiktatur, die im bevölkerungsreichsten Land Lateinamerikas von 1964 bis 1985 eine brutale Terrorherrschaft ausübte, als Vorbild betrachtet und selbst danach strebt, seine Herrschaft mit diktatorischen Mitteln abzusichern, ist seit langem bekannt. Doch am 7. September erreichten diese Bemühungen einen neuen Höhepunkt.
Bolsonaro hatte sich seit Wochen bemüht, am brasilianischen Unabhängigkeitstag einen rechtsextremen Mob zu mobilisieren. Auch internationale Medien warnten, dass es – wie am 6. Januar in den USA – zu einem Sturm auf den Obersten Gerichtshof oder zu einer Machtübernahme des Militärs kommen könnte, wo Bolsonaro über erheblichen Rückhalt verfügt. Er hat zehn hochrangige Militärs in seine Regierung aufgenommen und 6100 weitere in Ministerien und Behörden platziert.
Am Unabhängigkeitstag gingen dann zahlreiche Anhänger des Präsidenten auf die Straße. Bolsonaro selbst sprach auf zwei Massenversammlungen. Er gelobte im Stil eines Diktators, dass nur Gott ihn aus dem Regierungspalast herausholen könne, rief zur Missachtung des Obersten Gerichtshofs auf und drohte diesem mit Gewalt. Der Oberste Gerichtshof ermittelt zurzeit gegen Bolsonaro und seine Anhänger wegen Anstiftung zur Gewalt und Verbreitung von Falschmeldungen.
Bolsonaros Putschvorbereitungen sind eine Reaktion auf die wachsende Opposition der Arbeiterklasse. Seine mörderische Coronapolitik, die jeden Schutz gegen das Virus ablehnt, hat bisher 586.000 Todesopfer gefordert – und jeden Tag sterben 600 weitere. Dagegen wächst der Widerstand. Hinzu kommt eine schwere Wirtschaftskrise mit mehr als 14 Prozent Arbeitslosigkeit, einer spürbaren Zunahme von Armut und Obdachlosigkeit und galoppierender Inflation.
Als Beatrix von Storch und ihr Mann wenige Wochen vor dem Unabhängigkeitstag Bolsonaro besuchten, war die Mobilisierung des faschistischen Mobs in vollem Gange. Ihr Treffen mit dem Präsidenten war eine öffentliche Sympathiekundgebung für dessen Putschpläne. Gleichzeitig haben sie damit gezeigt, wie tief die AfD im Faschismus verankert ist.
Nach der Abwahl Donald Trumps ist Brasilien, wo Bolsonaro weiterhin über die Mittel und Möglichkeiten der Staatsgewalt verfügt, zu einem Zentrum des internationalen Rechtsextremismus geworden. Der Sohn des Präsidenten arbeitet nicht nur mit der Trump-Familie und Steve Bannon zusammen, er ist auch gemeinsam mit Santiago Abascal von der spanischen Vox und dem ungarischen Regierungschef Viktor Orbán aufgetreten. Vox steht in der Tradition der Franco-Diktatur, Orbán bekennt sich zur „illiberalen Demokratie“, hat Justiz und Presse gleichgeschaltet und diskriminiert jegliche Opposition.
Diese rechtsextremen Bewegungen lernen voneinander und ahmen sich gegenseitig nach. Sie entwickeln gemeinsame Themen – Flüchtlingshetze, Abtreibungsverbot, Leugnung des Klimawandels, Impfverweigerung, Diskriminierung von LGBT, usw. – zur Mobilisierung eines rechten Mobs und kopieren die Techniken des gewaltsamen Umsturzes.
Beatrix von Storch ist eine gewichtige Stimme innerhalb der AfD. Die 50-Jährige ist seit deren Gründung im Jahr 2013 Mitglied der rechtsextremen Partei. Sie ist stellvertretende Bundessprecherin der AfD und stellvertretende Vorsitzende der AfD-Bundestagsfraktion. Sie verkörpert mit ihrer Politik und mit ihrer Biografie die Kontinuität zum Naziregime.
Von Storchs Großvater mütterlicherseits, Graf Schwerin von Krosigk, war zwölf Jahre lang Hitlers Finanzminister und wurde 1949 als Kriegsverbrecher verurteilt. Ihr Großvater väterlicherseits, Erbgroßherzog Nikolaus von Oldenburg, der durch die Novemberrevolution 1918 seinen Thron verlor, war Mitglied der NSDAP und der SA. Zu Beginn ihrer politischen Karriere setzte sich von Storch u.a. für die Rückgabe der Ländereien an die ostdeutschen Junker ein, die nach dem Krieg enteignet worden waren.
In der rechtsextremen AfD stand Storch stets auf dem rechten Flügel und machte durch ihre menschenverachtenden Äußerungen von sich reden. So forderte sie 2016 den Einsatz von Schusswaffen gegen Flüchtlinge an der Grenze, auch gegen Frauen und Kinder. Ihre Hetze gegen muslimische Männer brachte ihr Anzeigen wegen Volksverhetzung ein. Sie verbreitet auch Trumps Lüge von der gestohlenen US-Präsidentenwahl.
Einige deutsche Zeitungen haben über die Brasilienreise der Storchs berichtet, aber Proteste in Medien und Politik blieben aus. Das verwundert nicht, unterhält doch die Bundesregierung selbst die engsten Beziehungen zum Bolsonaro-Regime.
Vor zwei Jahren besuchte Außenminister Heiko Maas (SPD) Brasília, um gemeinsam mit dem rechtsextremen brasilianischen Präsidenten den Putschversuch der US-Marionette Juan Guaidó gegen den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zu unterstützen. „Beide Seiten bekräftigten ihre Anerkennung Juan Guaidós als Übergangspräsident Venezuelas,“ verkündeten sie in einer gemeinsamen Erklärung.
Wenn es um die eigenen Wirtschaftsinteressen und die Unterdrückung der Arbeiterklasse geht, machen die Bundesregierung und die etablierten Parteien alle gemeinsame Sache mit rechten, autoritären Regimes. Das gilt nicht nur für den Brasilianer Bolsonaro, sondern auch für den Ägypter al Sisi und viele andere.
Das bestimmt auch ihre Haltung zur AfD. Die Partei wird im Bundestag und den Landesparlamenten hofiert und mit der Leitung wichtiger Ausschüsse betraut. In der Flüchtlingspolitik sowie bei der Aufrüstung des Sicherheitsapparats hat die Regierung längst die Politik der AfD übernommen. In den Geheimdiensten, der Polizei und dem Militär wimmelt es von Unterstützern der AfD.
Konfrontiert mit einer tiefen wirtschaftlichen und politischen Krise des Kapitalismus und wachsenden Klassenkämpfen wendet sich die herrschende Klasse in jedem Land autoritären und faschistischen Herrschaftsmethoden zu. Nur eine sozialistische Bewegung der internationalen Arbeiterklasse kann diese gefährliche Entwicklung stoppen.