Bei der Flutkatastrophe vom Wochenende in Humphreys County (Tennessee) sind bisher mindestens 22 Menschen, darunter zwei Kleinkinder, ums Leben gekommen, 45 weitere werden noch vermisst. Die Sturzfluten waren das Ergebnis eines Sturms, der am Samstagabend 43 Zentimeter Regen auf die Region fallen ließ, was einen neuen Landesrekord darstellt.
Die ersten Bilder zeigen, dass ganze Gemeinden verwüstet und viele Häuser einfach verschwunden sind, als ob ein Hurrikan, ein Tornado oder ein Waldbrand über sie hinweggefegt wäre. Gegenwärtig laufen die Rettungsmaßnahmen mehrerer Behörden, darunter die Tennessee Emergency Management Agency, das Verkehrsministerium des Bundesstaates, die Tennessee National Guard, die Tennessee Highway Patrol und das Gesundheitsministerium von Tennessee.
Die tödlichen Überschwemmungen in Tennessee wie auch die in Michigan sind jedoch nicht nur Naturkatastrophen. Wie Waldbrände, Wirbelstürme und Polarwirbel werden auch Überschwemmungen aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels zu immer häufigeren und schwerwiegenderen „Extremwetterereignissen“. Dieser Kausalzusammenhang wurde im jüngsten Bericht des UN-Panels für Klimaänderungen eindeutig festgestellt: „Es ist eindeutig, dass der menschliche Einfluss die Atmosphäre, die Ozeane und das Land erwärmt hat“, was wiederum mit „beobachteten Veränderungen bei Extremen wie Hitzewellen, Starkniederschlägen, Dürren und tropischen Wirbelstürmen“ zusammenhängt.
Derselbe Bericht stellte auch einen direkten Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und bestimmten Ereignissen der letzten Zeit her, darunter Überschwemmungen in Europa, Waldbrände im Westen der USA, Dürren in verschiedenen Teilen der Welt und stärkere Wirbelstürme wie der Hurrikan Henri, der am Sonntag in Rhode Island auf Land traf und in ganz Neuengland Stromausfälle verursachte.
Andere extreme Wetterereignisse der letzten Zeit, die mit dem Klimawandel in Verbindung gebracht werden, sind:
- Eine Rekordhitzewelle in Griechenland, die bis zu 47,1 Grad Celsius erreichte und mehrere Waldbrände im ganzen Land auslöste, bei denen bisher zwei Menschen ums Leben kamen. 20 weitere wurden verletzt, mehrere Häuser und schätzungsweise 1.248 Quadratkilometer brannten nieder und Tausende von Menschen mussten evakuiert werden. Ähnlich wie die UNO hat auch die Weltorganisation für Meteorologie die Waldbrände mit den Auswirkungen des Klimawandels und der globalen Erwärmung in Verbindung gebracht.
- In der algerischen Region Tizi Ouzou sind in den vergangenen zwei Wochen mehr als 100 Waldbrände ausgebrochen, deren Hitze Berichten zufolge über die Bergketten hinweggetragen wurde. Hunderte von Quadratkilometern sind verbrannt, und die Städte Larbaâ Nath Irathen, Beni Douala und Aït Mesbah wurden in Asche verwandelt, was mehr Schaden verursacht hat als alle Brände zwischen 2008 und 2020 zusammen. Bei der Bekämpfung der Flammen sind bisher 90 Menschen ums Leben gekommen.
- Die Waldbrände in Bolivien haben mehr als 1.500 Quadratkilometer Land in den Amazonas- und Chaco-Regionen des Landes verbrannt. Die Gebiete beherbergen große Populationen der indigenen Völker Südamerikas sowie eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren. Die Region ist auch eines der wichtigsten Gebiete der Erde für die Bindung und Speicherung von Kohlenstoff aus der Atmosphäre, einer der vielen natürlichen Prozesse, die die Menge der frei zirkulierenden Treibhausgase verringern.
- Die größten Waldbrände der Erde finden derzeit in Sibirien statt, wo Hunderte von Feuern seit Jahresbeginn mehr als 160.000 Quadratkilometer Land verbrannt haben – eine Fläche, die mit der katastrophalen australischen Buschfeuersaison 2019/20 vergleichbar ist. Die Brände wurden zum Teil durch die rekordverdächtig hohen Temperaturen von bis zu 47,7 Grad Celsius im Sommer verschlimmert. Der Rauch der Brände hat den Himmel über 3.200 Kilometer von Ost nach West und 4.000 Kilometer von Nord nach Süd bedeckt und reicht bis nach Ulaanbaatar, der Hauptstadt der Mongolei, sowie erstmals bis zum Nordpol.
- Schwere Regenfälle in der türkischen Schwarzmeerregion haben Sturzfluten ausgelöst, bei denen bisher mindestens 82 Menschen ums Leben gekommen sind. Diese Todesfälle folgen auf die Überschwemmungen im Juli in Europa, bei denen in Deutschland, Belgien, Rumänien, Italien und Österreich mehr als 230 Menschen getötet wurden. Weitere schwere und tödliche Überschwemmungen gab es in China, den Vereinigten Staaten, Indien, Pakistan, Japan, Afghanistan und Neuseeland, die Tausende von Menschenleben forderten und das Leben von Hunderten von Millionen Menschen beeinträchtigten.
Als weiteres Anzeichen für den weltweiten Klimawandel fiel am Samstag auf dem höchsten Punkt des grönländischen Eisschilds zum ersten Mal seit Beginn der Aufzeichnungen Regen. Die Temperaturen stiegen zum dritten Mal in weniger als einem Jahrzehnt über den Gefrierpunkt, was die ungewöhnlichen Regenfälle ermöglichte. Der Regen folgt auf ein bedeutendes Schmelzereignis im Juli, als an einem einzigen Tag mehr als 8,5 Milliarden Tonnen Oberflächeneis schmolzen. Diese Schmelzrate ist vergleichbar mit der im Jahr 2019, als ein heißer Frühling und eine Hitzewelle im Juli dazu führten, dass Grönland in einem einzigen Jahr 532 Milliarden Tonnen Eis verlor, was zu einem dauerhaften Anstieg des globalen Meeresspiegels um 1,5 Millimeter führte.
Es könnten noch viele andere Indikatoren für die Gefahren des Klimawandels genannt werden. Wie die geografische Ausdehnung der oben genannten Beispiele zeigt, gibt es kein Land, das nicht unter den gravierenden Auswirkungen extremer Wetterereignisse zu leiden hat, die durch den Klimawandel verursacht werden.
Das Ausmaß der Katastrophen offenbart auch den Bankrott des Kapitalismus und seine völlige Unfähigkeit, die anhaltende Klimakrise sinnvoll zu bewältigen.
In einem internen Memo aus dem Jahr 1982, das „im Exxon-Management weite Verbreitung fand“, wurde klargestellt, dass die globalen Temperaturen stark ansteigen würden, wenn mehr CO2 in die Atmosphäre freigesetzt würde. Die damalige Mitteilung sagte einen Anstieg der atmosphärischen Treibhausgase und der globalen Temperaturen voraus, wie er heute zu beobachten ist, und prognostizierte außerdem, dass die globalen Temperaturen bis Mitte dieses Jahrhunderts um 1,5 Grad Celsius und bis 2060 um 2 Grad Celsius ansteigen würden.
Ähnliche Berichte waren in den 1980er Jahren den Regierungen des Demokraten Jimmy Carter und des Republikaners Ronald Reagan vorgelegt worden. Diese Berichte warnten davor, dass die Zunahme des Kohlendioxids in der Atmosphäre als Folge der Verbrennung von Treibhausgasen und der daraus resultierende Anstieg der globalen Temperaturen schließlich katastrophale Umweltfolgen für die Weltbevölkerung nach sich ziehen würden, wie das Abschmelzen der Gletscher, den Anstieg des Meeresspiegels und das Überfluten ganzer Küstenregionen mit mehreren Metern Wasser.
Kürzlich hat der Carbon Majors Report 2017 gezeigt, dass nur 100 Unternehmen weltweit mittlerweile rund 90 Prozent aller globalen Treibhausgasemissionen pro Jahr produzieren und für etwa die Hälfte aller Treibhausgasemissionen verantwortlich sind, die seit der industriellen Revolution durch menschliche Aktivitäten verursacht wurden. In derselben Präsentation wurde auch darauf hingewiesen, dass die globalen Durchschnittstemperaturen bis zum Jahr 2100 um 4 Grad Celsius ansteigen werden, wenn der Trend zur Förderung und Freisetzung fossiler Brennstoffe im nächsten Vierteljahrhundert anhält.
Ein solch starker globaler Temperaturanstieg, auf den sich die Welt derzeit zubewegt, wäre nur der Vorläufer für noch verheerendere Stürme, längere Hitzewellen, trockenere Dürreperioden und ununterbrochene Waldbrände. Neben dem Anstieg des Meeresspiegels und der Überflutung aller Küstenstädte des Planeten würden die Korallenriffe auf der ganzen Welt wahrscheinlich absterben, womit ein Eckpfeiler der Nahrungskette wegfiele und die Überlebenden der Überflutung massenhaft von Hunger bedroht wären.
Es besteht auch die zunehmende Gefahr, dass das Erdklima in eine qualitativ andere Phase eintritt, in der die positiven Rückkopplungseffekte der gegenwärtigen Phase der globalen Erwärmung das Erdklima schließlich von den industriellen Aktivitäten des Menschen abkoppeln. Unter diesen Bedingungen drohen andere geophysikalische Prozesse wie die massenhafte Freisetzung von Methan durch das Auftauen von Permafrostböden den Planeten weitaus stärker zu erwärmen, als dies durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe überhaupt möglich ist. Ein solches Szenario wäre mit modernen wissenschaftlichen Techniken nur sehr schwer einzudämmen.
Für die Kapitalistenklasse ist es jedoch weit weniger wichtig, zerstörerische Katastrophen zu verhindern, als ihre Profite zu sichern. Wie schon seit Jahrzehnten sind ExxonMobil, BP und andere große fossile Energiekonzerne sowie die Hedgefonds und Wall-Street-Banken, die ihre Aktien besitzen, am meisten daran interessiert, dass Kohle, Öl und Gas weiterhin abgebaut und verkauft werden, damit sie sich und ihre Oligarchen weiter bereichern können. Wenn dabei die Erde vergiftet und verbrannt wird, dann ist es eben so.
Es muss eine Parallele zur Corona-Pandemie gezogen werden. So wie die Politiker und Medienvertreter der Welt eine tödliche Seuche mit mindestens 4,4 Millionen Toten entweder ignoriert oder aktiv gefördert haben, um die Profite der Unternehmen zu schützen, so treiben sie auch die Zerstörung der Umwelt aktiv voran. Die objektive Notwendigkeit, die Profitrate zu erhöhen, treibt die beschleunigte Ausbeutung der Ressourcen der Welt an und hat direkt zu den aktuellen (und zukünftigen) ökologischen Katastrophen geführt.
Arbeiter und junge Menschen müssen die Lehren aus der anhaltenden Untätigkeit ziehen, die zu der aktuellen Krise geführt hat. Der Kampf gegen den Klimawandel muss – ebenso wie der Kampf gegen die Pandemie und die Kriegsgefahr – politisch werden. Sie erfordert die revolutionäre Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus. Sie setzt voraus, dass die Arbeiter verstehen, dass ihre sozialen Interessen den Interessen der Kapitalisten und des Privateigentums an den Produktionsmitteln objektiv und diametral entgegengesetzt sind. Sie erfordert einen Kampf für die sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft.