Perspektive

Facebook löscht linke Seiten und Accounts

Am Freitag führte Facebook eine Säuberung gegen linke, progressive und Antikriegs-Seiten und Konten durch, von der auch führende Mitglieder der Socialist Equality Party betroffen sind. Facebook gab keine Erklärung, warum die Konten deaktiviert wurden, nicht einmal eine öffentliche Bestätigung, dass die Löschungen erfolgt waren.

Die Facebook-Konten von mindestens einem halben Dutzend führender Mitglieder der Socialist Equality Party wurden dauerhaft gesperrt. Darunter sind der öffentliche Account von Genevieve Leigh, der nationalen Vorsitzenden der International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) in den USA, sowie der persönliche Account von Niles Niemuth, dem leitenden Redakteur der World Socialist Web Site. Bei der Präsidentschaftswahl 2016 war Niemuth als Kandidat der Socialist Equality Party für das Amt des US-Vizepräsidenten angetreten.

Facebook deaktivierte auch die Facebook-Seite des Aktionskomitees der Londoner Busfahrer, das mit Unterstützung der Socialist Equality Party (UK) aufgebaut wurde, um den Widerstand unter Busfahrern zu organisieren. Die Löschung folgte auf die Veröffentlichung eines lebhaft diskutierten Aufrufs für einen Streik der Busfahrer, mit dem elementare Schutzmaßnahmen gegen die Covid-19-Pandemie durchgesetzt werden sollen.

Keine der Personen, deren Konten deaktiviert wurden, hatte gegen die Richtlinien von Facebook verstoßen. Als sie versuchten, gegen die Löschung ihres Kontos Einspruch zu erheben, erhielten sie eine Fehlermeldung, die wie folgt lautete: „Wir können die Entscheidung, Ihr Konto zu deaktivieren, nicht überprüfen.“

Facebook hat damit praktisch ohne Erklärung oder Vorwarnung das geistige Eigentum der Nutzer beschlagnahmt, die das Unternehmen ins Visier genommen hat, und sie vom Zugriff auf ihre Fotos, Posts oder Online-Diskussionen abgeschnitten.

Die Socialist Workers Party (SWP) in Großbritannien war ebenfalls von der Aktion betroffen. Ihr Hauptaccount mit etwa 20.000 Followern wurde abgeschaltet, außerdem der ihrer Studierendenorganisation, der Socialist Workers' Student Society, mit etwa 5.000 Followern, sowie die Seite ihres jährlichen Marxismus-Festivals mit 12.000 Followern.

Darüber hinaus wurden die Facebook-Seiten ganzer Regionalgruppen der Organisation, vor allem in Schottland, deaktiviert. Betroffen waren zudem die Facebook-Konten einzelner Mitglieder, erklärte SWP-Vertreter Lewis Nielsen. „Das war ein konzertierter Angriff auf uns“, sagte Nielsen gegenüber der World Socialist Web Site.

Nach weit verbreitetem Protest auf Twitter und anderen Social-Media-Plattformen machte Facebook die Deaktivierung der SWP-Hauptseite rückgängig. Die Seiten einer Reihe von Ortsverbänden und Mitgliedern blieben derweil weiter offline.

Der Angriff auf führende Mitglieder der SEP und anderer linker Organisationen ist ein kalkulierter Akt der Zensur – auf Geheiß des Staates und der herrschenden Klasse –, um Opposition zum Schweigen zu bringen. Diese Aktionen sind Bestandteil einer über Jahre andauernden Kampagne mit dem Ziel, in den Vereinigten Staaten und weltweit einen Rahmen für Zensur zu schaffen.

Solche Akte der Zensur sind eine verzweifelte Antwort auf die wachsende Opposition der Bevölkerung gegen Ungleichheit, soziales Elend und die katastrophale Reaktion der herrschenden Klasse auf die Corona-Pandemie. Deren Politik besteht im Kern darin, Profite über den Schutz von Menschenleben zu stellen.

Die World Socialist Web Site warnt seit Jahren vor der Unterdrückung linker politischer Organisationen durch Facebook, Twitter und Google.

Seit der Präsidentschaftswahl von 2016 treten die US-Geheimdienste im Namen der Bekämpfung sogenannter „Fake News“ für die Zensur des Internets ein. Entsprechende Maßnahmen wurden als Schritte gegen rechtsextreme Verschwörungstheorien dargestellt. In Wirklichkeit waren unverhältnismäßig viele linke, sozialistische und Antikriegs-Organisationen betroffen.

2017 kündigte Google an, das Unternehmen werde künftig „autoritative“ Nachrichtenquellen gegenüber „alternativen Standpunkten“ bevorzugen, was zu einem massiven Rückgang des Suchtraffics auf linke Seiten führte.

Der Vorsitzende der internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, David North, veröffentlichte am 25. August 2017 einen offenen Brief an Google, in dem er forderte, dass das Unternehmen die Zensur von sozialistischen, progressiven und Antikriegs-Websites stoppt. „Zensur in diesem Ausmaß kommt der Erstellung politischer schwarzer Listen gleich“, schrieb North. „Google verfolgt mit seinem Zensuralgorithmus offensichtlich die Absicht, Nachrichten zu blockieren, deren Verbreitung Ihrem Unternehmen nicht genehm ist, und Meinungen zu unterdrücken, mit denen Sie nicht übereinstimmen.“

In einer Anhörung vor dem US-Kongress im vergangenen November wurde Google-Chef Sundar Pichai gefragt: „Können Sie eine bekannte Person oder Organisation mit einer linksliberalen Ideologie nennen, die Sie zensiert haben?“ In seiner Antwort erklärte er, es gebe „Compliance-Probleme“ mit der World Socialist Web Site.

Facebook und Twitter folgten. Wie Google löschten sie linke Accounts und Seiten mit Millionen Followern. Die Aktionen vom vergangenen Freitag sind ein neuer Meilenstein in dieser Kampagne: Facebook entfernte systematisch die gesamte Social-Media-Präsenz einer linken Organisation und am gleichen Tag Dutzende anderer Konten.

Ungeachtet unserer Differenzen mit der Socialist Workers Party verteidigen wir uneingeschränkt deren Recht und das Recht ihrer Mitglieder auf freien Zugang zu sozialen Medien und fordern die sofortige Wiederherstellung aller ihrer Konten.

Für alle linken Organisationen ist es von entscheidender Bedeutung, dass sie sich frei äußern können, um die Unterschiede zwischen ihnen zu verdeutlichen und den Arbeitern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, sich eine eigene Meinung zu bilden.

Alle linken Organisationen müssen gegen diese Art der Zensur einheitlich reagieren. In einer derartigen Situation muss die historische Losung der Arbeiterbewegung erhoben werden: „Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle!“

Wir fordern alle Unterstützer der Socialist Equality Party und der World Socialist Web Site auf, energisch für all diejenigen zu protestieren, die von Facebook ins Visier genommen werden. Wir rufen unsere Leser dazu auf, öffentliche Erklärungen auf jeder ihnen zur Verfügung stehenden Plattform abzugeben, in denen sie gegen die Zensur sowohl der Mitglieder der SEP als auch der SWP protestieren. Wir rufen die Arbeiter bei Facebook und anderen Technologieunternehmen auf, gegen diese Aktion zu protestieren und zu fordern, dass sie rückgängig gemacht wird.

Um ihre Kämpfe koordinieren und entwickeln zu können, müssen die Arbeiter ungehinderten Zugang zu Informationen haben. Arbeiter treten in den Kampf gegen die Konzerne und die Finanzoligarchie, der diese Konzerne dienen, ein. In diesem Kampf müssen sie die Forderung zur Verteidigung der Meinungsfreiheit erheben und den Widerstand gegen die Internetzensur voranbringen.

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