US-Außenminister stellt Weichen für Konflikt mit China

In einer Rede, gespickt mit Lügen, Heuchelei und antikommunistischer Demagogie, kippte US-Außenminister Mike Pompeo am Donnerstag offiziell die jahrzehntelange amerikanische China-Politik und stellte die Weichen für eine weitere Zuspitzung des Konflikts mit Peking.

Die Wahl des Veranstaltungsorts – das Haus und die Bibliothek von Präsident Richard Nixon ­– unterstrich Pompeos Botschaft. Es war Nixon, der zusammen mit seinem damaligen nationalen Sicherheitsberater Henry Kissinger eine Annäherung an China in die Wege leitete. Nixon flog 1972 nach Peking und traf den Führer der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), Mao Zedong. Bei diesem Besuch wurde der Weg zur Aufnahme voller diplomatischer Beziehungen im Jahr 1979 geebnet.

Pompeo erklärte: „Wenn wir ein freies 21. Jahrhundert wollen und nicht das chinesische Jahrhundert, von dem Xi Jinping träumt“, muss „das alte Modell des blinden Einlassens auf China“ durch eine Strategie ersetzt werden, bei der „die freie Welt über diese neue Tyrannei triumphieren muss“. Er fuhr fort: „Wir müssen China auf kreativere und energischere Weise dazu bewegen, sich zu verändern, denn Pekings Handeln bedroht unser Volk und unseren Wohlstand.“

Pompeo beschwor das „kommunistische China“, den Buhmann aus dem Kalten Krieg, und erklärte, dass es von einem „marxistisch-leninistischen Regime“ regiert werde. „Generalsekretär Xi Jinping“ sei „ein überzeugter Anhänger einer bankrotten totalitären Ideologie“.

Dieser Bombast hat keinen Bezug zur Realität – die Annäherung von 1972 ebnete den Weg für eine umfassende Wiederherstellung des Kapitalismus in China und seine Umwandlung in die größte Plattform für billige Arbeitskräfte weltweit. Washington fürchtet nicht den chinesischen Kommunismus, sondern einen expandierenden chinesischen Kapitalismus, der die globalen Ambitionen und Interessen des US-Imperialismus bedroht.

Die Propaganda des Kalten Kriegs vom Kampf der „freien Welt“ gegen den Kommunismus war immer ein fadenscheiniger Deckmantel für undemokratische US-Interventionen und Aggressionen, u.a. den neokolonialen Krieg in Vietnam. Aber Pompeo und Präsident Donald Trump haben die Heuchelei auf eine ganz neue Ebene gehoben, indem sie Peking wegen der Menschenrechte in Hongkong und der Behandlung muslimischer Uiguren in der Provinz Xinjiang scharf kritisieren, während sie selbst zugleich Sturmtruppen der Bundespolizei in amerikanische Städte wie Portland schicken, um friedliche Demonstranten mit Tränengas anzugreifen und willkürlich Personen festzunehmen und wegzuschleppen.

Pompeos langer Katalog der Sünden Pekings sagt weit mehr über den historischen Niedergang des amerikanischen Kapitalismus und die enorme Krise der Trump-Regierung aus als über die vermeintliche chinesische Niedertracht.

Trumps Lüge, China habe die Gefahren von Covid-19 vertuscht, soll die Aufmerksamkeit von der katastrophalen und kriminellen Reaktion seiner Regierung auf die Pandemie ablenken, die im eigenen Land auf breiten Widerstand stößt.

Die unbewiesenen Behauptungen über chinesische Spionage und „Diebstahl geistigen Eigentums“ verblassen angesichts der weltweiten Spionage des US-Auslandsgeheimdiensts NSA und unterstreichen gleichzeitig den Niedergang der amerikanischen Hi-Tech-Vorherrschaft. Der chinesische Telekommunikationsriese Huawei ist eher eine Gefahr für seine Wettbewerber in den USA als „eine Bedrohung der nationalen Sicherheit“.

Ebenso war die Auslagerung amerikanischer Produktion kein chinesisches Komplott, sondern eine Reaktion auf die sinkende Rentabilität der Unternehmen in den USA. Trumps protektionistische Handelskriegsmaßnahmen dienen nicht dazu, amerikanische Arbeitsplätze zu schützen, sondern sind Teil weitreichender Kriegsvorbereitungen.

Die Intensivierung der Anti-China-Kampagne ist zum Teil eine Reaktion auf die sinkenden Umfrageergebnisse für Trump und richtet sich gegen den voraussichtlichen demokratischen Präsidentschaftskandidaten Joseph Biden. Sie hat aber eine darüber hinaus eine weitaus umfassendere objektive Bedeutung.

Pompeo erklärte, es werde keine Rückkehr zur Politik der „Eindämmung“ („Containment“) aus dem Kalten Krieg geben, denn China stelle „eine komplexe neue Herausforderung dar, mit der wir noch nie zuvor konfrontiert waren“. Während „die UdSSR von der freien Welt abgeschottet war, ist das kommunistische China bereits innerhalb unserer Grenzen“ – ein Hinweis auf die komplexe wirtschaftliche Verflechtung Chinas mit den USA.

Pompeos Bemerkungen erinnern an die Diskussion in amerikanischen Regierungskreisen in den frühen 1950er Jahren, die sich während des Koreakriegs zuspitzte. Die Alternative zur Eindämmung war der „Rollback“, d. h. eine Strategie zum Sturz der stalinistischen Regime in der Sowjetunion, Osteuropa und China mit allen verfügbaren Mitteln, einschließlich Krieg.

US-Präsident Harry Truman entließ seinen Kommandeur in Korea, General Douglas MacArthur, der den Einsatz von Atomwaffen gegen China forderte und damit einen Weltkrieg riskiert hätte.

Wenn Pompeo nun eine Rückkehr zur Eindämmung ausschließt, erklärt er damit nicht den Beginn eines neuen Kalten Kriegs, sondern begründet eine Politik, die einen Regimewechsel in Peking anstrebt. „Wir können diese Herausforderung nicht allein bewältigen“, erklärte er. „Die Vereinten Nationen, die Nato, die G7-Staaten, die G20, unsere kombinierte wirtschaftliche, diplomatische und militärische Macht reicht sicherlich aus, um diese Herausforderung zu meistern, wenn wir sie klar und mit großem Mut angehen.“

Pompeo machte deutlich, dass die USA es nicht tolerieren würden, wenn ihre strategischen Partner von der Linie Washingtons abweichen. Er übte kaum verschleierte Kritik an Deutschland, das China „in Bezug auf Hongkong“ nicht die Stirn biete, „weil es fürchtet, dass Peking den Zugang zum chinesischen Markt einschränken wird“. Er fuhr fort: „Dies ist die Art von Furchtsamkeit, die zu historischem Scheitern führen wird, und das können wir nicht wiederholen.“

Während Nixons Besuch in Peking zu diplomatischen Beziehungen mit China führte, ist die Trump-Regierung dabei, diese Beziehungen zu zerstören. Pompeo prahlte damit, dass die USA soeben das chinesische Konsulat in Houston mit der unbegründeten Behauptung, es sei „ein Zentrum der Spionage und des Diebstahls geistigen Eigentums“, geschlossen haben. Sein Publikum, zu dem auch handverlesene chinesische Dissidenten gehörten, klatschte Beifall.

Auf Veranlassung des Justizministeriums wurde ein chinesischer Wissenschaftler verhaftet, der sich angeblich im Pekinger Konsulat in San Francisco versteckt haben soll. Die USA werfen China vor, seine diplomatischen Vertretungen für „ein Spionagenetzwerk“ zu benutzen, um geistiges Eigentum von US-Unternehmen zu stehlen.

Kurz vor seiner Amtseinführung hatte Trump die Grundlage der diplomatischen Beziehungen mit China in Frage gestellt – die so genannte Ein-China-Politik, mit der Peking als die legitime Regierung von ganz China, einschließlich Taiwans, anerkannt wird. Diese Politik aufzugeben wäre das Ende der diplomatischen Beziehungen – eine Drohung, die Trump nie zurückgenommen und nun auf neuem Wege wieder aufgegriffen hat. Vom Abbruch diplomatischer Beziehungen zu Krieg ist es nur noch ein kleiner Schritt.

Im Vorfeld von Pompeos Rede inszenierte das Pentagon groß angelegte und provokative Kriegsmanöver im Südchinesischen Meer – in unmittelbarer Nähe des chinesischen Festlands und der sensiblen chinesischen Marinestützpunkte auf der Insel Hainan. Zwei US-Flugzeugträger und ihre Einsatztruppen führten „High-End“-Kriegsübungen durch, denen weitere Militärübungen in der benachbarten Philippinensee mit australischen und japanischen Kriegsschiffen folgten.

Der Vorwurf der Trump-Regierung, dass Biden und damit Präsident Barack Obama gegenüber Peking nachgiebig gewesen seien, trifft nicht zu. Mit seiner Politik des „Pivot to Asia“ ging Obama nicht nur diplomatisch und wirtschaftlich in ganz Asien auf Konfrontationskurs mit China, sondern leitete auch einen massiven militärischen Aufmarsch ein, indem er 60 Prozent der US-Kriegsschiffe und -flugzeuge verpflichtete, bis 2020 in der Region zu verbleiben.

Das gesamte politische Establishment in Washington – Demokraten genauso wie Republikaner – hat sich dieser gefährlichen Kriegstreiberei verschrieben. Ein Schlüsselelement von Bidens Wahlstrategie besteht darin, seinerseits Trump von rechts anzugreifen, weil er nicht hart genug gegenüber Peking auftrete.

Pompeo sprach nicht nur für sich selbst. Er bezog sich auf eine abgestimmte Serie von ähnlichen antichinesischen Reden, die kürzlich der nationale Sicherheitsberater Robert O'Brien, der FBI-Direktor Chris Wray und der Generalstaatsanwalt William Barr gehalten haben. Trumps faschistischer Ex-Berater Steve Bannon beschrieb sie in dieser Woche auf Fox News als „die vier Reiter der Apokalypse“ bzw. Trumps „Kriegsrat“, dessen Mission darin bestehe, „sich der Kommunistischen Partei Chinas zuerst entgegenzustellen und sie dann zu stürzen“. Bannon fasste nur unverblümt zusammen, was Pompeo in seiner Rede umrissen hatte.

Die Skrupellosigkeit der amerikanischen herrschenden Klasse erinnert an den Satz: „Wen die Götter vernichten wollen, den machen sie zuerst wahnsinnig.“ Konfrontiert mit der zunehmenden wirtschaftlichen, sozialen und politischen Krise, die durch die Covid-19-Pandemie ausgelöst wurde, schlägt die Trump-Regierung wie wild auf China ein. Das ist der verzweifelte Versuch, die enormen sozialen Spannungen im Inneren gegen einen äußeren Feind zu lenken und einen potenziellen Rivalen „zur Strecke zu bringen“.

Arbeiter und Jugendliche in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt dürfen nicht zulassen, dass die Weltbevölkerung in einen katastrophalen Krieg gestürzt wird. Es muss eine vereinigte internationale Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive aufgebaut werden, um dem globalen Kapitalismus und seinem bankrotten System rivalisierender Nationalstaaten, das die eigentliche Ursache des Kriegs ist, ein Ende zu bereiten. Das ist die Perspektive des Internationalen Komitees der Vierten Internationale und der Sozialistischen Gleichheitsparteien auf der ganzen Welt.

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