Deutsche Marine rüstet sich für weltweite Kriegseinsätze

Ein zentraler Bestandteil der Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik ist die massive Aufrüstung der deutschen Marine. Angesichts des wachsenden Konflikts zwischen den Großmächten über geopolitische Einflusszonen und Handelsrouten wird sie von der Großen Koalition und der deutschen Wirtschaft systematisch vorangetrieben. Mitte Mai verkündeten die beiden deutschen Werften Lürssen-Gruppe und German Naval Yards Kiel (GNYK), sich in einem nationalen deutschen Werftenverbund zusammenzuschließen. Erklärtes Ziel: die Schaffung der notwendigen Rüstungsstrukturen für den Bau deutscher Kriegsschiffe.

„Ziel ist eine Verbesserung der nationalen Industriestruktur sowie eine Stärkung der Effizienz und Nachhaltigkeit“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung von Lürssen und GNYK. Der geplante Zusammenschluss folge „den Forderungen des öffentlichen Auftraggebers, leistungsfähige Industriestrukturen in nationaler verlässlicher Verfügbarkeit und effizienter Kostenstruktur gewährleistet zu sehen“. Dies umfasse „neben dem Neubau technologisch hochinnovativer Marineschiffe auch deren Funktionserhalt über den gesamten Lebenszyklus“.

Der Zusammenschluss der beiden deutschen Werften, dem sich zukünftig auch Thyssen Krupp Marine Systems anschließen könnte, steht ganz unmittelbar im Zusammenhang mit dem Bau des Mehrzweckkampfschiffes (MKS) 180 und dem Ziel der herrschenden Klasse, eine schlagkräftige deutsche Kriegsmarine aufzubauen.

Er hoffe sehr, „dass mit der Entscheidung jetzt auch der Bau des Mehrzweckkampfschiffs 180 zeitnah starten kann“, erklärte der Maritime Koordinator der Bundesregierung und CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Brackmann. Damit könne „der avisierte Zeitplan für die Schiffe im Großen und Ganzen realisierbar sein. Das wäre vor allem für unsere Marine eine gute Nachricht, da man dort auf die Schiffe wartet.“

Seitdem wird das MKS-Projekt – der größte Marineauftrag dieser Art in der Geschichte der Bundeswehr – zielstrebig umgesetzt. Laut einem Bericht des Verteidigungsministeriums hat GNYK unmittelbar nach Bekanntwerden der geplanten Fusion mit Lürssen seine juristischen Vorbehalte gegen die Vergabe des MKS180 an ein von der niederländischen Damen-Shipyard-Gruppe geführtes Konsortium zurückgezogen.

Teil des Konsortiums ist die Hamburger Werft Blohm+Voss, die zu Lürssen gehört. Medienberichten zufolge wird der Haushaltsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwoch die Gelder für den Bau der ersten vier Mehrzweckkampfschiffe in Höhe von rund sechs Milliarden Euro bewilligen.

Die offizielle Website der Bundeswehr bezeichnet das etwa 155 Meter lange und schwer bewaffnete MKS provokativ als zukünftige „Allzweckwaffe“. Es solle in der Lage sein, „einerseits überall auf der Welt lange Zeit große Seeräume zu patrouillieren, Embargos zu überwachen und notfalls deutsche Staatsbürger aus Krisensituationen zu evakuieren, andererseits im Nordatlantik oder Mittelmeer sich notfalls im Seegefecht gegen andere Kriegsschiffe seiner Art und U-Boote durchsetzen zu können“, heißt es dort.

Weitere Schiffe, die im Kern den gleichen Zielen dienen und nun zügig fertig gestellt werden sollen bzw. bereits in Dienst gestellt wurden, sind vier Fregatten der Baden-Württemberg-Klasse 125, fünf Korvetten der Klasse 130 2. Los und zwei weitere U-Boote der Klasse 212 Common Design.

Die Kosten für die geplanten Projekte sind gigantisch und explodieren jährlich. Der aktuelle Rüstungsbericht der Bundesregierung nennt allein für die Fregatten und Korvetten eine Kostensteigerung von 1,175 Milliarden Euro gegenüber der ursprünglichen Veranschlagung. Und das ist nur der Anfang. Hinter den Kulissen sinniert die herrschende Klasse bereits über den Bau eines eigenen Flugzeugträgers, der alle bisherigen Projekte noch weit in den Schatten stellen würde.

Aus den imperialistischen Zielen, die mit der Aufrüstung der deutschen Marine verbunden sind, macht die herrschende Klasse keinen Hehl. In seiner zentralen Ansprache auf der 60. Historisch-Taktischen Tagung der Flotte 2020 im Januar zitierte der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Andreas Krause, die Kernaussage der außenpolitischen Grundsatzrede von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) vom vergangenen November: „Ein Land unserer Größe und unserer wirtschaftlichen und technologischen Kraft, ein Land unserer geostrategischen Lage und mit unseren globalen Interessen, das kann nicht einfach nur am Rande stehen und zuschauen.“

Dann fügte er hinzu: „Die Aussage macht klar, dass unsere Ministerin weiß, wo sie hinwill, und beeinflusst natürlich auch den Kurs unserer Marine. Auch wenn in unserem Land viele es immer noch nicht wirklich erkennen wollen: in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik kommt der See und damit der Deutschen Marine eine zunehmend entscheidende Rolle zu.“

Im weiteren Verlauf seiner Rede führte Krause aus, warum dies so ist. „Für eine außenhandelsabhängige Nation wie die unsere sind frei nutzbare und sichere Seewege von herausragender Bedeutung, und das nicht nur für den klassischen Warenverkehr“. So würden „über 90 Prozent des weltweiten Internetverkehrs durch Unterwasserkabel übertragen, der Ausbau von Windenergieanlagen im Meer nimmt stetig zu und die Menge der aus dem Meer gewonnenen Bodenschätze wächst“. Besonders „um die letzten verbliebenen noch nicht eindeutig zugeteilten und erschlossenen Ressourcen“ habe „der globale Wettstreit längst begonnen“.

Deutschland müsse deshalb in der Lage sein, weltweit auf Hoher See zu agieren und erfolgreich Krieg zu führen. „Die globalen sicherheitspolitischen Entwicklungen erfordern eine Marine, die einerseits zum weltweiten Einsatz befähigt ist, andererseits aber auch jederzeit wirksam unsere Interessen vor der eigenen Haustür durchsetzen kann“, schärfte Krause seinen Zuhörern ein. „Nur mit einer weltweit einsetzbaren und zum Kampf befähigten Marine“ werde Deutschland seinen Bündnisverpflichtungen nachkommen und seine Interessen durchsetzen können.

Krauses Pläne und seine Rhetorik erinnern an den deutschen Größenwahn am Vorabend des Ersten und Zweiten Weltkriegs. „Nicht nur die Seewege der Ostsee sind für uns von entscheidender strategischer Bedeutung“, führte er aus. „Auch die Sea Lines of Communication über den Nordatlantik, durch den englischen Kanal und hinein in die Nordsee bilden wichtige Lebensadern für unseren Kontinent und unser Land.“ Hier werde „die Deutsche Marine im Fall einer militärischen Konfrontation ebenfalls gefordert sein“.

Im Zuge „der Globalisierung und den entsprechenden Auswirkungen auf den Welthandel in und aus Richtung Osten“ hätten „jedoch andere Seegebiete für uns an Bedeutung hinzugewonnen. Wenngleich das Mittelmeer nichts von seiner strategischen Relevanz für Deutschland und Europa eingebüßt hat – Das neue ‚Mare Nostrum‘ der Welt, meine Damen und Herren, ist der Indische Ozean.“

Dann drohte Krause den Nuklearmächten Russland und China. „Auch wenn für uns in Deutschland, in Europa und in der NATO in erster Linie Russland im Fokus steht, etabliert sich mit China zunehmend ein weiterer strategisch relevanter Akteur.“ In nur vier Jahren habe „China etwa so viel an Tonnage gebaut und in Dienst gestellt, wie die britische Royal Navy insgesamt besitzt“, und „sich entschlossen auf den Weg gemacht, eine global agierende ‚Maritime Nation‘ zu werden.“

Tatsächlich sind nicht Russland und China die Aggressoren auf den Weltmeeren, sondern die imperialistischen Mächte. Im Rahmen ihrer provokativen militärischen Einkreisung Chinas hat die US Navy zum ersten Mal seit Jahren drei Flugzeugträgerkampfgruppen gleichzeitig in den Pazifik entsendet. Die deutsche Marine beteiligte sich vom 3. bis 16. Juni aktiv am Manöver „Baltops“ in der Ostsee, das Bestandteil der Nato-Aufrüstung gegen Russland ist. Insgesamt kamen 29 Schiffe und 29 Flugzeuge zum Einsatz.

In ihrem Kampf gegen die Rückkehr des deutschen Militarismus und die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ist die Arbeiterklasse nicht nur mit allen Bundestagsparteien konfrontiert, sondern auch mit den Gewerkschaften. In einem offiziellen Statement stellte sich der Leiter des IG-Metall-Bezirks Küste, Daniel Friedrich, hinter die Pläne für einen nationalen Werftenverbund und die Entscheidung der Bundesregierung, den Marineschiffbau als nationale Schlüsseltechnologie einzustufen.

„Ein Zusammenschluss im Marineschiffbau“ sei „sinnvoll, wenn damit eine Stärkung der Branche einhergeht und so die Schlüsseltechnologie in Deutschland gesichert wird“, gab Friedrich zu Protokoll. „Das Know-how im deutschen Schiffbau, zu dem der Marineschiffbau einen wichtigen Beitrag leistet“, müsse „gesichert werden“.

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