Perspektive

Die rechte Bilanz der Regierung von Jacinda Ardern in Neuseeland

Am 28. Januar hat die Premierministerin von Neuseeland, Jacinda Ardern, Parlamentswahlen für den 19. September 2020 angekündigt und damit für die nächsten acht Monate den Wahlkampf eröffnet.

Vor etwas mehr als zwei Jahren bildete die Labour Party von Neuseeland eine Regierungskoalition mit den Grünen und der rechten New Zealand First (NZ First). Seither erfährt sie in den internationalen Medien eine durchaus positive Berichterstattung. Unter anderem präsentieren die New York Times und der britische Guardian die Ardern-Regierung als freundliche Oase des Egalitarismus. Sie stellen sie als wohltuendes Gegenstück zu den rechten Regierungen von Trump in den USA, Boris Johnson in Großbritannien und Scott Morrison in Australien dar.

Die Zeitschrift Time hat Ardern schon zweimal auf ihre jährliche Liste der 100 einflussreichsten Personen der Welt gesetzt: Beim ersten Mal, weil sie während ihrer Amtszeit ein Baby hatte, und beim zweiten, wegen ihrer Reaktion auf das Massaker von Christchurch. Der britische Labour-Führer Jeremy Corbyn und die US-Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez, um nur zwei von vielen Politikern zu nennen, haben ihre angeblich „bahnbrechenden“ Errungenschaften begrüßt.

Dieses internationale Lob zielt darauf ab, die Illusion zu fördern, dass es mit Politikern wie Ardern an der Spitze möglich wäre, den Kapitalismus zu retten und seine Übel einzudämmen. Die herrschenden Klassen beobachten voller Angst, wie sich Millionen von Arbeitern und Jugendlichen international an Massenstreiks und Protesten beteiligen, um gegen ein Rekordniveau an sozialer Ungleichheit, Umweltzerstörung und Angriffe auf demokratische Rechte zu kämpfen. Die Regierungen versuchen zu verhindern, dass immer mehr Menschen und vor allem Jugendliche den Sozialismus gut finden.

Bei der Bekanntgabe des Wahltermins erklärte Ardern, dass die Labour Party einen „positiven, sachlichen und robusten Wahlkampf“ führen werde, wobei sie die angeblichen „Fortschritte der Regierung bei den langfristigen Herausforderungen, vor denen Neuseeland steht“ hervorhob. Dazu gehöre es, sagte sie, „wichtige Investitionen in Gesundheit und Bildung zu tätigen und die Kinderarmut zu verringern“.

Keine dieser Behauptungen hat einen Bezug zur Realität. Ardern wurde nur zwei Monate vor der Wahl im September 2017 als Labour-Führerin eingesetzt, um den Zusammenbruch der Partei zu verhindern. Die Labour Party hatte 2011 und 2014 historische Niederlagen erlitten, und weite Teile der Arbeiterklasse betrachten sie zu Recht als eine Partei des Großkapitals, die sich nicht von der konservativen National Party unterscheidet.

Nach der Wahl hatte Labour nicht genug Unterstützung, um allein zu regieren. Sie erhielt 36,9 Prozent der Stimmen gegenüber 44,4 Prozent für die National Party. Ardern wurde erst nach einem Monat schmutziger Absprachen mit der rechtsnationalistischen und immigrantenfeindlichen Partei NZ First, die nur 7,2 Prozent erhalten hatte, als Premierministerin eingesetzt.

Die unbeliebte NZ First bestimmte die Zusammensetzung der Regierung. Die Wahl fiel auf eine Koalitionsregierung mit Labour anstatt der National Party, weil sie Labour als bevorzugten Partner ansah, um Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Neuseeland stärker in die militärische Konfrontation Washingtons mit China zu integrieren.

Schon vorher hatte Labour jahrelang eine De-facto-Allianz mit NZ First geführt. Von ihr hatte Labour die Verteufelung chinesischer Einwanderer übernommen, die sie in der Krise um erschwinglichen Wohnraum zu Sündenböcken erklärte.

Winston Peters, Parteiführer von NZ First, wurde stellvertretender Premierminister und Außenminister und behauptete, seine Koalition mit Ardern werde einen „Kapitalismus mit menschlichem Antlitz“ wiederherstellen. Ardern schloss sich dieser Botschaft an und versprach, gegen Armut und Obdachlosigkeit vorzugehen. Sie kündigte an, sie werde der neunjährigen üblen Sparpolitik, die die National Party nach der Finanzkrise von 2008 verhängt hatte, ein Ende setzen.

Die Realität der letzten zwei Jahre hat diese Propaganda vollständig entlarvt. Die Regierung Ardern hat die wachsende Armut, die unsichere Wohnsituation und den Mangel an Ressourcen für den öffentlichen Dienst noch verschärft. Sie hat die demokratischen Rechte angegriffen, die Polizei gestärkt, die Einwanderer dämonisiert und die Kriegsvorbereitungen ausgeweitet.

Die notwendige Schlussfolgerung lautet, dass der Kapitalismus nicht reformiert werden kann, sondern gestürzt werden muss. Die Labour Party und das übrige politische Establishment haben keine Lösung für die Kriegsgefahr, die Klimakrise und die immer schlimmeren Lebensbedingungen. Das Scheitern des Kapitalismus führt zu revolutionären Kämpfen. Darauf müssen sich Arbeiter und Jugendliche bewusst vorbereiten: Sie müssen die sozialistische und internationalistische Führung aufbauen, die erforderlich ist, um diese Kämpfe zu vereinen und zu führen.

Imperialistische Kriegshetze gegen China

Die Socialist Equality Group (SEG) warnte von Anfang an, dass die Entscheidung von Labour, der einwanderungsfeindlichen NZ First eine zentrale Rolle in der Regierung zuzuweisen (die auch das Amt des Außen- und Verteidigungsministers umfasst) eine weitere Rechtswende bedeutet. Sie zielt darauf ab, Neuseeland stärker in die US-Kriegsvorbereitungen gegen China einzubinden.

Ein Schlüsselfaktor während der Regierungsbildung war die beispiellose Intervention des US-Botschafters Scott Brown. Er kritisierte öffentlich die bisherige Zurückhaltung der National Party in der Frage von Donald Trumps krimineller Drohung, Nordkorea „völlig zu vernichten“. Brown ließ erkennen, dass die USA von der nächsten Regierung eine viel härtere antichinesische Haltung erwarteten. Wenige Tage vor der Wahl blies die US-freundliche Ostasienprofessorin Anne-Marie Brady zur Hexenjagd gegen den „chinesischen Einfluss“ innerhalb der National Party (wegen deren Geschäftsbeziehungen zu China), und die NZ First und ein Großteil der Medien unterstützten Brady.

Im Jahr 2018 bezeichnete die von Labour geführte Regierung (in Übereinstimmung mit Washington) China und Russland ausdrücklich als die wichtigsten „Gefährder“ der internationalen Ordnung. Ardern entschied, neuseeländische Soldaten im Irak und in Afghanistan zu belassen, und unterstützte damit die kriminelle US-Besetzung dieser Länder. Im Gegenzug forderte Peters die USA wiederholt auf, mehr Streitkräfte in die Pazifikregion zu entsenden, um die chinesische Diplomatie und seinen wirtschaftlichen Einfluss zurückzudrängen und Neuseeland dabei zu helfen, seine eigene neokoloniale Herrschaft über Tonga, Samoa und andere kleine, verarmte Inselstaaten durchzusetzen.

Während in Neuseeland lebenswichtige soziale Dienstleistungen wie die Gesundheit und die Bildung dem Rotstift zum Opfer fallen, hat sich die Regierung verpflichtet, bis 2030 zwanzig Milliarden Dollar für militärische Mittel auszugeben und die Größe der Armee von 4.500 auf 6.000 Mann zu erhöhen. Neuseeland veranstaltet regelmäßig Militärmanöver gemeinsam mit US-amerikanischen und australischen Truppen, die sich offen auf die Invasion der pazifischen Länder vorbereiten und die Unterdrückung von sozialen Aufständen trainieren.

Von der Regierung ermutigt, betreiben Brady und andere US-freundliche Kommentatoren eine bösartige antichinesische Hetze. Sie fordern eine staatliche Überwachung der in China geborenen Einwanderer, einschließlich der Parlamentarier, Journalisten, Studentenverbände und kommunalen Gruppen. Brady fordert auch, den jungen Einwanderern das Wahlrecht zu entziehen und die Wirtschaftsbeziehungen zu China, dem wichtigsten Handelspartner Neuseelands, zu reduzieren.

Ein wichtiger Faktor in dieser fremdenfeindlichen Kampagne ist der regierungsnahe, gewerkschaftsfinanzierteDaily Blog. Immer wieder schimpft er gegen „unsere chinesischen Oberherrn“ und stellt chinesische Einwanderer als Bedrohung des sozialen Zusammenhalts dar. Das ist die gleiche Rhetorik, wie sie offen faschistische und rechtsextreme Gruppen verwenden.

Das Christchurch-Massaker und die Förderung der Rechtsextremen

Wie in den 1930er Jahren heizen die herrschenden Klassen in jedem Land den Nationalismus an und ermutigen die faschistischen Kräfte, sich auf Krieg vorzubereiten, die Arbeiterklasse zu spalten und dem Aufstieg einer sozialistischen Bewegung zuvorzukommen.

Am 15. März 2019 griff der faschistische Terrorist Brenton Tarrant zwei Moscheen in Christchurch an, erschoss 51 Menschen und verletzte fünfzig weitere. Dieser entsetzliche Anschlag zerschlug die Wahrnehmung, dass Neuseeland von der weltweiten Zunahme rechtsextremer Tendenzen verschont sei. Faschistische Netzwerke bemühen sich, zu beweisen, dass eine solche Gräueltat überall auf der Welt stattfinden kann.

Die SEG wies die Versuche von Politikern und Medien zurück, Tarrant als Außenseiter hinzustellen, dessen Handlungen nichts über die neuseeländische Gesellschaft aussagen könnten, da er in Australien gebürtig sei. Tatsächlich enthielt sein faschistisches Manifest eine rassistische und antimuslimische Sprache, die an NZ First erinnert, einschließlich seines Herumreitens auf der „niedrigen Geburtenraten“ und dem „Austausch“ der weißen Bevölkerung. Die Worte, mit denen Tarrant die Einwanderer für schlechte Löhne und Bedingungen verantwortlich machte, ähneln denen der Labour Party und der Gewerkschaftsbürokratie.

Arderns Antwort auf den Angriff von Christchurch wurde von den Medien glorifiziert. Damit sollte jede Diskussion über diese eklatante Ähnlichkeit übertönt werden. Auch zensierte der Staat Tarrants Manifest, um die Arbeiterklasse der Möglichkeit zu berauben, die Verbindung zwischen der faschistischen Ideologie des Terroristen und dem rechten Nationalismus des Establishments zu erkennen. Die SEG verurteilte die Unterdrückung dieses Dokuments als ernsthaften Angriff auf die demokratischen Rechte.

Die Umstände des Angriffs bleiben im Verborgenen, da die offizielle königliche Untersuchungskommission hinter verschlossenen Türen tagt. Es ist jedoch klar, dass Tarrant als Teil eines Netzwerks von Faschisten agierte, die Schutz vor den australischen und neuseeländischen Behörden genießen. Die Polizei drückte auch dann noch ein Auge zu, als sie vor Tarrants gewalttätigen Drohungen gegen Einwanderer und „Kommunisten“ gewarnt wurde. Für das Versagen des neuseeländischen Geheimdienstes wurde keine Erklärung abgegeben. Obwohl er als Teil des US-geführten Five Eyes-Spionagenetzes Zugang zu massenhafter Überwachung hat, tat er nichts, um den Angriff zu stoppen.

Das Massaker wurde zum Vorwand genommen, um die Ressourcen der Geheimdienste weiter aufzustocken und neue bewaffnete Polizeieinheiten in South Auckland, Waikato und Canterbury einzuführen. Die drakonischen neuen „Anti-Terror“-Gesetze sollen es der Polizei erlauben, jemanden als Terroristen zu bezeichnen, auch ohne ihm die Beteiligung an einem Verbrechen nachzuweisen, und ihn der Überwachung und anderer Angriffe auf seine demokratischen Grundrechte preiszugeben.

Mittlerweile gilt Ardern auch weltweit als Vorbild für Internetzensur. Diese Zensur soll angeblich die Verbreitung „gewalttätiger extremistischer“ und terroristischer Inhalte verhindern. Was Extremismus ist, das definiert der Staat in Zusammenarbeit mit Internet- und Social-Media-Konzernen. Facebook, Google, YouTube und Twitter haben ihre Algorithmen bereits stark verändert, um Websites zu zensieren, die gegen Krieg eintreten und sozialistische Inhalte verbreiten, wie zum Beispiel die World Socialist Web Site. Der Internetverkehr wird von ihnen weg zu den „anerkannten“ bürgerlichen Medien umgeleitet. Gleichzeitig sind Regierungen in Europa, den USA, Australien und Asien dabei, Gesetze zu schaffen, um linke Proteste gegen Ungleichheit, Klimawandel und Flüchtlingsfeindlichkeit zu kriminalisieren.

Wachsende soziale Ungleichheit

Das Hauptzielobjekt der antidemokratischen Maßnahmen und der fremdenfeindlichen Propaganda der Regierung ist die Arbeiterklasse, die versucht, sich gegen jahrzehntelange Angriffe auf den Lebensstandard zu wehren. Die Wahlen von 2017 lösten eine Flut von Forderungen aus, dass die Regierung Ardern ihr Versprechen, die Sparmaßnahmen zu beenden, einhalten müsse. Lehrer, Krankenschwestern und andere Beschäftigte des Gesundheitswesens forderten deutliche Lohnerhöhungen und ein Ende der Unterbesetzung und des Herunterwirtschaftens von Schulen und Krankenhäusern.

In diesem Jahr wird der Klassenkampf weiter zunehmen. Auf der Konferenz der Labour Party 2019 im November äußerte Ardern ihre Besorgnis über die Massenproteste, die in Chile und anderswo in „dieser zerbrechenden Welt“ gegen Austerität ausbrechen Sie sagte: „Das erinnert mich an die Auswirkungen der Ungleichheit nicht nur auf unser Volk, sondern auch auf die Stärke unserer Demokratie.“ Im Vorfeld der kommenden Wahl sagte sie, die Regierung werde „weitere Möglichkeiten schaffen, um die Menschen aufzurichten“ und „ihr Leben zu verändern“.

Allerdings waren schon Arderns Versprechen von 2017 ein Betrug. Damals versprach sie, eine Gesellschaft zu schaffen, „in der wir uns um die Schwächsten kümmern, in der wir unsere Familien unterstützen, in der wir dafür sorgen, dass so grundlegende Bedürfnisse der Menschen wie ein Dach über dem Kopf befriedigt werden“.

Die SEG erklärt, dass die Versprechungen der Labour Party grundsätzlich mit ihrer Politik unvereinbar sind: Labour weigert sich, die Steuern für die Reichen zu erhöhen; sie paktiert mit den Grünen, um die Staatsausgaben weiterhin unter 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu halten. Und sie hat sich verpflichtet, Milliarden in Polizei und Militär zu investieren.

Außerdem halten wir daran fest, dass Labour nicht nach den falschen Versprechungen von Ardern beurteilt werden darf. Der Maßstab muss ihre Bilanz als eine der zwei wichtigen neuseeländischen Parteien des Großkapitals und des Imperialismus sein. Die neuseeländische Labour Party hat – wie die sozialdemokratischen Parteien auf der ganzen Welt – den Sozialreformismus schon vor langer Zeit aufgegeben. Seit den 1970er Jahren zerstörte die beispiellose Globalisierung der Produktion jede Grundlage für die Eindämmung des Klassenkampfs mittels Zugeständnissen an die Arbeiter im Rahmen einer national geschützten Wirtschaft.

In den Jahren 1984–1990 eröffnete die Labour-Regierung unter David Lange den Angriff auf die Arbeiterklasse. Dieser war genauso rücksichtslos wie die wirtschaftsfreundliche Umstrukturierung unter Thatcher in Großbritannien oder unter Reagan in den USA. Labour verkaufte staatliche Unternehmen, besonders der Telekommunikations- und Stahlindustrie, und bereitete die Forstwirtschaft und die Eisenbahnindustrie auf die Privatisierung vor, indem sie zehntausende Stellen vernichtete. Sie halbierte den Spitzensteuersatz für Reiche von 66 Prozent auf 33 Prozent und führte gleichzeitig die reaktionäre Mehrwertsteuer Goods and Services Tax (GST) ein. Für Hochschulbildung und für mehrere Gesundheitsleistungen wurden Gebühren eingeführt.

Die Subventionen und Zölle für „nicht konkurrenzfähige“ Wirtschaftsbereiche wurden im Namen der globalen Wettbewerbsfähigkeit gestrichen. Das führte zur vollständigen Schließung der Automobilindustrie und zu einer Welle von Fabrikschließungen, Massenentlassungen und Lohnkürzungen in Branchen wie der Fleischverarbeitung. Allein zwischen 1987 und 1992 gingen in der Fertigung etwa 76.000 Arbeitsplätze verloren. Die Gewerkschaften spielten eine entscheidende Rolle, um jegliche Gegenwehr der Arbeiterklasse zu unterdrücken.

In den Jahren 1990–1999 vertiefte die Regierung der National Party dann diese wirtschaftsfreundliche Agenda. Sie kürzte die Sozialhilfe erheblich, griff die Arbeiterrechte an und führte weitere Privatisierungen durch. Nichts davon wurde wieder rückgängig gemacht, als 1999 Labour wieder an die Regierung kam. Helen Clark (Labour), die bis 2008 regierte wurde von einem pseudolinken Bündnis und von den Grünen unterstützt. Sie zementierte die Verbindungen Neuseelands mit dem US-Imperialismus, indem sie Truppen nach Afghanistan und in den Irak entsandte. Gleichzeitig schränkte Labour die Ausgaben für Sozialprogramme stark ein, was zu größerer Armut, Staatsverschuldung und Ungleichheit führte. An den Universitäten wurden die Gebühren erhöht, was zu einer starken Verschuldung der Studierenden führte.

Nach dem Ausbruch der Rezession im Jahr 2008 und dem weltweiten Finanzcrash, der eine Welle von Stellenstreichungen und Sparmaßnahmen auslöste, verlor Labour erneut die Macht. Darauf setzte die Regierung John Key von der National Party (2008–2017) den Angriff fort. Sie fror die öffentlichen Ausgaben ein, einschließlich der Löhne und Gehälter für Lehrer und Beschäftigte im Gesundheitswesen, vernichtete weitere Stellen, hob die GST an, privatisierte teilweise die Energieversorgung und griff die Sozialhilfe für Alleinerziehende an. Die Labour Party unterstützte diesen Sparkurs aus der Opposition heraus und erklärte, dass in der Krise jede Regierung kürzen müsse.

Unter Ardern hat sich die Kluft zwischen Arm und Reich noch einmal vertieft. Die Superreichen haben dank niedriger Unternehmenssteuern, niedriger Löhne und steuerfreier Profite auf dem Immobilienmarkt massive Gewinne erzielt. Die „Reichenliste“ der National Business Review für 2019 zeigt, dass die reichsten Menschen des Landes zusammen über ein Gesamtvermögen von 90 Milliarden Dollar verfügen (In 2018 waren es noch 81 Milliarden Dollar). Die reichsten 10 Prozent kontrollieren 53 Prozent des Reichtums, und das oberste Prozent besitzt 19 Prozent, das ist fast ein Fünftel des nationalen Reichtums.

Mittlerweile leben 17 Prozent der Kinder in Haushalten unterhalb der offiziellen Armutsgrenze (die bei der Hälfte des Medianeinkommens liegt). Seit der Machtübernahme durch Labour ist die Quote von 16 Prozent um ein Prozent angestiegen. Wenn man die Wohnkosten mitberücksichtigt, lebt fast jedes vierte Kind in Armut. Die armutsbedingten sozialen Probleme explodieren. So nehmen Krankheiten, die durch eine schlechte Wohnqualität verursacht sind, sowie der Drogenkonsum immer mehr zu. Die Selbstmorde erreichten 2018–2019 ein Allzeithoch von 685 (bei 4,8 Millionen Einwohnern), was einem atemberaubenden Anstieg von 21 Prozent in nur vier Jahren entspricht.

Die steigenden Wohnkosten haben die Verschuldung der Haushalte auf den Rekordwert von 164,4 Prozent des Brutto-Durchschnittseinkommens ansteigen lassen, gegenüber hundert Prozent vor zwanzig Jahren. Die mittleren Mieten sind seit Oktober 2017 um 12,5 Prozent gestiegen, etwa dreimal so schnell wie die Lohnerhöhungen. Die Hauspreise stiegen allein im vergangenen Jahr im Mittel um 8,6 Prozent, und mittlerweile gehört Auckland zu den teuersten Städten der Welt. Dort sind die Hauspreise jetzt neunmal (2004: 5,4x) so hoch wie das mittlere Einkommen.

Die Regierung Ardern hat es versäumt, die Krise zu bewältigen. Der Anstieg um rund 3.400 Sozialwohnungen seit Oktober 2017 wurde von der Nachfrage bei weitem übertroffen: Die Zahl der Familien, die auf Sozialwohnungen warten, ist von 5.844 auf 14.500 gestiegen. Mehr als einer von 100 Menschen ist obdachlos.

Die Rückkehr des Klassenkampfs

Unter dem starken Druck der Beschäftigten waren die Gewerkschaften in den letzten beiden Jahren gezwungen, landesweite Streiks auszurufen. Jahrzehntelang hatten sie jede Opposition gegen die Kürzungen unterdrückt. Die Streiks von 2018 und 2019 sind Teil eines internationalen Aufschwungs der Arbeiterklasse, zu dem auch die Gelbwestenproteste in Frankreich, der Autoarbeiterstreik in den USA, der Streik der Fabrikarbeiter im mexikanischen Matamoros, sowie Massenproteste in Puerto Rico, Algerien, Chile, Ägypten, dem Sudan, dem Libanon und anderen Ländern gehören.

An vorderster Front stehen das Gesundheitspersonal und die Lehrer, weil sie die Folgen der grassierenden Armut und der Zerstörung des öffentlichen Dienstes täglich vor Augen haben.

Die Gewerkschaftsbürokratie hat die Arbeiter jedoch systematisch isoliert, zermürbt und verraten. Die Gewerkschaften haben vor Jahrzehnten aufgehört, in irgendeiner Weise Arbeiterorganisationen zu sein. Sie stellen eine privilegierte Schicht dar, die eng mit der Labour Party verbunden ist und deren Aufgabe darin besteht, die Beschäftigten zu kontrollieren und im Namen der nationalen Wettbewerbsfähigkeit das Diktat des Großkapitals durchzusetzen.

Die Gewerkschaft New Zealand Nurses Organisation (NZNO) führte 2018 einen eintägigen Streik durch – erstmals seit 1989 in den öffentlichen Krankenhäusern. Die Gewerkschaft übernahm jedoch die Lüge der Labour Party, es sei „kein Geld“ für die Krankenhäuser da. All die Jahre davor hatte die Finanzierung des Gesundheitswesens nicht mit der Inflation und dem Bevölkerungswachstum Schritt gehalten. Die NZNO drängte die Beschäftigten, eine lächerliche Lohnerhöhung zu akzeptieren, die unter dem Anstieg der Lebenshaltungskosten lag. Das diente dann als Maßstab für einen effektiven Lohnstopp im gesamten öffentlichen Sektor.

Nach einem Streik von mehr als 50.000 Grund- und Mittelschullehrern im Mai – dem größten Streik, den das Land je erlebt hat – setzten das Kultusministerium und die Gewerkschaft Post-Primary Teachers' Association ein ähnliches Abkommen durch. In beiden großen Streiks stimmten die Gewerkschaften mit der Regierung überein, dass die Lohnerhöhungen drei Prozent pro Jahr nicht übersteigen dürften. Die Beschäftigten hatten Lohnerhöhungen von 15 bis 18 Prozent gefordert. Keine wesentlichen Maßnahmen wurden zur Behebung der Personalkrise getroffen.

Diese miesen Abschlüsse haben zu wachsender Wut und Frustration geführt. Weitere explosive Kämpfe sind unvermeidlich, und die Beschäftigten werden in offene Konflikte nicht nur mit der Labour-Regierung, sondern auch mit der Gewerkschaftsbürokratie geraten.

Die Socialist Equality Group (SEG) griff in diese Kämpfe ein, veröffentlichte Dutzende von Artikeln und Erklärungen, die weithin gelesen wurden, und organisierte Arbeiterversammlungen. Sie forderte die Arbeiter auf, die von den Gewerkschaften akzeptierten Sparmaßnahmen zurückzuweisen und den Kampf für eine sozialistische Politik aufzunehmen. Dutzende von Milliarden Dollar müssen in die Schulen und Krankenhäuser fließen. Finanziert werden muss das durch eine grundlegende Umverteilung des Reichtums und die Beseitigung der Ausgaben für Militär und Krieg.

Die Durchführung eines solchen Kampfs erfordert einen politischen Bruch mit der Labour Party und all ihren Verbündeten sowie eine Rebellion gegen die prokapitalistische Gewerkschaftsbürokratie. Die Arbeiter müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen und Aktionskomitees gründen. Solche demokratisch kontrollierten Organisationen werden die Arbeiter Neuseelands und international vereinen und einen echten Kampf gegen die Labour-Regierung und ihre Sparpolitik führen.

Die Perspektive der Pseudolinken in Scherben

Der Kampf der SEG für Sozialismus und Internationalismus wird von den pseudolinken Gruppierungen Socialist Aotearoa (SA), International Socialist Organisation (ISO) und der kürzlich gegründeten Organise Aotearoa erbittert bekämpft. Sie versuchen, die Arbeiter politisch der Labor Party, NZ First und den Grünen, die gemeinsam die Regierung bilden, und der Gewerkschaftsbürokratie unterzuordnen.

Diese Organisationen sind nicht sozialistisch oder linksgerichtet. Sie repräsentieren vielmehr Teile der oberen Mittelschicht, denen es um ihre Karriere im Kapitalismus geht. Sie benutzen die Identitätspolitik als Hebel, um die Arbeiter auf der Grundlage von Hautfarbe oder Geschlecht zu spalten. Gleichzeitig unterstützen sie reaktionäre Politiker wie Hone Harawira von der Mana-Partei, der in betrügerischer Absicht behauptet, Maori-Arbeiter und die Armen zu vertreten.

Vor den letzten Wahlen prangerte die SA jeden Widerstand gegen eine von der Labor Party geführte Regierung als sektiererisch an. Die ISO begrüßte die Labour-Koalition und behauptete, die rechte NZ First verhalte sich „besser, als wir je zu hoffen wagten“. Sie behauptet, diese rechte Partei habe „echte Vorteile für das Leben der arbeitenden Menschen“ erreicht.

Die Pseudolinken erklären fälschlicherweise, dass die Gewerkschaften immer noch echte Arbeiterorganisationen seien, die die Regierung zu progressiven Reformen drängen könnten. Während der Krankenschwestern- und Lehrer-Streiks gegen die Regierung sprachen sich die drei Gruppen gegen einen Bruch mit den Gewerkschaften aus. Die ISO stellte beide Tarifverträge als „Teil“-Siege dar, während SA und OA die Illusion förderten, dass die NZNO-Bürokratie reformiert werden könne.

Wie ihre Gesinnungsgenossen auf der ganzen Welt, haben sich die ISO und die SA dem Imperialismus angedient. Beide Organisationen unterstützten den Stellvertreterkrieg der USA für einen Regimewechsel in Syrien und stellten ihn in betrügerischer Weise als eine Art „Revolution“ dar. Während die USA ihre Kriegsvorbereitungen gegen Russland und China verstärken, prangern diese Organisationen die beiden Länder als „imperialistisch“ an. Die Pseudolinken haben sich geweigert, Julian Assange zu verteidigen, der in Großbritannien im Gefängnis sitzt und wegen des „Verbrechens“, amerikanische Kriegsverbrechen im Irak und in Afghanistan aufgedeckt zu haben, an die USA ausgeliefert werden soll. Ebenso schweigen sie über die mutige Informantin Chelsea Manning, die nach wie vor in den USA gefangen ist, weil sie sich weigert, gegen Assange auszusagen.

Kampf für Sozialismus und Internationalismus: Werdet Mitglied der Socialist Equality Group!

Die reaktionäre Bilanz der Regierung Ardern belegt den historischen Bankrott der Sozialdemokratie. Die enge Zusammenarbeit von Labour mit der rassistischen NZ First und ihre Angriffe auf Einwanderer, die ein Viertel der neuseeländischen Bevölkerung ausmachen, zeigen klar, wie feindlich sie der Arbeiterklasse insgesamt gegenübersteht. Die Regierung verweigert der arbeitenden Bevölkerung angemessene Löhne, Bildung, gute Gesundheitsversorgung und Sozialleistungen. Sie verstärkt den Polizeistaat und bereitet das Land darauf vor, sich an den verheerenden Kriegen der USA zu beteiligen, die zum Atomkrieg führen könnten.

In der erneut bevorstehenden Wahl steht die Arbeiterklasse am Scheideweg. Die Hauptgefahr für die Arbeiter und die Jugend ist das Fehlen einer sozialistischen Partei, die von Labour und allen bürgerlichen Parteien politisch unabhängig ist.

Die Socialist Equality Group (SEG) ist die einzige Organisation, die konsequent dafür kämpft, Arbeiter vor der reaktionären Agenda der Ardern-Regierung zu warnen. Die SEG entlarvt die Lüge der pseudolinken Labour-Verbündeten, das Bündnis Labour-NZ First sei gegenüber der National Party das geringere Übel.

Wir rufen die Arbeiter und Jugendlichen auf, sich von der Labour Party und all ihren Unterstützern, einschließlich der Grünen und der Gewerkschaftsbürokratie, zu trennen.

Die SEG kämpft für den Aufbau einer Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) in Neuseeland. Die Vierte Internationale ist die Weltpartei der sozialistischen Revolution, die 1938 von Leo Trotzki gegründet wurde. Sie beruht auf der Strategie, die Arbeiterklasse international zu vereinen. Damit steht sie im Gegensatz zur stalinistischen Bürokratie, die die russische Revolution verraten hatte und die sozialistischen Bewegungen auf der ganzen Welt erwürgte. Das IKVI verteidigt seit vielen Jahrzehnten eine internationalistische Perspektive und hat sich gegen Stalinismus, Maoismus und jede Form von Nationalismus und Opportunismus behauptet.

Eine sozialistische Bewegung kann nur im Kampf gegen das nationalistische Gift aufgebaut werden, welches das gesamte politische Establishment durchdringt. Die Arbeiterklasse in Neuseeland muss sich über alle Nationalitäten und Ethnien hinweg vereinigen und enge Verbindungen zu den mächtigen Massenbewegungen knüpfen, die sich überall auf der Welt aufbauen. Dies erfordert die kompromisslose Verteidigung der Rechte der Einwanderer auf Leben und Arbeit, bei vollen demokratischen und bürgerlichen Rechten.

Objektive Bedingungen sind herangereift, um die arbeitenden Menschen aller Länder zu einer einzigen revolutionären Bewegung zu vereinen. Diese wird den Kapitalismus stürzen, die überholte Teilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten aufheben und eine sozialistische Gesellschaft aufbauen. Der einzige Weg, um die Katastrophen einer wirtschaftlichen Depression, des Klimawandels und eines dritten Weltkriegs abzuwenden, führt über die Errichtung von Arbeiterregierungen, die die Banken und Großindustrien enteignen, sie unter die demokratische Kontrolle der Arbeiterklasse stellen und die nationalen Grenzen überwinden.

Wir fordern alle, die mit dieser Perspektive übereinstimmen, auf, sich der Socialist Equality Group anzuschließen und sie mit aufzubauen.

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