Indien: Demonstration zum siebten Jahrestag des juristischen Komplotts gegen die inhaftierten Maruti-Suzuki-Arbeiter

Über Tausend Arbeiter beteiligten sich an einer Demonstration für die Freilassung der dreizehn Maruti-Suzuki-Arbeiter, die 2012 in einer gigantischen Verschwörung des indischen Staats und des japanischen Autokonzerns Suzuki zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Der Protest wurde vom Provisorischen Komitee der Maruti Suzuki Workers Union (MSWU) organisiert.

Unter den Demonstranten waren solidarische Maruti-Suzuki-Arbeiter, die selbst von Schikanen betroffen und früher inhaftiert gewesen waren. Es kamen Arbeiter aus anderen Fabriken des riesigen Industriegürtels Gurgaon-Manesar und weitere Unterstützer. Sie trugen Plakate, auf denen sie die Freilassung der dreizehn Arbeiter und die sofortige Wiedereinstellung aller entlassenen Maruti-Suzuki-Arbeiter forderten. Ein Flugblatt für die Kundgebung verurteilte ausdrücklich den Obersten Gerichtshof Indiens, der eine Freilassung der Arbeiter auf Kaution kaltschnäuzig abgelehnt hatte, bis der Einspruch gegen ihre Verurteilung wegen fingierter Mordanklagen entschieden ist. Auf dem Flugblatt wurde eindringlich gefragt: „Warum diese Ungerechtigkeit?“

Das einzige „Verbrechen“ der dreizehn Arbeiter war es, Widerstand gegen die Armutslöhne, die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und die prekären Arbeitsverträge zu leisten, die beim größten indischen Autobauer Maruti Suzuki und in der gesamten verarbeitenden Industrie in Indien vorherrschen.

Zu den Verurteilten gehören alle zwölf Mitglieder des Arbeitskomitees bzw. der Leitung der Gewerkschaft MSWU, die bei einer Rebellion der Belegschaft gegen die von Regierung und Unternehmen unterstützte gelbe Gewerkschaft im Maruti-Suzuki-Fertigungswerk in Manesar (Haryana) gegründet wurde.

Die Demonstration fand am siebten Jahrestag der Ereignisse statt, die als Vorwand für das juristische Komplott gegen die Maruti-Suzuki-Arbeiter dienten.

Am 18. Juli 2012 hatte das Management eine Auseinandersetzung mit den Arbeitern provoziert, die zu einem Brand im Werk führte. Nur wenige Stunden danach begann die Polizei Massenverhaftungen von Arbeitern. Dabei benutzte sie Listen, die ihr das Management von Maruti Suzuki zur Verfügung gestellt hatte. Hunderte wurden verhaftet und misshandelt, viele führende MSWU-Gewerkschafter gefoltert.

Die Regierung des Bundesstaats Haryana, die von der Kongresspartei gestellt wird, hat die Hexenjagd der Polizei unterstützt und gefördert. Schon während des einjährigen Kampfs zur Gründung der MSWU war sie mehrfach mit Polizeigewalt gegen die Arbeiter vorgegangen. Sie unterstützte Maruti Suzuki auch, als das Unternehmen vor der Wiedereröffnung des Werks Ende August 2012 rund 2.300 festangestellte und befristet beschäftigte Arbeiter entließ – fast die gesamte Belegschaft.

Der Prozess gegen die dreizehn Arbeiter war eine juristische Farce. Als Teil der globalen Kampagne des Internationalen Komitees der Vierten Internationale zur Verteidigung der Maruti-Suzuki-Arbeiter hat die World Socialist Web Site ausführlich dokumentiert und untersucht, wie Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz mit dem Management von Maruti Suzuki und dem politischen Establishment zusammengearbeitet haben, um die Arbeiter zu lebenslangen Freiheitsstrafen zu verurteilen.

Wie sogar die Gerichte zugeben mussten, hat die Polizei mehrfach Beweise erfunden und Zeugen beeinflusst. Der Staat hat nicht einmal rudimentäre forensische Tests an Gegenständen durchgeführt, die laut Polizei und Staatsanwaltschaft wichtige Beweisstücke waren.

Der Kernpunkt der Anklage war das Feuer, das während der Auseinandersetzung in der Fabrik ausgebrochen war. In einem scheinbar bizarren Zufall starb dabei der einzige Unternehmensvertreter an Rauchvergiftung, der die Forderungen der Arbeiter unterstützt hatte.

In der ersten Instanz ignorierte oder beschönigte der Richter selbst offensichtliche Unklarheiten und Widersprüche in der Argumentation der Anklage und verstieß bewusst gegen die Gesetze. Er ließ keine Zeugenaussagen von Arbeitern zu, die die Ereignisse am 18. Juli 2012 beobachtet hatten und gegen die keine Anklage erhoben wurde. Dies rechtfertigte er mit der pauschalen Behauptung, sie würden einseitig zu Gunsten der MSWU aussagen oder von ihr eingeschüchtert sein. Er verstieß auch offen gegen das Gesetz, indem er die Beweislast den Arbeitern auferlegte und erklärte, wenn sie nicht überzeugend darlegen könnten, dass jemand anderes das Feuer gelegt hat, sei dies ein Beweis für ihre Schuld.

Der juristische Rachefeldzug gegen die Maruti-Suzuki-Arbeiter genoss von Anfang an die volle Unterstützung der wichtigsten Parteien des indischen Großkapitals. Er begann unter der Kongresspartei, die 2012 sowohl die nationale Regierung als auch die Bundesstaatsregierung von Haryana stellte, und ging nach dem Wahlsieg der hindu-chauvinistischen Bharatiya Janata Party (BJP) in Neu-Delhi und Haryana 2014 nahtlos weiter.

Die herrschende Elite Indiens ist entschlossen, ein Exempel an den Maruti-Suzuki-Arbeitern zu statuieren, um die Arbeiterklasse einzuschüchtern und den Investoren zu versichern, dass der Staat mit voller Härte gegen jede Gefahr für die Ausbeutung billiger Arbeitskräfte vorgehen wird.

Regierungsvertreter und Politiker haben das selbst zugegeben. Staatsanwalt Anurag Hooda forderte das Gericht auf, die dreizehn Arbeiter zum Tod durch den Strang zu verurteilen und erklärte: „Unser Industriewachstum ist zurückgegangen, die Direktinvestitionen aus dem Ausland sind versiegt. Premierminister Narendra Modi macht Werbung für die Produktion in Indien, aber solche Vorfälle schaden unserem Image.“

Nach der Demonstration am 18. Juli erklärte der ehemalige Maruti-Suzuki-Arbeiter und Angehörige des Provisorischen Komitees der MSWU, Jitender Dhankhar, gegenüber der World Socialist Web Site: „Die Kapitalisten haben Angst bekommen, weil die festangestellten und die befristet beschäftigten Maruti-Suzuki-Arbeiter gemeinsam aufgestanden sind und dabei große Stärke und Energie gezeigt haben. Deshalb haben sie den Vorfall am 18. Juli inszeniert und dafür gesorgt, dass die dreizehn Arbeiter zu lebenslangen Strafen verurteilt wurden. Sie wollten deutlich machen, dass die Kapitalisten vor nichts zurückschrecken, um die Arbeiter daran zu hindern, ihre demokratischen Rechte auszuüben, auch nicht davor, Gerichte und Gefängnisse zu benutzen.“

Anfang des Monats hat der Oberste Gerichtshof einen Antrag des inhaftierten MSWU-Führers Dhanraj Bhambi auf Freilassung gegen Kaution kurzerhand zurückgewiesen. Er muss im Gefängnis bleiben, bis über den Einspruch der Arbeiter gegen die fingierten Urteile entschieden ist. Dieser Gerichtsbeschluss demonstriert erneut die aggressive Feindschaft der staatlichen Institutionen Indiens gegenüber den Maruti-Suzuki-Arbeitern. Das zweiköpfige Gremium des höchsten indischen Gerichts ließ Bhambis Anwälte nicht einmal ihre Argumente vorbringen, provozierte sie mehrere Minuten lang mit den Verleumdungen der Polizei und des Managements und wies Bhambis Antrag schließlich zurück.

Jitender Dhankhar vom Provisorischen Komitee der MSWU erklärte zu dem Urteil des Obersten Gerichtshofs: „Da wird deutlich, dass neben der Regierung dieses Landes auch die Justiz völlig auf der Seite der Kapitalisten steht.“

Gleichzeitig lechzt auch die BJP-Bundesstaatsregierung von Haryana nach dem Blut der Arbeiter. Auf Drängen des Unternehmens hat sie Berufung gegen das Urteil vom März 2017 eingelegt und fordert, die lebenslangen Haftstrafen gegen die Arbeiter in Todesurteile umzuändern. Sie will auch die Einstellung der Verfahren gegen 117 weitere Maruti-Suzuki-Arbeiter rückgängig machen, bei denen der Polizei die Fälschung von Beweisen nachgewiesen wurde oder die von keinem einzigen Zeugen der Anklage identifiziert werden konnten.

Die Demonstration am 18. Juli wurde von Gewerkschaften aus allen vier nahegelegenen Suzuki-Werken, von der Honda-Hero-Motorradfabrik in Gurgaon und von mindestens einem halben Dutzend Fahrzeugteilfabriken im Industriegebiet Gurgaon-Manesar unterstützt. Die Region ist ein wichtiges Industriezentrum in den Außenbezirken der indischen Hauptstadt Delhi, das in den letzten drei Jahrzehnten entstanden ist.

Ramnivas vom Provisorischen Komitee der MSWU kündigte in der Abschlussrede der Kundgebung vom 18. Juli an, den Kampf weiterzuführen, bis die 13 Arbeiter freigelassen und alle entlassenen Arbeiter wieder eingestellt sind.

Auf der Kundgebung sprach auch Satbir Singh, ein führendes Mitglied des Centre of Indian Trade Unions (CITU), das der stalinistischen Kommunistischen Partei Indiens (Marxisten) nahesteht. Singh verurteilte das Komplott gegen die Maruti-Suzuki-Arbeiter als „Gräueltat“ und erklärte zynisch: „Es gibt eine massive Verschwörung mit dem Ziel, die Kämpfe, die Einheit und die Moral der Arbeiterklasse zu unterdrücken und zum Schweigen zu bringen.“

In Wirklichkeit haben die CITU, die anderen großen Gewerkschaftsverbände, die KPM und ihr enger Verbündeter, die stalinistische Kommunistische Partei Indiens (KPI), die Maruti-Suzuki-Arbeiter systematisch isoliert. Sie haben das Schicksal der zu Unrecht verfolgten und schikanierten Arbeiter in ihrer Presse, bei Kundgebungen oder auf anderen öffentlichen Veranstaltungen nicht einmal erwähnt.

Die Stalinisten fürchten das militante Beispiel der Maruti-Suzuki-Arbeiter, die sich bei der Gründung der MSWU mehrfach über die Gerichte und die Polizei hinweggesetzt und Sitzstreiks und Arbeitsniederlegungen organisiert hatten. Vor allem erkennen sie, dass ein ernsthafter Kampf zur Mobilisierung von Unterstützung für die Maruti-Suzuki-Arbeiter ihre behagliche Beziehung zu den Arbeitgebern, der Kongresspartei und dem Rest des politischen Establishments gefährden würde. Denn das würde notwendigerweise erfordern, den Kampf für die Freilassung der dreizehn Arbeiter mit dem Kampf für die Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen Armutslöhne und prekäre Arbeitsverhältnisse zu verbinden.

Die Enthüllung der Verschwörung würde auch die Behauptung der Stalinisten widerlegen, die Gerichte und andere Institutionen der Indischen Republik seien ein „demokratisches“ Bollwerk gegen den Erz-Kommunalisten Narendra Modi und seine BJP.

Das zunehmende Aufbegehren der internationalen Arbeiterklasse – vom Streik der srilankischen Plantagenarbeiter gegen den Willen der Gewerkschaften im letzten Dezember über den wilden Streik der mexikanischen Arbeiter in Matamoros und die „Gelbwesten“-Proteste in Frankreich bis hin zu den Massenprotesten gegen die Regierung in Algerien – zeigt, welche Kraft zur Verteidigung der Maruti-Suzuki-Arbeiter mobilisiert werden kann und muss.

Eine entscheidende Rolle im Kampf für die Freiheit dieser Klassenkriegs-Gefangenen muss die Entlarvung der Rolle der kapitalistischen Gerichte und des Staates sein. Gleichzeitig kann er als Mittel zur Erziehung und Mobilisierung der Arbeiterklasse dienen. Die internationalen Autobauer, von GM und Ford bis hin zu Nissan und Maruti Suzuki befinden sich momentan in einer massiven Umstrukturierung der globalen Autoindustrie, um die Profite der Investoren zu erhöhen und die Ausbeutung zu verschärfen. Vor diesem Hintergrund kann der Kampf zur Mobilisierung von Unterstützung für die Maruti-Suzuki-Arbeiter eine wichtige Rolle dabei spielen, die Autoarbeiter auf der ganzen Welt zu vereinen und eine internationale Gegenoffensive zu entwickeln.

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