Siemens streicht weitere 2700 Arbeitsplätze in der Energiesparte

Nur wenige Wochen, nachdem der Aufsichtsrat von Siemens Anfang Mai einstimmig entschied, die gesamte Energie- und Kraftwerkssparte aus dem Konzern auszugliedern und als eigenständiges Unternehmen an die Börse zu bringen, hat der Konzernvorstand weitere Angriffe auf Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen angekündigt, um den Bereich für den Börsengang attraktiv zu machen.

Am 18. Juni gab der Siemensvorstand bekannt, dass in der Energiesparte, die sich jetzt Gas & Power (GP) nennt, weltweit weitere 2700 Arbeitsplätze abgebaut werden, 1400 davon in Deutschland. Damit sollen zusätzliche 500 Millionen Euro eingespart werden.

Der Arbeitsplatzabbau konzentriert sich auf das Projektgeschäft und die Energieübertragungssparte, wo Hochspannungsnetze und Transformatoren hergestellt werden. Für den Kraftwerksbau läuft bereits ein Sparprogramm, dem 6000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen.

Lisa Davis, Vorstandsmitglied für Gas & Power, rechtfertigte die jüngsten Abbaumaßnahmen mit der Begründung, sie würden „mehr Wachstumschancen schaffen“, die „Wettbewerbsfähigkeit im Energiemarkt erhöhen“ und „unser Geschäft besser sichern“. Künftig solle bei Großprojekten verstärkt auf die zu erzielende Rendite geachtet werden und Aufträge abgelehnt werden, wen diese zu niedrig sei.

Betroffen von den jetzt angekündigten Abbaumaßnahmen sind vor allem der Bereich Gas & Power in Erlangen, wo 600 Arbeitsplätze, und Berlin, wo fast 500 Arbeitsplätze im Schaltwerk Berlin gestrichen werden sollen, sowie die Standorte Nürnberg und Dresden. Die Auswirkungen auf Arbeitsplätze in der Zulieferindustrie in den betroffenen Regionen sind ebenfalls erheblich

Die 2700 Arbeitsplätze kommen zu den 10.400 hinzu, deren Abbau im Zusammenhang mit der Neuaufstellung von Siemens Anfang Mai bekannt wurde. Dabei geht es weltweit um 4900 Stellen bei Digital Industries, 3000 bei Smart Infrastructures und weitere 2500 in Zentralfunktionen.

Der Siemens-Konzern wird nach und nach in eine reine Holding verwandelt, indem die einzelnen Bereiche ausgelagert und an die Börse gebracht werden. Die ausgelagerten Bereiche müssen sich dann als selbständige Unternehmen am Markt behaupten. Entsprechend steigt der Druck der Aktionäre, die Profitrate zu steigern und weniger profitable Teile schnell abzustoßen und zu schließen. Bei anderen Großkonzernen wie ThyssenKrupp findet eine ähnliche Entwicklung statt.

Bei den Angriffen auf die Arbeitsplätze und sozialen Rechte der Arbeiter hat der Siemens-Vorstand die uneingeschränkte Unterstützung von IG Metall und Betriebsräten. Sie arbeiten Hand in Hand mit den Vorstandsvertretern im Aufsichtsrat und im Wirtschaftsausschuss die Pläne für den Arbeitsplatzabbau aus.

Wenn sie bekannt werden, wie jetzt die Abbaupläne bei Gas & Power, heucheln die gutbezahlten Gewerkschafts- und Betriebsratsfunktionäre manchmal Empörung. So bezeichnete Birgit Steinborn, die Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Siemens, den Arbeitsplatzabbau als ideenlos und forderte stattdessen eine Requalifizierung der betroffenen Mitarbeiter.

Die zahlreichen früheren Spar- und Abbauprogramme endeten immer damit, dass der Vorstand seine Pläne mit der aktiven Unterstützung von IG Metall und Betriebsrat gegen die Belegschaft durchsetzte. Letztere hatten Anfang Mai bereits die Ausgliederung der Energie- und Kraftwerkssparte aus dem Siemens-Konzern einstimmig mitgetragen.

Birgit Steinborn, die laut Spiegel Online 2017 allein für ihre Aufsichtsratstätigkeit fast eine halbe Million Euro kassierte, hatte dies damit begründet, dass die Ausgliederung den Beschäftigten des Energiebereichs eine bessere Zukunftsperspektive gebe. Angesichts der Ankündigung von weiteren 2700 Entlassungen müssen die Betroffenen dies als Verhöhnung empfinden.

Wer gegen die Angriffe der Konzerne kämpfen will, muss sich unabhängig von den Gewerkschaften organisieren. Dazu ist der Aufbau von unabhängigen Aktionskomitees notwendig, die mit den Kolleginnen und Kollegen anderer Standorte und Länder Kontakt aufnehmen und den Kampf zur prinzipiellen Verteidigung aller Arbeitsplätze auf der Grundlage einer internationalen sozialistischen Perspektive führen.

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