Der Oberbefehlshaber des Central Command, das für alle Operationen des Pentagons im Nahen Osten zuständig ist, behauptete am Wochenende, der Iran stelle weiterhin eine „unmittelbare“ Bedrohung für Washingtons Interessen in der Region dar. Deshalb sei möglicherweise eine dauerhafte militärische Eskalation gegen das 82 Millionen Einwohner starke Land notwendig.
General Frank McKenzie hatte eine Rundreise durch die Region unternommen und war u.a. in Bagdad und auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln, der sich im nördlichen Arabischen Meer befindet. Während dieser Reise erklärte er vor der Presse, er „verhandele“ mit dem Pentagon über Pläne für die „Bereitstellung von zusätzlichen Einsatzkräften in das Operationsgebiet“, um die militärische Kampagne gegen den Iran zu intensivieren.
Letzten Monat hatte die Trump-Regierung die Flugzeugträger-Kampfgruppe um die USS Lincoln, eine Staffel von atomwaffenfähigen B-52-Bombern und 900 zusätzliche Bodentruppen sowie eine Patriot-Raketenbatterie in die Region entsandt. Als Vorwand diente die Behauptung, sie sollten auf angebliche Bedrohungen durch den Iran reagieren.
Zusätzlich gerieten Pläne an die Öffentlichkeit, laut denen bis zu 120.000 Soldaten in die Region entsandt werden sollen. Eine ähnlich große Streitmacht wurde auch vor dem US-Überfall auf den Irak 2003 zusammengezogen.
General McKenzie behauptete, der Iran sei aufgrund der Truppenstationierungen und Drohungen der USA „zurückgerudert und hat den Kurs neu überdacht, auf dem er sich offenbar befand“.
Allerdings, erklärte er gegenüber Associated Press: „Ich glaube nicht, dass die Gefahr kleiner geworden ist. Ich halte die Bedrohung für sehr real.“
Im Gespräch mit Reportern erklärte er, die Geheimdienstinformationen der USA über die Bedrohung durch den Iran seien „klar“ und „überzeugend“. Er fügte hinzu, diese angebliche Bedrohung sei „fortgeschritten, unmittelbar und sehr konkret“.
AP schrieb jedoch, der General habe keine näheren Informationen über die „Bedrohungen“ vorgelegt und erklärte, die „überzeugenden“ Geheimdienstinformationen seien allesamt geheim.
Bei einer Rede vor Tausenden von Matrosen auf dem Flugzeugträger USS Lincoln erklärte McKenzie: „Ich bin der Grund, warum Sie hier sind. Ich habe dieses Schiff wegen der anhaltenden Spannungen mit dem Iran angefordert. Nichts macht so deutlich, dass man sich für jemanden interessiert, wie ein 90.000 Tonnen schwerer Flugzeugträger mit allem, was dazugehört.
Ich habe Sie hierhergebracht, um die Lage zu stabilisieren. Der Iran sollte wissen, dass jetzt nicht die Zeit ist, etwas Dummes zu tun.“
Dass Washington keine Beweise für die iranische „Bedrohung“ liefern kann, liegt nicht daran, dass die Geheimdienstdaten geheim sind. Diese Bedrohung existiert nicht.
Doch die Leitmedien, deren „eingebettete“ Reporter bewundernd McKenzie bei seiner Reise durch den Nahen Osten begleiten, stellen die haltlosen Anschuldigungen des Pentagon gegen den Iran weitgehend als Tatsachen dar.
Keiner von ihnen macht sich die Mühe, diese Vorwürfe im Kontext der unablässigen Drohungen und Aggressionen des US-Imperialismus gegen den Iran zu betrachten. Dieses unterdrückte Land wurde mehr als ein Vierteljahrhundert von der brutalen, US-unterstützten Diktatur des Schahs regiert, bevor dieser in der Revolution von 1979 gestürzt wurde.
Die Trump-Regierung hat die derzeitige Konfrontation durch eine Kampagne vorbereitet, mit der sie „maximalen Druck“ auf den Iran ausgeübt hat. Das Ziel war, einen Regimewechsel in Teheran herbeizuführen und eine neue US-Marionettendiktator an die Macht zu bringen.
Vor einem Jahr hat die Trump-Regierung einseitig das Atomabkommen mit dem Iran von 2015 aufgekündigt. Seither hat sie das brutalste Sanktionsregime der Geschichte gegen den Iran errichtet – eine Wirtschaftsblockade, die einem Kriegszustand gleichkommt.
Letzte Woche hat Washington noch einen neuen Katalog von Sanktionen hinzugefügt, darunter ein Embargo auf die iranische Petrochemie-Industrie. Als Vorwand hierfür dient die Behauptung, sie würde die iranische Revolutionsgarde finanzieren, die ein Teil des iranischen Militärs ist, den Washington als internationale Terrororganisation einstuft. Im Gegenzug erklärte Teheran das US Central Command zu einer terroristischen Vereinigung.
Vor den jüngsten Sanktionen hatten die USA bereits ein Ölembargo verhängt, das die Ölexporte des Iran auf null reduzieren soll. Dazu kamen Maßnahmen, die den Iran vom US-dominierten internationalen Finanzsystem ausschließen, sowie Sanktionen gegen die iranische Metallindustrie, neben der Ölindustrie die wichtigste Quelle für Exporteinnahmen.
Das erklärte Ziel dieser Sanktionen ist, den Iran zu einer Neuverhandlung des Atomabkommens zu zwingen. Teheran soll sich Washingtons Forderung nach der vollständigen Einstellung seines Atomprogramms unterwerfen, seine ballistischen Raketen aufgeben und alle Versuche einstellen, seinen Einfluss im Nahen Osten auszuweiten. Dieses kolonialistische Diktat hat Teheran ebenso zurückgewiesen wie Trumps zynische Behauptungen, er sei offen für Gespräche. Die iranische Regierung wies darauf hin, dass es zwecklos ist, mit einer Regierung zu verhandeln, die bestehende Abkommen einfach zerreißt.
Der massive US-Militäraufmarsch hat die Lage im Persischen Golf nicht „stabilisiert“, sondern die Spannungen so weit verschärft, dass sich die Region am Rande eines Kriegs befindet. Die Stationierung der Trägerkampfgruppen und der Bomberverbände in der Region kommen noch hinzu zu der Kette von US-Basen in der ganzen Region, durch die der Iran bereits von Zehntausenden US-Soldaten dauerhaft umzingelt ist.
Sowohl die B-52-Bombergeschwader als auch das Kontingent aus 70 F18-Hornet-Kampfflugzeugen auf dem Deck der USS Lincoln haben provokante Operationen in der Nähe des iranischen Luftraums durchgeführt.
Der Militärhaushalt der USA ist 50-mal größer als der iranische. Diese Tatsache beantwortet hinreichend die Frage, wer hier wen bedroht.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif wies am Montag bei einer Pressekonferenz die Behauptung der USA zurück, der Iran würde die Region destabilisieren.
Er fragte: „Wer sorgt für Instabilität in dieser Region? Haben wir Saddam Hussein Waffen gegeben? Haben wir al-Qaida unterstützt? Haben wir den libanesischen Ministerpräsidenten eingesperrt? Bombardieren wir täglich Zivilisten im Jemen? Haben wir den IS und die al-Nusra-Front [die al-Qaida-nahen Milizen in Syrien] unterstützt, oder haben sie amerikanische Waffen von Saudi-Arabien erhalten?“
Die Glaubwürdigkeit von General McKenzies Behauptungen über eine „unmittelbare Bedrohung“ durch den Iran wurde letzten Monat durch die Aussagen des britischen Generalmajors Christopher Ghika stark untergraben. Ghika ist stellvertretender Kommandant und verantwortlich für die Geheimdiensttätigkeiten im Rahmen von Operation Inherent Resolve, der von den USA geführten Koalition, die in der Region stationiert wurde, um den IS zu bekämpfen. Er erklärte offen, es gebe keine Bedrohung durch iranisch gestützte Kräfte im Irak oder Syrien. Das Pentagon musste Gihkas Stellungnahme dementieren, da sie direkt dem eigenen Narrativ zuwiderlief, mit dem es das aggressive Aufgebot gegen den Iran rechtfertigt.
Bevor McKenzie zum Hauptquartier des US Central Command nach Tampa (Florida) versetzt wurde, diente er im Pentagon als Direktor für „Strategische Planung und Politik“. Dies geschah zu der Zeit, als die strategischen Pläne entworfen wurden, um den Schwerpunkt des US-Militarismus im Ausland auf die Vorbereitung einer Konfrontation mit seinen Konkurrenten unter den „Großmächten“ zu verlagern, speziell mit China und Russland.
Das Wall Street Journal schrieb am Montag, der Vorschlag des CENTCOM-Befehlshabers für einen neuen Militäraufmarsch im Nahen Osten sei eine „bedeutende Wende in der globalen militärischen Ausrichtung, die sich unter der nationalen Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung vom Nahen Osten abgewandt und die Risiken durch die Konkurrenz von Russland und China betont hat“.
Das ist jedoch nur ein scheinbarer Widerspruch. Der US-Imperialismus versucht, den Niedergang seiner wirtschaftlichen Hegemonie und den Aufstieg Chinas zu einem potenziellen Rivalen zu kompensieren, indem er seine militärische Stärke einsetzt. Damit will er seine unangefochtene Hegemonie über die wichtigsten energieproduzierenden Regionen der Welt geltend machen – vor allem über den Nahen Osten und Venezuela – und sich damit in die Lage versetzen, China klein zu halten.
Gleichzeitig steht die Konfrontation mit dem Iran in Zusammenhang mit den immer schärferen und zunehmenden Konflikten zwischen dem US-Imperialismus und den europäischen imperialistischen Mächten um den Zugang zu Märkten und Rohstoffen und um die globale Vormachtstellung.
Am Montag reiste der deutsche Außenminister Heiko Maas nach Teheran und erklärte, er habe sich im Namen aller europäischen Großmächte, einschließlich Großbritanniens und Frankreichs, für das Atomabkommen mit dem Iran ausgesprochen, das Washington aufgekündigt hat.
Maas behauptete, „Instex“ (Instrument zur Unterstützung von Handelsaktivitäten), ein auf Tauschhandel basierendes, nicht in Dollar geführtes System, das die amerikanischen Sanktionen umgehen und den Handel zwischen den europäischen Staaten und dem Iran erhalten soll, werde „in absehbarer Zukunft“ in Kraft treten.
Gleichzeitig erklärte Maas, die europäischen Mächte wollten zwar ihre Verpflichtungen einhalten und die Wirtschaftssanktionen aufheben, wenn der Iran sein Atomprogramm einschränkt, allerdings könnten sie angesichts von Washingtons Wirtschaftskrieg „keine Wunder“ bewirken.
Angesichts dieser Großmachtrivalitäten könnte eine militärische Konfrontation mit dem Iran einen dritten Weltkrieg auslösen, der mit Atomwaffen geführt wird. Eine solche globale Katastrophe kann nur durch die unabhängige politische Mobilisierung der internationalen Arbeiterklasse gegen den Krieg und seine Ursache, das kapitalistische System, verhindert werden.