Am Montagabend besuchten mehr als 140 Studenten und Arbeiter einen Vortrag von Christoph Vandreier, dem stellvertretenden Vorsitzenden der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP). Er sprach an der University of Michigan in Ann Arbor über die Gefahr des Faschismus und wie man dagegen kämpft. Bei der Veranstaltung trat auch der Chefredakteur der World Socialist Web Site und nationale Vorsitzende der amerikanischen Socialist Equality Party (SEP) David North auf.
Am gestrigen Mittwoch traten Vandreier und North gemeinsam am Massachusetts Institute of Technology (MIT) auf, am Donnerstag werden sie an der New York University sprechen. Auch die Veranstaltungen an der Wayne State University in Detroit und in Berkeley sowie in San Diego (Kalifornien) in der vergangenen Woche waren sehr gut besucht.
Vandreiers Vortrag ist eine Einführung in die Themen seines Buches „Warum sind sie wieder da? Geschichtsfälschung, politische Verschwörung und die Wiederkehr des Faschismus in Deutschland“, das vor kurzem auch auf Englisch erschienen ist. Darin schildert er detailliert, wie deutsche Akademiker, Medien und die kapitalistischen Parteien des politischen Establishments den Aufstieg der faschistischen Alternative für Deutschland (AfD) gefördert haben.
In seiner Rede in Ann Arbor erklärte Vandreier, welche Rolle die SGP und ihre Jugendorganisation, die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE), dabei gespielt haben, diese Entwicklungen zu entlarven und zu bekämpfen. Dabei ging er besonders auf den Kampf gegen den rechtsextremen Historiker Jörg Baberowski ein, der an der Berliner Humboldt-Universität den Lehrstuhl für osteuropäische Geschichte innehat.
Zu Beginn seiner Rede verurteilte Vandreier die Verhaftung des Journalisten und WikiLeaks-Herausgebers Julian Assange, der auf Geheiß der USA aus der ecuadorianischen Botschaft in London geholt und festgenommen worden war.
Vandreier erklärte: „Als ich die Vortragsreihe begann, war mir natürlich bewusst, dass das Thema der Vorträge sehr aktuell ist. Aber ich hätte nicht gedacht, dass es in einer solchen Weise aktuell werden würde. An dem Tag, an dem ich meinen Vortrag an der Wayne State University hielt, wurde Julian Assange verhaftet und befindet sich seitdem in akuter Lebensgefahr.
„Julian Assange hat das getan, was die von den Unternehmen kontrollierten Medien heute nicht mehr tun: er hat die Verbrechen der US-Regierung aufgedeckt und ihren verbrecherischen Charakter gezeigt. Doch während sämtliche der entlarvten Kriegsverbrecher auf ihren Posten geblieben sind, werden die Whistleblower das Ziel brutaler Angriffe.“
„Eines der abstoßendsten Aspekte daran ist die Unterstützung aller Medien und bürgerlichen Parteien, in den USA und im Rest der Welt, für diesen brutalen Angriff. In der herrschenden Elite gibt es keine Grundlage mehr für die Verteidigung demokratischer Rechte, ganz im Gegenteil.“
„In unserem Kampf gegen den Aufstieg der extremen Rechten in Deutschland sind wir genau auf die Rolle der Universitäten eingegangen, und wie die herrschende Klasse wieder auf autoritäre Herrschaftsformen setzt. Assanges Verhaftung ist ein Ausdruck einer viel tiefgreifenderen Entwicklung der herrschenden Elite zur Diktatur.“
Auch North sprach eindrucksvoll über die Verteidigung Assanges und erinnerte an den Fall des berühmten deutschen Journalisten Carl von Ossietzky, der 1931 wegen der Enthüllung von Staatsgeheimnissen verhaftet wurde. 1932 freigelassen wurde er später von den Nazis erneut verhaftet und gefoltert. Er starb 1938 an den Folgen.
„Wir sollten nicht vergessen, wie Assange dorthin kam, wo er jetzt ist. Er hat Verbrechen der US-Regierung in Kriegen entlarvt, die sie auf der Grundlage von Lügen begonnen hat. Diese Kriege haben in den letzten Jahren mindestens eine Million Iraker und Afghanen das Leben gekostet. Seine Informationen wurden ihm von der mutigen Chelsea Manning zugespielt, und er hat die Amerikaner durch die Veröffentlichung eines Videos darauf aufmerksam gemacht, dass amerikanische Soldaten und Piloten im Irak Zivilisten ermordet haben.“
North fügte hinzu: „Dass es gerade unter Akademikern kaum Reaktionen auf Assanges Verhaftung gab, ist beschämend“. Dies sei Teil des Problems, erklärte er weiter: „Es ist nicht so, dass es keinen Widerstand in der breiten Masse gibt. Doch es fehlen die Informationen, die man haben muss und über die man den Universitäten reden sollte... Davon hört man nichts und bekommt es auch nicht beigebracht. Das ist ein großes Problem, weil die historischen Fragen von so großer Bedeutung sind.“
Als North fragte, ob sich Professoren oder andere Lehrkräfte im Hörsaal befinden, erhielt er keine Antwort aus dem Publikum. „Ich bin nicht persönlich gekränkt, dass sie nicht kommen; eure Anwesenheit ist viel wichtiger. Aber die Tatsache, dass sie nicht kommen und nicht reagieren, ist ein Grund für große Beunruhigung.“
North ging auf die Mitverantwortung der Akademiker am Wiederaufstieg faschistischer Kräfte auf der ganzen Welt ein. Er erwähnte die Unterstützung, die Baberowski von amerikanischen Akademikern und Universitäten erhält, u.a. ein Forschungsstipendium von der Universität Princeton in Höhe von 300.000 Dollar, um Diktatur als „alternative politische Ordnung“ zu rechtfertigen.
Viele der Studenten und Arbeiter im Publikum verfolgten die Vorträge aufmerksam, kauften Exemplare von „Warum sind sie wieder da?“ und sprachen mit Reportern der WSWS.
Die Sozialarbeiterin Lizzie sagte: „Wenn ich in den 1930er Jahren gelebt hätte, hätte ich gegen den Faschismus kämpfen wollen. Und jetzt befinden wir uns wieder auf dem gleichen Weg. Trump reißt Kinder aus den Armen ihrer Eltern... Assanges Verhaftung macht mir Angst. Ich habe erst 2016 von WikiLeaks erfahren. Wenn es ihm passiert, kann es allen passieren.“
„Menschen, die an der Macht sind, verkaufen wirklich ihre Seele. Ich werde es nie tun, egal wie arm ich deshalb sein muss.“
Zach, ein Filmstudent an der UM, hat früher schon über den internationalen Charakter des Wiederaufstiegs rechtsextremer Politik nachgedacht, in der Zeit als Bolsonaro in Brasilien gewählt wurde. „Es hat mich überrascht, als ich von der Mitverantwortung der Professoren gehört habe. Sie kämpfen eigentlich überhaupt nicht gegen den Faschismus. Princeton zahlt Rechtsextremisten wie Professor Baberowski sogar ein riesiges Forschungsstipendium, damit er zu Diktatur forschen kann.“
Tad, ein Leser der WSWS, erklärte: „Ich hatte einmal das Pech, an einem Montagnachmittag in Dresden eine Pegida-Demonstration mit ansehen zu müssen. Mir ist die Gefahr durch die AfD und die aktuellen Ereignisse in Deutschland bewusst, und deshalb bin ich zur heutigen Veranstaltung gekommen. Ich glaube, es wurden viele gute Dinge gesagt und es ist wirklich enttäuschend, dass keine Professoren da waren.“
Emmaline, die ebenfalls an der UM studiert und durch die Poster auf dem Campus auf die Veranstaltung aufmerksam wurde, fand Vandreiers und Norths Reden sehr informativ: „Bisher hatte ich noch nicht über die Bedeutung der Arbeiterklasse im Kampf gegen den Faschismus nachgedacht.“ Sie stimmte zu, dass diese entscheidende Frage im rechten Milieu der Akademiker keine Rolle spielt, und diese die Politik der extremen Rechten entweder ignoriert oder gefördert haben.
Humza, ebenfalls Student an der UM, sagte über den Aufstieg der extremen Rechten: „Es ist zwar erschütternd, aber irgendwie auch nicht. Es ist nicht das erste Mal in der Geschichte, dass die Akademiker nach rechts rücken. In gewisser Weise ist es der gleiche Kampf, den wir wieder kämpfen, und er nähert sich jetzt seinem Höhepunkt. Hoffentlich wird es nicht so enden wie in den Dreißigern und Vierzigern.“
Zum Ende erklärte er: „Was mit Assange passiert, ist nur noch einen Schritt von politischem Mord entfernt.“
Debbie, eine Barkeeperin in einem lokalen Restaurant, erklärte auf die Frage, wie die Arbeiter Widerstand gegen die extreme Rechte leisten können: „Als Angehörige der Arbeiterklasse würde ich es begrüßen, wenn alle Arbeiter überall in den Streik treten würden.“
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