Deutsche Post bereitet Lohnkürzungen vor

Die Deutsche Post plant, zum 1. Mai die Brief- und Paketzustellung mit der Billig-Tochter DHL Delivery GmbH in einem neuen Gesamtunternehmen zusammenzufassen. Das berichtete die Welt am Montag gestützt auf ein ihr vorliegendes internes und vertrauliches Strategiepapier.

Die bei der Post angestellten Zusteller werden bisher noch nach dem Haustarif bezahlt. Doch im Frühjahr 2015 war es der Deutschen Post gelungen, einen Teil der Paketzusteller in die neu gegründete Tochterfirma „DHL Delivery GmbH“ auszugliedern, nachdem die Gewerkschaft Verdi einen wochenlangen Streik ausverkauft hatte.

Die Ausgliederung verfolgte das Ziel, die Lohnkosten zu senken. Klaus-Dieter Nawrath von der Post-Pressestelle in München erklärte damals der Münchener Abendzeitung: „Wir haben seit Jahren einen signifikanten Wettbewerbsnachteil, weil die Löhne bei uns doppelt so hoch sind wie beim Wettbewerb.“

Nun folgt der nächste strategische Schritt der Deutschen Post. Der geplante Zusammenschluss der 130.000 bei der Muttergesellschaft verbliebenen Brief- und Paketzusteller mit den 11.000 Beschäftigten der bundesweit 46 Delivery-Regionalgesellschaften leitet die schrittweise Angleichung der Löhne nach unten ein.

Laut der Fachzeitschrift Deutsche Verkehrs-Zeitung (DVZ) erklärte das Unternehmen, „nur der teilweise Ausstieg aus dem Konzerntarifvertrag ermögliche es“, gegenüber der Konkurrenz dauerhaft wettbewerbsfähig zu sein. Außerdem sei der schrumpfende Briefmarkt bei den Preisen streng reguliert – „dies erschwere auch höhere Lohnzahlungen“.

Die Delivery GmbH bezahlt nicht nach dem bundesweiten Haustarif der Post, sondern nach den – ebenfalls von Verdi ausgehandelten – regional unterschiedlichen Tarifverträgen der Logistikbranche. Diese liegen bis zu 25 Prozent unter dem Haustarif der Post, vor allem im Osten Deutschlands. Außer dem niedrigeren Grundlohn gibt es bei der Delivery GmbH eine um 1,5 Stunden längere Wochenarbeitszeit, kürzere Pausen und geringere Überstundenzuschläge.

In Zukunft dürften alle Neueinstellungen von Brief- und Paketzustellern zum Lohntarif der Delivery erfolgen. Die langjährigen und damit „teuren“ Beschäftigten werden unter Druck gesetzt, das Unternehmen zu verlassen. Aufgrund der hohen körperlichen Belastung für Paket- und Briefzusteller wird die Post Wege finden, die ohnehin hohe Fluktuation zu erhöhen.

Die Zeit schreibt außerdem von „gewissen Doppelstrukturen in der Verwaltung“, die durch den Zusammenschluss wegfallen könnten.

Ein Paketfahrer der Post berichtete in einem Kommentar unter dem Welt-Artikel, in seiner DHL-Zustellbasis, die zur Post AG gehöre, sei Platz für 50 Touren. „Derzeit haben wir nur 30 Touren (weil die Bezirke so groß geschnitten sind, das heißt mehr Straßen = mehr Pakete), sodass 20 Touren an der Halle frei sind.“ Ab dem 1. Mai würden die 20 Tore, die derzeit ohne Funktion seien, von „Billigarbeitern der Delivery“ besetzt. „Den Rest könnt ihr euch denken.“

Christina Dahlhaus, Bundesvorsitzende der Fachgewerkschaft DPVKOM, sprach gegenüber der Welt von einem „Einstieg in die weitere Aushöhlung der Tarifverträge der Deutschen Post AG“.

Die größere DGB-Gewerkschaft Verdi veröffentlichte erst einen Tag später eine Pressemitteilung. Darin behauptet die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis, die Unternehmensleitung erkenne „nach zwei Jahren Betriebspraxis, dass die Doppelstruktur von Regionalgesellschaften und Deutscher Post AG ein Irrweg“ sei. Sie rät dem Management, die Beschäftigten der Regionalgesellschaften in den bestehenden Haustarif der Deutsche Post AG zu überführen. Denn „der Gemeinschaftsbetrieb ist tarifpolitisch äußerst brisant“, so Kocsis.

Womöglich liegt hier auch der Grund für das ungewöhnliche Verfahren Verdis in den laufenden Tarifverhandlungen für rund 130.000 Beschäftigte der Deutschen Post AG. Als die Post Ende Februar ein miserables Angebot vorlegte, beschloss die Gewerkschaft, die Mitglieder darüber abstimmen zu lassen, ohne dass die Tarifkommission Stellung bezog. Die Abstimmung dauert noch bis Anfang April.

Klar ist, dass Kocsis als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Post AG in alle wichtigen Unternehmensentscheidungen einbezogen war. Sie muss schon seit Wochen, wenn nicht seit Monaten von dem Zusammenschluss gewusst haben. Die Welt berichtet, in dem ihr vorliegenden Papier stehe, Gespräche mit Verdi über die Regelungen für gemeinsame Betriebsräte seien bereits vorbereitet. „Eigens dafür wurde bereits eine Gruppe mit 107 Vertretern aus allen möglichen Teilen der Deutschen Post zusammengestellt.“

Die Zusammenlegung der beiden Unternehmensteile ist nicht die Korrektur eines „Irrwegs“, wie Kocsis weismachen möchte, sondern der nächste Schritt bei der Senkung der Lohnkosten.

Die Gewerkschaft steht dabei auf der Seite der Konzernspitze, und das nicht erst in jüngster Zeit, sondern seit der Privatisierung des früher staatlichen Unternehmens. 1995 wurde es in eine Aktiengesellschaft verwandelt und im Jahre 2000 an die Börse gebracht. Die Deutsche Post DHL-Gruppe hat sich inzwischen zum größten Logistikkonzern der Welt entwickelt. Sie steht mit den Unternehmen FedEx und UPS im Kampf um die Beherrschung des Weltmarktes. Diese drei kontrollieren den Löwenanteil des weltweiten Express-Geschäfts.

Die Post DHL-Gruppe steht unter dem Konkurrenzdruck anderer Anbieter, die ihre Fahrer extrem ausbeuten und zu 98 Prozent über Subunternehmer beschäftigen.

DPD hat überhaupt keine eigenen Paketboten. Die 10.000 Zusteller des Unternehmens in Deutschland sind für knapp 1000 Subunternehmen unterwegs. Ähnlich verhält es sich bei Hermes. Vor der Weihnachtszeit berichteten Zeitungen von osteuropäischen Fahrern, die für 1600 Euro brutto sechs Tage die Woche jeweils 12 Stunden schufteten – und so einen Stundenlohn von etwa fünf Euro erzielten.

„Oft werden die Kosten für die Unterbringung [200 Euro monatlich für ein Zimmer] noch vom Salär abgezogen“, berichtete die Süddeutsche Zeitung. Überall wird die Expansion durch Senkung der Löhne und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen erkauft.

Die Post ist der größte Akteur in diesem internationalen Konkurrenzkampf. Im abgelaufenen Jahr 2017 hat sie einen Gewinn von 3,74 Milliarden Euro erwirtschaftet. Für das laufende Jahr ist ein Gewinn von 4,15 Milliarden Euro geplant. Bis 2020 rechnet die Deutsche Post damit, den Gewinn jedes Jahr um etwa acht Prozent zu steigern. Der Großteil der Gewinne geht an die Aktionäre sowie die Manager.

Die strategische Zielsetzung des Konzerns, die Beherrschung des Weltmarkts, wird von allen Mitgliedern des Aufsichtsrates mitgetragen. In dem Gremium sitzen die Verdi-Vertreter Andrea Kocsis und Rolf Bauermeister, der Vorsitzende des Konzernbetriebsrats Thomas Koczelnik sowie weitere sieben Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter. Die elf Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat der Post werden für ihre Mitarbeit in den Ausschüssen und ihre Unterstützung der Konzernstrategie fürstlich bezahlt, allein Kocsis erhielt im letzten Jahr 266.000 Euro.

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