Alle Parteien binden AfD in die parlamentarische Arbeit ein

Am Dienstag einigten sich sämtliche Fraktionen im Bundestag darauf, der rechtsextremen Alternative für Deutschland (AfD) den Vorsitz im wichtigsten Ausschuss des Bundestags, dem Haushaltsausschuss, zu überlassen. Auch der Rechtsausschuss sowie der Ausschuss für Tourismus gehen an die rechtsradikale Fraktion.

Die Führung des Haushaltsausschusses steht gewöhnlich der größten Oppositionspartei zu, was bei einer Neuauflage der Großen Koalition die AfD wäre. Dieses ungeschriebene Gewohnheitsrecht ist allerdings in keiner Weise bindend. Die Verteilung der Ausschüsse wird von den parlamentarischen Geschäftsführern sämtlicher Fraktionen festgelegt und hätte leicht geändert werden können.

Den Rechtsextremisten wurden von den anderen Parteien also ganz bewusst zentrale Positionen des Bundestags überlassen, die für die Arbeit des Parlaments entscheidend sind. Der Haushaltsausschuss bereitet die Bewilligung von Haushaltsmitteln vor und hat damit entscheidenden Einfluss auf alle übrigen Ressorts. So müssen zum Beispiel die Auszahlungen aus dem Euro-Rettungsfonds im Ausschuss bewilligt werden.

Auch der Rechtsausschuss ist für die Vorbereitung entscheidender Gesetze zuständig, mit denen in den letzten Jahren grundlegende demokratische Rechte eingeschränkt wurden. „Ich erinnere daran, dass das unglückliche NetzDG in die Kompetenz des Rechtsausschusses fällt, den wir leiten werden“, freute sich der parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Bernd Baumann, und verwies damit auf das Gesetz, mit dem die sozialen Netzwerke zur Zensur verpflichtet werden. Das Gesetz wird schon jetzt massiv gegen linke Inhalte angewandt. Mit der AfD in leitender Position des Rechtsausschusses wird das verschärft werden.

Dass die Rechtsextremisten zwei derart wichtige Ausschüsse leiten sollen, wird nicht nur von den etwaigen großen Koalitionären in der Union und der SPD unterstützt, sondern auch von der Opposition. „Völlig in Ordnung“ findet die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Britta Haßelmann, die Führerschaft der AfD in den Ausschüssen. Auch Gesine Lötzsch von der Linkspartei erklärte gegenüber dem RBB, dass der AfD die Führungsposten selbstverständlich zustünden.

Die AfD hat sich durch solch klaren Aussagen ermutigt gefühlt und drei Vertreter des äußersten rechten Parteiflügels für die drei Ausschüsse bestimmt. So soll der AfD zufolge Peter Boehringer den Haushaltsausschuss leiten. Boehringer hatte schon kurz nach seinem Eintritt in die AfD im Jahr 2015 den damaligen Parteichef Bernd Lucke angegriffen und den Kampf gegen eine „Überfremdung Deutschlands durch Millionen illegaler Wirtschaftsflüchtlinge und/oder moslemischer Kulturveränderer“ gefordert.

Ähnlich braunen Dreck sondert der AfD-Mann immer wieder aus. Im Oktober des gleichen Jahres zeichnete er das Bild einer „Bedrohung des Eigentumsrechts der autochthonen Europäer, die das europäische Land als ihr Eigentum kultiviert haben – und nun nicht bereit sind, es durch brutale, maximalstaatliche oder gar suprastaatliche Gewalt von Oben an Millionen von Eindringlinge abzugeben“. Den Zentralbanken wirft er „Geldsozialismus“ vor. Im Stile rechtsradikaler Verschwörungstheorien spricht er von einer „supranationalen Elite“, die die „Entmachtung des Nationalstaaten“ betreibe.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten WDR und NDR haben Auszüge aus Briefen Boehringers veröffentlicht, die in ihrer Menschenverachtung und Vulgarität plastisch zeigen, wie hier der Abschaum der Gesellschaft in die höchsten Ämter gehievt wird.

Das gleiche gilt für Stephan Brandner, den die AfD als Vorsitzenden des Rechtsausschusses installieren will. Brandner gehört zu den Vertrauten des Neonazis Björn Höcke. Er gilt als ebenso rechtsradikal wie aggressiv. So hatte er erklärt, eine syrische Familie sei für ihn „Vater, Mutter und zwei Ziegen“. Über Antifa-Demonstranten hatte er gesagt, sie seien das Ergebnis von Inzucht und Sodomie.

Der Tourismusausschuss soll von einem Hooligan geleitet werden. Der 28-jährige Sebastian Münzenmaier war im Oktober 2017 zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe von 10.000 Euro verurteilt worden. Er hatte 2012 mit Mitgliedern der Hooliganszene des 1. FC Kaiserslautern geholfen, Fans von Mainz 05 zu überfallen und sie zu verprügeln.

Diese rechte Bande wird nun mit der Unterstützung sämtlicher Fraktionen in die parlamentarische Arbeit eingebunden. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung freut sich in ihrem gestrigen Leitartikel, dass sich der Bundestag jenseits der Koalitionsverhandlungen nun endlich als „Zentralgewalt“ konstituiert und in „kollegialer Weise die Sacharbeit verrichtet“. Die AfD dürfe dabei nicht „pauschal ausgegrenzt“ oder „in ihren parlamentarischen Rechten beschnitten“ werden, so Reinhard Müller in dem Kommentar.

Dass die Rechtsextremisten derart hofiert und in die parlamentarische Arbeit eingebunden werden, wirft ein Schlaglicht auf den Charakter der Regierung, die die Bundestagsmehrheit aus Union und SPD gerade verhandelt und ausarbeitet.

Das Sondierungspapier der Großen Koalition, das am Wochenende vom SPD-Parteitag als Grundlage für Koalitionsverhandlungen angenommen wurde, zeigt, dass die drei beteiligten Parteien im Wesentlichen das Programm der AfD in die Tat umsetzen. CDU, CSU und SPD planen die rechteste Regierung seit dem Ende des Naziregimes.

Das Papier beinhaltet eine extrem restriktive Flüchtlingspolitik, eine aggressive Außenpolitik, massive Angriffe auf die sozialen Rechte der Arbeiter und die Aufrüstung des Staatsapparats. Führende Vertreter wie Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) haben deutlich gemacht, dass die Große Koalition einer massiven Aufrüstung und deutschen Großmachtpolitik verpflichtet sein wird.

In der AfD und dem Abschaum, den sie auf die Beine bringt, verkörpert sich dieses reaktionäre Programm. Die Partei wurde von der herrschenden Klasse gezielt aufgebaut, um die Politik des Militarismus und der Sozialkürzungen gegen den Widerstand der Bevölkerung durchsetzen zu können. Nun wird sie eben hierfür benutzt.

Die breite Unterstützung, die ihre Einbindung in die parlamentarische Arbeit erfährt, unterstreicht, dass es im gegenwärtigen Bundestag keine Kraft gibt, die bereit wäre, gegen die rechte Politik der großen Koalition und die AfD zu kämpfen. Die einzige Möglichkeit, die rechte Regierung zu verhindern, ist die Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms. Die Sozialistische Gleichheitspartei kämpft deshalb für Neuwahlen. Sie bringt die Hinterzimmerdeals sämtlicher Parteien ans Licht und setzt der Großen Koalition eine sozialistische Alternative entgegen.

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