Rumänischer Autoarbeiter spricht mit WSWS über wilden Streik im Ford-Werk von Craiova

Letzte Woche Donnerstag traten 1.000 Autoarbeiter im Ford-Werk der südrumänischen Stadt Craiova, knapp 200 Kilometer westlich von Bukarest, in einen wilden Streik. Am Tag zuvor hatte die Gewerkschaft einem faulen Kompromiss mit dem amerikanischen Autokonzern zugestimmt.

Der Deal zwischen Ford und der Gewerkschaft beinhaltet eine geringe Lohnerhöhung, die völlig unzureichend ist, um die gestiegenen Ausgaben der Arbeiter auszugleichen. Die sozialdemokratische Regierung hat vor kurzem eine Steuererhöhung beschlossen, die am 1. Januar in Kraft tritt und Arbeiter dazu zwingt, die vollen Kosten der Sozialversicherung zu tragen. Bisher wurden diese Kosten zwischen Arbeitern und Unternehmen geteilt. Unterm Strich entspricht die Neuregelung einer Lohnkürzung um mindestens 22 Prozent. Neu eingestellte Ford-Arbeiter erhalten nur mickrige 300 Euro im Monat.

Die Beschäftigten begannen ihren Arbeitskampf, indem sie sich Tücher um die Arme banden – als Zeichen des Protests gegen die geheime Absprache zwischen dem Konzern und der Gewerkschaft „Sindicatul Ford Automobile Craiova“. Als die Rufe nach einem Streik lauter wurden, weigerten sich die Arbeiter, nach der Mittagspause zurück an die Arbeit zu gehen und verließen das Werk. Ihr Protest richtete sich gegen die Gewerkschaftsführer. Rufe wie „Diebe, das ist Sklaverei“, „Tretet zurück“ und „Streik!“ waren zu hören.

Die Arbeiter zwangen die erst kürzlich gewählte Gewerkschaftsführerin Maria Manea zum Rücktritt, als sich herausstellte, dass sie mit dem Konzern zusammengearbeitet hatte. Die Beschäftigten sind inzwischen an die Arbeit zurückgekehrt, doch die Situation bleibt angespannt. Ab dem 31. Dezember, an dem ihr bisheriger Vertrag ausläuft, soll es weitere Kampfmaßnahmen geben, auf die sich die Arbeiter derzeit vorbereiten.

Ford erhielt das Werk im Jahr 2008 von der rumänischen Regierung. Zuvor gehörte es dem koreanischen Autokonzern Daewoo. Im vergangenen Oktober hatte Ford angekündigt, dass im Werk das SUV-Modell Eco Sport gebaut und von dort nach Deutschland, Großbritannien, in andere europäische Länder und nach Nordamerika exportiert werden soll. Der Streik in Craiova ist Teil einer Reihe von Arbeitskämpfen gegen Niedriglöhne und extreme Ausbeutung in osteuropäischen Autowerken. In diesem Jahr hatten bereits VW-Arbeiter in der Slowakei und Fiat-Arbeiter in Serbien gestreikt.

Ein rumänischer Ford-Arbeiter, der sich letzte Woche am Streik beteiligt und das WSWS-Video über den Arbeitskampf gesehen hatte, sprach mit unserem Reporter über die Strategie der Arbeiter in den kommenden Kämpfen.

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WSWS: Die besten Grüße von der World Socialist Web Site an dich und deine Kollegen. Kannst du uns mehr über den Streik in der letzten Woche berichten?

FW: Hallo! Wir haben euer Video auf Facebook gesehen. Insgesamt sind wir 2.340 Arbeiter.

WSWS: Worum geht es bei eurem Streik?

FW: Wir haben es mit einer korrupten Gewerkschaft zu tun, die für das Unternehmen arbeitet. Die Gewerkschaft wird hier vom Management bezahlt und sie bekommen Sonderzulagen von Ford … Absolut korrupt.

WSWS: In den USA und auf der ganzen Welt ist die Situation mit den Gewerkschaften die gleiche. Gewerkschaften wie die United Auto Workers (UAW) in den USA verteidigen nicht die Interessen der Arbeiter, sondern sind von den Unternehmen gekauft. Sie stehlen die Mitgliedsbeiträge der Arbeiter, und die Unternehmen zahlen den Gewerkschaftsbürokraten Millionen, die das Geld in teure Autos, Schuhe, Waffen und Urlaubsreisen stecken. Die Arbeiter hingegen sind mit ernsten wirtschaftlichen Problemen und hohen Lebenshaltungskosten konfrontiert.

FW: Wir müssen diese Gewerkschaft auflösen und eine neue Organisation aufbauen, die wir unterstützen. Vor einem Monat fanden hier Gewerkschaftswahlen statt. Frau Maria Manea wurde dabei in die Führung gewählt. Nachdem die Verhandlungen über einen neuen Vertrag bereits begonnen hatten, wurden die Verhandlungen mit der Gewerkschaft unter äußert verdächtigen Umständen für 30 Tage ausgesetzt. Die Verhandlungen endeten im Chaos.

WSWS: Wie sieht der neue Vorschlag für einen Tarifvertrag aus?

FW: Es gab mehrere Rundschreiben mit verschiedenen Vorschlägen, die alle zu unserem Nachteil sind. Das letzte Angebot des Unternehmens wie auch die Vereinbarung der Gewerkschaft sind unbefriedigend. Wir streiken im Moment zwar nicht und der Streik in der letzten Woche hatte sich ziemlich spontan entwickelt, aber wir wollen jetzt einen Generalstreik im Januar organisieren.

WSWS: Was für eine Art von Organisation wollen du und deine Kollegen gründen? Seid Ihr einer nationalen Gewerkschaft angeschlossen oder versucht ihr, eure eigene, unabhängige Organisation aufzubauen?

FW: Eine unabhängige Organisation wäre gut. Die jetzige Gewerkschaft sollte verklagt und verjagt werden. Aber aufgrund ihrer Rechtsstellung können wir diese Gewerkschaft nicht loswerden oder austreten.

WSWS: Wie viel verdient ihr im Moment? Reicht das zum Leben?

FW: Arbeiter, die neu sind, bekommen nur maximal 300 Euro im Monat. Der Mindestlohn für ungelernte Arbeiter ist in Rumänien sehr niedrig, obwohl sie in bestimmten Jobs wie Facharbeiter eingesetzt werden. Die Arbeiter bei Dacia [einem anderen Autowerk in Rumänien] bekommen höhere Löhne. Zwischen den Löhnen besteht ein großer Unterschied.

Die Preise sind hoch und steigen weiter, so dass wir am Ende des Monats nur wenig übrig haben und mit großen wirtschaftlichen Sorgen konfrontiert sind. Ford will in Craiova produzieren, um dann nach Europa zu verkaufen, aber uns wollen sie nur geringe Löhne zahlen und keine Rechte gewähren. In Deutschland verdienen Autoarbeiter mindestens 2.000 Euro im Monat. In Rumänien bekommen wir nur 300 Euro im Monat.

WSWS: Was wäre deine Botschaft an die Autoarbeiter in Deutschland, den USA und auf der ganzen Welt?

FW: Lasst uns so geeint wie möglich auftreten, damit wir einen Lebensunterhalt verdienen können, der uns auf dieser Welt ein menschenwürdiges Leben ermöglicht, zum Wohl aller Arbeiter.

WSWS: Die World Socialist Web Site vertritt den Standpunkt, dass der Kampf gegen internationale Konzerne wie Ford die internationale Einheit der Arbeiterklasse erfordert.

FW: Ja, das wäre nicht schlecht. Wir sollten uns international unterstützen und gemeinsam für unsere Rechte einstehen. Die Gewerkschaften und das Unternehmen sind eine große Mafia. Während unseres Protests wurde oft versucht, uns einzuschüchtern. Vielen Kollegen (denjenigen, die am Streik teilnahmen) wurde härtere Arbeit zugeteilt, um den anderen Angst einzujagen. Außerdem überwacht das Unternehmen unsere Gruppen in den sozialen Netzwerken.

WSWS: Genau so ist es auch in den USA. Vor kurzem haben Arbeiter einen Gewerkschaftsbürokraten aus einer ihrer Facebook-Gruppen geworfen. Sie wollten über ihre Angelegenheiten diskutieren, ohne dass die UAW ihnen hinterherspioniert.

Der Aufbau unabhängiger Organisationen ist eine wichtige Frage, aber das zentrale Ziel muss der Kampf zur internationalen Vereinigung aller Arbeiter sein, weil man gegen ein internationales Unternehmen wie Ford nicht mit einem nationalen Programm kämpfen kann. Darin liegt die Ursache für den Verrat der Gewerkschaften weltweit und ihre immer engere Beziehung zum Management. Arbeiter in den USA, in Deutschland und anderswo sind mit den gleichen Problemen konfrontiert wie du und deine Kollegen. Wir schlagen den Aufbau unabhängiger Fabrikkomitees vor, um Arbeiter auf der ganzen Welt in einem gemeinsamen Kampf gegen die Konzerne zu verbinden.

FW: Ich habe mit einer nationalen Gewerkschaft Kontakt aufgenommen. Es gibt da eine Frau, die uns offenbar helfen will.

WSWS: Wir unterstützen euren Kampf, und genau aus diesem Grund betonen wir, dass die Hauptaufgabe darin besteht, internationale Einheit herzustellen und mit nationalistischen Konzepten zu brechen. Wenn Ford euer Feind ist, werdet ihr dadurch gestärkt werden, dass ihr die Unterstützung anderer Ford-Arbeiter in den USA, der Türkei, Brasilien, Deutschland und auf der ganzen Welt mobilisiert. Der Konzern benutzt gegen euch und alle anderen Arbeiter die gleiche Taktik der Einschüchterung – er droht damit, seine Aufträge an andere Werke mit niedrigeren Löhnen zu vergeben, wenn ihr dem Ausverkauf nicht zustimmt.

FW: Das stimmt, aber bis zu diesem Gespräch hätte ich nicht gedacht, dass uns jemand helfen könnte. Ja, wir sollten mit unabhängigen Gewerkschaften zusammenarbeiten. Wir organisieren gerade alles von Grund auf neu.

WSWS: Viele amerikanische Ford-Arbeiter verfolgen euren Kampf und unterstützen euch.

FW: Danke!

WSWS: Was jetzt notwendig wäre, ist eine Diskussion zwischen dir, deinen Kollegen und Autoarbeitern auf der ganzen Welt, die alle gegen das Bündnis aus Gewerkschaften und Unternehmen kämpfen.

FW: Für eine solche Diskussion müssen Vertreter ausgewählt werden. Es gibt jetzt viel zu tun.

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