Der jüngste in einer ganzen Serie von blutigen Terroranschlägen des Islamischen Staats (IS) traf Mittwoch früh den Iran. Der koordinierte bewaffnete Angriff richtete sich gegen das iranische Parlament (Majlis) und das Mausoleum des verstorbenen obersten Führers der Islamischen Republik, Imam Chomeini. Mindestens zwölf Menschen wurden getötet und 43 verletzt.
Die Reaktionen der US-Regierung und der westlichen Medien auf die Angriffe in Teheran stehen in scharfem Kontrast zu ihrer Reaktion auf den Bombenanschlag vom 22. Mai in der Manchester Arena, dem 22 Menschen zum Opfer fielen, und den Angriffen auf der London Bridge, die am Samstag neun Menschen das Leben kosteten.
Das Weiße Haus gab eine schäbige Erklärung heraus, die die Morde im Iran praktisch rechtfertigt. Es hieß dort: „Wir unterstreichen, dass Staaten, die den Terrorismus sponsern, selbst riskieren, Opfer des Bösen zu werden, das sie fördern“. Diese Haltung fand ihren Ausdruck in der relativen Gleichgültigkeit der Medien über den Verlust iranischer Menschenleben. Es wird klar verstanden, dass der Terrorismus gegen den Iran klaren politischen Zielen dient, die sich mit denen des US-Imperialismus und seiner regionalen Verbündeten decken.
Die Reaktion Teherans auf die Anschläge war eindeutig. Das Land machte die USA und ihren Hauptverbündeten in der Region, Saudi-Arabien, verantwortlich. „Dieser Terroranschlag geschah nur eine Woche nach dem Treffen zwischen dem US-Präsidenten (Donald Trump) und rückständigen (saudischen) Führern, die die Terroristen unterstützen“, erklärten die iranischen Revolutionsgarden (IRCG) in den iranischen Medien. Der Anschlag wurde in Teheran als politische Tat verstanden, die im Einvernehmen mit benennbaren staatlichen Akteuren begangen wurde und klaren geostrategischen Zielen dient.
Das Gleiche trifft für frühere Terroranschläge von Manchester und London genauso wie Paris, Brüssel und anderswo zu.
Die westlichen Medien behandeln jede dieser Gräueltaten als isolierten Ausdruck des „Bösen“ oder von religiösem Hass, als irrationale Taten von Verrückten. Tatsächlich aber sind sie Bestandteil einer international koordinierten Kampagne im Interesse eindeutiger politischer Ziele.
Hinter der Gewalt in Europa steht die viel größere Gewalt, die der amerikanische, britische und französische Imperialismus im Nahen Osten ausüben. Dort arbeiten sie mit reaktionären bürgerlichen Regimes und den islamistischen Kräften zusammen, die von ihnen gefördert, finanziert und bewaffnet werden.
Der IS selbst ist das direkte Produkt der imperialistischen Kriege und entstand aus einer Abspaltung von al-Qaida. Al-Qaida wiederum entstand im von der CIA geförderten Krieg islamistischer Fundamentalisten gegen die von der Sowjetunion gestützte Regierung in Afghanistan. Die Terrororganisation wuchs während des amerikanischen Aggressionskriegs gegen den Irak, in dem fast eine Million Iraker umkamen. Die Islamisten spielten dann im Libyenkrieg 2011 beim Sturz des Machthabers Muammar Gaddafi eine entscheidende Rolle. Als nächstes wurden Kämpfer und Waffen mithilfe der CIA nach Syrien für den dortigen Regimewechselkrieg geschleust.
Die jüngste Terrorwelle hat ihre Ursache in der zunehmenden Unzufriedenheit unter Washingtons Verbündeten im Nahen Osten und seinen islamistischen Stellvertreterkräften über die zögerliche US-Intervention und Washingtons Unfähigkeit, den seit sechs Jahren andauernden Krieg für einen Regimewechsel zu einem siegreichen Abschluss zu bringen.
Die Hintermänner dieser Anschläge leben in gehobenen Wohnvierteln in London, Paris und anderswo und erfreuen sich enger Beziehungen zu Geheimdiensten und Regierungsvertretern. Diese sind alles andere als unbekannt und werden sich unter den führenden Ministern und Regierungsbeamten in Damaskus wiederfinden, falls der von den USA betriebene Krieg in Syrien seine Ziele erreichen sollte.
Die einzelnen Täter der terroristischen Gräueltaten sind entbehrlich und leicht aus dem großen Pool an Jugendlichen, die über die imperialistischen Kriege im Nahen Osten empört sind, zu ersetzen.
Die Massenmedien stellen das Versagen, diese Anschläge zu verhindern, regelmäßig so dar, als hätten die Sicherheitsdienste es lediglich nicht geschafft, die Informationen richtig zusammenzufügen („connect the dots“). Das ist absurd. In praktisch jedem einzelnen Fall waren die Täter den Behörden bestens bekannt.
Selbst im Vergleich mit den mittlerweile bekannten und sehr ähnlichen Informationen über vorherige Terroranschläge sind die Hintergründe im Fall des jüngsten Anschlags in Großbritannien wirklich erstaunlich. Einer der Angreifer bei dem Anschlag auf der London Bridge, Youssef Zaghba, wurde zuvor an einem italienischen Flughafen angehalten, als er versuchte nach Syrien zu reisen. Er gab offen zu, dass er „Terrorist werden wolle“ und führte IS-Literatur mit sich. Ein anderer wurde in einer britischen Fernsehdokumentation vorgestellt, die seine Konfrontation mit der Polizei und die folgende Festnahme zeigte. Er hatte im Regents Park eine IS Flagge entrollt.
Der Selbstmordattentäter von Manchester, Salman Abedi, war den britischen Behörden ebenfalls bekannt. Seine Eltern waren Mitglieder der Libyan Islamic Fighting Group (LIFG). Ihnen wurde 2011 erlaubt, nach Libyen zurückzukehren, um an der Regimewechseloperation gegen Muammar Gaddafi teilzunehmen. Abedi selbst traf sich mit Vertretern des Islamischen Staats in Libyen, das heißt mit Veteranen des syrischen Bürgerkriegs. Während seines Aufenthalts in Manchester behielt er enge Beziehungen zu ihnen bei.
In den 16 Jahren des so genannten „Kriegs gegen den Terror“, der auf die Flugzeugentführer vom 11. September zurückgeht, ist klar geworden, dass sich die radikalen Islamisten nicht nur ungehindert in den Nahen Osten, nach Europa und in die USA und wieder zurück bewegen konnten, sondern sich im Grunde unter staatlichem Schutz befinden.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Wenn sie an eine Passkontrolle kommen, erscheinen bei ihren Namen definitive Hinweisen, wonach sie nicht aufgehalten werden dürfen. Stattdessen wurden sie mit Bemerkungen begrüßt wie: „Willkommen Zuhause, Sir. Wie hat Ihnen der Urlaub in Libyen gefallen?“ oder „Ein bisschen Tourismus in Syrien?“
Warum erhielten sie diesen Freifahrtschein? Die Antwort ist klar. Sie sind Hilfstruppen der amerikanischen und europäischen Geheimdienste in den imperialistischen Kriegen für den Regimewechsel in Libyen, in Syrien und darüber hinaus.
Wenn sich die Terroristen immer mal wieder gegen ihre Hintermänner wenden und unschuldige Zivilisten den Preis dafür mit ihrem Leben zahlen müssen, dann ist das Teil des Geschäfts.
Nach den Terroranschlägen reagieren die Regierungen stets mit verstärkten Unterdrückungs- und Überwachungsmaßnahmen. Soldaten patrouillieren auf den Straßen, demokratische Rechte werden suspendiert und – wie in Frankreich – der Ausnahmezustand verhängt. All diese Maßnahmen tragen zwar nicht dazu bei, um künftige Anschläge zu verhindern, aber sind sehr nützlich, um die einheimische Bevölkerung zu kontrollieren und soziale Unruhen zu unterdrücken.
Wenn die Massenmedien nicht mehr in der Lage sind, nach mehr als 15 Jahren das Offensichtliche auszusprechen, dann ist das ein Anzeichen dafür, in welchem Ausmaß der Terrorismus und die westlichen Geheimdienste miteinander verwoben sind und die endlosen Kriege im Nahen Osten institutionalisiert worden sind.
Unschuldige Männer, Frauen und Kinder bezahlen den schrecklichen Preis für diese imperialistischen Operationen, die eine Spur von Blut und Verwüstung hinterlassen, ob in London, Manchester, Paris, Teheran, Bagdad oder Kabul.
Die Terroranschläge zu beenden heißt als Erstes den so genannten „Krieg gegen den Terror“ zu beenden. Dieser ist nur ein betrügerischer Vorwand für räuberische Kriege, in denen al-Qaida und ihre Abspaltungen als Stellvertretertruppen am Boden eingesetzt werden und in engster Zusammenarbeit mit imperialistischen Geheimdiensten und militärischen Kommandostrukturen agieren.