An der Berliner Humboldt-Universität wächst der Widerstand unter Studenten gegen ihre rechten Professoren. Die Fachschaftsräte- und -initiativenversammlung (FRIV), der Zusammenschluss aller Fachschaftsvertretungen an der Universität, verabschiedete eine „Stellungnahme gegen rechte Positionen in der Lehre“ und setzt damit ein klares Zeichen gegen die Rechtsentwicklung und für die Meinungsfreiheit an der HU.
„Rassistische, nationalistische, antisemitische, sexistische und militaristische Positionen haben in Lehre und Forschung ebenso wie jede andere Form von Diskriminierung nichts verloren“, heißt es in der Stellungnahme. In der letzten Zeit hätten jedoch „vermehrt Dozierende der HU solche Standpunkte im universitären und öffentlichen Rahmen vertreten oder relativiert“.
Die FRIV wendet sich ausdrücklich gegen die „rechte und teilweise offen menschenfeindliche Haltung“ von drei Professoren: dem Anglistik-Professor Markus Egg, dem Professor für politische Theorie Herfried Münkler und dem Inhaber des Lehrstuhls für osteuropäische Geschichte Professor Jörg Baberowski.
Letzterer verklagt aktuell die Bremer Studierendenschaft, weil dessen AStA seine rechten Standpunkte zitiert und kritisiert hatte. Das Statement der FRIV macht deutlich, dass Studierende nicht gewillt sind, sich den Mund verbieten zu lassen. „Wir stehen für das Recht aller Studierenden ein, Lehrende zu kritisieren und in ihrer Kritik ernst genommen und berücksichtigt zu werden“.
Zunächst geht die FRIV auf die Positionen von Prof. Egg ein, der neben seiner Tätigkeit als Professor aktives Mitglied der Alternative für Deutschland (AfD) ist. Er habe in seiner Funktion als Vorsitzender des Fachausschusses Bildung der Berliner AfD deren „Zehn-Punkte-Plan zur beruflichen Ausbildung“ mit ausgearbeitet. Darin fordere er unter anderem „einen Ausschluss ‚breiter Bevölkerungsschichten‘ aus der Hochschuldbildung“. Außerdem spreche er sich gegen eine „erzwungene Aufnahme feministischer Inhalte oder ‚Zivilklauseln‘ gegen potentiell militärische relevante Forschung aus“. Die FRIV stellt klar: „Wir lehnen diese Positionen entschieden ab“.
Die Positionen Münklers kritisiert die FRIV als „nationalistisch und militaristisch“. Er fordere in seinem 2015 erschienenen Buch Macht in der Mitte „eine Transformation Deutschlands vom 'Zahlmeister' hin zum 'Zuchtmeister' Europas“ und bezeichne „Deutschland als ‚Hegemon‘“. Außerdem „relativierte er in der Süddeutschen Zeitung die deutsche Schuld am Ersten Weltkrieg“, verharmlose in Interviews Giftgas als „eher ‚humane‘ Waffe“ und legitimiere Drohnenangriffe.
Außerdem wendet sich die FRIV-Stellungnahme gegen die rechten Standpunkte von Prof. Jörg Baberowski. Dieser „hetzt öffentlich gegen Geflüchtete und relativiert in seiner Forschung nationalsozialistische Verbrechen“, heißt es darin. Indem er die „Mehrheit der ‚Einwanderer‘ als 'Belastung' für den Sozialstaat“ darstelle, schüre er „diffuse Angstgefühle und nutzt Geflüchtete als Sündenbock für gesellschaftliche Probleme“. Er werde „einerseits nicht müde, vielen Geflüchteten ‚Aggressivität‘ zu unterstellen, während er andererseits Gewalt gegen Geflüchtete und Flüchtlingsheime herunterspielt“.
Die FRIV wendet sich auch gegen Baberowskis Verharmlosung von „NS-Kriegsverbrechen in der Sowjetunion als alternativlose Reaktion auf die Kriegführung der Roten Armee und der Partisanen“ in seinen wissenschaftlichen Publikationen. Diese „provokativen Positionen“ seien „höchst gefährlich, gerade wenn sie unter einem pseudowissenschaftlichen Deckmantel verbreitet werden“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Unileitung wirft die Studierendenvertretung vor, mit „zweierlei Maß“ zu messen. Während rechte Professoren wie Münkler, Baberowski und Egg gegen Kritik verteidigt werden, sollen linksorientierte Dozierende wie Andrej Holm gekündigt werden. Die FRIV bezieht sich hier auf den Fall des Soziologen Andrej Holm, dem als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HU gekündigt wurde, nachdem herauskam, dass er von September 1989 bis Januar 1990 beim Ministerium für Staatssicherheit der DDR eine Grundausbildung angefangen hatte. Mittlerweile wurde die Kündigung in eine Abmahnung umgewandelt, nachdem sich Holm entschuldigte, während seiner Einstellung unvollständige Angaben gemacht zu haben.
Die Stellungnahme der FRIV unterstreicht, dass ein Großteil der Studenten die Positionen der rechten Professoren, die Verwandlung der Humboldt-Universität in ein rechtes Zentrum für Krieg und Militarismus und die allgemeine Rechtswende des Establishments ablehnt.
Bereits im Sommer 2015 hatte das Studierendenparlament an der HU eine Resolution zur Verteidigung der Meinungsfreiheit von Studierenden verabschiedet. Ausdrücklich forderte das Parlament die Studierenden in der Resolution auf, „sich politisch zu äußern, Herrschaft zu hinterfragen und vor allem in Bezug auf die Lehrinhalte an einer Universität Tendenzen der Verharmlosung der menschenverachtenden deutschen Geschichte entgegenzutreten“.