Die Humboldt-Professoren Münkler und Baberowski erhalten Schützenhilfe von der rechtsextremen und faschistischen Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD). In der aktuellen Ausgabe der NPD-Parteizeitung „Deutsche Stimme“ befindet sich ein Artikel unter der Überschrift „Nazi-Alarm im Hörsaal: An der Berliner Humboldt-Universität betreiben Linksextremisten eine denunziatorische Kampagne gegen bekannte Wissenschaftler wie Herfried Münkler und Jörg Baberowski“.
Der Artikel ist in weiten Teilen ein Loblied auf Münkler und Baberowski aus faschistischem Munde. Die 1964 gegründete NPD ist eine offen rassistische und rechtsextremistische Partei, die sich positiv auf den Nationalsozialsozialismus beruft und als verfassungsfeindlich eingestuft wird. Aktuell läuft ein Verbotsverfahren gegen die Partei. Im Verbotsantrag des Bundesrats vom 3. Dezember 2013 heißt es, dass ihr Programm über „weite Strecken mit den Lehren des historischen deutschen Nationalsozialismus identisch“ sei.
Der Autor des Artikels ist der hochrangige NPD-Funktionär Arne Schimmer. Schimmer ist Beisitzer im Bundesvorstand der NPD, war für diese von 2009 bis 2014 Abgeordneter im sächsischen Landtag und ist neben seiner journalistischen Tätigkeit für die Deutsche Stimme auch regelmäßiger Autor in der rechtsextremen Tageszeitung Junge Freiheit und Chefredakteur von Hier & Jetzt (H&J), einer rechtsradikalen Publikation, die von der NPD-nahen Stiftung „Bildungswerk für Heimat und nationale Identität“ herausgegeben wird.
Schimmer bezeichnet Münkler und Baberowski als „renommierte Professoren“ und lobt deren Werke über den grünen Klee. So sei Münkler „einer der renommiertesten deutschen Wissenschaftler“, der für „sein Buch über ‚Die Deutschen und ihre Mythen‘“ nicht nur „den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essay“ erhalten habe, sondern darin auch aufzeige, „welch mobilisierend-motivierende Kraft Mythen bis heute innewohnt“.
Am „Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski“ und seinem Werk hat Schimmer ebenfalls einen Narren gefressen. Er bezeichnet Baberowskis Buch „Verbrannte Erde“ als eine „ausgezeichnete Arbeit“, für die Baberowski ebenfalls den Leipziger Buchpreis erhalten habe. Die Herausgeber der Deutschen Stimme sind darüber offenbar so begeistert, dass sie rechts über dem Artikel ein Bild abdrucken, das Baberowski bei der Preisverleihung 2012 mit einem Blumenstrauß in der Hand zeigt.
Schimmer lässt dabei keinen Zweifel daran, dass er die beiden Humboldt-Professoren aus inhaltlichen Gründen gegen ihre linken Kritiker verteidigt. So sei Münkler etwa ein „ausgewiesener Vertreter einer dezidiert realpolitischen Schule“, der nicht nur Carl Schmitt, den Kronjuristen des Dritten Reichs, rezipiere, sondern sich auch „für machtorientierte (und damit aber auch realistische) Politikkonzepte interessiert“.
Baberowski preist Schimmer vor allem für seinen strammen Antikommunismus. So habe dieser „den Stalinismus als ein am ‘Modell der Mafia’ orientiertes Machtsystem klassifiziert, das aus den ‘vormordernen staatsfernen Gewalträumen’ des Imperiums aufgestiegen sei“. Darüber hinaus wage es Baberowski, „die Opferbilanzen des kommunistischen Welterlösungsprogramms anzusprechen“.
Dass sich nun ausgerechnet die NPD so deutlich hinter Münkler und Baberowski stellt, bestätigt alles, was die Partei für Soziale Gleichheit und die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) in den vergangenen Monat über die beiden Humboldt-Professoren gesagt und geschrieben haben. Sie haben systematisch nachgewiesen, welche im Kern rechte Agenda die beiden Professoren verfolgen und welche Rolle sie für die Bemühungen der herrschenden Eliten spielen, den deutschen Militarismus wieder zu beleben.
Im Vorwort des Buchs „Wissenschaft oder Kriegspropaganda?“, das einen Überblick über diese Arbeit gibt, heißt es etwa zu Münkler: Er „zählt zu den lautstärksten Befürwortern einer aggressiveren deutschen Außenpolitik. Er setzt sich offen dafür ein, das Deutschland die Rolle des Hegemons in Europa übernimmt und sich vom ‘Zahlmeister’ zum ‘Zuchtmeister’ aufschwingt“. Zudem verharmlose er die Rolle des deutschen Imperialismus im Ersten Weltkrieg und leugne, „dass Deutschland eine Hauptverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs trägt“.
Baberowski seinerseits habe „die wesentlich schwierigere Aufgabe übernommen, die Kriegsverbrechen der Nazis zu verharmlosen“. Dabei stütze er sich „auf Ernst Nolte, der 1986 den Historikerstreit ausgelöst hatte“ und einer der „bekanntesten Nazi-Apologeten unter den deutschen Historikern“ sei. In Baberowskis Arbeiten zum Stalinismus finde „sich eine Kernthese Noltes wieder: Die Behauptung, Hitlers Verbrechen seien vom Bolschewismus provoziert worden und hätten der Selbstverteidigung gedient“.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Münkler und Baberowski mögen keine Parteigänger der NPD sein, aber ihre Agenda, den deutschen Imperialismus von seinen historischen Verbrechen reinzuwaschen, um zu einer aggressiven Außenpolitik zurückzukehren, wird von den Faschisten geteilt. Im Wikipedia-Eintrag zur NPD heißt es im Abschnitt „Revanchismus und Geschichtsrevisionismus“ etwa: „Ebenso strebt die NPD eine Revision der Geschichtsschreibung über die Zeit des Nationalsozialismus an.“
Wenig überraschend bekennt sich dann auch die NPD zu Nolte, der schon seit längerem in deren Umfeld verkehrt. Nur wenige Wochen bevor Baberowski im Februar 2014 im Spiegel erklärte „Nolte wurde Unrecht getan. Er hatte historisch recht“ und „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam“, gab Nolte der NPD-Zeitung Hier & Jetzt ein ausführliches Interview, in dem er u.a. forderte „mehr an Verständnis für die historischen Erscheinungsformen des Faschismus auf[zu]bringen“. Das Interview führte kein anderer als Arne Schimmer!
Auch Münklers Bemühen, die Rolle des deutschen Imperialismus im Ersten Weltkrieg zu beschönigen, findet seit längerem in ultra-rechten Kreisen Beifall. Etwa zur selben Zeit, in der Der Spiegel Baberowskis Aussagen zitierte, äußerte die Junge Freiheit unter dem Titel „Aus dem Schatten treten“ die Hoffnung, das Jahr 2014 könnte „jedoch später einmal als Wendepunkt in der deutschen Geschichtspolitik gelten, an dem das fast fünfzig Jahre währende linke und linksliberale Deutungsmonopol zu erodieren begann und die Gesundung der nationalen Psyche einsetzte, die durch einen permanenten Schuldmoralismus pathologisiert worden ist“.
Als einen Wegbereiter für diesen ersehnten „Wendepunkt“ identifiziert die Junge Freiheit Herfried Münkler. Dieser habe in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung am 4. Januar 2014 deutlich gemacht, „welch verhängnisvolle Rolle“ die „von den Entente-Mächten in die Welt gesetzte These der Alleinschuld Deutschlands [...] als Dreh- und Angelpunkt der deutschen Tragödie bis heute spielt“. Münkler hatte in dem Interview, das auch von der World Socialist Web Site zitiert wurde, u.a. erklärt: „Es lässt sich kaum eine verantwortliche Politik in Europa betreiben, wenn man die Vorstellung hat: Wir sind an allem Schuld gewesen. Bezogen auf 1914 ist das eine Legende...“.
Seitdem sind Baberowski und Münkler auch in tagespolitischen Fragen immer weiter nach rechts gegangen. Den schärfsten Ausdruck findet das gegenwärtig in ihrer Hetze gegen Flüchtlinge. Während Münkler erklärt: „Multi-Kulti wird nicht funktionieren“, und fordert, „diese Menschen zu Deutschen [zu] machen“, geht Baberowski noch einen Schritt weiter und ruft nach der praktischen Abschaffung des Asylrechts. Er bedient sich dabei so offensichtlich rechtsextremer Argumentationsmuster, dass die NPD Neuruppin seine „mahnenden Worte“ zustimmend auf ihrer Facebook-Seite veröffentlicht und verlinkt hat.