Hypo Alpe Adria schürt Konflikt zwischen Wien und München

Die Entscheidung der österreichischen Regierung, die Schulden der Skandalbank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) nicht länger zu begleichen, hat zu schweren Konflikten zwischen Wien und München und indirekt auch Berlin geführt. Deutsche Banken rechnen mit Milliarden-Verlusten. Experten warnen vor einer Erschütterung des Vertrauens in die europäischen Finanzmärkte.

Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat am 1. März alle Anleihen eingefroren, die die Hypo Alpe Adria ausgegeben hat, und die Zahlung der Zinsen gestoppt. Zur Begründung führte sie ein zusätzliches Kapitalloch von 7,4 Milliarden Euro an, das Prüfer bei der Bank entdeckt hätten.

Die FMA will in einem Jahr entscheiden, was mit der Bank endgültig geschieht. Experten rechnen aber mit einem Schuldenschnitt von bis zu 50 Prozent. Davon wären viele deutsche Banken betroffen. Sie haben nach Angaben der Deutschen Bundesbank bei der HGAA mehr als 7, 1 Milliarden Euro an Ausständen. Die Ratingagentur Fitch rechnet deshalb 2015 mit einem Einbruch des Jahresgewinns im deutschen Bankensektor um bis zu 10 Prozent.

Vor allem die bayrische Landesregierung hat wütend auf die österreichische Entscheidung reagiert. Die landeseigene BayernLB prozessiert seit letztem November gegen die österreichische Regierung um die Rückzahlung von 2,4 Milliarden Euro, die ihr die HGAA angeblich schuldet. Nun drohen zusätzliche Verluste.

Der bayrische Finanzminister Markus Söder schäumte, man höre aus Wien derzeit Worte wie ansonsten „nur aus Athen“. Wiens Verhalten sei „eine echte Schwachstelle in der europäischen Finanzarchitektur und könnte nach Griechenland zum nächsten großen Problemfall werden“.

Auch andere deutsche Banken und Versicherungskonzerne sind betroffen, darunter die staatliche Pfandbriefbank pbb, die Dexia Kommunalbank Deutschland, die von der Pleite bedrohte Düsseldorfer Hypothekenbank sowie die Münchener Rück.

Die Hypo Alpe Adria ist eine Paradefall für die kriminellen Machenschaften, mit denen Banken und korrupte Politiker Milliarden scheffelten, bis sie mit der Finanzkrise 2008 aufflogen und gigantische Löcher in die öffentlichen Haushalte rissen, die nun zu Lasten der Bevölkerung gestopft werden.

Die kleine Kärtner Regionalbank wurde unter dem Rechtsaußen Jörg Haider, der das Bundesland von 1989 bis 1991 sowie von 1999 bis zu seinem Tod 2008 regierte, gewaltig aufgebläht. Haider wollte an der Bonanza teilnehmen, die mit der Privatisierung des Staatseigentums in Osteuropa einherging, indem er der Hypo Alpe Adria jahrelang staatliche Garantien für hochriskante und dubiose Geschäfte in Osteuropa und auf dem Balkan gab. Das Land Kärnten haftete für ungeprüfte Kredite nach Serbien, Kroatien, Montenegro und Mazedonien, die den jährlichen Landeshaushalt um ein Mehrfaches überstiegen.

Als die Lage brenzlig wurde, gelang es Haider, die Bank für 1,6 Milliarden Euro an die BayernLB zu verkaufen, die als Mehrheitseignerin einstieg. Durchgesetzt wurde dies von der bayrischen Regierung, die ebenfalls ins lukrative internationale Bankengeschäft einsteigen wollte. Ihre Vertreter bei der BayernLB übersahen, dass sie eine marode Bank kauften. Wie weit sie dies absichtlich taten, wurde nie restlos geklärt. Von der Übernahme der HGAA durch die BayernLB profitierten jedenfalls mehrere reiche Investoren sowie die Regierung von Haider.

Mit der internationalen Finanzkrise wurde dann das Ausmaß der Spekulationsverluste und faulen Kredite sichtbar. Die HGAA erwies sich als ein Schwarzes Loch, das immer neue Milliarden schluckte. Ihre „Rettung“ belastete die bayerische Staatskasse mit nahezu vier Milliarden Euro. Insgesamt schoss das Land Bayern mehr als 12 Milliarden Euro zu, um die BayernLB der Pleite zu bewahren, die auch mit anderen Geschäften Verluste machte.

2009 stand die HGAA unmittelbar vor dem Bankrott. Das Land Kärnten mit einem Jahresbudget von zwei Milliarden Euro war unfähig, für die eingegangenen Garantien von 10 Milliarden Euro aufzukommen. Nun übernahm die österreichische Regierung, eine sozialdemokratisch-konservative Koalition, die Bank und überführte sie in eine „Bad Bank“ namens Heta. Die bisherige Eigentümer – die BayernLB, das Land Kärnten und die Grazer Wechselseitige Versicherungs-Aktiengesellschaft (GRAWE) – wurden mit jeweils einem Euro abgefunden.

Mit dem neuen Finanzloch von 7,4 Milliarden Euro, das die Finanzaufsicht als „Mysterium“ bezeichnet, und der Einstellung der Zahlungen hat die HGAA-Krise eine neue Qualität erreicht. Finanzkreise seien sich einig, dass es „nicht nur um Österreich, sondern um die grundsätzliche Frage gehe: Wie viel ist eine Staatsgarantie in Europa noch wert, wenn Österreich das Abwicklungsrecht missbraucht?“, schreibt die Süddeutsche Zeitung.

Doch die Regierung in Wien steht selbst mit dem Rücken zur Wand. Österreichs Banken droht der Verlust ihrer Top-Bonitätsnoten. Bei den drei größten Banken des Landes wird das Rating vermutlich um bis zu drei Stufen in den Bereich "BBB" absinken, erklärte Analyst Patrick Rioual im März in Wien.

Vor allem das Geschäft in Osteuropa ist die Ursache. Anfang des Jahrtausends expandierten österreichische Banken nach Osteuropa und wurden dort zu den größten Kreditinstituten. Bis zur Finanzkrise brachte dies den Banken gute Gewinne ein, aber später gerieten zwei Institute – die HGAA und Österreichische Volksbanken AG – dadurch an den Rand des Zusammenbruchs.

Die österreichischen Staatsschulden werden im laufenden Jahr auf etwa 89 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ansteigen. Zudem dürfte das Haushaltsdefizit langsamer zurückgehen als angenommen. Es ist 2014 auf 2,4 Prozent des BIP angestiegen.

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