Perspektive

Obama bedroht den Iran

Bei einem Pressegespräch im Weißen Haus fiel Präsident Obama am Mittwoch in den Chor von Kriegsdrohungen gegen den Iran ein, der derzeit aus Washington und von seinen Verbündeten erschallt.

Die jüngsten Drohungen kamen von Verteidigungsminister Robert Gates, der 2008 „gegen einen weiteren Krieg im Nahen Osten“ argumentiert hatte, aber vergangenen Monat erklärte: „Die USA akzeptieren nicht, dass der Iran Atomwaffen entwickelt.“ Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak sagte, es gebe „noch Spielraum für Sanktionen“, aber: „Irgendwann müssen wir akzeptieren, dass Sanktionen nicht funktionieren.“

Vor diesem Hintergrund bat das Weiße Haus ausgewählte Journalisten zu einem Pressegespräch zum Thema Iran. Angeblich erfuhren diese erst nach ihrer Ankunft, dass niemand anderer als der Präsident selbst für das Gespräch zur Verfügung stand.

Obama wollte der iranischen Regierung eine unverblümte Warnung zukommen lassen: Sie stehe vor der Wahl, sich entweder den Forderungen der USA zu beugen und ihr Atomprogramm aufzugeben, oder aber mit einem Angriff der USA zu rechnen.

Obama sagte, der Iran “muss wissen, worauf er sich einlässt“. Wenn „Nationalstolz“ den Iran dazu treibe, Atomwaffen zu entwickeln, fuhr Obama fort, „wird er die Folgen tragen müssen“. Er sagte: „Alle Optionen liegen auf dem Tisch, um einen Wettlauf um Atomwaffen in der Region und einen nuklear bewaffneten Iran zu verhindern.“

Weil hohe Vertreter des Weißen Hauses fürchteten, einige Journalisten hätten Obamas hohle Phrasen über Diplomatie als Hinweis auf Pläne für neue Verhandlungen mit dem Iran missverstanden, stellten sie anschließend im Gespräch mit dem Journalisten Robert Kagan, einem bekannten Kriegsbefürworter, die Sache noch einmal klar.

Kagan kritisierte später in einer Kolumne der Washington Post jene Journalisten, die Regierungssprecher nach Diplomatie mit dem Iran gefragt hatten: „Das brachte die Sprecher in eine unangenehme Lage: Sie wollten nicht unverblümt sagen, dass die Regierung keine neue diplomatische Initiative verfolge, denn das hätte den Eindruck vermitteln können, die Regierung sei generell nicht mehr an Diplomatie interessiert.“

Kagan kommentierte: “Ein hoher Sprecher bemerkte mir gegenüber später amüsiert, wenn es bei dem Briefing um Diplomatie gegangen wäre, dann hätte die Regierung ihre Verhandlungsführer mit zu dem Treffen gebracht, aber nicht all jene Leute, deren Job es ist, den Druck auf den Iran zu erhöhen.“

Tatsache ist, dass die Obama-Regierung zu keinem Zeitpunkt eine Verhandlungslösung mit dem Iran gesucht hat, sondern Teheran mit einer Liste demütigender, nicht verhandelbarer Forderungen konfrontierte. Diese Forderungen standen in Zusammenhang mit einer doppelgleisigen Politik: Sanktionen und Kriegsdrohungen konnten entweder zur Kapitulation Teherans führen oder eine Militäraktion der USA einleiten.

Im Juni letzten Jahres versuchte die Obama-Regierung erfolglos, durch die Revidierung von Ahmadinedschads Wiederwahl ein US-freundliches Regime in Teheran durchzusetzen. Die USA unterstützten stillschweigend die so genannte „Grüne Revolution“ unter Führung des unterlegenen Kandidaten Mirhossein Mussawi und des Milliardärs Akbar Hashemi Rafsandschani, die von einem Teil der Mittelschichten des Iran unterstützt wurde. Washington scheiterte mit diesem Vorhaben allerdings, weil diese Kräfte, die sich aus den wohlhabenderen Schichten der iranischen Gesellschaft rekrutierten, keine breitere Unterstützung gewannen.

Die Regierung hofft immer noch auf einen internen “Regimewechsel”. Kagan schreibt, Sprecher des Weißen Hauses hofften, dass die Politiker, die hinter der Grünen Revolution ständen, sich mit den jüngsten Streiks der Basarhändler verbinden könnten, und dass diese Kombination „eine wirkliche Bedrohung für das Regime darstellen“ werde.

Allerdings scheint es, dass die Obama-Regierung inzwischen immer mehr auf Krieg als einziges Mittel setzt, ihre politischen Interessen in der Region durchzusetzen. Sie betrachtet einen amerikanischen Sieg in der Konfrontation mit dem Iran als entscheidend, um Washingtons Prestige und seine hegemoniale Rolle in der Weltpolitik verteidigen zu können.

Ein Bericht des Bipartisan Policy Center (BPC), eines Beraterinstituts der Obama-Regierung, besagt: „Die amerikanische Glaubwürdigkeit … wäre ernsthaft beschädigt, wenn es Teheran trotz aller Warnungen gelänge, die Schwelle zur Atomwaffenfähigkeit zu überschreiten“, d.h. Atomwaffen zu bauen. Es heißt darin, die USA müssten zu „außerordentlichen Taten“ bereit sein, um ihre Glaubwürdigkeit als stärkste Militärmacht zu erhalten. Notwendig seien „sichtbare, glaubwürdige Vorbereitungen auf eine militärische Option“.

Die amerikanische Kampagne gegen Irans Nuklearprogramm ist ein politischer Betrug. Washington führt keine vergleichbare Kampagne gegen die nukleare Bewaffnung Indiens, weil es Indien und seine Armee als strategisch vorteilhaft für die USA in der Region sieht. Iran hingegen sieht Washington als strategischen Gegner. Seine Atomindustrie, die nach eigenen Angaben nur friedlichen Zwecken dient, wird als Vorwand genommen, das Land zu isolieren und zur Unterwerfung zu zwingen.

Es ist für den Iran praktisch unmöglich, die USA davon zu überzeugen, dass er keine Bedrohung darstellt, ohne sich selbst völlig politisch zu entmannen. Der Iran unterhält politische und militärische Verbindungen zu Kräften im Irak und in Afghanistan, sowie im Libanon und im Gazastreifen. Außerdem ist er ein wichtiger Lieferant von Gas und Öl für den Weltmarkt, darunter auch für wichtige Konkurrenten der USA wie China, und entwickelt ein beachtliches Atomprogramm.

Um ein dauerhaftes Abkommen mit Washington schließen zu können, müsste der Iran öffentlich seine Unterstützung für Parteien und Widerstandsbewegungen in der Region aufkündigen, die von den USA oder Israel unterdrückt werden, amerikanischen Konzernen Zugang zu oder Kontrolle über seine Ölfelder gewähren und intensiven Kontrollen seines Atomprogramms zustimmen. Das würde auf eine öffentliche Erklärung der iranischen Regierung hinauslaufen, ein Lakai des US-Imperialismus zu sein.

Weil man in Washington nicht davon ausgeht, dass sich Teheran dazu bereit erklärt, schlägt die Stimmung immer mehr in Richtung Krieg um. Es gibt schon Forderungen für eine Kampagne in der Presse, um die öffentliche Meinung auf Krieg einzustimmen. Der erwähnte BPC-Bericht forderte eine „öffentliche Diskussion über militärische Optionen“, und die französische Tageszeitung Le Monde fragte kürzlich, ob die Öffentlichkeit denn „psychologisch auf ein Kriegsszenarium gegen den Iran vorbereitet“ sei.

Amerikanische Drohungen auf einem nicht angekündigten Treffen mit einer Handvoll Reportern unterstreichen, wie sehr die Obama-Regierung die öffentliche Meinung verachtet. Obama war auf einer Woge von Antikriegsstimmung gegen Bushs Aggressionskriege gewählt worden. Jetzt droht Obama einen Krieg vom Zaun zu brechen, der die Konflikte mit dem Irak und mit Afghanistan weit in den Schatten stellen würde und die ganze Region ins Verderben ziehen könnte.

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