Die "Außenseiterrunde" der kleinen Parteien

Hessischer Rundfunk stellt PSG vor

Der öffentlich-rechtliche Fernsehsender des Hessischen Rundfunks (HR) brachte am Mittwochabend um 22.30 Uhr seine Sendung über die "kleinen Parteien", die bislang noch nicht im hessischen Landtag vertreten sind, darunter die Partei für Soziale Gleichheit (PSG). Neben den vier im Landtag vertretenen Parteien CDU, SPD, FDP und Grüne kandidieren 13 weitere.

"Diesmal treten nur zwei Parteien links von der SPD an", leitete Moderator Andreas Clarysse nach der Begrüßung die Sendung ein, "die Linke und die Partei für Soziale Gleichheit, kurz PSG". Die PSG wolle das Wirtschaftssystem grundlegend verändern, informierte er.

Da der HR die Sendezeit für die einzelnen Parteien "entsprechend ihrer Größe und ihrer Wahlaussichten" bemaß, gewährte der Sender der Linken die längste Zeit, 7,5 Minuten. Die Freien Wähler, die in zahlreichen hessischen Kommunal-Parlamenten sitzen, erhielten 5,5 Minuten, die rechtsextremen Republikaner und die NPD 4,5 bzw. 3 Minuten, da beide schon in anderen Ländern bereits in Parlamenten vertreten sind. Alle anderen Parteien, darunter die PSG erhielten 2 Minuten Sendezeit.

Der Beitrag über die PSG, der als zweites nach dem Bericht zur Linken gezeigt wurde, beginnt mit einer Stellungnahme des Spitzenkandidaten Helmut Arens zum CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch: "Koch ist eindeutig ein politischer und ideologischer Brandstifter. Seine Kampagne gegen ausländische Jugendliche soll nur davon ablenken, wer wirklich für die soziale Katastrophe hier in Hessen verantwortlich ist."

Die Kamera zeigt PSG-Mitglieder im Wahlkampfbüro. "An der Wand Bilder von Lenin und Trotzki, geistige Väter der Partei für Soziale Gleichheit. Sie seien eine internationale Partei, die deutsche Sektion der Vierten Internationale", so der Sprecher. "Das Programm zielt auf die sozialen Schmerzpunkte der Hessen. Vor allem will sie ein Grundgehalt für alle, Obergrenzen für Managergehälter und beweisen, dass es einen guten, einen besseren Kommunismus geben kann." Im Bild sind die verschiedenen Wahlplakate der PSG: "1.500 Euro Grundeinkommen für alle", "Kein Blut für Öl", "Bildung ist ein Grundrecht", Wehret den Anfängen, verteidigt die Demokratie" und "Gemeinsam gegen das Europa der Konzerne".

Im Interview erklärt Helmut Arens: "Die Macht der Konzerne muss gebrochen werden. Vor allem die großen Konzerne, die Finanzinstitutionen, die Versicherungsgesellschaften, müssen in Gemeineigentum überführt werden. Die Mehrheit der Bevölkerung ist inzwischen völlig ausgeschlossen vom gesellschaftlichen Fortschritt. Wir haben gerade eine Situation, wo es der Wirtschaft angeblich gut geht [gedreht vor den aktuellen Börsencrashs], wo die Konzerne enorme Gewinne machen, wo die Gehälter der Manager und oberen Zehntausend in den Himmel wachsen, und gleichzeitig werden der Bevölkerung ständig neue Sparprogramme abgefordert und Arbeitsplätze gestrichen. Das ist eine schiefe Ebene."

Trotz der knapp bemessenen Zeit machte der Bericht deutlich, worin sich die PSG von allen anderen Parteien unterscheidet. Sie beschränkt sich nicht auf Kritik und Protest, sondern strebt eine grundlegende Veränderung und Demokratisierung des Wirtschaftssystems an: Nicht nach den Gewinninteressen der Aktienkapitaleigner, der Börsen und der Manager muss die Gesellschaft organisiert werden, sondern nach den Bedürfnissen und Interessen der arbeitenden Bevölkerung.

Der Kurzbericht endete mit Bildern vom PSG-Wahlkampf. "Der Straßenwahlkampf läuft gut. Das Programm der PSG finden viele Bürger erst einmal interessant. Die PSG sieht in der Linken nur einen Neuaufguss der SPD und sich selbst als wahren Vertreter der Arbeiterklasse", kommentierte der Moderator. (Anzusehen unter: http://www.hr-online.de/website/specials/ltw2008/index.jsp?rubrik=32678)

Der erste Bericht der Sendung über die Linkspartei belegte anschaulich wie stark diese Partei sich als Hilfstruppe der SPD versteht. Willi van Ooyen, parteiloser Spitzenkandidat der Linken, erklärte, er wolle mit der Linken in den Landtag, "damit sich etwas ändert in Hessen". Die Antwort auf die Frage, was sich ändern und vor allem wie sich etwas ändern solle, blieben van Ooyen und der gesamte Beitrag schuldig.

Lange wurde die Person van Ooyen vorgestellt. Seit 40 Jahren sei er aktiv in der Friedensbewegung, organisiere die Ostermärsche. Der HR erinnerte daran, dass "van Ooyen nicht die erste Wahl war". Auf Druck der Parteispitze war der von der Parteibasis gewählte Pit Metz abgelöst und van Ooyen als "Kompromiss-Kandidat" durchgesetzt worden. Van Ooyen betont, dass er nicht Mitglied in der Partei werden möchte, deren Spitzenkandidat er ist.

"Die Besteuerung der Reichen soll soziale Wohltaten finanzieren", fasste der Sprecher die Forderung der Linkspartei nach einer Vermögenssteuer zusammen. Auf die Feststellung, das sei aber nur auf Bundesebene zu regeln, antwortete der Landesvorsitzende der Linkspartei, Ulrich Wilken: "Wir müssen darauf setzen, dass wir bundesweit eine andere Steuerpolitik durchsetzen. Wenn das dann da ist, dann sind wir in Hessen auch bereit damit ordentliche Politik zu machen mit dem Geld."

Auf Druck der Parteispitze um Gregor Gysi und Oskar Lafontaine hatte van Ooyen seine Aussage zurückgenommen, dass er keine Koalition mit der SPD eingehen wolle. Van Ooyen kündigte an, dass nicht er und auch nicht der Vorstand, sondern die Mitglieder des hessischen Landesverbands entscheiden sollen, ob man mit der SPD zusammen in die Regierung gehe oder aber eine SPD-Regierung dulde. Diese Aussage hat der Spitzenkandidat auf einer Wahlveranstaltung in Wiesbaden allerdings bereits wieder stark relativiert beziehungsweise widerrufen.

Der Hessische Rundfunk sprach auch mit Oskar Lafontaine über die Frage der Tolerierung beziehungsweise Regierungsbeteiligung: "Wenn es gebührenfreies Studium gibt, dann sind wir dabei. Wenn es längeres Lernen gibt, dann sind wir dabei. Wenn die Jugendkriminalität nicht nur zum Wahlkampf missbraucht wird, sondern bekämpft werden soll, dann sind wir dabei", antwortete Spitzenmann der Linkspartei. Die Frage, was denn dieses "dann sind wir dabei" heißen soll, brachte den sonst so redegewandten Lafontaine ins Straucheln. Lange musste er nach der korrekten Formulierung suchen. Inhaltlich war er dann allerdings sehr eindeutig: Entweder werde die Linke eine SPD-geführte Regierung tolerieren "oder es wird verhandelt über eine wirkliche Beteiligung".

Klarer kann man nicht ausdrücken, dass man sich eben nicht als Alternative zur SPD sieht, sondern den wachsenden Unmut der Bevölkerung auffangen und als Steigbügelhalter der Sozialdemokratie fungieren möchte.

Keine Stimme sei verschenkt, erklärte anschließend Gregor Gysi, und sei es nur "um ein kleines Ziel zu erreichen". "Dass die anderen über Korrekturen nachdenken, wenn Sie uns hinein wählen. Das ist das wichtige. Damit verändert man vielleicht noch nicht die Welt in dem Umfang wie man sich das wünscht, aber damit kommen Schritt für Schritt Veränderungen zustande." Diese Theorie der kleinen Schritte ist klassischer Reformismus. Aber unter Bedingungen der Globalisierung sind es Schritte rückwärts, wie die Berliner Politik von Linkspartei und SPD deutlich macht.

Die restlichen Berichte in der Sendung beschäftigten sich mit den anderen kleinen Parteien, vornehmlich Rechte oder so genannte Ein-Punkt-Parteien.

Die Republikaner beklagten vor der Kamera des Hessischen Rundfunks, dass Roland Koch ihre Forderung und Kampagne übernommen habe. Sie hätten schon zu Wahlkampfbeginn, lange vor Koch, eine Unterschriftenkampagne organisiert, um die "Ausweisung ausländischer Krimineller" zu fordern. Nun habe ihnen Koch den Wind aus den Segeln genommen.

Die NPD, deren Spitzenkandidat wegen einer rechtsgültigen Verurteilung ohnehin nicht in den Landtag einziehen dürfte, berief sich vor laufender Kamera auf die Politik der NSDAP.

Die rechte BüSo (Bürgerbewegung Solidarität) machte eine abenteuerliche Rechnung auf, wie man die Arbeitslosigkeit in Hessen beseitigen könnte: Wenn man alle Städte über 50.000 Einwohner mit dem Transrapid verbinden würde, schaffe das 250.000 Arbeitsplätze. Hessen habe aber nur 230.000 Arbeitslose. Derartige Absurditäten zu kommentieren überlassen wir dem Leser.

Auch die "Partei für Demokratie durch Volksabstimmung" ist eine kleine, rechte - und dilettantische - Splittergruppe, die gegen Einwanderung hetzt.

Die "Freien Wähler", die in zahlreichen kommunalen Parlamenten vertreten sind möchten mit ihrer "regionalen Kompetenz" punkten. So erklärten sie Passanten, wie man Gelder für die Entwicklung des Rheingaus auf Landesebene locker machen könnte. Die Freien Wähler sind allerdings weniger durch ihr Programm bekannt, als durch die Tatsache, dass Ministerpräsident Koch versuchte, sie mit finanziellen Zugeständnissen zu bewegen, nicht an der Landtagswahl teilzunehmen. Die Freien Wähler sprachen von "Bestechungsversuch", Koch stritt dies ab. Den Freien Wählern sollen im April 2007 von der CDU staatliche Finanzmittel angeboten worden sein für den Fall, dass sie nicht zur Hessenwahl antreten. Dabei soll es unter anderem um eine rückwirkende gesetzliche Wahlkampfkostenerstattung für die hessische Kommunalwahl 2006 gegangen sein, sagte damals ihr Landesvorsitzender Thomas Braun aus.

Andere Parteien konzentrieren sich auf einen politischen Punkt, die Tierschutzpartei, die Familienpartei und die "Grauen", die sich um die Belange Älterer sorgen. Die Esoteriker haben eine Partei namens "Die Violetten" gegründet.

Die kleine Vereinigung "Unabhängige Bürgerpolitik" ist ein Zusammenschluss von Politikverdrossenen: "Was wir konkret machen wollen, das werden wir dann sehen, wenn es so weit ist", sagte lächelnd eines ihrer Mitglieder in die Kamera.

Die "Piratenpartei", die zum ersten Mal bei einer Wahl in Deutschland antritt, tritt gegen die Erosion demokratischer Rechte auf. Sie hat insbesondere den Kampf gegen die staatliche Überwachung und die Demokratisierung des Internets ins Zentrum ihrer Politik gestellt. Spitzenkandidat Thorsten Wirth sieht seine Partei "als das, was einst die Grünen waren". Dazu passt vorzüglich sein Statement aus dem HR-Bericht: "Wir sind jung, wir sind nicht korrumpiert - vielleicht werden wir irgendwann einmal korrumpiert, man weiß es nicht."

Insgesamt hat die Sendung mehr als deutlich gezeigt, dass zwar "zwei Parteien links von der SPD" antreten, aber nur eine von ihnen als ernsthafte sozialistische Alternative gelten kann: die Partei für Soziale Gleichheit (PSG).

Siehe auch:
Wahlveranstaltung der Linkspartei in Wiesbaden: Mit linker Rhetorik in die Arme der SPD
(15. Januar 2008)
Vorstand der Linken zwingt hessischen Spitzenkandidaten zu Rücktritt
( 8. September 2007)
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