Dieser Artikel wurde im englischen Original im August 2005 veröffentlicht, also noch vor Sharons Ausscheiden aus der israelischen Politik durch einen schweren Schlaganfall, hat aber seitdem nichts von seiner Aktualität eingebüßt.
Die Kampagne der ultranationalistischen Siedlerbewegung gegen den geplanten Abzug aus dem Gazastreifen hat den außergewöhnlichen und unverhältnismäßigen politischen Einfluss dieser extrem rechten Kräfte in Israel wieder einmal vor Augen geführt.
Der Plan von Ministerpräsident Ariel Sharon, sich aus dem Gazastreifen zurückzuziehen und die Siedlungen aufzugeben, in denen gerade mal 8.000 Israelis wohnen, stellt einen taktischen Rückzug dar angesichts der ständig steigenden Kosten für den Unterhalt der Siedlungen. In erster Linie soll aber damit die Zustimmung Washingtons für die Annektierung weiter Teile des Westjordanlandes erkauft werden, die Israel seit fast vier Jahrzehnten illegal besetzt hält. Im Gazastreifen selbst bleibt Israel Besatzungsmacht, kontrolliert weiterhin die Grenzen der Region, den Hafen, den Flughafen sowie die Wasserversorgung und behält sich das Recht vor einzumarschieren, wenn es dies für angebracht hält.
Dennoch haben Mitglieder von Sharons Kabinett, darunter der Finanzminister und frühere Premier Benjamin Nethanyahu, der aus Protest zurücktrat, sowie die ultranationalistischen und religiösen Parteien sich gegen den Rückzug ausgesprochen. Israels extreme Rechte erachtet Sharons Entscheidung, sich auch nur aus irgendeinem Teil des biblischen Landes Israel zurückzuziehen, als glatten Verrat.
Die Siedler haben Sitzblockaden organisiert, die Straßen mit Öl und Nägeln unpassierbar gemacht und Reifen in Brand gesteckt, um Straßen in Israel zu blockieren und lange Staus herbeizuführen. Sie haben Palästinenser geschlagen, mit Steinen beworfen und beschossen, um sie zu demütigen und sie zu gewalttätiger Vergeltung zu provozieren. Sharon hat die verbotene Kach-Bewegung für diese Vorfälle verantwortlich gemacht und ist gegen die Extremisten vorgegangen.
Neun Soldaten verweigerten den Befehl, Israelis vom Betreten des Gazastreifens abzuhalten. Sie versteckten sich in einer Siedlung in Gaza, während ein zehnter Soldat vor Gericht gestellt und zu 21 Tagen Gefängnis verurteilt wurde. Die Armee löste die Einsatzgruppe auf, um einer Meuterei von rechten Soldaten, die sich weigerten, den Abzug durchzusetzen, die Spitze zu nehmen.
Im August erschoss ein 19-jähriger Wehrpflichtiger, der sich dem Abzug widersetzte und zwei Monate zuvor von der Armee desertiert war, vier arabische Israelis und verletzte mindestens zwölf andere. Eden Nathan Zaada stieg in einen Bus ein, eröffnete mit einer M-16 das Feuer und erschoss den Busfahrer und Passagiere, ehe er die Menschen auf der Straße angriff. Er schoss einfach weiter, bis das Magazin leer war. Der Schütze äußerte sich so: "Sagen Sie dem Ministerpräsidenten, das hier geschieht, um den Abzug zu stoppen. Ich werde hier ein Massaker anrichten". Aufgebrachte Passanten stiegen in den Bus ein und erschlugen ihn.
Vor diesem Zwischenfall gab es Befürchtungen, religiöse Fanatiker könnten einen Sprengstoffanschlag auf die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem verüben, die drittheiligste Stätte der Moslems. Drei Monate zuvor war Zaada von der Polizei verhört worden, die ihn verdächtigte, Zugang zur Moschee zu suchen.
Staatspräsident Moshe Katsaw hat davor gewarnt, dass rechte Nationalisten versuchen könnten, Sharon umzubringen. Die Atmosphäre, so Katsav, ähnele sehr jener im Vorfeld der Ermordung von Ministerpräsident Yitzak Rabin im November 1995 durch einen religiösen Fanatiker, der jede Friedensregelung mit den Palästinensern ablehnte. Kabinettsmitglieder wurden mit kugelsicheren Westen ausgestattet.
Es ist ein klares Zeichen für die tiefe politische und soziale Krise des zionistischen Staates, dass dieselben gesellschaftlichen Kräfte, die Sharon so lange gefördert hat, sich nun gegen ihn wenden. Um die derzeitige Situation zu verstehen, muss man untersuchen, auf welcher Basis Israel gegründet wurde, was die Ursprünge dieser rechten Kräfte sind und unter welchen Bedingungen sie wachsen konnten.
Die Gründung Israels und die politischen Konzeptionen der zionistischen Bewegung
Die Gründung des Staates Israel war verbunden mit den Niederlagen der europäischen Arbeiterklasse in den 1920-er und 1930-er Jahren und der Ausbreitung des Faschismus - Entwicklungen, die schließlich zum Ausbruch des zweiten imperialistischen Weltkrieges innerhalb eines Vierteljahrhunderts führten. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges wurde mehr als die Hälfte der europäischen Juden vernichtet.
Vor dem Krieg fand der politische Zionismus wenig Gehör bei Juden, von denen viele mit der sozialistischen Bewegung in Zusammenhang gebracht wurden. Innerhalb Palästinas trat eine sozialistische Bewegung für die Einheit von Juden und Arabern zur Schaffung eines demokratischen und säkularen palästinensischen Staates ein, um die Gesellschaft nach sozialistischen Vorstellungen neu zu gestalten.
Verschiedene Faktoren führten zur Schaffung des zionistischen Staates im Jahr 1948. Das Elend der Juden löste bei großen Teilen der normalen Bevölkerung eine Welle des Mitleids aus. Hunderttausende Juden befanden sich etliche Jahre nach Kriegsende immer noch in europäischen Flüchtlingslagern in Europa. Die USA, die Sowjetunion und Frankreich manipulierten in zynischer Manier die öffentliche Meinung, um für eine Abstimmung der Generalversammlung der Vereinten Nationen über die Gründung eines jüdischen Staates im UN-Mandatsgebiet Palästina die Unterstützung der mit ihnen verbündeten Staaten zu gewinnen. Diese Mächte unterstützten die Gründung Israels vor allem, um gemäß ihren eigenen geopolitischen Interessen England aus dem ölreichen Nahen Osten zu verdrängen
Die zionistische Bewegung, die im Völkerbund-Mandatsgebiet Palästina eine Minderheit bildete, war seit langem innerlich heftig zerstritten hinsichtlich der Grenzen eines solchen Staates, mit welchen Mitteln die Eigenstaatlichkeit zu erreichen sei und was mit den Hunderttausenden von Arabern, die in Palästina lebten, geschehen sollte.
Die Zionisten der Arbeitsparteiunter Führung von Ben Gurion nahmen in der Frage der Größe des zionistischen Staates eine pragmatische Haltung ein: Man errichte einen jüdischen Staat, egal wie klein, und passe die Grenzen später an. Ben Gurion, der Israels erster Premierminister wurde, verstand auch, dass die Überlebensfähigkeit eines solchen Staates, umgeben von Feinden und gebildet aus einem kleinen Teil der ehemaligen syrischen Provinz des Ottomanischen Reiches, von der Unterstützung eines mächtigen Helfers abhängen würde.
Wladimir Jabotinsky war der Gründer der Jewish Legion und Führer der Revisionisten, der eine rücksichtslosere und expansionistische Politik forderte. 1923 hatte er einen Artikel geschrieben, "Die eiserne Wand" (The Iron Wall), in dem er erklärte: "Die zionistische Kolonialisierung muss entweder beendet oder gegen die Bedürfnisse der einheimischen Bevölkerung durchgesetzt werden. Die Kolonialisierung kann daher nur fortgesetzt werden und Fortschritte machen, wenn sie unter dem Schutz einer Macht steht, die von der einheimischen Bevölkerung unabhängig ist - eine eiserne Wand, die dem Druck der einheimischen Bevölkerung widerstehen kann. Dies ist, in toto, unsere Politik gegenüber den Arabern [...] freiwillige Versöhnung mit den Arabern kommt weder jetzt noch in der nahen Zukunft in Frage."
Jabotinsky entwickelte eine zunehmende Feindseligkeit gegenüber dem, was er als zionistisches Stillschweigen zu Großbritanniens vernachlässigten Pflichten gegenüber den Juden wahrnahm. Er verlangte, dass Transjordanien Teil der Jüdischen Heimstatt in Palästina sein müsse. Er strafte die Zionisten der Arbeitspartei mit Verachtung, die auf den Wiederaufbau der eigenen bewaffneten Streitkräfte verzichteten, die am Ende des Ersten Weltkrieges aufgelöst worden waren.
"Wenn man ein Land kolonialisieren will, in dem bereits Menschen leben, muss man aus diesem Land eine Garnison machen, oder einen 'Reichen' oder Wohltäter finden, der dir eine Garnison zur Verfügung stellt. Im anderen Fall - im anderen Fall verzichte auf die Kolonialisierung, denn ohne bewaffnete Macht, die jeden Versuch, die Kolonialisierung zu beenden oder zu verhindern, mit Gewalt verhindert, ist Kolonialisation unmöglich, nicht 'schwierig', nicht 'gefährlich', sondern UNMÖGLICH!...
Der Zionismus ist eine Kolonialisierungsbewegung, und steht und fällt daher mit einer bewaffneten Macht. Es ist wichtig, [...] Hebräisch zu sprechen, doch leider ist es sogar noch wichtiger, schießen zu können - sonst sollte man die Kolonialisierung aufgeben."
Zwei Jahre darauf gründete Jabotinsky die Revisionistische Partei, aus denen die zionistischen Braunhemden hervorgingen, die zunehmend den Militarismus Mussolinis und Hitlers nachahmten, auch wenn sich Jabotinsky natürlich nie selbst als Faschist bezeichnete. Er sprach seine Ziele offen aus. "Wir wollen ein jüdisches Reich", sagte er gegenüber einem Journalisten im Jahr 1935.
Die Revisionisten und ihr bewaffneter Arm, die Irgun unter der Führung von Menachem Begin, sowie später die Stern-Bande, zu deren Führern ein weiterer ehemaliger Ministerpräsident, Yitzhak Shamir, zählte, führten eine Terrorkampagne durch, um die Briten zu vertreiben und auf dem gesamten Gebiet des biblischen Palästina, Transjordanien eingeschlossen, einen jüdischen Staat zu errichten. Da die Juden in Palästina eine Minderheit bildeten, hätte ein solcher Staat, um jüdisch zu sein, notwendigerweise die Vertreibung der arabischen Bevölkerung bedeutet.
Der Krieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn im Anschluss an die Teilung Palästinas durch die Vereinten Nationen, Israels so genannter Unabhängigkeitskrieg, führte zur Flucht oder Vertreibung Hunderttausender von Arabern und machte sie zu Flüchtlingen. Die terroristischen Aktivitäten der Revisionisten mit dem Ziel, ihre Politik der ethnischen Säuberung, den "Bevölkerungstransfer", voranzutreiben, die von der Irgun und der Stern-Bande ausgeführt wurden, trugen viel dazu bei, die Palästinenser aus ihrer Heimat zu vertreiben.
Doch die Spaltung zwischen den Revisionisten und den Zionisten der Arbeitspartei ging so tief, dass über die Frage, ob Ost-Jerusalem eingenommen werden sollte, nur wenige Tage nach dem Ende des arabisch-israelischen Kriegs von 1948 beinahe ein Bürgerkrieg ausgebrochen wäre. Erst als die rechten Kräfte zurückwichen, nachdem die Arbeitspartei-Regierung die mit Waffen - zur Fortsetzung des Krieges - beladene Altalena hatte versenken lassen, konnte dies verhindert werden.
Umgeben von feindlichen Nachbarn war Israel von Beginn an ein Garnisonsstaat und stellte seine arabischen Bürger unter Militärrecht. Die folgenden zwanzig Jahre sollten jedoch die Zionisten der Arbeitspartei die dominierende Kraft in der israelischen Politik sein, und die extreme Rechte blieb, wie ihre politischen Gegenstücke in anderen Teilen der Welt, bis in die späten 1970er Jahre hinein politisch ohne Einfluss.
Die Zionisten der Arbeitspartei stellten Israel anfangs gern als David dar, der gegen den arabischen Goliath kämpfte, und gaben sich selbst einen sozialistischen Anstrich; doch diese Mythen konnten sich nicht lange halten.
Als Frankreich und Großbritannien 1956 in Ägypten einmarschierten, nachdem Gamal Abdel Nasser den Suez-Kanals verstaatlicht hatte, besetzten die israelischen Truppen die Sinai-Halbinsel. Dies stand jedoch in Widerspruch zu den US-Interessen in der ölreichen Region. Die Eisenhower-Regierung lehnte die Versuche der alten Kolonialmächte ab, die Kontrolle über den Kanal wiederzuerlangen und ihren Einfluss im Nahen Osten zu bewahren, und verlangte den Abzug der britischen, französischen und israelischen Truppen.
Im Jahre 1967 hatte sich die Situation verändert. Die USA hatten zwar den britischen und französischen Einfluss in der Region weitgehend zurückgedrängt, doch waren sie nun mit einer wachsenden Radikalisierung der arabischen Massen und mit Moskaus wachsendem Interesse und Einfluss in der Region konfrontiert. Besonders deutlich kam dies zum Ausdruck, als Ägypten die Sowjetunion um Entwicklungs- und Militärhilfe ersuchte.
Die nähere Zusammenarbeit begann mit dem Verkauf von Hawk-Rakten an Israel unter Präsident Kennedy im Jahr 1963. Die USA sahen Israel, gemeinsam mit Saudi-Arabien und Iran, immer mehr als Instrument, ihre eigenen Interessen zu fördern. Die Beziehung zwischen Israel und den USA war nicht immer störungsfrei, doch von dieser Zeit an unterstützten die USA Israel zunehmend finanziell. Heute liegt diese Finanzhilfe bei drei Milliarden Dollar pro Jahr.
Als Nasser 1967 eine Konfrontation mit Israel provozierte, stellten sich die USA hinter den zionistischen Staat, obwohl sie um dessen militärische Überlegenheit wussten. Sie unterstützten im Sechs-Tage-Krieg vom Juni 1967 die auf israelischer Seite von langer Hand geplante Invasion Ägyptens, Syriens und Jordaniens.
Der Juni-Krieg markierte einen Wendepunkt in Israels Geschichte: Er wurde von einer Regierung der Nationalen Einheit unter der Führung der Arbeitspartei (AP) geführt, und zum ersten Mal seit Gründung des Staates gehörten durch die Herut-Partei Mitglieder der revisionistischen Bewegung der Regierung an.
Der Krieg schuf eine neue Generation palästinensischer Flüchtlinge - einige traf dieses Schicksal zum zweiten Mal - und führte zu einer Erweiterung der israelischen Kontrolle über das gesamte Mandatsgebiet Palästina. Israel wurde zur wichtigsten Militärmacht im Nahen Osten. Die Regierung leitete eine Politik für ein Großisrael ein und förderte das Entstehen einer neuen sozialen Schicht, die sich einer expansionistischen Politik verschrieb und sogar auf sie angewiesen war.
Innerhalb der Arbeitspartei und ihrer politischen Partner fand dies Ausdruck im Aufstieg einer neuen und offener imperialistischen und rassistischen Schicht früherer Militärkommandeure wie Yitzak Rabin, Moshe Dayan, Yigal Allon und Ariel Sharon.
Innerhalb weniger Wochen nach Kriegsende baute die Regierung der Nationalen Einheit unter dem Vorwand der nationalen Sicherheit und im Widerspruch zum Völkerrecht Siedlungen in den neu besetzten Gebieten. Yigal Allon, Minister der Arbeitspartei und ehemals General, regte an, das Jordantal und die Golanhöhen zu annektieren, ein Vorschlag, der später zur offiziellen Politik der Arbeitspartei wurde. Allon schlug eine jüdische Siedlung nahe Hebron vor, Kiryat Arba. Diese wurde erst zehn Jahre später Realität, als rechte Siedler die Initiative dazu ergriffen. Heute ist diese Stadt zur Bastion des jüdischen Extremismus geworden.
Alle Parteien der Koalition unterstützten diese Politik. Wenn Juden in den arabischen Städten und Wohnvierteln von Jaffa und Haifa wohnten und dies als ihre rechtmäßige Heimat ansahen, so gab es auch keinen Grund, weshalb sie nicht in Nablus oder Hebron leben sollten.
Golda Meir wurde 1970 Ministerpräsidentin, weil sie die nationalistische Perspektive der AP-Zionisten uneingeschränkt unterstützte. Sie bemühte die Geschichte als Beweis für die Legitimität, moralische Berechtigung und den Alleinanspruch des jüdischen Volkes auf das eben erst vergrößerte Land.
Die jüdischen Siedlungen, umgeben von einer feindseligen arabischen Bevölkerung, waren für die Mehrheit der Israelis allerdings nicht attraktiv. Unter der Führung von Meir wurden deshalb viele religiöse Einwanderer, insbesondere aus den USA, ermutigt, nach Israel zu kommen und sich in den besetzten Gebieten niederzulassen.
Auf diese Weise entstand durch die Siedlungen eine kleine, aber politisch einflussreiche soziale Schicht, die ein direktes persönliches Interesse an der expansionistischen Politik der führenden Kreise Israels hatte. Sie bildete den Anziehungspunkt für einige der reaktionärsten Kräfte, ohne die die Zionisten der Arbeitspartei diese Vorposten innerhalb der arabischen Gebiete nicht hätten errichten können.
Ursprung und Charakter der neuen rechten Kräfte
Einige religiöse rechtsgerichtete Gruppen hatten Israels Überraschungssieg 1967 (überraschend für alle außer der israelischen Militärführung und der CIA) als wahres Wunder bejubelt. Er war der "Beginn der Erlösung", der eine Gelegenheit bot, die biblische Vision eines "ganzen Landes Israel" aus Judäa (südlicher Teil des Westjordanlandes) und Samaria (nördlicher Teil des Westjordanlandes) zu verwirklichen.
Sie verkündeten die neue Theologie des "Landes Israel", eine messianische Interpretation des zionistischen Staates, wonach die Besiedlung des Westjordanlandes der wichtigste Teil eines Erlösungsprozesses war. Sie war auch fundamentalistisch: Die Heilige Schrift lieferte die Grundlage zum Verständnis der Wirklichkeit und war maßgebend für das Verhalten ihrer Mitglieder und des jüdischen Staates.
Darin, dies sollte nicht übersehen werden, glichen sie ihren Gegenspielern von der Moslembruderschaft. Die weltlichen Zionisten hatten sich zwar immer für die Rückkehr der Juden nach Palästina ausgesprochen, jedoch mit dem nationalistischen Argument, dass die Juden eine Nation darstellten. Für die religiösen Gruppen war die "Rückkehr" mit der religiösen Pflicht verbunden, das Land zu besiedeln, sowie mit dem Wiedererstarken des jüdischen Glaubens.
Trotz ihrer schwachen Kräfte spielten die Siedler und ultrareligiösen Gruppen von Beginn an eine wichtige Rolle dabei, die israelische Politik nach rechts zu drücken. Zumindest teilweise lag das daran, dass sie einen wichtigen Verbündeten gefunden hatten: General Ariel Sharon.
Sharon kam zunächst von den Zionisten der Arbeitspartei, doch seine Rücksichtslosigkeit, sein Opportunismus und seine Unberechenbarkeit brachten ihm den Ruf eines politischen Hasardeurs ein. Nach seinem Ausscheiden aus der Armee 1973 wurde er für die Liberale Partei, eine Vorläuferin des Likuds, in die Knesset, das israelische Parlament, gewählt. Innerhalb von nur einem Jahr gab er sein Abgeordnetenmandat zurück und schloss sich wieder der Armee an. Kurzzeitig diente er dem AP-Premierminister Rabin als Sondersicherheitsberater, ehe er seine eigene Partei gründete und sie 1977 in den Likud-Block auflöste.
Für Sharon, einen weltlichen Juden und Militär, ging es bei der Ausdehnung des zionistischen Staates und der Siedlungen um Sicherheit und leicht zu verteidigende Grenzen. Schon bevor er 1973 aus der Armee ausschied, um in die Politik zu gehen, verbündete er sich mit der religiösen Bewegung, die seiner Ansicht nach die für die neuen jüdischen Siedlungen erforderlichen Kräfte rekrutieren würden. Den religiösen Siedlern lieferte Sharon die militärische Rechtfertigung und später, als er Agrarminister wurde, die Ermächtigung, in den besetzten Gebieten Land in Beschlag zu nehmen.
Die militärischen Erfordernisse der politischen Zionisten deckten sich mit denen der religiösen Zionisten. Immer wenn die Rechtmäßigkeit der israelischen Siedlungen und Besitznahme von Land vor Israels Oberstem Gerichtshof in Frage gestellt wurde, konnte man sicher sein, dass die Regierung unter Verweis auf die Sicherheit Israels die Siedlungen unterstützte.
Allerdings ging den Rechten der Siedlungsbau nicht schnell genug voran. Als das Waffenstillstandsabkommen mit Ägypten nach dem Oktoberkrieg 1973, das Israels geopolitische Bedeutung reduzierte, die israelische Regierung zu ersten territorialen Zugeständnisse auf der Halbinsel Sinai zwang, verlangten die Siedler von der Nationalreligiösen Partei, die der Regierung der Nationalen Einheit von 1967 angehört hatte, dass sie das Waffenstillstandsabkommen bekämpfen würde. Der Fehlschlag dieser Bemühungen verlieh der politischen Entwicklung der Siedlerbewegung neuen Schwung.
1974 gründete ein Teil dieser Kräfte, die eine Fraktion innerhalb der Nationalreligiösen Partei bildeten, den Gush Emunim, den Block der Getreuen, unter der Führung von Rabbi Moshe Levinger, eines religiösen Eiferers. Gush Emunim war eine außerparlamentarische Lobbybewegung, die keiner politischen Partei angeschlossen war. Levinger wurde zum Vater der Siedlerbewegung.
Noch weiter rechts stand Rabbi Meir Kahane, Führer der amerikanischen Jewish Defence League (JDL), eine extremistische Bürgerwehrorganisation. Sie verfolgte erklärtermaßen das Ziel, jüdische Viertel in New York City gegen Antisemitismus und Straßenkriminalität zu verteidigen. Später organisierte die JDL heftige Kampagnen gegen die Unterdrückung sowjetischer Juden und die Weigerung der stalinistischen Bürokratie, Juden nach Israel auswandern zu lassen; dabei schikanierten sie russische Künstler und demonstrierten, oft unter Einsatz von Gewalt, vor russischen Einrichtungen. Die Gangstermethoden der JDL, die nicht davor zurückschreckte, Gewehre und Bomben einzusetzen, trugen dazu bei, dass das Thema sowjetische Juden auf die politische Tagesordnung der US-Regierung kam, was der Kalten Krieg-Propaganda strammer Antikommunisten zupass kam und zur Aufnahme des Jackson-Vanick-Amendments in die amerikanische Handelsgesetzgebung führte. Dieser Gesetzeszusatz verwehrt Ländern, die die Auswanderung von Juden behinderten, den "Status begünstigter Länder". Das Gesetz war vor allem das Werk von Richard Perle, der zu einem führenden Neokonservativen und Verbündeten der heutigen Bush-Regierung werden sollte.
Solange die Aktivitäten der JDL Washingtons Politik des Kalten Krieges entsprachen, kam sie in den Genuss finanzieller Unterstützung, und Kahanes Hang zur Gewalttätigkeit wurde toleriert. 1971, als er wegen illegalen Besitzes von Waffen, Munition und Sprengstoff sowie wegen Anstiftung zur Gewalt zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wurde, floh er nach Israel. Seit Mitte der 1970er Jahre führte das FBI die JDL als terroristische Gruppe.
In Israel machte sich Kahane an die Gründung einer faschistischen Partei, die er Kach nannte, um damit Anspruch auf das Erbe der revisionistischen Bewegung zu erheben. Kahane organisierte gewalttätige Provokationen, um die Beziehungen zwischen Palästinensern und Juden zu vergiften und die Bedingungen zu schaffen, um die Palästinenser nicht nur aus den besetzten Gebieten, sondern auch aus Israel selbst zu vertreiben, wo sie in den späten 1970-er Jahren 16 Prozent der Bevölkerung ausmachten.
Die Mission von Gush Emunim, Kach und ähnlichen Kräften bestand darin, territoriale Zugeständnisse zu verhindern und für die territoriale Ausdehnung der israelischen Souveränität über die besetzten Gebiete zu kämpfen. Dieses Land, so behaupteten sie, sei heilig, gottgegeben, unveräußerlich ihres und könne daher auch nicht Gegenstand von Verhandlungen sein. Ihre Aufgabe sahen sie darin, die AP-Regierung zu zwingen, im "Land Israel" und Ost-Jerusalem so viele Siedlungen wie möglich zu bauen, auch in den vorwiegend palästinensisch bewohnten Gebieten, und den "Transfer" der arabischen Bevölkerung zu betreiben.
Sie beobachteten auch eine breit gefächerte außerparlamentarische Protestbewegung, die nach dem Oktoberkrieg von 1973 entstanden war und den Rücktritt führender Minister forderte, die für die Israels mangelnde Vorbereitetheit auf den Krieg verantwortlich zeichneten. Diese Protestbewegung verband sich mit einer umfassenderen sozialen Bewegung, die weitgehende politische Reformen forderte. Nach einem kritischen Bericht der Agranat-Kommission mussten Ministerpräsidentin Golda Meir, Verteidigungsminister Moshe Dayan und Außenminister Abba Eban zurücktreten. Ihnen folgte eine neue Generation von AP-Führern: Yitzhak Rabin und Shimon Peres.
Gush Emunim wandte sich auch gegen jegliche Abkommen mit Ägypten und Syrien. Sie organisierte Demonstrationen und errichtete illegale Siedlungen im Westjordanland und waren häufig in Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee verwickelt.
Ihre Anhänger besiedelten Gebiete ohne Erlaubnis der Regierung oder im Widerspruch zur Regierungspolitik oder unter falschen Vorwänden, um die Regierung zu zwingen, sie später als vollendete Tatsache anzuerkennen. Nach sieben erfolglosen Anläufen, 1974/75 Siedlungen im Gebiet von Nablus zu errichten, schlossen sie mit dem damaligen AP-Verteidigungsminister Shimon Peres einen Kompromiss, der ihnen den Verbleib auf einem Armeestützpunkt namens Qadum, westlich von Nablus gestattete. Zwei Jahre später wurde der Stützpunkt offiziell in die Siedlung Qedumim umgewandelt.
Es war Ariel Sharon, der 1974 die Siedler gegen das von der Rabin-Regierung geschickte Militär in Schutz nahm. Er erklärte gegenüber einer israelischen Zeitung, es handele sich um einen "unmoralischen militärischen Befehl, und [die Soldaten] müssen solche Befehle verweigern. Ich hätte solche Befehle nicht befolgt." Für Sharon war es unmoralisch, weil es Israels "Sicherheitsbedürfnisse" unterminierte, nicht weil es sich um eine Verletzung religiöser Pflichten handelte.
Bis 1977 waren auf dem Gebiet des Westjordanlandes, insbesondere in Gebieten, deren Entwicklung nach dem Allon-Plan gefördert werden sollte, beinahe 30 Siedlungen mit etwa 4.500 israelischen Bewohnern entstanden. Weitere 50.000 Israelis lebten innerhalb der neu erweiterten Stadtgrenzen von Jerusalem.
Ihrem demokratischen Anspruch zum Trotz war die Regierung der Arbeitspartei (AP) verantwortlich für die militärische Besetzung der im Krieg von 1967 eroberten Gebiete, die dazu diente, ihre Politik der Kolonisierung zu verteidigen und die Palästinenser zu unterjochen. Mit dem Widerstand der Palästinenser wurde auch die Besetzung immer brutaler. Die Schergen der Kach spielten dabei eine wichtige Rolle.
Innerhalb Israels selbst wuchsen die sozialen Spannungen, bedingt durch das Ende des langen Nachkriegsbooms, hohe Inflationsraten, die massiven Militärausgaben - die beinahe 50 Prozent des Bruttosozialproduktes betrugen - und die Verarmung der Immigranten, die aus dem Nahen Osten und Nordafrika nach Israel gekommen waren.
Auch zwischen jüdischen und arabischen Israelis nahmen die Spannungen wegen Land und Arbeitsplätzen zu. Zunächst führten die Ankündigung der Regierung im Februar 1967, sie werde Tausende Hektar Land im Westjordanland enteignen, um "Galiläa für seine jüdischen und auch arabischen Bewohner zu entwickeln", zu einem Generalstreik arabischer Israelis und gewaltsamen Zusammenstößen mit der Armee, bei denen sechs arabische Israelis getötet und viele verletzt sowie einige Dutzend Polizisten verwundet wurden. Rechte studentische Aktivisten und spätere Likud-Mitglieder im Parlament benutzten diese Ereignisse, um provokative Zusammenstöße herbeizuführen und ihre eigenen politischen Karrieren zu fördern.
Zusätzlich verschärfte sich der Wettbewerb um schlechter bezahlte Arbeitsplätze, da jüdische Arbeitgeber sich bewusst wurden, dass arabische Israelis wie auch Palästinenser aus den besetzten Gebieten die billigere Alternative zu den größtenteils gewerkschaftlich organisierten jüdischen Arbeitskräften waren.
Die Herut-Partei, die politische Erbin der extrem weit rechts stehenden revisionistischen Bewegung, die sich an Juden aus Osteuropa wandte und von solchen auch geführt wurde, wurde in den Jahren nach dem Krieg von 1967 durch eine Reihe von Zusammenschlüssen und Namensänderungen zum Likud-Block, der jeden territorialen Kompromiss mit den Palästinensern ablehnte. Der Likud arbeitete gezielt daran, die Spaltungen zwischen den armen und etwas besser gestellten Israelis anzuheizen und auszuschlachten. Den sozialen Spaltungen lag teilweise die Herkunft aus dem Nahen Osten, Nordafrika bzw. Europa zugrunde.
1977 taten sich die gesellschaftlichen Kräfte, die durch den Krieg 1967 in Bewegung gesetzt worden waren, zusammen, um die Arbeitspartei, die Israel fast 30 Jahre regiert hatte, zu Fall zu bringen und den Weg freizumachen für einen weiteren Rechtsruck und zunehmende politische Instabilität in Israel. Die Ausdehnung der israelischen Herrschaft durch militärische Eroberungen erforderte einen anderen Typ von Regierung.
Für die kleine Siedlerbewegung war der Wahlsieg der Likud-Regierung die Erfüllung eines Traumes. Die politischen Erben der revisionistischen Bewegung waren an die Macht gelangt. Der ehemaligen Führer der terroristischen Irgun-Gruppe Menachem Begin, der wegen des Massakers im Jahre 1948 an 250 Palästinensern bei Deir Yassin berüchtigt war, stand an der Spitze des Likuds. Er hatte eine politische Linie entwickelt, die die soziale Verbitterung über die privilegierte Elite der Arbeitspartei mit Wirtschaftsliberalismus und "Marktreformen", Ultra-Nationalismus und antiarabischen Chauvinismus zu verschmelzen suchte.
Im Zentrum dieser Ideologie stand das Versprechen, an den besetzten Gebieten als Teil eines Großisraels festzuhalten. Die Likud-Regierung sollte das Wachstum der Siedlerbewegung entscheidend vorantreiben.
Zur Politik der Arbeitspartei hatte in großem Maß der Bau von Siedlungen gehört, die die Palästinenser im Westjordanland und in Ost-Jerusalem umringten. Die Likud-Regierung versuchte jedoch nicht nur, die Zahl der Siedlungen auszuweiten, sondern auch, sie mitten in den besetzten Gebieten anzulegen, um das Leben der arabischen Bevölkerung so beschwerlich wie möglich zu machen und sie schließlich zum Verlassen ihrer Häuser zu bewegen.
Ariel Sharon, der für die Auflösung seiner Partei und dem Beitritt zum Likud mit dem Posten des Ministers für Landwirtschaft belohnt worden war, stellte im September 1977 einen Masterplan mit der Bezeichnung "Eine Vision Israels am Ende des Jahrhunderts" vor. Er forderte, bis Ende des 20. Jahrhunderts Siedlungen für zwei Millionen Juden in den besetzten Gebieten anzulegen und befürwortete eine neue Welle von Zuwanderern, insbesondere aus der Sowjetunion und den USA. Er behauptete, es sei ebenso legitim, eine jüdische Mehrheit im Westjordanland zu schaffen, wie es für die Pioniere des Zionismus legitim gewesen war, dies in den 1920-er und 1930-er Jahren entlang der Mittelmeerküste zu tun.
Solche Siedlungen, meinte Sharon, würden im Westjordanland eine israelische Mehrheit herstellen. Es sei für Israel demnach später unmöglich, die Siedlungen wieder aufzulösen, ohne Hunderttausende von Juden zu vertreiben und einen Bürgerkrieg auszulösen. Auf diese Weise versuchte er jeder Übereinkunft zuvorzukommen, die auf der Gleichung Frieden gegen Land beruhte.
In weniger als vier Jahren ließ Sharon 62 neue Siedlungen für mehr als eine Milliarde US-Dollar bauen und veränderte damit die Landkarte der Besetzten Gebiete vollständig. Nicht ohne Grund ist er als politischer Pate des Siedlungsprojektes bezeichnet worden.
In einem Interview mit einer Zeitung im Jahre 1973 behauptete er, er sei "der Initiator der Idee, jüdische Siedlungen im Gazastreifen zu bauen". Er sagte: "Ich ließ Kfar Darom bauen [die erste Siedlung im Gaza-Streifen] und Netzarim, und schloss ihr Territorium mit Zäunen ein."
Im Bündnis mit den Siedlern half der Likud ein Monster zu erschaffen, das nicht immer leicht unter Kontrolle zu halten war. Die Begin-Regierung versuchte in Camp David 1978 ein Abkommen mit Ägypten zu erzielen, das die Rückgabe des Sinai und von Yamit, einer Siedlung auf der Sinai-Halbinsel, sowie die Autonomie für die Palästinenser im Westjordanland und Gazastreifen vorsah, doch dies brachte die Siedlerbewegung in Rage. Einige rechte Politiker verließen empört den Likud und gründeten die Techya-Partei. Eine Fraktion innerhalb der Gush Emunim gründete den Jüdischen Untergrund, der Bürgerwehr-Terror befürwortete. Sie jagten die Autos der Bürgermeister von Ramallah und Nablus in die Luft und warfen eine Handgranate in eine Moschee, wobei ein Dutzend Araber verletzt wurden. Sie planten sogar einen Sprengstoffanschlag auf die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem.
Diese Gräueltaten und andere Gewaltakte blieben straflos. Kiryat Arba nahe Hebron war die Hochburg von Meir Kahane und fungierte als Ausgangspunkt für Gewalt gegen die palästinensische Bevölkerung.
Gush Emunim hatte Begins expansionistische Politik betrieben und war von ihm großzügig finanziert worden - so weigerte er sich, gegen die zionistischen Terroristen vorzugehen oder ihren Aktivitäten zuvorzukommen, obwohl die Geheimdienste ihre Pläne kannten. Gush-Führer, darunter solche, die später wegen terroristischer Aktivität hinter Gitter kamen, waren in Begins Räumen im israelischen Parlament willkommene Gäste.
Eine andere, noch größere Fraktion der Gush Emunim spielte eine wichtige Rolle bei der Radikalisierung der extremen Rechten: die Bewegung Stoppt den Rückzug aus dem Sinai. Sie war entstanden, um sich dem Rückzug Israels aus dem Sinai entgegenzustellen, der in Camp David vereinbart worden war, und mobilisierte etwa 1.000 Aktivisten, um den Abzug aus Yamit und einigen anderen Siedlungen zu verhindern. Der Sinai hatte zwar keine biblische Bedeutung, doch die rechten Siedleraktivisten fürchteten, der Rückzug kündige einen weitergehenden territorialen Kompromiss an. Weitere gewaltsame Konfrontationen folgten, jedoch ohne Erfolg. Sie mussten sich zurückziehen. Doch hatten sie ein Warnsignal gesendet, dass sie jeden Rückzug aus dem Westjordanland noch entschlossener bekämpfen würden.
Der Aufstieg der rechten Kräfte erzeugte auch Widerstand. Kurz nach Präsident Sadats Besuch in Jerusalem 1977 wurde Peace Now gegründet. Der Startschuss war ein offener Brief an den Likud-Ministerpräsidenten Menachem Begin, der von 350 Reserveoffizieren der israelischen Armee unterzeichnet war, viele von ihnen mit hohen Auszeichnungen versehen, die die Errichtung von zionistischen Siedlungen in den seit 1967 besetzten Gebieten ablehnten. Auch sie vertraten einen zionistischen Standpunkt und erklärten, sie zögen ein kleineres Israel, das mit seinen Nachbarn in Frieden lebe, einem Großisrael vor, das sich permanent im Kriegszustand befinde. Jede andere Politik würde "unsere gerechte Sache in Frage stellen. [...] Wirkliche Sicherheit kann es nur in Frieden geben. Die wirkliche Stärke der israelischen Armee erwächst aus der Identifikation der Bürger und Soldaten mit der Politik des Staates."
Der rechte Flügel verurteilte die Unterzeichner dennoch als Verräter. 40.000 Menschen gingen daraufhin spontan auf die Straße, um sie zu verteidigen. Peace Now stellte vor allem die Siedlungen in der besetzten Gebieten als Haupthindernis für den Frieden dar. Im Juni 1979 organisierte die Bewegung Demonstrationen von mehr als 3.000 Menschen bei Elon Moreh, eine Gush Emunim-Siedlung nahe Nablus. Ihre Kundgebungen gaben palästinensischen Landbesitzern den Mut, in Israel gegen die illegale Landenteignung vor Gericht zu ziehen.
Das Oberste Gericht entschied, dass Elon Moreh aufgelöst werden müsse. Doch der Stabschef der Armee Rafael Eitan und Landwirtschaftsminister Ariel Sharon kämpften verbissen, um das Urteil zu umgehen. Innerhalb von sechs Monaten gab das israelische Kabinett im Widerspruch zum Völkerrecht bekannt, dass künftig alles Land, das vorher Jordanien gehört hatte oder das nicht erfasst oder bebaut war, für Siedlungszwecke enteignet werden konnte. Der große Landraub im Westjordanland hatte begonnen.
Im Wahlkampf 1981, in dem ein Sieg der Arbeitspartei erwartet wurde, warfen Begin und der Likud-Block der Arbeitspartei Korruption sowie Diskriminierung der größtenteils verarmten sephardischen Juden aus dem Nahen Osten oder Nordafrika vor und sprachen damit eine seit langem schwelende Empörung und Verbitterung an. Der Wahlkampf wurde gewalttätig und endete in einem knappen Wahlsieg des Likud, womit dann die Gewalttätigkeiten legitimiert wurden, die von Kach und später Gush Emunim ausgingen.
Rechte bestimmen die Politik des Likud
Nach dem Abschluss des Friedensabkommens mit Ägypten war der Weg für die Likud-Regierung nun frei, die Siedlungen in den besetzten Gebieten weiter auszubauen. Die Regierung enteignete Tausende Hektar palästinensischen Lands im Westjordanland. Der Anteil des in jüdischem Besitz befindlichen Land stieg dadurch von 1967 bis 1984 von 0.5 Prozent auf 40 Prozent. Ein großer Teil davon wurde durch Korruption, Betrug und ungesetzliches Vorgehen erworben, wobei Bodenspekulanten und Bauunternehmer im Umfeld von Sharon zu Reichtum gelangten. Die Regierung beauftragte sogar eigene Verkäufer, um Land im Westjordanland an reiche amerikanische Juden zu verkaufen. Bis 1984 hatte sie 112 Siedlungen bauen lassen.
Im sicheren Wissen, dass Ägypten sich heraushalten würde, hatte die Regierung nun auch freie Hand, gegen die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) vorzugehen, die seit 1970 ihren Sitz im Libanon hatte. Begin förderte den früheren Terroristen der Sternbande Yitzak Shamir und ernannte Ariel Sharon zum Verteidigungsminister. Ein mörderischer, breit angelegter Krieg gegen die PLO und den Libanon war nun nur noch eine Frage der Zeit. Im Juni 1982 marschierte Sharon im Libanon ein, vertrieb die PLO aus dem Südlibanon und bereitete die Belagerung Beiruts vor.
Die ersten Antikriegsproteste brachen kurz nach Beginn des Krieges aus, als Reservisten, die der Peace Now-Bewegung angehörten, einige Tage Urlaub hatten. Antikriegs-Demonstrationen hatten nur deshalb nicht schon vor dem Krieg stattgefunden, weil Begin geleugnet hatte, dass Israel im Libanon einmarschieren wolle. Jetzt gingen 120.000 gegen den Krieg auf die Straße. Es war das erste Mal, dass eine israelische Bewegung es gewagt hatte, gegen einen Krieg zu protestieren, den die israelische Armee führte. Rechte Kräfte taten alles, um Begin und Sharon zu verteidigen.
Es gab auch andere Antikriegsbewegungen, doch die religiöse Rechte und die Ultra-Nationalisten gingen mit Verleumdungen und Einschüchterungsmaßnahmen gegen Peace Now vor, weil diese die Siedlungen in den Besetzten Gebieten ablehnte. Als Peace Now eine gewaltige Kundgebung von 400.000 Israelis organisierte, die sich gegen das Massaker an Palästinensern im September 1982 durch christliche Milizen in den Beiruter Flüchtlingslagern Sabra und Shatila richtete, und eine Untersuchung forderte, welche Rolle die israelische Armee unter Leitung Sharons dabei gespielt hatte, erreichten die Spannungen ihren Höhepunkt. Monatelang nach der Invasion des Libanons hielt Peace Now eine Mahnwache vor dem Amtssitz von Begin ab, forderte den Rückzug aus dem Libanon und zeigte Transparente, auf denen die Zahl der israelischen Opfer zu lesen war. Viele dachten, ihre Aktionen hätten dazu beigetragen, dass Begin 1983 unvermittelt zurücktrat, als gebrochener Mann und ohne jegliche Erklärung, kurz nachdem die Zahl der israelischen Opfer auf 500 gestiegen war. Auf Begin folgte Yitzak Shamir als Ministerpräsident, ein noch weiter rechts stehender ehemaliger Terrorist.
Die rechten Aktivisten waren außer sich vor Wut über Peace Now. 1983 ermorderte ein Fanatiker bei einer Demonstration ein führendes Mitglied von Peace Now, Emil Greentzweig, und verletzte eine Reihe weiterer Demonstranten. Bekannte liberale Akademiker, Künstler und Journalisten wurden Zielscheibe rechter Gewalt. Als ein Journalist eine Umfrage veröffentlichte, wonach die Mehrheit der Israelis Land gegen Frieden eintauschen wollten, wurde seine Wohnung angezündet.
Das Klima der Einschüchterung und Angst wurde von Politikern wie Sharon, der die Mitglieder von Peace Now als "Verräter" und "Defätisten" kritisierte, noch angeheizt. Versammlungen von Linken wurden in einem Stil angegriffen und auseinandergejagt, der an das Vorgehen der Faschisten in den 1920-er und 1930-er Jahren erinnerte. In dieser aufgeheizten Atmosphäre konnte Rabbi Kahane Unterstützung für die Aufhebung eines 10-jährigen Verbots politischer Betätigung mobilisieren und 1984 einen Sitz im israelischen Parlament gewinnen.
Das Ereignis, das wirklich zeigte, wie tief diese extremistischen Kräfte in der israelischen politischen Elite verankert waren, war der Prozess gegen die Bewegung des Jüdischen Untergrunds, der versucht hatte, die drittheiligste Stätte der Moslems, die Al-Aksa-Moschee, in die Luft zu sprengen. Die Al-Aksa-Moschee ist an der Stelle des zweiten hebräischen Tempels erbaut, und diese religiösen Fanatiker glaubten, die verheerenden Unruhen, die nach der Zerstörung der Moschee zu erwarten seien, würden den Weg für die Erlösung Israels und den Bau des dritten Tempels freimachen.
Der Prozess wurde zur cause célèbre für die Rechten. Zwanzig Parlamentsabgeordnete der rechten und nationalistischen Parteien, auch vom Likud, traten offen für die Angeklagten auf. Diese behaupteten, sie hätten die Unterstützung weiterer 25 Abgeordneter der Knesset. Einige Parlamentarier traten sogar als Zeugen der Verteidigung auf. Auch von Rabbis erhielten die Angeklagten Unterstützung.
Drei der Angeklagten wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Strafmaß der anderen zwölf lag zwischen vier Monaten und sieben Jahren. Die meisten der Urteile waren so milde, dass Anhänger des Untergrunds die Parole ausgaben: "Wir haben gewonnen, wir haben gewonnen."
Doch das Siedler-Projekt fand in Israel nicht genügend Unterstützung. Als der Nachschub an religiösen Siedlern einbrach, entschieden Führer der Gush Emunim, die mit der Likud-Regierung zusammenarbeiteten, dass es für die Judäisierung des Westjordanlandes unerlässlich sei, den Juden, die damals in den Grenzen von 1967 lebten, von Seiten des Staates großzügige Subventionen und attraktive Häuser anzubieten. Schon im folgenden Jahr waren die Subventionen pro Kopf für die Siedlungen viermal höher als die für die jüdischen Bewohner von Obergaliläa. Die herrschende Hyperinflation und große ökonomische Unsicherheit bildeten zusammen einen wichtigen Anziehungspunkt für Not leidende israelische Familien und schufen im Westjordanland eine breitere politische Basis für die rechten politischen Parteien.
Die Rechtsentwicklung in der israelischen Politik zeigte sich im Wahlergebnis von 1984. Der rechte Flügel insgesamt verteidigte seinen Stimmenanteil gegenüber der Arbeitspartei, doch der Likud-Block verlor Parlamentssitze an andere rechte Parteien, die Techiya-Partei und die Morasha-Partei.
Der religiöse Fanatiker Rabbi Meir Kahane und seine Kach-Partei zogen ins Parlament ein und erhielten Stimmen von den ärmsten Schichten der israelischen Gesellschaft, darunter auch vielen Armeeangehörigen. Der Zweitplatzierte auf der Kandidatenliste der Kach-Partei hatte wegen politisch motivierter Gewaltanwendung im Gefängnis gesessen, der drittplatzierte Kandidat, Dr. Baruch Goldstein, erschoss 10 Jahre später 29 Männer und Kinder beim Gebet in einer Moschee in Hebron.
Die Rechtsentwicklung in Israel wurde nicht nur dadurch begünstigt, dass es die Arbeitspartei versäumt hatte, dem Likud eine fortschrittliche Alternative entgegenzusetzen. Als der Likud wegen der Zersplitterung der Rechten seine Regierungsfähigkeit einbüßte, eilte ihm die Arbeitspartei zu Hilfe. Zwischen 1984 und 1992 wurden Regierungen der Nationalen Einheit gebildet, die aus einer Koalition von Likud und Arbeitspartei bestanden.
Einige der eher linken Parteien im Block der Arbeitspartei weigerten sich zwar, mit den Rechten zusammenzuarbeiten. Doch die Mehrheit der Parteien im Block der Arbeitspartei erklärte sich bereit, in die Koalition mit dem Likud zu gehen und die schleichende Annektierung und Besiedlung der besetzten Gebiete zu unterstützen. Dies trug direkt dazu bei, die große Anzahl der zwischen 1977 und 1984 errichteten Siedlungen zu legitimieren, und lieferte somit auch eine Rechtfertigung für das Vorgehen der ultranationalistischen und religiösen Parteien.
Die Rechten erstarkten innerhalb und außerhalb des Likud und trieben die Regierung selbst immer weiter nach rechts. Die Aufsplitterung des zionistischen politischen Establishments führte zur Entstehung neuer rechter Formationen; die Shas-Partei, eine religiöse Partei, die sich an Juden nahöstlicher und nordafrikanischer Herkunft wendet, ist nur ein Ausdruck dieser Entwicklung. Der Einfluss solcher Parteien erklärt sich teils durch ihr Netzwerk karitativer Einrichtungen für die Armen und teils dadurch, dass sie nicht mit dem elitären und korrupten Arbeitspartei-Establishment in Verbindung gebracht wurden.
Für die Bildung einer großen Koalition, deren Bestand von kleinen rechten Parteien abhing, mussten diesen Sitze im Kabinett zugestanden werden, wo jede Partei Ämter zu ergattern versuchte, die sich für ihre jeweilige politische Klientel vorteilhaft nutzen ließen. Parteien und politische Führer nutzten die begehrten Ministerien, das Innen- und Wohnungsbauministerium, um ihre soziale Basis zu stärken.
1992 war sich die israelische Finanzelite darüber klar geworden, dass die rechte Politik der Regierung mit dem Ziel eines Großisraels in jedem Punkt verheerende Ergebnisse gezeitigt hatte. Die Armee war im Libanon gebunden. Die Wirtschaft stagnierte. Palästinensische Arbeiter und Jugendliche befanden sich seit Dezember 1987 im Aufstand gegen ihre schrecklichen wirtschaftlichen und sozialen Lebensumstände.
Auch mit den brutalsten Unterdrückungsmaßnahmen hatte die Armee den Aufstand nicht beenden können. Die Kosten des Krieges im Libanon, die Besatzung und die Subventionszahlungen an die Siedler unterhöhlten die wirtschaftlichen und politischen Grundlagen des Staates. Israels Situation als Garnisonsstaat und die Isolation des Landes von der regionalen Wirtschaft hatten eine scharfe ökonomische und soziale Krise verursacht. Für die israelische Bourgeoisie war es notwendig, ihre ökonomische Isolation zu durchbrechen.
Die Osloer Verträge von 1993
1992 kam Yitzak Rabin an der Spitze einer Regierung der Arbeitspartei an die Macht, nachdem er versprochen hatte, innerhalb eines Jahres eine Übereinkunft mit den Palästinensern zu erzielen. Mit Unterstützung der Peace Now-Bewegung gab sich die Arbeitspartei als Partei des Friedens, die eine Verhandlungslösung mit den Palästinensern als vernünftigste Lösung des Konflikts im Sinne der nationalen Interessen Israels befürwortete.
Die Osloer Verträge von 1993 zwischen Israel und der PLO bedeuteten das Scheitern der bürgerlich-nationalistischen Perspektive der PLO, die demokratischen und sozialen Bestrebungen der palästinensischen Massen zu verwirklichen. Der US-Imperialismus zwang dieses Abkommen einer palästinensischen Führung auf, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, dem Golfkrieg und der vollkommenen Unterordnung der arabischen Regime unter den US-Imperialismus isoliert dastand.
Als Gegenleistung für die Zusage einer deutlich eingeschränkten Selbstverwaltung und der zukünftigen Errichtung eines palästinensischen Zwergstaates im Westjordanland und Gazastreifen erklärte sich die PLO bereit, den Staat Israel anzuerkennen.
Doch auch Israel musste Kompromisse eingehen. In den Osloer Verträgen kam die Erkenntnis von Israels weitsichtigeren Politikern zum Ausdruck, dass die Stellung Israels durch das Ende des Kalten Krieges geschwächt worden war. Die USA konnten sich nun neben Israel auch noch auf eine Reihe arabischer Regime wie Ägypten und die Golfstaaten stützen, um die Kontrolle über die Region zu behalten. Dies hatte sich im Golfkrieg von 1991 gezeigt. In einer globalisierten Wirtschaft war Israels wirtschaftlicher Erfolg zudem vom Zugang zu den Märkten des Nahen Ostens abhängig. Der Preis dafür war Israels Zustimmung zur Schaffung der palästinensischen Autonomiebehörde.
Doch selbst die geringfügigen Zugeständnisse in diesen Verträgen, die im September 1993 auf dem Rasen des Weißen Hauses mit großem Pomp besiegelt wurden, waren für die rechte Siedlerbewegung, die durch die "großisraelische" Politik entstanden war, inakzeptabel.
Innerhalb des zersplitterten politischen Systems Israels waren kleine Parteien in der Lage, ihre Rolle als Königsmacher auszunutzen, um weitreichende finanzielle Zugeständnisse durchzusetzen, die ihre eigene soziale Basis stärkten. Sie hatten daher kein Interesse an einem Abkommen, insbesondere weil viele ihrer Anhänger unter der Verlagerung von Industrien in das Westjordanland, nach Jordanien und Ägypten zu leiden hatten, wo billigere Arbeitskräfte die Unternehmen lockten.
Die Verhandlungen kamen immer wieder ins Stocken, weil die rechten Zionisten beschwichtigt werden mussten, für die auch die jede Aufgabe einer Siedlung ein Tabu darstellte. Weiterhin wurden, noch dazu in höherem Tempo, jüdische Siedlungen im Westjordanland und Gazastreifen gebaut, vorwiegend für Einwanderer aus den USA und Russland. Ein Straßennetz wurde angelegt, das palästinensische Städte und Dörfer voneinander abschnitt, während es die Siedlungen untereinander verband. So wurde verhindert, dass die palästinensischen Gebiete ein zusammenhängendes Territorium bilden konnten. Doch selbst damit waren die Siedler noch nicht zufrieden.
Die Veränderung in der israelischen Politik, die für die kapitalistische Klasse des Landes so notwendig war, löste bei den extrem rechten Kräften eine explosive Reaktion aus. Das Massaker an 29 Palästinensern in Hebron im März 1994, ausgeführt von dem in den USA geborenen Fanatiker und Kach-Anhänger Baruch Goldstein war nur der erste deutliche Ausdruck ihres Widerstandes.
Im Oktober 1995 bewahrte der oppositionelle Likud Stillschweigen, als rechte religiöse Nationalisten vor aufgebrachten Demonstranten in Jerusalem Ministerpräsident Rabin als Verräter bezeichneten. Einen Monat später wurde Rabin von einem jungen religiösen Fanatiker, Yigal Amir, ermordet. Der erste Mord an einem israelischen Führer seit der Gründung des Staates Israel wurde nicht von einem Araber sondern von einem Juden ausgeführt.
Der Mord erfüllte sein politisches Ziel. Der Likud erlangte die Macht unter der Führung von Benjamin Netanyahu 1996, und die Friedensgespräche kamen praktisch zum Stillstand.
Die Mehrheit der Israelis wollte immer noch eine Lösung des Konflikts und stimmte 1999 für den Kandidaten der Arbeitspartei Ehud Barak, um eine Einigung mit den Palästinensern zu erzielen. Baraks Koalitionsregierung unter Führung der Arbeitspartei versuchte vergeblich, die stockenden Friedensgespräche wieder in Gang zu bringen. Zum Teil lag dies daran, dass er den Palästinensern nichts anbot, was wenigstens ihre grundlegendsten Bedürfnissen und Interessen bedient hätte. Ein weiterer Grund war jedoch, dass auch die geringen Zugeständnisse, die er zu machen bereit war, von den rechten und religiösen Parteien abgelehnt wurden, die erstmals an einer von der Arbeitspartei geführten Koalition beteiligt waren, darunter die Shas-Partei und die russische Einwandererpartei Yisrael B'Aliya.
Sharons Besuch auf dem Jerusalemer Tempelberg in Begleitung von mehr als 100 schwer bewaffneten Sicherheitskräften im September 2000 hatte zum Ziel, eine gewaltsame Reaktion der Palästinenser zu provozieren und damit jegliche Aussicht auf einen palästinensischen Staat im Westjordanland und Gazastreifen zunichte zu machen.
Zu viele hatten von der illegalen Siedlungspolitik profitiert, die großzügig von Washington finanziert und unterstützt wurde. Viele hatten ein Vermögen gemacht mit der Abzweigung von Regierungsgeldern, die für Entwicklungsprojekte vorgesehen waren. Und vielen Armen boten die von den religiösen Parteien betriebenen karitativen Einrichtungen, die sie der Regierung als Preis für ihre Unterstützung abgetrotzt hatten, eine Hilfe zum Leben an. Letztlich war es unmöglich, den legitimen Bestrebungen der Palästinenser im Rahmen eines religiösen Staates entgegenzukommen, der durch die Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat entstanden war.
Seit seiner Regierungsübernahme im Jahr 2001 hat Sharon alles in seiner Macht Stehende getan, um jede Aussicht auf einen Palästinenserstaat zunichte zu machen. Die anhaltende Gewalt, zu der er durch Straßen- und Ausgangssperren, Abriss von Häusern, politische Morde und die militärische Besetzung des Westjordanlandes und Gazastreifens so viel beigetragen hat, hat er dazu benutzt, seine Pläne zur Ausdehnung des zionistischen Staates voranzutreiben. Im Namen eines "Kriegs gegen den Terror" hat er einen wahren Terrorkrieg entfesselt, in dem die Umrisse seines Großisraels deutlich werden.
Der Ausbau der Siedlungen hat in den letzten fünf Jahren deutlich an Tempo gewonnen, vor allem im Westjordanland und in Ost-Jerusalems, wo mittlerweile 450.000 jüdische Israelis leben. Sharons Siedlungsprojekt war so erfolgreich, dass nur wenige die "Zwei-Staaten"-Lösung, die im Oslo-Abkommen gefordert wird, für eine realistische Möglichkeit halten. Er hat sich den Vorschlag der Arbeitspartei zueigen gemacht, eine Mauer zu errichten, der mitten durch das Westjordanland verläuft und das beste palästinensische Land auf Dauer dem israelischen Staat einverleibt. Alle diese Maßnahmen wurden mit uneingeschränkter Unterstützung der Bush-Regierung durchgeführt.
Sharon hat dafür das geringfügige Zugeständnis gemacht, die Siedlungen im Gazastreifen und vier kleinere auf der West Bank zu räumen. Er macht einen taktischen Rückzieher, um einen strategischen Vorteil im Sinne von Realpolitik zu erreichen. Sein Vorgehen erlaubt ihm, das Thema Grenzen und Siedlungen ohne Verhandlungen und zu Bedingungen anzugehen, die für Israel günstig sind. Sein enger Vertrauter, Dov Weisglass, platzte mit der Wahrheit heraus, als er sagte, dass der Abzugsplan sei "im Grunde genommen Formaldehyd. Er liefert die nötige Menge Formaldehyd, um den politischen Prozess mit den Palästinensern auszusetzen."
Sharon selbst machte beim Gipfel in Sharm el Sheikh im Februar 2005 klar, dass "es keinen direkten Übergang vom Abzugsplan zur Road Map geben wird". Er fügte hinzu, dass sein Plan "einen tödlichen Schlag gegen die Palästinenser" bedeute.
Sharon will nicht länger astronomische Summen aufwenden, um einige wenige isolierte Siedler im Westjordanland und 8.000 Siedler im Gazastreifen, die von 1,3 Millionen feindseligen Palästinensern umgeben sind, zu verteidigen. wenn er doch mit Unterstützung des Weißen Hauses einen großen Teil des Westjordanlandes annektieren und damit die Möglichkeit verringern kann, dass es unter einem künftigen Abkommen zurückgegeben werden muss. Auch während er 1.700 Häuser von Siedlern im Gazastreifen räumen lässt, hat seine Regierung ein weitaus umfassenderes Siedlungsprogramm für Zehntausende von Menschen im Westjordanland bewilligt, entgegen den Vorgaben der Road Map, dass dort jeglicher Bau von Häusern zu unterbleiben hat.
Sharon wurde unterdessen "Friedensstifter" genannt und hat von früheren Gegnern auf der Linken und in der Peace Now-Bewegung Unterstützung erhalten. Als die vom Likud geführte Koalitionregierung im letzten Jahr vor dem Ende stand, nachdem der Abzugsplan zum Rücktritt von Ministern und dem Austritt von Parteien aus der Regierung geführt hatte, kam die Arbeitspartei dem Likud zu Hilfe. Alle Umfragen zeigen immer wieder, dass 70 Prozent der israelischen Bevölkerung den Abzug befürworten, weil sie den langjährigen Konflikt mit den Palästinensern durch ein Land-für-Frieden-Abkommen beenden will.
Für die extreme Rechte zählen alle diese Argumente nicht. Auch sie sehen ihren ehemaligen Verbündeten als "Friedensfreund" und daher als Verräter an der Sache des Zionismus. Das Anwachsen einer solchen faschistischen Schicht, die jedes Zugeständnis an die Palästinenser ablehnt, selbst wenn dafür die viel wertvollere Unterstützung der USA für die Festigung der israelischen Herrschaft über das Westjordanland winkt, beschwört die Gefahr eines Bürgerkriegs in Israel herauf - zwischen religiösen und weltlichen Juden. Dadurch wird aufs Neue die Mär widerlegt, dass die Errichtung eines jüdischen Staates in Palästina, auf Kosten derer, die bereits dort leben, der Verfolgung der Juden ein Ende bereiten könnte.
Nicht nur Frieden mit den Palästinensern und Israels arabischen Nachbarn ist unvereinbar mit der Unterstützung für den zionistischen Staatsapparat und die nationalistische Ideologie des Zionismus - sondern auch Frieden zwischen den Juden selbst. Sozialen, wirtschaftlichen und wahrhaft demokratischen Fortschritt kann es nur geben, wenn jüdische und arabische Arbeiter auf weltlicher und sozialistischer Basis vereint werden im Aufbau der Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen Ostens.
Siehe auch:
Ariel Sharon - Eine politische Bewertung (3. Februar 2006)