Fast 59 Jahre nach dem Mord an dem niederländischen Widerstandskämpfer Jan Houtman wurde am 8. September 2003 vor dem Landgericht Hagen der Prozess gegen den inzwischen 88-jährigen ehemaligen SS-Mann Herbertus Bikker eröffnet. Er ist angeklagt, den 27jährigen Houtman am 17. November 1944 auf einem Bauernhof in der holländischen Gemeinde Dalfsen erschossen zu haben.
Der Prozess wirft ein Licht auf die brutale Besatzungsherrschaft der Nazis in den Niederlanden und die grausame und rücksichtslose Verfolgung des Widerstands mit Hilfe einheimischer Kollaborateure, die der Waffen-SS beigetreten waren. Die Tatsache, dass der Prozess so spät eröffnet wurde, ruft auch den mehr als zögerlichen Umgang mit den Verantwortlichen der Nazi-Verbrechen in der Bundesrepublik in Erinnerung. Der Prozess muss aufgrund des Gesundheitszustands des Angeklagten zwar immer wieder unterbrochen werden, dieser wurde aber nicht, wie in anderen vergleichbaren Fällen, von vornherein für verhandlungsunfähig erklärt.
Herbertus Bikker hatte sich während der deutschen Besatzung der Niederlande, die von 1940 bis 1945 dauerte, der Waffen-SS angeschlossen und war zum Zeitpunkt der Tat als Ordnungspolizist und Wächter im Straf- und Arbeitslager Erika in Ommen eingesetzt. Viele Lagerinsassen waren Arbeiter, die sich der Zwangsarbeit im deutschen Reich widersetzt oder sich am Widerstand gegen die deutsche Besatzung in den Niederlanden beteiligt hatten.
Bikker gehörte zu einer berüchtigten Schlägertruppe, die die Gefangenen des Lagers drangsalierte. Darüber hinaus gehörten Razzien in umliegenden Wohnhäusern zu den Aufgaben seiner Truppe. Sie verhaftete willkürlich Widerstandsverdächtige, bedrohte Angehörige und plünderte Wohnhäuser. Auch Misshandlungen und die Tötung von Gefangenen gehen auf ihr Konto. Da sich Bikker bei der Jagd nach Untergetauchten "Onderduikers" besonders hervor tat, wurde er von den Häftlingen des Lagers "Schlächter von Ommen" genannt.
Nach der Niederlage der Nazi-Diktatur im Mai 1945 und der Befreiung der Niederlande wurde Bikker 1949 zunächst von einem niederländischen Gericht zum Tode verurteilt. Nach einem Berufungsprozess wurde die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1952 gelang Bikker und sechs anderen verurteilten Kriegsverbrechern, alle Mitglieder der holländischen Waffen-SS oder der Sicherheitspolizei, die Flucht aus dem Gefängnis in Breda. Sie flohen über die deutsch-holländische Grenze und meldeten sich auf einer deutschen Polizeistation. Dort mussten sie ein Bußgeld von zehn DM wegen illegalen Grenzübertritts entrichten, konnten aber ihre Flucht ungehindert fortsetzen. In Deutschland fanden sie Hilfe bei ehemaligen SS-Angehörigen, die bereits wieder wichtige Ämter bekleideten.
Juristisch beriefen sich die zuständigen Behörden und Gerichte bis hin zum Bundesgerichtshof darauf, dass Bikker und die anderen Geflohenen nicht an die Niederlande ausgeliefert werden dürften, weil sie aufgrund eines "Führer-Erlasses" vom 19. Mai 1943 als Deutsche gälten und damit auch nach dem 1949 geltenden Grundgesetz nicht an andere Länder ausgeliefert werden dürften. Der "Führer-Erlass" garantierte allen, die sich den Nazi-Verbänden oder der Wehrmacht anschlossen, die deutsche Staatsangehörigkeit.
Bikker musste sich zwar schließlich Mitte der 1950er Jahre in Dortmund vor Gericht verantworten. Das Verfahren wurde aber aus "Mangel an Beweisen" eingestellt. Die niederländische Justiz hatte sich geweigert, ihr Beweismaterial an die deutsche Justiz zu übergeben, weil sie dieser wegen der vielen Nazi-Juristen misstraute, die nahtlos vom Dritten Reich übernommen worden waren.
Seither lebte Bikker über 50 Jahre lang unbehelligt im nordrhein-westfälischen Hagen. Dass es schließlich doch noch zum Prozess kam, ist vor allem dem Umstand zuzuschreiben, dass er sich 1997 in einem Interview mit dem Stern -Reporter Werner Schmitz selbst mit der Erschießung Jan Houtmans brüstete. Mit den Worten, "Und dann hab ik ihm den Gnadenschuss gegeben", schilderte er sein Vorgehen am 17. November 1944, als er Houtman, der der Widerstandsgruppe "knokploeg" angehörte, stellte und erschoss.
Vor etwa zehn Jahren hatte der niederländische Gerichtsreporter und Nazijäger Jack Koistra Herbertus Bikker in seinem Wohnhaus in Hagen aufgespürt. Das niederländische Fernsehen berichtete darüber und das Justizministerium in Den Haag forderte die sofortige Auslieferung Bikkers, was aber von den deutschen Behörden abgelehnt wurde. Im November 1995 demonstrierten dann deutsche und holländische Mitglieder antifaschistischer Gruppen sowie einige noch lebende Widerstandskämpfer vor dem Haus Bikkers in Hagen und riefen: "Herbertus Bikker ist ein Mörder". Sie wurden zu Geldstrafen wegen einer "nicht angemeldeten Demonstration" verurteilt.
Das machte die Stern -Redakteure Werner Schmitz und Albert Eikenaar auf den Fall aufmerksam, und es ist wohl maßgeblich ihren intensiven journalistischen Recherchen zu verdanken, dass es zu der erneuten Anklageerhebung gegen Bikker kam. Nach der Veröffentlichung des Stern -Interviews im Jahr 1997 begann Oberstaatsanwalt Ulrich Maaß von der Zentralstelle für nationalsozialistische Massenverbrechen bei der Staatsanwaltschaft Dortmund zu ermitteln.
Es dauerte weitere sechs lange Jahre bis zur Prozesseröffnung. Einige der Zeugen, die den Mord an Jan Houtman aus der Nähe beobachtet hatten, leben inzwischen nicht mehr. Auch die Witwe Jan Houtmans ist vor drei Jahren verstorben. Aber eine wichtige Zeugin, die ihre Aussage bereits vor fünf Jahren zu Protokoll gegeben hatte, konnte am 10. Oktober 2003 persönlich vor dem Landgericht in Hagen erscheinen und aussagen.
Es handelt sich um die inzwischen 81-jährige Annie Bosch-Klink. Sie konnte sich sehr lebhaft an die Ereignisse erinnern, die sich vor 59 Jahren auf dem Bauernhof ihrer Eltern abgespielt hatten. Sie war damals 22 Jahre alt und beobachtete aus dem Küchenfenster, wie sich zwei SS-Männer, wie sie zunächst annahm, dem Hof näherten. Sie wurde von Panik ergriffen, weil sich ihr Bruder und dessen Freund, die ebenfalls im Widerstand aktiv waren, auf dem Hof aufhielten. Dann sah sie, wie sich einer der vermeintlichen SS-Männer losriss und von dem anderen wegrannte. Dieser verfolgte den Flüchtenden, und dann hörte sie mehrere Schüsse. Ihr Bruder Jan und dessen Freund, die sich in ihrem Unterschlupf oberhalb der Pferdekoppel versteckt hatten, sahen mit an, wie Bikker auf Houtman schoss, der bereits verletzt auf dem Boden lag. Dann hörten sie, wie Bikker sagte: "Hast du jetzt genug? Du stehst nicht mehr auf. Nun bist du richtig tot."
Annie Bosch-Klink kann sich so lebhaft an die damaligen Ereignisse erinnern, weil diese sie in ihrem ganzen Leben nicht mehr losgelassen haben. Nach der Ermordung Houtmans drohte Bikker ihrem Vater: "Dich mach ich auch kalt" und "Hau mal ab, dich hol ich später". Ihre Schilderung der Ereignisse vom 17. November 1944 widerspricht klar Bikkers Schutzbehauptung, der bei seiner Aussage in den 1950er Jahren erklärt hatte, er habe Jan Houtman in "Ausübung seiner Pflicht" erschossen, als dieser zu "fliehen versuchte".
Die Niederlande unter deutscher Besatzung
Das brutale Verbrechen, das derzeit in Hagen nach fast sechs Jahrzehnten Gegenstand eines Gerichtsprozesses ist, ist nur eines von Tausenden, die von den deutschen SS- und Besatzungstruppen und ihren niederländischen Kollaborateuren begangen wurden.
Als die deutsche Wehrmacht am 10. Mai 1940 in die Niederlande einmarschierte, unterwarf sie das Land aufgrund ihrer militärischen Übermacht innerhalb weniger Tage. Der Oberbefehlshaber der niederländischen Streitkräfte, General Winkelman, unterzeichnete am 15. Mai 1940 die Kapitulationsurkunde.
Wegen der Bombenangriffe und Artilleriebeschießungen war die Zahl der zivilen Opfer höher als die der gefallenen niederländischen Soldaten. Allein 800 Menschen starben bei einem deutschen Luftangriff auf die Rotterdamer Innenstadt, der trotz bereits angebotener Kapitulationsverhandlungen durchgeführt wurde. Aus Furcht vor einer Verhaftung durch die Gestapo wählten 150 jüdische Bürger den Freitod. Das Vorgehen der Wehrmacht war vor allem dadurch geprägt, Angst und Schrecken unter der Bevölkerung des besetzten Landes zu verbreiten.
Laut dem 1946 in Utrecht herausgegebenen Statistischen Jahrbuch der Niederlande wurden während der fünfjährigen deutschen Besatzungszeit 2800 Niederländer zum Tode verurteilt und hingerichtet, rund 20.000 starben in deutschen Konzentrationslagern und Gefängnissen, 600 kamen in niederländischen Lagern zu Tode. Nicht eingerechnet sind hier die Todesfälle infolge militärischer Einwirkung, während des sogenannten Arbeitseinsatzes und die ermordeten niederländischen Juden.
Das brutale Vorgehen der Besatzungsmacht rief Widerstand gegen die Besatzer und gegen deren niederländischen Unterstützer und Kollaborateure hervor. Während Teile der herrschenden Elite und der Beamtenschaft durch Kollaborationsangebote ihre Existenz und einen Teil ihrer Selbständigkeit retten wollten, machten die Nazi-Statthalter klar, dass sie sich nur mit der völligen Unterordnung unter die Anordnungen aus Berlin zufrieden geben würden. Ihr Ziel bestand darin, die Wirtschaft und Gesellschaft der Niederlande völlig den Erfordernissen der deutschen Eroberungspläne in Europa und gegen die Sowjetunion unterzuordnen.
Waren die Nazis in den Niederlanden anfangs noch etwas zurückhaltender vorgegangen als in den besetzten osteuropäischen Ländern, änderte sich dies nach einem Streik von Amsterdamer Arbeitern gegen die Deportation jüdischer Mitbürger 1941 schlagartig.
Gerhard Hirschfeld schreibt dazu in seiner Studie "Fremdherrschaft und Kollaboration - Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940-1945": "Während der zweiten Phase der Besatzung, die vom Frühjahr 1941 bis zum März/April 1943 dauerte, verschlechterte sich das Klima zwischen der Bevölkerung und den Besatzungsbehörden zusehends. Der Ausbruch des Streiks der Amsterdamer Arbeiter als Antwort auf die Deportation jüdischer Mitbürger am 25. Februar 1941 - der erste Massenstreik in einem von der Wehrmacht besetzten Gebiet - und die brutalen Reaktionen der deutschen Polizeiorgane in den folgenden Tagen signalisierten der niederländischen Öffentlichkeit, dass der Übergang von einer Periode überraschender Milde zum Alltag nationalsozialistischer Besatzung endgültig vollzogen war. Immer häufiger und gezielter griffen Sicherheitsdienst und deutsche Polizei, Militärpolizei und Wehrmachtsgerichte zu Mitteln der Abschreckung und des offenen Terrors: Verhaftungen, Razzien, Geiselerschießungen und Todesurteile waren bald an der Tagesordnung; parallel dazu formierte sich der niederländische Widerstand."
Der von den Nazis für die Niederlande eingesetzte Reichskommissar Arthur Seyss-Inquart, der sich schon beim "Anschluss" Österreichs an das deutsche Reich und kurzfristig als Stellvertreter des Statthalters im Generalgouvernement Polen in den Augen Hitlers bewährt hatte, erklärte vor einem vertrauten Kreis nach dem Amsterdamer Februarstreik, dass man nun endgültig von allen nationalen Sammlungsplänen (mit dem Ziel eines "freiwilligen Anschlusses" der Niederlande an Deutschland) Abschied nehmen müsse. Statt dessen kündigte er eine Politik des radikalen "Für oder gegen uns!" an.
Nach zuverlässigen Angaben des Niederländischen Roten Kreuzes wurden zwischen Juli 1942 und September 1944 rund 95.000 niederländische Juden über die Durchgangslager Westerbork und Vught in deutsche Vernichtungslager, vor allem nach Auschwitz und Sobibor, abtransportiert; von ihnen haben nur etwa 1070 überlebt. Weitere Transporte gingen nach Buchenwald/Ravensbrück, Bergen-Belsen und Theresienstadt. Die Gesamtzahl der in den Lagern Ermordeten oder sonstwie zu Tode Gekommenen betrug 102.000, das sind 75 Prozent der bei Ausbruch des Krieges in den Niederlanden ansässigen Juden. Die niederländische Polizei erwies sich bei der Jagd auf die jüdische Bevölkerung und ihre Deportation zu großen Teilen als williger Helfer der deutschen Besatzungsbehörden, des Sicherheitsdienstes und der SS.
Das Ziel der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik bestand in der rücksichtslosen Ausbeutung der niederländischen Produktionskapazitäten. Rüstungsaufträge der deutschen Wehrmacht und Aufträge zur Versorgung der Wehrmacht mit Uniformen, Stiefeln etc. hatten Vorrang vor der Versorgung der Zivilbevölkerung. Die niederländische Bauindustrie wurde zu großen Teilen beim Bau von Schutzwällen und anderen kriegswichtigen Projekten eingesetzt, wie der Errichtung von Luftwaffenstützpunkten in den Niederlanden und dem Bau des sogenannten Atlantikwalls in Belgien und Frankreich. In diesem Bereich entwickelte sich die niederländische Bauwirtschaft zur größten Stütze der deutschen Kriegsfertigung. Trotz Kontrollen von sogenannten Bevollmächtigten waren Unternehmergewinne von 100 und 200 Prozent in dieser Branche keine Seltenheit.
Unternehmen, die nicht kriegswichtig waren, erhielten dagegen oft keine Rohstoffe und mussten schließen. Die Arbeiter, die ihre Arbeit verloren, wurden mit vielen anderen zur Zwangsarbeit nach Deutschland abkommandiert, wo sie wiederum oft deutsche Arbeiter ersetzten, die zum Kriegseinsatz an die Ostfront geschickt wurden.
Die Zwangsarbeit in Deutschland, die von den niederländischen Arbeitsämtern schon vor der deutschen Besatzung als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit propagiert wurde, war unter Arbeitern und Arbeitslosen verhasst. Nach einem Memorandum des Reichsarbeitsministeriums vom 25. September 1941 (Vermerk über die Behandlung der aus den Westgebieten stammenden ausländischen Arbeiter) belief sich die Anzahl der kontraktbrüchigen Niederländer auf etwa 30 Prozent (18.000 der rund 60.000 in Deutschland Arbeitenden). Auf Grund der verhängten Repressalien gegen die Kontraktbrecher ging deren Zahl in den Folgemonaten stark zurück; sie dürfte für den Zeitraum 1941/42 (bis März) zwischen 10 und 20 Prozent gelegen haben.
Zwischen Oktober 1942 und März/April 1943 kam es zu mehreren großen Aktionen, bei denen niederländische Arbeiter für den Arbeitseinsatz in der deutschen Rüstungs-, Eisen- und Stahlindustrie zwangsverpflichtet wurden. Statistisch hochgerechnet arbeiteten Ende 1943 etwa 425.000 Niederländer in Deutschland oder in den von Deutschland besetzten Gebieten.
Im April 1943 gab Hitler den Befehl, die bereits Ende Mai 1940 entlassenen niederländischen Kriegsgefangenen zum Arbeitseinsatz in die Internierungslager zurückzuführen, um den Anforderungen des inzwischen proklamierten "totalen Krieges" nachzukommen. Das Bekanntwerden dieser Nachricht löste eine Streikwelle nicht gekannten Ausmaßes aus, die Hirschfeld mit den Worten beschreibt: "Fast eine Million Niederländer traten in den Ausstand, zeitweise kam es zu ernsthaften Störungen des Versorgungs- und Verkehrswesens. Die zunächst überraschten deutschen Sicherheitskräfte reagierten mit der gewohnten Brutalität und Rücksichtslosigkeit; allein bis zum letzten Streiktag, dem 7. Mai, wurden 80 Todesurteile verhängt und 60 Menschen standrechtlich erschossen."
Das Lager in Ommen wurde damals als Arbeitslager für "Wirtschaftsstraftäter" eingerichtet. Zu Wirtschaftsstraftaten gehörten Wirtschaftssabotage wie Arbeitsverweigerung, aber auch Fälle von Mundraub wurden als Wirtschaftsverbrechen verfolgt. Die Zahl der Strafverfahren in Wirtschaftssachen stieg von 21.000 (1941) auf rund 120.000 (1943).
In einer Art Überblick über die deutsche Besatzung der Niederlande schreibt Gerhard Hirschfeld am Anfang seiner sehr informativen Studie: "Je mehr sich die militärische Situation nach den Niederlagen an der Ostfront und im Mittelmeerraum zuungunsten Deutschlands entwickelte, desto brutaler und rücksichtsloser wurde die Besatzung in den Niederlanden gehandhabt. Die Vernichtung des jüdischen Bevölkerungsteils, die wirtschaftliche Ausbeutung durch die deutsche Kriegswirtschaft und die Verschleppung niederländischer Arbeiter zum Arbeitseinsatz erreichten 1944 ihren Höhepunkt. Ganze Industriezweige stoppten ihre Produktion oder waren nur noch auf deutsche Order tätig. In den folgenden Wintermonaten sank der Produktionsstand auf etwa 25 Prozent der Höhe für das Jahr 1938. Kriegseinwirkungen und der Zusammenbruch des Transportwesens führten katastrophale Versorgungsengpässe herbei, die schließlich im sogenannten Hungerwinter 1944/45 kumulierten.... Mehr als 20.000 Menschen verhungerten oder starben infolge von Mangelerscheinungen."
Und weiter: "Wirtschaftliche und soziale Verelendung übten auf die Bereitschaft vieler Niederländer, sich in irgendeiner Form am Widerstand gegen die Besatzung zu beteiligen, einen nicht unerheblichen Einfluss aus. Die Aktionen der illegalen Widerstandsorganisationen wurden wirkungsvoller und begannen die deutschen Behörden und ihre niederländischen Verbindungsstellen mitunter empfindlich zu treffen. Im Gegenzug reagierten die Polizei- und Sicherheitsdienste, aber auch die Wehrmacht mit brutalen Vergeltungsmaßnahmen, die den Terror, auch gegen Unbeteiligte und Unschuldige, zum obersten Gebot erhoben.
Als Vergeltung für einen Anschlag niederländischer Widerstandskämpfer auf einen deutschen Offizier ließ der Wehrmachtsbefehlshaber Christiansen das Dorf Putten in der Provinz Gelderland am Westrand der Veluwe dem Erdboden gleichmachen, sieben Bewohner sofort erschießen und 660 in das Konzentrationslager Amersfoort sowie später ins KZ Neuengamme deportieren; nur 116 von ihnen überlebten die Lager. Nach dem Attentat auf Rauter (den SS-Statthalter in den Niederlanden, der direkt Heinrich Himmler unterstellt war) am 6. März 1945, das der Generalkommissar (schwer verwundet) überlebte, ordnete der Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD, Dr. Schöngarth, die Erschießung von 250 Niederländern an."
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Anmerkung: Alle Zahlen und Daten aus der Zeit über die deutsche Besatzung der Niederlanden aus: Fremdherrschaft und Kollaboration - Die Niederlande unter deutscher Besatzung 1940-1945 von Gerhard Hirschfeld (Deutsche Verlagsanstalt 1984)