Die unsoziale Politik des Berliner SPD/PDS-Senats nimmt immer krassere Formen an. Während die beinahe Pleite gegangene Berliner Bankgesellschaft dank großzügiger Senatszuschüsse in absehbarer Zeit eine ausgeglichene Bilanz erwarten kann, treiben die öffentlichen Kassen der Hauptstadt immer deutlicher auf die Pleite zu. Der arbeitenden Bevölkerung Berlins wird in den kommenden Jahren eine unverschämte Rechnung präsentiert werden.
Beliefen sich die operativen Verluste der Bankgesellschaft im Jahr 2001 noch auf 632 Millionen Euro, so waren sie im vergangenen Jahr bereits auf 48 Millionen Euro gefallen, und für das laufende Jahr erwartet der Bankvorstand sogar eine ausgeglichene Bilanz. Ursache dieses wundersamen Aufschwungs, der den reichen Anlegern risikofreie Gewinne beschert, ist die Finanzpolitik des Berliner SPD-PDS-Senats. Schon Ende 2001 erhielt die Bank eine Kapitalspritze von 1,7 Milliarden Euro. Darüber hinaus legt der Senat jährlich etwa 300 Millionen zurück, um Risikokredite aus Immobiliengeschäften der Vergangenheit in Höhe von 21,6 Milliarden Euro bis ins Jahr 2030 abzusichern.
Im Gegensatz dazu hat in Berlin eine neue Runde des sozialen Kahlschlags begonnen. Unter der Leitung von Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wird ein Doppelhaushalt für die Jahre 2004/2005 vorbereitet, der alles, was bereits bisher an Kürzungen in dieser Stadt stattgefunden hat, in den Schatten stellt. Erklärtes Ziel ist es, bis zum Jahr 2006 zwei Milliarden Euro auf der Ausgabenseite zu senken, besonders im Kultur- und im Sozialbereich. Das ist exakt die Summe, die seit Bestehen des rot-roten Senats an die Bankgesellschaft abgeflossen ist.
Der Etat für Kultur und Wissenschaft soll nach den Plänen des Finanzsenators um 400 Millionen Euro bis 2006 gekürzt werden. Die Universitäten, die allein 200 Millionen Euro entbehren müssen, planen bereits, den Zugang zum Studium stark einzuschränken. Die Humboldt-Universität hat sogar angedroht, im kommenden Wintersemester überhaupt keine neuen Studenten aufzunehmen.
Bei den Theatern der Stadt stehen die Schaubühne und das Berliner Ensemble nicht mehr auf der Liste der zu fördernden Einrichtungen.
Die Zuweisungen an die Bezirke sollen ebenfalls um die Summe von 400 Millionen Euro sinken. Die Bezirke müssen vor allem für die Sozialhilfe aufkommen. Damit das gelingt, soll die Sozialhilfe in Berlin auf das Niveau des Landes Brandenburg abgesenkt und dadurch allein 33 Millionen Euro gespart werden. Ironischerweise steht diesem Ziel gegenwärtig noch ein Gesetz entgegen, das nach der Wende erlassen worden war, damit Sozialhilfeempfänger im Osten Deutschlands nicht so viel erhalten wie ihre Leidensgenossen im Westen. Nun stört dieses Gesetz, das vor zehn Jahren eine höhere Sozialhilfe West festlegte, die Absenkung der Sozialhilfe West auf Ostniveau. Im Namen der Gerechtigkeit wird dieses Gesetz nun aus dem Weg geräumt.
Außerdem werden die Beschäftigtenzahlen in den Bezirksämtern radikal reduziert. Zum Beispiel werden in Pankow von 3200 Beschäftigten in den nächsten beiden Jahren 500 abgebaut. Ein Verantwortlicher des Amtes dazu: "Die Bürger müssen künftig mit einem Leistungsabbau und längeren Wartezeiten auf Ämtern und in Einrichtungen des Bezirkes rechnen."
Im Ressort für Gesundheit und Soziales nehmen die Kürzungen eine neue Dimension an, die einer vollständigen Zerstörung der sozialen Infrastruktur der Stadt gleichkommt.
In der Behindertenhilfe sollen die Zuwendungen an die Wohlfahrtsverbände von 406 Millionen Euro um 220 Millionen mehr als halbiert werden. Dabei machen Personalkosten ungefähr 75% des Etats in der Behindertenhilfe aus. Etwa 10.000 Menschen sind in Berlin in diesem Bereich beschäftigt. Ein drastischer Personalabbau und nahezu die Aufhebung von jeder Betreuungsqualität im Behindertenbereich werden die unausweichlichen Folgen sein.
Bei der Hilfe zur Erziehung sollen 180 Millionen gestrichen werden, dabei wurden eben erst 90 Millionen eingespart.
Der Gesamtetat für Kindertagesstätten, der im Augenblick 750 Millionen Euro umfasst, soll um weitere 200 Millionen, mehr als ein Viertel, zusammengestrichen werden. Dies soll zum Teil durch die Erhöhung von Elternbeiträgen aufgefangen werden, die 42 Millionen Euro in die Kassen spülen sollen. Schon jetzt tragen die Eltern 13 Prozent zur vollen Kostendeckung von Kindertagesstätten bei. Die geplante Herabsetzung des Mindestbeitrages für Eltern, mit der man gewöhnlich drastische Anhebungen bei Eltern mit mittleren Einkommen zu verschleiern versucht, wird es nicht geben. Der Grund ist offensichtlich. Eltern, die den Mindestbeitrag zahlen, sind längst die überwältigende Mehrheit, in manchen Bezirken bis zu 75 Prozent.
Die Bedingungen für die Beschäftigten in der Kinderbetreuung werden sich massiv verschlechtern. Im Gespräch sind zum Beispiel die Streichung von Zuschlägen für die Betreuung behinderter Kinder oder die Übernahme von Krippenaufgaben durch Tagesmütter. Die Erzieherschlüssel mit 21 Kindern pro Erzieher sind längst auf ein unverantwortliches Maß gestiegen.
Natürlich basieren die oben aufgeführten Zahlen auf einem ersten Haushaltsentwurf. Doch sollte niemand glauben, dass es am Ende "nicht so schlimm" kommen werde. Die Erfahrung lehrt, dass alle kosmetischen Zugeständnisse, die in den kommenden Verhandlungen zu erwarten sind, nur dazu dienen, die Kürzungen durchzusetzen.
Der sozialdemokratische Finanzsenator strotzt angesichts dieser Aufgaben und Bilanz vor Überheblichkeit und Selbstbewusstsein. Eingeladen von einem Berliner CDU-Kreisverband referiert er vor einigen Tagen über seine Sparpläne und stieß dabei auf viel Interesse und wenig Kritik. Auf die Frage, wie es mit den Kürzungen enden werde, meint er: "Einer wird nicht leiden, und das bin ich."
Trotz derart provozierender Sprüche hat die PDS als Koalitionspartner diese reaktionäre und unverantwortliche Politik nicht nur mitgetragen, sondern heizt mit ihren eigenen Senatoren die Sparpläne an.
So hat der PDS-Wirtschaftssenator, Harald Wolf, den Part übernommen, vor der Bevölkerung die Rettung der Berliner Bankgesellschaft zu rechtfertigen. "Ein Zusammenbruch der Bank hätte viele öffentliche und private, kleine und mittelständische Unternehmen mit in den Abgrund gerissen..." Unzählige Arbeitsplätze wären in Gefahr. Seine Kritiker nannte er "hartnäckige Realitätsverweigerer".
Dabei trifft dieser Vorwurf voll und ganz auf ihn selbst zu. Mehr als die Hälfte der 4000 Stellen, welche die Bank bis 2005 abbauen will, sind bereits weggefallen. 45 Filialen der Berliner Sparkasse und der Berliner Bank, die beide zur Bankgesellschaft gehören, wurden bereits geschlossen. Alle Niederlassungen außerhalb Berlins wurden stillgelegt.
Durch weiteren Abbau und Auslagerung von Konzernteilen bleiben von ehemals 17.000 Stellen bis 2006 nur noch 7.000 übrig. Die Arbeitsplätze verschwinden. Was bleibt sind steigende Gehälter in den Chefetagen der Bank, saftige Gewinne für die Anleger und ein riesiges Loch im Haushalt.
Der PDS-Kultursenator, Thomas Flierl, forderte selbst Kürzungen in der Größenordnung von 100 Millionen Euro, wird aber ansonsten in der Auseinandersetzung mit den Hochschulen kaum wahrgenommen. Dort hat der Finanzsenator die Initiative an sich gerissen. Flierl fordert lediglich, dass, die "Frage des sozialverträglichen Personalabbaus" Eingang in die Verhandlungen mit den Hochschulen finden müsse.
Die PDS-Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner schließlich deckt die Behauptung vom "Ausstattungsvorsprung" Berlins in allen sozialen Bereichen und lobte erst kürzlich die "sehr guten Strukturen" in der Behindertenhilfe, um dann angesichts der desaströsen Finanzlage der Stadt die "Ausschöpfung von Einsparpotenzialen" anzumahnen. Dabei hat eine von ihr selbst in Auftrag gegebene Studie herausgefunden, dass Berlin bei den Werkstattplätzen für Behinderte deutliche Ausstattungsrückstände zu verzeichnen hat.
Bereits jetzt ist klar, dass trotz der geplanten tiefen Einschnitte in die Lebensgrundlagen der Bevölkerung die Verschuldung der Stadt explosionsartig zunimmt. Im letzten Jahr wurden neue Kredite in Höhe von sechs Milliarden Euro aufgenommen, in den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es bereits 4,2 Milliarden. Gegenwärtig zahlt die Stadt 2,2 Milliarden Euro Zinsen im Jahr und jährlich werden es etwa 250 Millionen Euro mehr. So nimmt die Abhängigkeit von den Banken immer weiter zu. Damit wird eine soziale Abwärtsspirale ohne Ende in Gang gesetzt.
Das Schlimmste an der unsozialen Politik dieses sogenannten "rot-roten Senats" ist ihre vollständige Verantwortungslosigkeit. Niemand in dieser Landesregierung hat eine ernstzunehmende Perspektive zur Lösung der Probleme, oder auch nur das Interesse darüber nachzudenken. Keiner wagt es, gegen die Politik der Bundesregierung aufzutreten, deren Steuerbeschlüsse die Länder und Kommunen in den Bankrott treiben. Hinter den gebetsmühlenartig wiederholten Argumenten von immer neuen Sachzwängen macht jeder Senator das, was ihm die Wirtschafts- und Unternehmerverbände vorschreiben. An den verheerenden sozialen und politischen Auswirkungen ihrer Politik ist niemand in den Chefetagen des Roten Rathauses interessiert.