IYSSE ziehen mit Rekordergebnis von 7,7 Prozent und fünf Sitzen zum zehnten Mal ins StuPa der Humboldt-Uni ein

Die International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) haben bei den Wahlen zum Studierendenparlament an der Humboldt-Universität ihr historisch bestes Ergebnis erzielt und ziehen mit fünf Abgeordneten zum zehnten Mal in Folge ins Parlament ein.

Sie erhielten 211 Stimmen und erzielten damit 7,7 Prozent. Damit konnten sie die Stimmenanzahl gegenüber den letzten Wahlen mehr als vervierfachen und den Anteil bei stark gestiegener Wahlbeteiligung mehr als verdoppeln. 2023 hatten sie 47 Stimmen (2,7 Prozent) erhalten. Das ist der größte Zuwachs aller Listen.

Besonders gute Ergebnisse erreichten die IYSSE mit 13 Prozent am Campus Nord, wo viele Medizin- und Biologie-Studenten wählen. Im kleinen, dezentralen Wahllokal des Instituts für islamische Theologie erhielten die IYSSE jede einzelne abgegebene Stimme und damit 100 Prozent.

Die IYSSE sind damit die fünftstärkste Fraktion im Parlament und haben deutlich mehr Stimmen als die Studierendenorganisation der CDU (RCDS, 5,2 Prozent) und der Regierungspartei FDP (LHG, 6,4 Prozent). Die Jusos (SPD) erhielten 10,3 Prozent, Grünboldt 13,7 Prozent. Stärkste Fraktion ist die parteiunabhängige Linke Liste mit 32,2 Prozent. Die Linke.SDS, der Studentenverband der kollabierenden Linkspartei, war gar nicht mehr zur Wahl angetreten.

Die enorme Steigerung der Stimmen für die IYSSE ist gerade angesichts der massiven Repression von Seiten der Universitätsleitung bemerkenswert. Diese hatte die Wahlveranstaltungen der IYSSE erst verboten und dann nur unter schweren Auflagen genehmigt. Zudem wurden die Plakate der IYSSE von Mitarbeitern der Universität und von rechten Gruppierungen in einem Maße abgerissen, dass ein Wahlkampf kaum möglich war. Der Bundesverfassungsschutz hatte die IYSSE noch kurz vor der Wahl in seinen Bericht aufgenommen und in der üblen Tradition der Sozialistengesetze als gesichert linksextremistisch und verfassungsfeindlich diffamiert.

Die politische Bedeutung des starken Wahlergebnisses der IYSSE reicht daher weit über die Mauern der Humboldt-Universität hinaus. An der HU zeigt sich die extrem zugespitzte Situation in Deutschland und international wie in einem Brennglas. Während die herrschende Klasse im Krieg gegen Russland einen Atomkrieg riskiert, in Gaza zu den Methoden des Völkermords zurückkehrt und zur Erreichung ihrer geostrategischen Interessen die ganze Gesellschaft militarisiert, geht sie brutal gegen jeden vor, der sich dieser Kriegsentwicklung entgegenstellt.

Linke Kulturzentren werden geschlossen, wenn sie den Völkermord in Gaza kritisierten, Studierende brutal angegriffen, wenn sie gegen den Krieg protestierten, und Professoren, die sich gegen die Polizeigewalt aussprachen, mit der Streichung von Forschungsgeldern bedroht. Die Regierung setzt ihre Kriegspolitik mit aller Brutalität durch und etabliert einen Polizeistaat.

An der Humboldt-Universität nimmt das besonders krasse Formen an. Im April wurde eine friedliche und legale Demonstration vor dem HU-Hauptgebäude von der Polizei in enger Zusammenarbeit mit der Universitätsleitung brutal angegriffen. Als die Studierenden dann im Mai das Institut für Sozialwissenschaften besetzten, nahm die Gewalt gegen sie exzessive Formen an. Die Polizei prügelte Studierende bewusstlos, misshandelte einen Journalisten, der sich als solcher zu erkennen gegeben hatte, und verhaftete einen Anwalt, der in seiner Funktion vor Ort war. Selbst gegen die Mitglieder des RefRat (AstA) wurden Ermittlungsverfahren eröffnet, obwohl sie als Vermittler zusammen mit der Präsidentin ins besetzte Institut gekommen waren.

In der Folge durften Veranstaltungen zu den Themen Völkermord, Antisemitismus und Krieg nur unter schärfsten Auflagen stattfinden. So wurde bei den IYSSE-Wahlveranstaltungen jeder Teilnehmer von Sicherheitsleuten überprüft und durchsucht. Wer keinen Studierendenausweis vorlegen konnte, wurde am Eingang abgewiesen. Selbst ein Bezirksverordneter der Linkspartei, Rüdiger Deißler, wurde trotz entsprechenden Nachweises nicht zur Veranstaltung zugelassen. Auch andere kritische Studierendengruppen waren von dem Vorgehen betroffen.

Das Wahlergebnis an der HU zeigt, dass diese Politik auf breite Opposition stößt und viele Studierende sich nicht einschüchtern lassen. Die Studierendenorganisationen sämtlicher im Bundestag vertretenen Parteien erhielten zusammengenommen nur 35,6 Prozent der Stimmen. Fast alle anderen Listen hatten den Polizeieinsatz gegen Studierende im Wahlkampf scharf kritisiert.

Ihren bewusstesten Ausdruck findet die enorme Opposition in den Stimmen für die IYSSE. Die 211 Stimmen waren angesichts der Zensur und Repression bewusste Stimmen gegen Krieg und für ein sozialistisches Programm, das die IYSSE ins Zentrum ihres Wahlkampfs gestellt hat. Als einzige Liste verurteilte sie den Völkermord in Gaza und die Kriegsvorbereitungen gegen Russland. Im Wahlaufruf der IYSSE heißt es:

Dabei können wir Studierende nicht allein gewinnen. Die einzige soziale Kraft, die in der Lage ist, den Genozid zu beenden und die demokratischen Rechte zu verteidigen, ist die internationale Arbeiterklasse, die große Mehrheit, die den ganzen Reichtum der Gesellschaft schafft. Als Jugendorganisation der Vierten Internationale stehen wir für die Vereinigung der Arbeiter über alle nationalen, religiösen und ethnischen Grenzen hinweg im Kampf gegen Kapitalismus und Krieg.

Die brutale Gewalt gegen Kriegsgegner zeigt gerade, dass es sinnlos ist, Appelle an die Regierung zu richten. Ein Weltkrieg kann nur verhindert werden, wenn der Kapitalismus gestürzt und durch eine sozialistische Gesellschaft ersetzt wird, in der die Bedürfnisse der Menschen vor den Profitinteressen stehen.

Diese Perspektive hatten die IYSSE schon auf einer Kundgebung vor dem Hauptgebäude der HU im letzten Dezember vertreten, die sie zusammen mit anderen Hochschulgruppen organisierten und der 300 Studierende kamen. Kurz darauf luden die IYSSE den Chefredakteur der World Socialist Web Site, David North, an die HU ein, der den Völkermord in Gaza historisch einordnete und die nationalistische Ideologie des Zionismus mit der Perspektive des internationalen Sozialismus konfrontierte. Der Vortrag wurde auf Youtube über 10.000 Mal gesehen und auch in dem Band „Die Logik des Zionismus“ im Mehring Verlag veröffentlicht.

Kurz vor der Wahl organisierten die IYSSE dann zwei Veranstaltungen im Audimax der Universität. Auf der ersten unter dem Titel „Wie weiter im Kampf gegen Völkermord und Polizeigewalt“ zeigten die IYSSE auf, dass der Genozid in Gaza und der Nato-Krieg gegen Russland zwei Fronten eines globalen Konflikts um die Neuaufteilung der Welt darstellen. Wie im 20. Jahrhundert führe der Kapitalismus wieder zu Weltkrieg, Eine Bewegung gegen den Völkermord müsse daher eine Bewegung gegen den Kapitalismus sein und könne sich nicht auf irgendein kapitalistisches Regime, sondern nur auf die internationale Arbeiterklasse stützen.

Auf der zweiten Veranstaltung diskutierten die IYSSE die ideologischen Dimensionen dieser Frage. Unter dem Titel „Der falsche Vorwurf des Antisemitismus und die Verharmlosung der Nazi-Verbrechen an der HU“ zeigten sie auf, wie die HU systematisch in ein Zentrum des deutschen Militarismus umgebaut worden ist. Professoren verharmlosten die Verbrechen des deutschen Imperialismus, um neue Verbrechen vorzubereiten, und die Uni wurde immer offener Schauplatz für übelste Kriegspropaganda. Die Heldenverehrung in Form einer Ausstellung im Foyer der Universität hatte IYSSE-Spitzenkandidat Gregor Kahl in einem Video verurteilt.

Die IYSSE haben deutlich gemacht, dass die gegenwärtige Kampagne gegen angeblichen Antisemitismus Bestandteil einer Geschichtsfälschung zugunsten des deutschen Imperialismus ist. Der Holocaust wird aus seinem konkreten historischen Kontext des Antikommunismus der Nazis und des Vernichtungskriegs des deutschen Imperialismus gelöst. So wird dieser entlastet und stattdessen ein rassistischer Mythos erschaffen, der dazu dient, einen erneuten Völkermord zu rechtfertigen. Die wirkliche Schlussfolgerung aus dem Holocaust besteht darin, Krieg, Faschismus und Völkermord nie wieder zuzulassen.

Diese klare politische Perspektive der IYSSE und ihr unnachgiebiger Kampf gegen die rechte und militaristische Ideologie an der HU haben in der Studierendenschaft eine starke Resonanz gefunden. So wie die Repression und Propaganda an der HU Ausdruck einer allgemeinen Tendenz ist, drückt sich auch im Wahlergebnis der IYSSE das Potential auf der ganzen Welt aus, Jugendliche für eine sozialistische Bewegung gegen Krieg und seine Wurzel, den Kapitalismus zu gewinnen. Die IYSSE nehmen diese Wahl zum Ausgangspunkt ihre Arbeit an der HU zu verstärken und in ganz Deutschland und international auszuweiten.

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