Wagenknechts militaristisches Traktat in der Weltwoche

Die Wold Socialist Web Site hat Sarah Wagenknechts Initiative „Aufstehen für den Frieden“ und ihre Pläne für eine Parteineugründung von Beginn an als rechtes und militaristisches Manöver entlarvt. Die Linkspartei-Politikerin verfolgt das Ziel, die enorme Opposition gegen Aufrüstung und die ständige Eskalation des Ukrainekriegs in die reaktionären Bahnen des deutschen Nationalismus zu lenken. Wer daran noch Zweifel hatte, sollte ihren letzten Artikel in der Weltwoche lesen.

In dem Artikel unter dem Titel „Meine Vision für Deutschland: Frieden, Freiheit, Wohlstand für alle“ greift Wagenknecht die Kriegspolitik der Scholz-Regierung nicht von einem antimilitaristischen Standpunkt aus an, der in der arbeitenden Bevölkerung nach den Schrecken zweier Weltkriege tief verwurzelt ist. Ganz im Gegenteil wirft sie der Regierung vor, die Interessen des deutschen Kapitals nicht aggressiv genug zu vertreten. So fordert sie, endlich „unsere eigenen sicherheitspolitischen und ökonomischen Interessen in den Mittelpunkt zu rücken.“

Die Maßnahmen, die sie in diesem Zusammenhang propagiert, entstammen allesamt dem Arsenal des Wirtschaftskriegs. Deutsche Firmen müssten durch Handelsbeschränkungen vor dem „Zugriff auf heimische Spitzentechnologie“ und vor der „Zerstörung wichtiger heimischer Kapazitäten“ geschützt werden, so Wagenknecht. In Hinblick auf Russland müssten „vorteilhafte Handelsbeziehungen“ geschlossen werden, statt Sanktionen zu verhängen, ohne sich freilich von einem fremden Land vollständig abhängig zu machen. Schließlich solle Deutschland da den Freihandel durchsetzen, wo es den Interessen der Großkonzerne dient, die sie ganz im FDP-Sprech als „Mittelstand“ bezeichnet.

Weltwoche-Chefredakteur Roger Köppel mit Wagenknecht-Titel [Photo by Weltwoche daily (Screenshot)]

„Wir brauchen eine eigenständige europäische Außenpolitik und eine europäische Wirtschaftsstrategie“, fährt sie fort, „mit der wir uns für die Zukunft aufstellen“ und in Schlüsselbereichen „endlich souverän werden“. Deutschland dürfe sich nicht mit der Rolle des „Vasallen“ zufrieden geben, wettert sie, sondern müsse sich von der amerikanischen Dominanz befreien und ein eigener Machtpol in einer „multipolaren Welt“ werden.

Das letzte Mal als sich Deutschland zur Großmacht aufschwang, zerstörte es den ganzen Kontinent. Die Explosionskraft eines offenen Konflikts mit den hochgerüsteten USA um die Vorherrschaft der Welt wäre heute noch bedeutend größer.

Wagenknechts „Aufstand für den Frieden“ führt genauso wie der Kriegskurs der Bundesregierung in den dritten Weltkrieg. Sie kritisiert den Nato-Krieg gegen Russland, weil dieser den deutschen Interessen schade, spricht sich aber mit keinem Wort gegen den deutschen Militarismus und die wahnsinnige Aufrüstung aus, die von der Regierung eben mit dem Ziel ins Werk gesetzt wird, deutsche Wirtschaftsinteressen auf der ganzen Welt militärisch durchzusetzen.

Bereits auf der von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer initiierten Kundgebung, die im Februar in Berlin stattfand, war der ehemalige Brigadegeneral Erich Vad als Co-Organisator aufgetreten. Vad ist ein vehementer Verfechter der horrenden Aufrüstung und wirbt für ein aggressiveres Auftreten von Deutschland in Europa und der Welt. Nun formuliert Wagenknecht selbst diese militaristische Agenda.

Schon die Wahl der Zeitung, in der sie ihren Beitrag publizierte, ist ein politisches Statement und zeigt ihren rechten, nationalistischen Charakter. Die Weltwoche ist das inoffizielle Zentralorgan der ausländerfeindlichen und rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei (SVP). Roger Köppel, der das Blatt seit 2001 leitet und verlegt, sitzt für die SVP im Schweizer Parlament.

Wagenknecht lässt denn auch keinen Zweifel daran, dass auch sie die deutsche Großmachtoffensive auf dem Rücken der Arbeiter umsetzen will. In dieser Hinsicht ist ihr Text ein plumpes Plagiat der altbekannten Konzern-Propaganda, wie sie so offen sonst nur bei der FDP oder dem BDI zu finden ist. Statt von „Sozialer Gleichheit“ oder „Gerechtigkeit“ spricht sie nur noch von „Wohlstand“, der als Wirtschaftswachstum definiert wird. „Geht’s der Wirtschaft gut, geht’s allen gut“ hieß das früher und war schon immer die Parole der Großkonzerne.

Tatsächlich verzeichnen deutsche Unternehmen Rekordgewinne und werden die Löhne durch die Inflation trotzdem massiv gesenkt und Hunderttausende auf die Straße gesetzt. Millionen Arbeiter wissen nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen, während Milliarden in die Taschen der Unternehmen und die Aufrüstung fließen. Wagenknecht reagiert darauf, indem sie sich hinter die Konzerne stellt, billigere Rohstoffe und bessere Absatzmärkte fordert. Auch bei Wagenknecht geht der Militarismus nach außen Hand in Hand mit Angriffen nach innen.

Dementsprechend ordnet sie jeden Aspekt des gesellschaftlichen Lebens den Profitinteressen der deutschen Konzerne im globalen Konkurrenzkampf unter: Ein gutes Bildungssystem nicht als demokratisches Recht, sondern um die „benötigten Facharbeiter und Ingenieure hervorzubringen“; „effiziente öffentliche Verwaltungen, um Unternehmensgenehmigungen zu beschleunigen; „gute Infrastruktur, von intakten Straßen, Brücken und Bahnstrecken bis zu schnellen digitalen Netzen“, um Just-in-time-Produktion zu verbessern und die Online- und KI-Steuerung der Betriebe und Verwaltungen zu ermöglichen.

Am deutlichsten wird die politische Ausrichtung der Linkspartei-Politikerin in ihrer Verehrung des französischen „Präsidenten der Reichen“ Emmanuel Macron. „Macron hat’s verstanden, Scholz nicht“, erklärt sie in Hinblick auf eine unabhängige Außenpolitik und unterschlägt, dass derselbe Macron gerade einen regelrechten Krieg gegen die französische Arbeiterklasse führt, um seine verhassten Rentenkürzungen durchzusetzen.

Nicht nur diese „Sozialpolitik“ Wagenknechts findet die Zustimmung der herrschen Klasse. Auch ihre Forderung nach einer aggressiven Außenpolitik gegen die Vereinigten Staaten bringt das objektive Streben der deutschen Eliten zum Ausdruck. Nur schrecken sie zur Zeit davor zurück, den USA offen die Stirn zu bieten. Doch hinter den Kulissen werden die Messer längst gewetzt.

Die Linkspartei, in der Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine, eine zentrale Rolle spielten, bietet für diese Politik den perfekten Nährboden, denn vehementer Nationalismus ist tief in der DNA der Partei verankert. Lafontaine als Ex-Vorsitzender der SPD, die seit ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten des Kaisers zu Beginn des Ersten Weltkriegs eine Schlüsselrolle gespielt hat, den deutschen Imperialismus in allen Krisen zu retten. Und Wagenknecht, die am Ende der DDR in die SED eintrat und als Vorsitzende der Kommunistischen Plattform der PDS die reaktionärsten, nationalistischen Positionen des Stalinismus vertreten hat.

Vom gleichen Nationalismus ist auch die Parteimehrheit der Linken getrieben, die Wagenknechts Kritik am Krieg gegen Russland ablehnt und sich hinter die Nato-Offensive stellt. Die Wisslers und Lederers sehen im Kriegskurs in der Ukraine die notwendige Voraussetzung dafür, Deutschland in die Lage zu versetzen, wieder als Großmacht auftreten zu können. Ob Wagenknecht in dieser Partei bleibt oder Ende des Jahres eine neue Partei gründet, ist letztlich eine Auseinandersetzung innerhalb der herrschenden Klasse, wie der Kriegskurs am besten um- und gegen die Bevölkerung durchgesetzt werden kann.

Der enorme Rechtsruck sämtlicher Flügel dieser Partei ist eine Reaktion auf die wachsende Radikalisierung der Arbeiterklasse. Die privilegierten Schichten des Kleinbürgertums und Teile der herrschenden Klasse, auf die sich die Partei stützt, fühlen sich durch die Verschärfung des Klassenkampfs bedroht und rufen nach Polizeistaat und Diktatur.

Das unterstreicht, dass ein dritter Weltkrieg nur durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den Kapitalismus verhindert werden kann. In jedem einzelnen Land müssen sich Arbeiter gegen die eigenen Kriegstreiber richten und den Kapitalisten den Kampf ansagen. Dieses Programm des internationalen Sozialismus vertritt das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und seine deutsche Sektion, die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP).

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