Am Ostersamstag diskutierten Teams der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) in Stuttgart mit Arbeitern und Jugendlichen, um sie zur Wahlversammlung am 27. April einzuladen, und verteilten WSWS-Material für die Befreiung von Julian Assange.
Praktisch alle Passanten, die für ein kurzes Gespräch stehen blieben, sprachen sich für den WikiLeaks-Gründer Assange aus und unterstützten die Kampagne für seine Befreiung. Am 11. April hatte die britische Polizei Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London verhaftet. Wie sich in Stuttgart zeigte, glaubt kaum jemand den offiziellen Lügen, die die bürgerlichen Medien über Assange verbreiten.
In dem Perspektivartikel der WSWS, „Freiheit für Julian Assange!“ heißt es: „In der Arbeiterklasse gibt es überwältigende Sympathie für Assange. Im sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben hat sich eine Kluft geöffnet. Die herrschenden Eliten lassen ihren demokratischen Schleier fallen.“ Die bürgerlichen Medien und die pseudolinken Organisationen verteidigten den Staat und die Diktatur der Finanzoligarchie, deshalb sei es „die Arbeiterklasse, die breite Masse der Bevölkerung, die mobilisiert werden muss, um Julian Assange, Chelsea Manning und alle Klassenkriegsgefangenen zu verteidigen. Die Forderung nach ihrer Freiheit muss zum Schlachtruf der globalen Arbeiterklasse werden.“
Wie sich in den Gesprächen am Samstag zeigte, ist diese Einschätzung vollkommen korrekt. Viele erinnerten sich daran, dass die Medien vor einigen Jahren die Enthüllungen von WikiLeaks noch wohlwollend behandelt hatten, und dass sie damals über die Kriegsverbrechen der USA und die von WikiLeaks veröffentlichten diplomatischen Geheimdokumente berichtet hatten. Heute jedoch, wo Assange verhaftet ist und ihm bei einer Auslieferung an die USA eine mögliche Todesstrafe droht, tritt keine einzige bürgerliche Zeitung offen für seine Verteidigung ein. Dabei ist sein Fall für die Pressefreiheit hochaktuell. Nicht nur investigative Journalisten, sondern jeder Reporter, der an kritische Fragen rührt, könnte auf dieser Grundlage verfolgt und unterdrückt werden.
Dazu meinte Leo H. in der Stuttgarter Innenstadt: „Ich bin froh, dass ihr euch für diese Kampagne engagiert. Assange ist eine tragische Figur. Jeder muss ihn jetzt unterstützten und sich dafür einsetzen, dass er wieder frei kommt. Assange hat die mächtigsten Länder der Welt herausgefordert, indem er ihre Kriegsverbrechen und kriminelle Machenschaften gegen die Bevölkerung aufdeckte. Er hatte die Stärke, es mit der CIA und andern mächtigen Geheimdiensten aufzunehmen.“
Weiter sagte Leo, er kenne keine andere linke Partei, die eine solche Kampagne führe. Er fragte, was die SGP politisch von den andern Parteien unterscheide. Sie trete dafür ein, die internationale Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm zum Sturz der kapitalistischen Weltordnung zu gewinnen, wurde ihm geantwortet. Die SGP sei Teil einer Weltpartei, des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI).
Interessiert erkundigte sich Leo nach weiteren Sektionen des IKVI in Europa. Als er erfuhr, dass die SGP ihren Europawahlkampf gemeinsam mit der britischen und der französischen Sektion führt, um Arbeiter in ganz Europa gegen Militarismus, den Aufstieg der Rechten und die soziale Ungleichheit zu mobilisieren, versprach er, zur Wahlversammlung in Stuttgart zu kommen.
Florian M. erklärte, er habe schon im Februar für die SGP unterschrieben, er freue sich, dass sie es geschafft habe und jetzt an der Europawahl teilnehme. Die SGP musste über 4000 Unterstützungsunterschriften sammeln, um vom Bundeswahlleiter zugelassen zu werden.
Florian hatte die Berichterstattung der WSWS über Julian Assange gelesen und stimmte zu, dass nur die Arbeiterklasse Assange wirksam verteidigen könne. Er sagte, er habe keine Erklärung von anderen Parteien entdecken können, die mit denen der Vierten Internationale vergleichbar seien. Er mache sich große Sorgen über den Aufstieg rechtsextremer Parteien in ganz Europa. Er will ebenfalls zur Versammlung kommen, um die Diskussion fortzusetzen.
Auch Marion sagte, sie unterstütze die Kampagne der SGP. Assanges Verhaftung sei ein massiver Angriff auf demokratische Grundrechte. Weiter zeigte sie sich über das „Datensammlungsmonopol von Google, Facebook und Co“ stark beunruhigt. Das betrachte sie als große Gefahr für die einfache Bevölkerung und als Bedrohung für die Demokratie.
„Das Internet ist ja Teil unseres Lebens“, sagte sie, und es sei schlimm, dass Google nicht alles daran setze, die Fragen der Nutzer zu klären, sondern vielmehr das Internet zu kontrollieren und ihren Einfluss weltweit auszudehnen. Marion erwähnte das EU-Gesetz zur Urheberrechtsreform, das mit dem Einsatz sogenannter Upload-Filter einhergeht und die Internetzensur noch einmal verschärfen wird. „Ich gehe davon aus, dass sie diese Reform nutzen werden, um die Überwachung des Internets noch mehr auszuweiten“, sagte sie.
Jonas erklärte, ihn beunruhige vor allem, wie sehr die Neonazis heute schon die Politik in Deutschland bestimmten: „Das ist gefährlich. Wenn die AfD und andere rechte Gruppen überhandnehmen, wird das definitiv zum Krieg führen.“ Die Aufrüstung der Bundeswehr durch die Große Koalition erinnere ihn „an die Nazis in den dreißiger Jahren“. „Dagegen muss etwas getan werden“, sagte Jonas. „Das ist das erste Mal, dass ich ein Wahlmanifest mit der Überschrift ‚Gegen Nationalismus und Krieg! Für Sozialismus!‘ sehe. Das finde ich gut. Ich werde das durchlesen.“
Eine effektive Verteidigung Julian Assanges sei von den großen politischen Parteien nicht zu erwarten, fuhr Jonas fort. „Sie kümmern sich ja auch nicht um die Flüchtlinge, wenn diese von Nazis oder von der Polizei angegriffen werden.“ Er unterstütze die SGP-Kampagne zur Befreiung Assanges. „In der heutigen Zeit ist es schwer, die Wahrheit aufzudecken“, schloss Jonas. „Ich bewundere, was ihr tut.“