Das Treffen der G7-Finanzminister, das an diesem Wochenende in Whistler, Kanada, stattfand, begann damit, dass der US-Finanzminister Steven Mnuchin mit Kritik überschüttet wurde. Anlass war die Entscheidung der Trump-Regierung, die Zölle auf Stahl- und Aluminiumexporte aus Mexiko, Kanada und der Europäischen Union zu erhöhen.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat die Aktionen der USA sofort nach seiner Ankunft angeprangert. „Die Entscheidung der amerikanischen Regierung, einseitig Strafzölle zu verhängen, ist falsch“, erklärte er gegenüber Journalisten. „Sie ist aus meiner Sicht auch rechtswidrig, denn wir haben klare Regeln, wie international über Zölle entschieden wird. Und das ist ein Bruch mit diesen Regeln.“
Die Trump-Regierung beruft sich bei ihrem Vorgehen auf Absatz 232 des Trade Expansion Act von 1962, der es dem Präsidenten erlaubt, Strafzölle zu verhängen, wenn der Schutz der „nationalen Sicherheit“ das erfordert. Der Hinweis hierauf sei „ziemlich fadenscheinig“, so Scholz.
Die Europäer würden immer bereit sein, über ein gemeinsames Abkommen über die Handelspolitik zu sprechen, aber das sei nur möglich, wenn die einseitig eingeführten Zölle aufgehoben würden, betonte Scholz.
Der kanadische Finanzminister Bill Morneau, der Vorsitzende des Treffens, sagte, nun sei die Frage der Handelskonflikte in den Vordergrund gerückt. „Ich will Ihnen nichts vormachen, das ist es, worüber wir in erster Linie reden müssen“, sagte er. „Wir halten es für absurd, dass Kanada in irgendeiner Weise als Sicherheitsrisiko betrachtet wird.“
Die Trump-Administration bemüht die „nationale Sicherheit“ nicht etwa deshalb, weil sie in Kanada oder in der EU eine Bedrohung sieht, sondern sie versucht einfach, eine Lücke in den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) auszunutzen, um solche Zollbestimmungen zu verhängen. Aber die WTO-Regel sieht dies in Wirklichkeit nur für Situationen vor, in denen sich die Länder tatsächlich im Krieg befinden.
Infolgedessen besteht die Sorge, dass Trumps Schritt andere Länder veranlassen könnte, sich auf „nationale Sicherheitsgründe“ für die Einführung von Zöllen zu berufen, was zum Zerfall der globalen Handelsordnung führen könnte.
Anthony Gardner, der US-Botschafter bei der EU von 2014 bis 2017, sagte, Trumps Handlungen seien „sehr dumm“ und ein „schwerer Angriff“ auf die weltweiten Handelsregeln. „Waffen sollten auf Feinde gerichtet sein, nicht auf Verbündete“, erklärte er. Er fügte hinzu, dass damit wenig übrigbleibe, um China oder ein anderes Land daran zu hindern, mit demselben falschen Argument der nationalen Sicherheit Importe zu blockieren.
Die Europäische Union treibt die Gegenmaßnahmen gegen die USA voran und wird voraussichtlich noch in diesem Monat ihre endgültige Liste der Zielprodukte und die Höhe der Zölle bekannt geben. Gleichzeitig hat sie eine Klage gegen die US-Maßnahmen vor der WTO eingeleitet.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wies die Behauptung zurück, die Zölle seien für die nationale Sicherheit notwendig, und verurteilte sie als „reinen Protektionismus“.
„Wir sind nicht in einem Handelskrieg, aber wir sind in einer sehr schwierigen Situation, die durch die Vereinigten Staaten verursacht wird“, sagte sie. „Ich würde den Begriff ‚Handelskrieg‘ nicht verwenden, weil er eine psychologische Wirkung hat. Die USA spielen hier ein gefährliches Spiel.“
Gleichzeitig kündigte Malmström an, dass die EU vor der WTO auch gegen China klagen wird, weil es europäische Unternehmen, die in China Geschäfte machen wollen, dazu zwingt, technologische Geheimnisse preiszugeben. Dasselbe Argument wird auch von den USA ins Feld geführt.
Malmström sagte, die EU-Maßnahmen gegen die USA und China zeigten, dass die EU sich nicht für eine Seite entschieden habe und dass „wir für das multilaterale System, für einen regelbasierten Welthandel stehen“. Sie fügte hinzu: „Wenn sich die Spieler der Welt nicht an die Regeln halten, könnte das System zusammenbrechen.“
Sie vertrat den Standpunkt der EU, dass es keine Verhandlungen mit den USA geben wird, solange die Zölle in Kraft bleiben. Solange werde die EU die Tür zu Gesprächen verschlossen halten. „Wir haben den Dialog und zukünftige Verhandlungen unter der Bedingung angeboten, dass sie diese Bedrohung wegnehmen“, sagte sie. „Das haben sie nicht, und so ist jetzt die Lage. Wenn sie Amerika First sagen, sagen wir Europa vereint.“
Malmströms Betonung der europäischen Einheit und des Verzichts auf Verhandlungen, solange die Zölle noch in Kraft sind, spiegelt die harte Haltung wider, die vor allem Frankreich vertritt. Der französische Präsident Emmanuel Macron hat die Zollmaßnahme als „illegal“ bezeichnet.
Vor Reportern sagte er, die Entscheidung der USA sei ein Fehler, weil sie „wirtschaftlichen Nationalismus schafft … und Nationalismus ist Krieg. Das ist genau das, was in den 30ern passiert ist.“
Was Deutschland betrifft, so fordern deutsche Handelsgruppen stärkere Zurückhaltung seitens der EU, weil sie befürchten, dass die USA auch für die Automobilindustrie noch weitere Zollmaßnahmen vorbereiten. Volkswagen begrüßte die Wiederaufnahme der Gespräche über ein bilaterales Abkommen mit den USA, ohne die vorherige Abschaffung der Zölle zu erwähnen.
Christian Vietmeyer, der Geschäftsführer des Verbands Stahl- und Metallverarbeitung, forderte Zurückhaltung. „Reaktionen der EU, die zu einer Eskalation der Situation und mehr Handelsbarrieren führen, würden einen noch viel größeren Schaden anrichten. Die EU sollte gelassen bleiben.“
In den USA besteht die Reaktion in Politik-, Wirtschafts- und Medienkreisen auf die Zölle nicht in erster Linie darin, dass sie die Handelskriegsmaßnahmen an sich ablehnen, sondern sie kritisieren hauptsächlich, dass die Trump-Administration ihre Verbündeten von sich stößt, von denen sie gleichzeitig Unterstützung für Maßnahmen gegen China erwartet.
Der Republikaner Kevin Brady, sagte, dass die Zölle „das falsche Ziel erreichten“. Wenn es um unfairen Handel mit Aluminium und Stahl gehe, seien nicht Mexiko, Kanada und Europa das Problem, „sondern China“.
Die Kritik an Trumps Zollschranken, die aus dem republikanischen Kongresslager kam, war im Wesentlichen viel lautstarker und pointierter als die der Demokraten. Die meisten demokratischen Politiker verzichteten auf einen Kommentar, während die fanatischsten Handelskriegs-Falken, wie Senator Sherrod Brown aus Ohio, Trump unterstützen.
In einem Leitartikel im Wall Street Journal heißt es, dass Trump kein „genialer Deal-Maker“ sei, sondern „nur ein altmodischer Protektionist“. Dort heißt es weiter, Trump habe mit seinen Steuersenkungen und Deregulierung eine solide wirtschaftliche Bilanz (eine Anspielung auf Trumps milliardenschwere Geschenke an Konzerne und Ultrareiche und seine Lockerung der Bankengesetze), aber diese Bilanz werde durch seinen eskalierenden Handelskrieg gefährdet. Während er versuche, Ronald Reagan zu imitieren, erinnerten seine „Zoll-Verrücktheiten“ an Herbert Hoover, so die Zeitung.
In einem Leitartikel mit dem Titel „Amerika erklärt seinen Freunden den Krieg“ sagte die New York Times, die Zollmaßnahmen würden nichts zur Verringerung der Stahl- und Aluminiumkapazitäten in China beitragen, und der Präsident isoliere die Vereinigten Staaten effektiv von ihren engsten Verbündeten – „den Ländern, mit denen er zusammenarbeiten muss, um Druck auf China auszuüben, damit es seinen Kurs ändert“.