Gewerkschaften würgen Lehrerstreik in Oklahoma ab

Am Montagmorgen nahmen zehntausende von Lehrern in Oklahoma ihre Arbeit wieder auf, nachdem die Oklahoma Education Association (OEA) und die American Federation of Teachers (AFT) von Oklahoma City ihren zweiwöchigen Arbeitskampf beendet hatten. Hunderte von Lehrern hatten sich entschlossen, Krankheits- und Urlaubstage zu nehmen, um am Montag vor dem Sitz der Regierung von Oklahoma zu demonstrieren. Die große Masse wurde jedoch von der OEA und der AFT demobilisiert.

Die Lehrer haben mutig für höhere Gehälter und eine bessere Finanzierung der Schulen zu Gunsten ihrer Schüler gekämpft. Sie haben nicht verloren, sie wurden verraten. In einer Umfrage der Facebook-Gruppe „Oklahoma Teacher Walkout – The Time is Now!“ sprachen sich 88,3 Prozent der Lehrer für eine Fortführung des Streiks aus, die meisten erklärten jedoch, sie könnten den Einkommensverlust nicht verkraften. In der Hauptstadt Oklahoma City stimmten in einer Umfrage der AFT zwei Drittel der Lehrer für die Fortsetzung des Streiks.

Die Gewerkschaften haben jahrelang mit demokratischen und republikanischen Bundesstaatsregierungen zusammengearbeitet, die den Etat für Schulen in den letzten zehn Jahren um fast 30 Prozent gekürzt haben. Dann organisierten die Lehrer über soziale Netzwerke einen Ausstand, der am 2. April begann. Die Gewerkschaften lehnten den Streik zuerst ab; später versuchten sie, die Kontrolle über die Bewegung zu erlangen, um sie dann abzuwürgen und zu beenden.

Am Donnerstag kündigte OEA-Präsidentin Alicia Priest an, die OEA werde ihre Unterstützung für den Streik beenden und behauptete wahrheitswidrig, die Lehrer hätten 95 Prozent ihrer Forderungen durchgesetzt. In Wirklichkeit forderten die Lehrer, die zu den am schlechtesten bezahlten in ganz Amerika gehören, eine Gehaltserhöhung von 10.000 Dollar sowie 200 Millionen Dollar zusätzliche Finanzierung pro Jahr. Sie erhielten jedoch nur eine Erhöhung von durchschnittlich 6.100 Dollar jährlich, die Finanzierung wird nur um 50 Millionen Dollar erhöht. Dies soll hauptsächlich durch regressive Steuern auf Benzin, Zigaretten und Glücksspiel finanziert werden.

Die Lehrer hatten eine Lohnerhöhung von 5.000 Dollar für Schulassistenten wie Schulbusfahrer und sonstige Hilfskräfte gefordert, von denen viele unter der Armutsgrenze leben. Stattdessen erhielten sie nur 1.250 Dollar. Schließlich forderten die Lehrer auch eine Lohnerhöhung von 7.500 Dollar für öffentlich Beschäftigte, von denen viele an dem Streik teilnahmen. Stattdessen konnten sie nur lächerliche Erhöhungen um 750 bis 2.000 Dollar pro Jahr durchsetzen.

Am Freitag, einen Tag nachdem Priest die Lehrer wieder zur Arbeit geschickt hatte, demonstrierten erneut tausende von ihnen vor dem Kapitol. Auf ihren Schildern war u.a. zu lesen: „Die OEA spricht nicht für mich“ und „Die OEA hat den Streik nicht begonnen und darf ihn nicht beenden“. Hunderte Mitglieder traten aus den Gewerkschaften aus.

Andy, ein Lehrer aus Oklahoma City, erklärte der World Socialist Web Site: „Die Gewerkschaften wollten nur so tun, als hätten sie etwas mit diesem Streik zu tun, um ihn dann zu beenden. Ohne die OEA hätten alle weitergemacht. Aber die OEA hat gesagt: ,Gute Arbeit, und jetzt geht nach Hause.’“

Weiter sagte er: „Das Bildungswesen ist nur Teil eines größeren Problems. Der Bundesstaat Oklahoma gibt kein Geld für geistig gestörte oder arme Kinder aus. Sie erzählen dieses ganze Reaganomics-Zeug: wenn sie die Steuern für die Öl-, Gas- und Kohleindustrie senken, würde das zu uns runtertröpfeln. Aber sie sorgen dafür, dass nichts bei uns ankommt. Es wäre großartig, wenn die Lehrer im ganzen Land zusammen kämpfen würden.“

Es besteht kaum ein Zweifel, dass die OEA von den landesweiten Lehrergewerkschaften National Education Association (NEA) und American Federation of Teachers angewiesen wurde, den Streik zu beenden. Die Gewerkschaften haben sich hauptsächlich deshalb in den Kampf in Oklahoma eingemischt, damit sich die Lehrer nicht mit denen im übrigen Land verbünden. Diese leisten momentan Widerstand gegen den fünfprozentigen Rückgang der Reallöhne in den letzten zehn Jahren und die brutalen Kürzungen des Bildungsetats, für welche die Gewerkschaften mitverantwortlich sind.

Am Montag demonstrierten hunderte von Lehrern in Colorado, deren Gehälter die viertniedrigsten im ganzen Land sind, vor dem Kapitol ihres Bundesstaats. Im Raum Denver-Aurora blieben deshalb die Schulen geschlossen. Auch in Kentucky, Arizona und weiteren Bundesstaaten drängen die Lehrer auf Streiks im gesamten Bundesstaat, um ihre Renten zu verteidigen und Gehaltserhöhungen durchzusetzen. Die Brookings Institution warnte vor kurzem, weitere Lehrerstreiks könnten u.a. in Indiana, Texas, North Carolina, Mississippi und Idaho ausbrechen.

In einem Bundesstaat nach dem anderen versuchen die Gewerkschaften, Lehrer einzuschüchtern und vom Streiken abzubringen. Die Arizona Education Association warnte vor kurzem in einer Erklärung, wer sich an einem Ausstand beteilige, riskiere „Gehaltsverlust, Disziplinarverfahren oder Entlassung sowie Folgen für seine Zulassung.“ Die gleichen Drohungen wurden auch an Lehrer in Florida, Iowa und anderen Staaten verschickt.

Die Bewegung der Lehrer ist durch die unablässigen Etatkürzungen und den Personalabbau motiviert, welche die Bundesstaaten seit dem Finanzcrash von 2008 betreiben. 29 Bundesstaaten geben weniger pro Schüler aus als vor zehn Jahren. Obwohl die Zahl der Schüler um drei Prozent gestiegen ist, haben viele Schulbezirke kein neues Personal als Ersatz für diejenigen eingestellt, die während der Großen Rezession entlassen wurden. Die Folge sind größere Klassen und immer größere Anforderungen an die Lehrer.

Genau wie in West Virginia haben auch in Oklahoma nicht die Gewerkschaften, sondern die Lehrer selbst den Streik begonnen. Die Lehrer in Oklahoma haben enormen Mut und Einfallsreichtum bewiesen, indem sie Facebook-Seiten und andere soziale Medien genutzt haben, um Massenproteste in der Hauptstadt von Oklahoma zu koordinieren. Letztlich lehnten die Initiatoren der beiden Facebook-Gruppen „Oklahoma Teacher Walkout – The Time is Now!” und „Oklahoma Teachers United” jedoch eine unabhängige Politik für die Lehrer ab. Sie wiederholten die falschen Behauptungen der Gewerkschaften, die Lehrer könnten sich darauf verlassen, dass die Demokraten im Staatsparlament das öffentliche Bildungswesen verteidigen würden. Aus diesem Grund konnten die Gewerkschaften die Kontrolle zurückerobern und den Streik beenden.

Die republikanische Gouverneurin des Bundesstaats Mary Fallin und die Regierung haben sich standhaft geweigert, zusätzliche Gelder für die Schulen zur Verfügung zu stellen. Zuvor hatten sie jedoch den Öl-, Gas- und Kohlekonzernen, die den Staat dominieren, bereits Milliarden Dollar durch Steuersenkungen zugeschoben. Die Demokraten ihrerseits haben den Gesetzentwurf mit der geradezu beleidigenden Erhöhung der Gehälter und Sachmittel uneingeschränkt unterstützt, der von den Lehrern abgelehnt wurde. Danach versuchten sie, ihre eigene Rolle in der Budgetkrise des Schulsystems zu verbergen.

Fallins demokratischer Amtsvorgänger Brad Henry hat Senkungen der Kapitalertrags- und Einkommenssteuer durchgesetzt, während er gleichzeitig die Finanzierung des öffentlichen Bildungswesens und anderer grundlegender Dienstleistungen gekürzt hat. Auf Bundesebene war die Obama-Regierung in ihrer Amtszeit für unablässige Angriffe auf Lehrer und das öffentliche Bildungswesen sowie eine deutliche Ausweitung der kommerziellen Charter-Schulen verantwortlich. Damit hat sie die Grundlagen für den Angriff von Trump und seiner Bildungsministerin Betsy DeVos geschaffen.

Die Gewerkschaften versuchen verzweifelt, weitere Lehrerstreiks zu verhindern und den Widerstand für die Wahl von Demokraten in der Zwischenwahl 2018 auszunutzen. AFT-Präsidentin Randi Weingarten äußerte dies ganz offen in einer Kolumne in USA Today: „In einer Zeit, in der der Beruf des Lehrers und ihr Recht auf Organisation ständig angegriffen wird, sehen sie, dass ihre Stimme in der Wahlkabine ihre Waffe ist und ihre Mission die kommenden Wahlen.“

Ein älterer Lehrer aus Shawnee, etwa 60 Kilometer östlich von Oklahoma City, erklärte der World Socialist Web Site: „Die Lehrer in Arizona, Kentucky, Colorado und vielen anderen Staaten werden aktiv. Wir brauchen eine Organisation, die einschreitet und diese Bewegung landesweit vereint. Die NEA und die AFT haben versagt. Die Lage ist überall die gleiche.“

„In Oklahoma wird bald ein neuer Gesetzentwurf vorgelegt, nach dem unsere Gehaltserhöhungen aus unseren Rentenfonds finanziert werden sollen. Die Abgeordneten und die Bosse der Unternehmen interessiert das nicht. Die Steuern auf Öl- und Gasförderung liegen hier nur bei 3,2 Prozent, in Texas liegen sie bei 8,3 Prozent, in Arkansas bei zwölf Prozent. Der Bundesstaat bezahlt die Energiekonzerne sogar dafür, dass sie unseren Wind benutzen. Gleichzeitig herrscht in unseren Schulen ein solcher Materialmangel, dass wir gebrauchtes, einseitig bedrucktes Papier für unsere Kopierer benutzen müssen.“

Aaron, der in einer armen, überwiegend von Hispanoamerikanern bewohnten Gegend in Oklahoma City unterrichtet, erklärte: „Es ist frustrierend, dass die Reichen reich bleiben und die Armen arm. Der Gouverneurin und den Abgeordneten ist das egal, sie haben genug Geld, um ihre Kinder in die besten Schulen zu schicken.“

„In unseren Schulen haben wir zu wenige Bücher, einige Kinder hungern. Die Eltern müssen kämpfen, um über die Runden zu kommen. Die Väter arbeiten im Baugewerbe und als Landschaftsgärtner, die Mütter als Kellnerinnen, Haushälterinnen oder in anderen schweren Jobs.“

„Es wird so wie in Mexiko, wo die Schüler in einigen Schulbezirken ab der Grundschule ihre Bücher und alles andere selbst bezahlen müssen. Da ist man schon stolz, wenn man die High School abschließt.“

William, ein 35-jähriger Lehrer aus Oklahoma City, der auch in Puerto Rico gearbeitet hat, vergleicht die Lage in Oklahoma mit dem US-Territorium in der Karibik: „Es ist überall das gleiche. In den 1990ern haben wir in Puerto Rico gestreikt, um das öffentliche Bildungswesen zu verteidigen, aber seither ist es noch schlimmer geworden. Bildungsministerin Julia Keleher will die Uhr zurückdrehen. Sie benutzt New Orleans nach Hurrikan Katrina als Vorbild, um in Puerto Rico nach Hurrikan Maria die Schulen zu privatisieren. Sie will den Eltern Geld geben, damit sie ihre Kinder in katholische Schulen schicken. Wir brauchen nicht noch ein System, das Geld aus den öffentlichen Schulen absaugt.“

Der Teacher Newsletter der WSWS hat die Lehrer schon seit Beginn des Streiks dazu aufgerufen, Basiskomitees in ihren Schulen und Bezirken zu gründen, um den Gewerkschaften die Kontrolle über den Streik zu entreißen. Anstatt sinnlos „Lobbyarbeit“ bei den gekauften Republikanern und Demokraten zu betreiben, drängte die WSWS die Lehrer, auf die größtmöglichen Teile der Arbeiterklasse in Oklahoma zuzugehen, ihre Kämpfe mit denen der Lehrer und anderer Arbeiter im ganzen Land zu verbinden und einen Generalstreik vorzubereiten.

„Die OEA hat uns den Boden unter den Füßen weggezogen. Aber sie haben diesen Kampf nicht begonnen, sondern wir“, erklärte Helen, eine Lehrerin aus einer öffentlichen Schule in Oklahoma City, gegenüber der WSWS. „Man sollte glauben, wenn tausende von Lehrern vor dem Kapitol demonstrieren, würden die Abgeordneten auf unser Anliegen eingehen. Aber sie arbeiten für die Gas- Öl- und Windkraftindustrie, und solange sie von diesen Unternehmen finanziert werden, werden sie nichts für uns tun.“

„Einige Abgeordnete wagten es, uns zu sagen, dass wir unsere Zeit verschwenden. Sie haben uns gefragt, warum wir noch hier sind. Sie haben nicht nachgegeben, als tausende hier waren, also warum sollten wir glauben, sie würden jetzt etwas tun?“

„Wir werden am Ball bleiben, auch wenn die OEA versucht hat, uns ruhig zu stellen. Überall kämpfen die Lehrer. Die Medien wollen nicht, dass wir die Wahrheit erfahren. Aber ich bin dafür, die Lehrer im ganzen Land in einem gemeinsamen Kampf zu vereinen.“

Loading