Gewerkschaften drohen den Lehrerstreik in Oklahoma zu ersticken

Der entschlossene Lehrerstreik in Oklahoma, der seit zehnten Tagen anhält, läuft Gefahr, von den Gewerkschaften verraten und erstickt zu werden. Die Lehrer fordern eine Lohnerhöhung um 10.000 Dollar und die Rücknahme der Kürzungen bei der Schulfinanzierung in den letzten zehn Jahren. Die Gewerkschaften versuchen zu verhindern, dass sich die Lehrer mit ihren Forderungen durchsetzen.

Die Lehrer kritisieren die Gewerkschaft Oklahoma Education Association (OEA), weil sie mit Vertretern der Schulbehörde und den Medien zusammenarbeitet, um die Lehrer zurück an die Arbeit zu bewegen und den Druck zur Beendigung des Streiks zu erhöhen. „Die OEA verteilte am Donnerstag Flugblätter, in denen es hieß, wir hätten 95 Prozent unserer Forderungen erreicht. Das ist aber nicht wahr“, sagte Ashley, eine Lehrerin aus Norman (Oklahoma) gegenüber dem Teacher Newsletter der World Socialist Web Site. „Sie sind bereit, den Streik zu beenden, aber die Lehrer sind es nicht“, sagte sie.

Die OEA und die kleinere Gewerkschaft Oklahoma City American Federation of Teachers (AFT) waren von Anfang an gegen den Streik. Der Streik erfolgte einzig und allein, weil nach dem neuntägigen Lehrer-Streik in West Virginia zehntausende Lehrer in den Sozialen Medien dazu aufriefen. Um die Arbeitsniederlegung im letzten Moment zu verhindern, bejubelten die Gewerkschaften einen Gesetzentwurf für höhere Löhne und eine verbesserte Sachausstattung, der sowohl von den Republikanern als auch von den Demokraten unterstützt wurde und einer Ohrfeige für die Lehrer gleichkommt, als „historisch“. Das Gesetz ändert nichts daran, dass Oklahoma hinsichtlich der Bildungsfinanzierung und der Löhne für Lehrer im Vergleich der Bundesstaaten zu den Schlusslichtern gehört.

Tausende Lehrer, Schüler und Studenten sowie Sympathisanten aus dem gesamten Bundesstaat versammelten sich wiederholt am Kapitol in Oklahoma City. Die Gewerkschaften versuchten, sie mit falschen Hoffnungen zu zermürben. Gewerkschaftsvertreter erklärten, dass eine bessere Finanzierung des Bildungsbereichs durch Appelle an die Gouverneurin und die Regierung des Bundesstaats erreicht werden könne. Wie nicht anders zu erwarten, haben die Republikanische Gouverneurin Mary Fallin und die Regierung von Oklahoma keine Anstalten gemacht, den Erwartungen zu entsprechen.

Am Dienstag nahm Fallin eine Steuer auf Hotels und Motels zurück und erklärte anschließend, sie denke nicht einmal daran, eine Senkung der Kapitalertragssteuer zu kippen. Daraufhin ließ OEA-Präsidentin Alicia Priest diese Forderungen als Voraussetzung für eine Beendigung des Streiks fallen. Es gebe nur eine Möglichkeit, die Bildungsfinanzierung zu verbessern, so Priest, nämlich die Wahl der Demokraten im November.

Noch am selben Tag verteilten OEA-Funktionäre ein Flugblatt an die Demonstranten vor dem Staatskapitol. Darin hieß es, dass praktisch alle Forderungen der Lehrer erfüllt worden seien. Die Tageszeitung Tulsa World berichtete, dass sechs Lehrerinnen und Lehrer von der Cesar Chavez Elementary School in Oklahoma City am Infotisch der OEA in der Rotunde des Kapitols die OEA-Vizepräsidentin Katherine Bishop zur Rede gestellt hätten. „Wir stecken, was diese beiden Kammern angeht, in einer Sackgasse“, sagte Bishop der Gruppe. Das Erreichte liege „nur noch ungefähr 25 Millionen” hinter den Forderungen, also “schon so nah.”

Molly Jaymes, die in der dritten Klasse unterrichtet, entgegnete ihr: „Hier liegen mit der OEA auseinander. Das hört sich fast so an, als wäre das was zum Feiern, aber unser Standard ist so viel höher.“

Auf der Facebook-Seite „Oklahoma Teacher Walkout-The Time is Now!” erklärten Lehrer mit überwältigender Mehrheit, sie würden den Ausstand fortsetzen, auch wenn die OEA ihn abbrechen sollte. Sie forderten Lehrer auf, sich in den Bezirken, in denen geplant werde, die Schulen wieder zu öffnen, geschlossen krank zu melden. „Hier geht es darum, dass Lehrer dafür kämpfen, dass die Bildung der Schüler finanziert wird“, schrieb ein Lehrer, „und das ist nicht erreicht“. Er fährt fort: „Warum verhält sich die OEA nach ihren Versprechungen so halbherzig und gibt so ein verrücktes Info heraus?“

Die größten Schuldistrikte - Oklahoma City, Tulsa, Norman and Broken Arrow – gaben bekannt, dass die Schulen am Donnerstag geschlossen bleiben würden. Andere Distrikte haben die Schulen jedoch wieder geöffnet. Dieser Schritt soll Druck auf die Lehrer ausüben, um sie zurück zur Arbeit zu bewegen. In Tulsa beendeten Lehrer einen Protestmarsch, bei dem sie 165 Kilometer zurückgelegt hatten. Eine Umfrage unter ihnen ergab, dass 80 Prozent den Streik fortsetzen wollten. Der Leiterin der Tulsa Classroom Teachers Association gelang es nicht, den Streik zu beenden, erklärte jedoch: „Ich glaube, es ist an der Zeit, sich auf die Novemberwahlen zu konzentrieren.“

Das Auftreten der Lehrergewerkschaften als Streikbrecher unterstreicht, dass die Erzieher in Oklahoma einen vollständigen Bruch mit der OEA und der AFT vollziehen und die politische Unterordnung der Lehrer unter die Demokratische Partei zurückweisen müssen. Die Demokraten stehen den Republikanern als Feinde der öffentlichen Bildung in nichts nach und werden genauso von der Wirtschaft kontrolliert.

In allen Schulen und allen Stadtteilen sollten Basiskomitees gewählt werden, um diesen Kampf voranzutreiben. Diese Komitees sollten für die Mobilisierung aller Arbeiter in Oklahoma kämpfen: Beschäftigte des öffentlichen Diensts, Arbeiter in der Energiewirtschaft, der Gesundheitsindustrie und allen anderen Bereichen. Zudem sollten die Komitees mit Lehrern in Arizona, Kentucky und anderen Bundesstaaten Verbindung aufnehmen, um einen Generalstreik zur Verteidigung des Rechts auf öffentliche Bildung vorzubereiten.

Erzieher aus ganz Kentucky bereiten sich darauf vor, am Freitag am Kapitol in Frankfort zusammenzukommen, um gegen den Angriff von Gouverneur Matt Bevin auf die Renten der Lehrer zu demonstrieren. Die Rentenfrage wurde letzte Woche unter dem Deckmantel eines anderen Gesetzentwurfs verabschiedet und vom Gouverneur unterzeichnet. Viele Lehrer fordern für den heutigen Freitag zum wilden Streik auf. Am 2. April hatten 5.000 Menschen an der Demonstration vor dem Kapitol teilgenommen. Die Lehrer rufen dazu auf, diese Zahl heute zu verdoppeln.

Das Gesetz wurde vom Senat des Staates mitten in der Nacht verabschiedet, kurz vor dem Beginn des zehntägigen Frühjahrsurlaubs der Abgeordneten. Es enthält die Rücknahme der festen Rentenzusage für alle künftigen Lehrer in Kentucky. Sie werden stattdessen an einen „hybriden“ 401(k)-Rentenplan gekoppelt, der den Schwankungen der Wall Street unterliegt. Besonders bedeutsam ist, dass er die „Unverletzlichkeit“ der Lehrerrenten aufhebt, die seit 1993 in den Statuten des Bundesstaats Kentucky verankert ist. Die Streichung dieses Paragraphen macht den Weg dafür frei, die Renten jederzeit zu ändern oder sogar zu streichen. Die Lehrer in Kentucky haben keinen Anspruch auf Zahlungen der staatlichen Rentenversicherung Social Security.

Die Gewerkschaft Kentucky Education Association (KEA) hat sich wiederholt gegen einen Streik ausgesprochen und die Lehrer gewarnt, dass ein Streik illegal sei. Die KEA räumte ein, dass ihre Mitglieder unbedingt an der Kundgebung teilnehmen wollen. Ihre Ankündigungen zur Kundgebung beschränken sich indessen darauf, diejenigen zur Teilnahme aufzurufen, bei denen es „legal“ ist. Die KEA organisiert keinen Transport oder Logistik und überlässt die Lehrer sich selbst.

Ein Lehrer postete: „Denkt daran, Bevin ist der Meinung, dass die Kürzungen an der öffentlichen Bildung noch nicht weit genug gehen, und er unterstützt die Privatisierung der Bildung. Er unterstützt die Gründung von Privatschulen, in denen Lehrer geringer bezahlt werden, wo es geringere Sozialleistungen gibt und wo Lehrer willkürlich gefeuert werden können. Denkt daran, er unterstützt die Abschaffung fester Arbeitsverhältnisse an unseren Universitäten … Fragt euch, wie lange es dauern wird, bis sich diese Idee im K-12 Bereich [Kindergarten bis High School] durchsetzt?“

Tausende Lehrer und Eltern nahmen am Mittwoch an über tausend Schulen in ganz Arizona an Protesten vor Schulbeginn teil. Die Lehrer fordern eine Lohnerhöhung von 20 Prozent und lehnen die Haushaltskürzungen von Gouverneur Doug Ducey ab. Der Gouverneur betont, er werde den Lehrer auf keinen Fall mehr als ein Prozent geben.

Eine Umfrage auf der Facebook-Seite „Arizona Educators United“ ergab, dass mehr als 17.000 Lehrer einen Streik im ganzen Bundesstaat befürworten. Viele drängen trotz des Widerstands der Gewerkschaft Arizona Education Association darauf, dass ein Datum für den Streikbeginn festgelegt wird.

„Lehrer aus Kentucky und Arizona haben sich mit uns solidarisch erklärt“, erklärte Ashley, die Lehrerin aus Norman, der WSWS. „Jetzt ist die Zeit zusammenzustehen. Wir haben eine Bildungsministerin [Betsy DeVos], die von öffentlicher Bildung nichts übrig will. Wir haben 85 Prozent Unterstützung in meinem Staat für die Arbeitsniederlegung; der Schwung ist da. Wer in der öffentlichen Bildung tätig ist, weiß, worum es bei der Privatisierung geht. Schulen, denen es erlaubt ist, Kinder mit speziellen Bedürfnissen oder Kinder, die kein Geld haben, zu diskriminieren.“

„Auf nationaler Ebene hat unser Präsident klar gemacht, dass das Thema Soziales auf der Liste seiner Anliegen ganz weit unten steht. Um die Kämpfe vor unserer Haustür vergessen zu machen, will er, dass wir ständig gemeinsam gegen andere vorgehen: gegen Einwanderer, Muslime, Menschen aus dem Nahen Osten. Die Ungleichheit im Land ist schlimm.“

Nachdem die nationalen Medien gezwungen waren, über die Welle von Lehrerstreiks und Protesten zu berichten, schweigen sie sich seit Tagen über den Streik in Oklahoma aus. Sie sind sich über die Gefahr bewusst, die diese Bewegung, die sich außerhalb der Kontrolle der Gewerkschaften entwickelt hat, für die Wirtschafts- und Finanzelite darstellt. Gleichzeitig ist der zunehmende Klassenkampf in den USA und international kein unbedeutender Faktor bei der Kriegstreiberei gegen Syrien und Russland.

Auf die Kriegsentwicklung angesprochen, antwortete eine Lehrerin aus Phoenix, Arizona: „Von der Perspektive einer Lehrerin und Mutter aus gesehen, ist die Vorstellung eines Kriegs furchterregend. Ich unterrichte Weltgeschichte. Ich frage die Jugendlichen, ob sie Ähnlichkeiten in Aspekten der amerikanischen Gesellschaft und Nazi-Deutschlands erkennen. Die Bevölkerung kann manipuliert werden, Kriege zu unterstützen. Sie [die Herrschenden] konstruieren äußere Konflikte, um innere Konflikte zu entschärfen oder zu unterdrücken“, wie z.B. die Lehrerstreiks, sagte sie.

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