Am Donnerstag verhängte US-Präsident Donald Trump Strafzölle auf Stahl und Aluminium von 25 und zehn Prozent. Die Maßnahmen sollen in zwei Wochen in Kraft treten und möglicherweise noch Ausnahmen beinhalten. Ein umfassender globaler Handelskrieg ist zwar bisher noch nicht ausgebrochen, aber die Großmächte versuchen sich in die günstigste Position für einen heraufziehenden Konflikt zu manövrieren.
Die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström erklärte schon am Mittwoch vor der Verkündung, die EU werde die Angelegenheit vor die Welthandelsorganisation (WTO) bringen und dabei mit anderen zusammenarbeiten. Malmström bestätigte, dass die EU eine Liste von Produkten im Wert von 2,83 Mrd. Dollar zusammengestellt habe, die mit Zöllen belegt werden könnten, wenn die USA ihren Kurs fortsetzten. Zu den betroffenen Produktgruppen könnten bestimmte Whiskey-Sorten und Lebensmittel wie Erdnussbutter, Cranberrys und Orangensaft sowie Harley-Davidson-Motorräder zählen.
Malmström erklärte, sie zögere, den Begriff „Handelskrieg” zu verwenden. Die EU habe nicht die Absicht, dass „diese Sache außer Kontrolle gerät“. Sie fügte jedoch hinzu: „Wenn es dazu kommt, müssen wir bestimmte Maßnahmen ergreifen. Andernfalls droht der europäischen Wirtschaft und unseren Arbeitern ein schwerer Schlag.“
Die europäischen Mächte hoffen darauf, dass sie von den Maßnahmen ausgenommen sein werden. Diese Hoffnung beruht darauf, dass sie strategische Verbündete der USA sind und die „nationale Sicherheit“ als Begründung daher nicht herangezogen werden kann.
Dieses Argument, das vom – mittlerweile ehemaligen – Direktor von Trumps Nationalem Wirtschaftsrat, Gary Cohn, vorgebracht wurde, hat jedoch offenbar kein großes Gewicht. Mit Cohns Rücktritt haben die Wirtschaftsnationalisten, die dem Motto „America First“ folgen, im Weißen Haus noch größeren Einfluss gewonnen.
Bei einer Pressekonferenz mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven, machte Trump deutlich, dass sich seine Maßnahmen vor allem gegen die EU richten. „Die Europäische Union war zu den Vereinigten Staaten besonders hart“, erklärte er. „Sie macht es den Vereinigten Staaten fast unmöglich, Geschäfte mit ihr zu machen. Und trotzdem schicken sie uns ihre Autos und die ganzen anderen Dinge...“
Dies ist eine klare Drohung, dass die USA, sollte die EU auf die Stahl- und Aluminium-Zölle reagieren, mit Maßnahmen gegen europäische Autos zurückschlagen werden.
In einem Fernsehinterview versuchte Handelsminister Wilbur Ross am Mittwoch, versöhnlichere Töne anzuschlagen. „Wir versuchen nicht, die Welt in die Luft zu jagen“, sagte er. „Das ist nicht die Absicht.“
Laut der US-Handelskammer, einer der größten Wirtschaftslobbygruppen des Landes, habe das Handeln der Regierung jedoch eindeutige Konsequenzen für die ganze Welt.
Die Handelskammer sei, laut einer offiziellen Erklärung, „sehr besorgt“ über die „sich verdichtenden Anzeichen eines Handelskriegs, der die wirtschaftliche Dynamik, die durch die Steuer- und Regulierungsreform der Regierung erreicht wurde, in Gefahr bringen könnte“ Weiter heißt es darin: „Wir fordern die Regierung auf, diese Gefahr ernst und insbesondere von dem Plan Abstand zu nehmen, weltweite Zölle auf Stahl und Aluminium zu erheben.“
Das Vorgehen der USA hat in herrschenden politischen und wirtschaftlichen Kreisen in aller Welt Entsetzen hervorgerufen. Der Chef der australischen Notenbank, Philip Lowe, griff Trumps Maßnahmen an und warnte, dass jede Eskalation oder Vergeltung „der Weltwirtschaft einen sehr schweren Schock“ versetzen würde.
Lowe sagte, die Maßnahmen seien „äußerst bedauerlich und schlechte Politik“, für die Weltwirtschaft jedoch verkraftbar, solange sie auf zwei Branchen begrenzt blieben. Er äußerte die Hoffnung, dass andere Länder „einfach ruhig bleiben und nichts tun“. Er fügte hinzu: „Das ist in manchen Fällen das schwierigste, weil in einigen Ländern ein starker politischer Druck herrscht, auf Maßnahmen zu reagieren, die als ungerecht empfunden werden.“
In den Vereinigten Staaten setzt sich innerhalb der Opposition zunehmend die Ansicht durch, dass ein Handelskrieg als solcher nicht abzulehnen sei. Doch macht sich die Besorgnis breit, dass die Trump-Regierung eine stumpfes Instrument einsetzen könnte, das nicht den eigentlichen Gegner China trifft, sondern strategische Verbündete der USA.
Im Wall Street Journal schrieb Greg Ip, dass die USA nicht das einzige Land seien, das in Handelsfragen gereizt sei. In Bezug auf China gebe es „zahllose weitere“.
„Für Präsident Donald Trump könnte dies die Gelegenheit sein, eine Koalition gegen Chinas räuberische Handelspraktiken anzuführen. Stattdessen droht er jedoch gerade den Ländern mit Handelskrieg, die sich einer solchen Koalition angehören könnten. Zudem geht es dabei um Waren, die für die amerikanische Wirtschaft und nationale Sicherheit von wesentlich geringerer Bedeutung sind, als die Bereiche, die von der Enteignung intellektuellen Eigentums durch China bedroht sind.“
Diese Haltung spiegelt sich auch in einem Brief von 107 Republikanischen Abgeordneten an Trump vom Mittwoch wieder. Darin äußerten die Abgeordneten „tiefe Besorgnis“ über die Aussicht auf umfassende globale Zölle auf Stahl und Aluminium.
Der Brief warnte vor „unbeabsichtigten negativen Konsequenzen“ für die US-Wirtschaft. Weiter heißt es: „Wir unterstützen Ihre Entschlossenheit, sich jenen Verzerrungen zu widmen, die von Chinas unfairen Praktiken ausgehen. Wir sind entschlossen, mit Ihnen und unseren Handelspartnern sinnvolle und wirkungsvolle Maßnahmen zu ergreifen.“
Im August des vergangenen Jahres begann das Büro des amerikanischen Handelsbeauftragten eine Untersuchung gemäß Paragraph 301 des US Trade Act von 1974, um festzustellen, ob die Politik Chinas hinsichtlich Technologietransfer, geistigem Eigentum und Innovationen den amerikanischen Interessen zuwider laufen.
Der Untersuchungsbericht wird für die nächsten Wochen erwartet. Laut dem Gesetz hat der Präsident das Recht, gegen Handelspraktiken zurückzuschlagen, die als unfair erachtet werden. Eine amerikanische Untersuchung vom vergangenen Jahr behauptete, dass der Verlust infolge von Produktfälschungen, Softwarepiraterie und dem Diebstahl von Handelsgeheimnissen auf mindestens 225 Mrd. Dollar zu beziffern sei. Laut den Schätzungen könnte der Verlust bis zu 600 Mrd. Dollar betragen. Der Bericht machte China als den Hauptschuldigen aus.
Bloomberg berichtete, dass „im weitgehendsten Szenario, das die USA derzeit prüfen, gegen eine breite Palette chinesischer Importe, Zölle verhängt werden könnten - von Schuhen über Textilien bis zu Elektrogeräten.“ Es werden zwei „sachkundige“ Individuen zitiert, die anonym bleiben wollen.
China hat bisher zurückhaltend auf die Stahl- und Aluminiumzölle reagiert. Dies ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass es auf der Liste der Länder, die Stahl und Aluminium in die USA exportieren, weit unten steht. Mit großer Sicherheit wird China auf Maßnahmen nach Paragraph 301 jedoch anders reagieren.
Indessen signalisierte Trump, dass sich seine Regierung für die Durchführung von Maßnahmen bereit macht. Auf Twitter erklärte er am Mittwoch: „Die USA handeln nun zügig gegen den Diebstahl geistigen Eigentums. Wir können nicht zulassen, dass dies weiter so geschieht wie es seit vielen Jahren der Fall ist!“
Der Wirtschaftskolumnist der Financial Times, Martin Wolf, traf in dieser Woche die Feststellung, dass Trumps Initiative bei Stahl und Aluminium kaum die letzte gewesen sein wird. Es sei „wahrscheinlicher, dass sie der Anfang vom Ende der regelbasierten multilateralen Handelsordnung sein wird, die von USA selbst geschaffen wurde.“
Diese Einschätzung erhärtet sich durch Cohns Rücktritt, dem es nicht gelungen war, die Maßnahmen auch nur etwas abzumildern. Es ist ein klares Anzeichen dafür, dass die Einführung von Strafzöllen auf Stahl und Aluminium den Beginn eines weltweiten Handelskriegs markieren, dessen Ausmaße die katastrophalen Konflikte der 1930er Jahre noch in den Schatten stellen könnten. Die damaligen Konflikte spielten als Bedingung für den Zweiten Weltkrieg eine wesentliche Rolle.