Berlinale: Bosnischer Preisträger stirbt in Armut

Nazif Mujic, Gewinner eines silbernen Bären auf der Berlinale 2013, ist im Alter von erst 48 Jahren gestorben. Laut ersten Angaben waren die Umstände seines Todes von extremer Armut geprägt. Er starb in Svatovac, einem verarmten Ort in Bosnien. In Danis Tanovics Film Aus dem Leben eines Schrottsammlers spielte Mujic die Hauptrolle und gewann damals auf der Berlinale den Preis für den besten Darsteller.

Im Film spielte Mujic sich selbst. Sein reales Leben als Schrottsammler, dessen Frau eine Fehlgeburt erlitt, wurde auf die Leinwand gebracht. Die Familie suchte medizinische Hilfe, wurde aber aus bosnischen Krankenhäusern abgewiesen, weil sie Roma waren. Der Film warf so auch ein Schlaglicht auf das Ausmaß der Verfolgung und Diskriminierung von Roma in Bosnien nach der Auflösung Jugoslawiens und der Wiedereinführung des Kapitalismus.

Nach seinem Erfolg beim Filmfestival – Aus dem Leben eines Schrottsammlers erhielt zwei silberne Bären, einen für Mujic als besten Schauspieler und einen für den Film selbst – und nachdem Bemühungen um einen richtigen Arbeitsplatz in Bosnien gescheitert waren, beantragte Mujic 2014, mit seiner Familie in Deutschland leben zu dürfen. Er begründete damals diesen Schritt mit den Worten: „Ich möchte nicht reich werden. Ich möchte lediglich einen gewöhnlichen Arbeitsplatz, um meine Familie zu ernähren.“ Seine Enttäuschung über die Bedingungen in seinem Herkunftsland drückte er in den Worten „Bosnien hat mich betrogen“ aus. „Ich werde nicht dorthin zurückkehren. Ich würde mich eher erhängen.“

Etwa 75.000 Roma leben in Bosnien. Aus Berichten der lokalen NGO Altantic Initiative geht hervor, dass gerade einmal fünf Prozent von ihnen eine reguläre Arbeit haben.

Human Right Watch stellte 2016 fest, dass „die am meisten gefährdete Gruppe“ in Bosnien immer noch die Roma seien, die „in der Arbeitswelt, in der Bildung und bei der politischen Vertretung weit verbreiteter Diskriminierung“ ausgesetzt sind.

Deutschland wies den Asylantrag von Mujic zurück und erklärte zynisch, dass die Regierung ihn und seine Familie aus humanitären Gründen nicht vor Ende des bosnischen Winters deportieren würde. Zurück in Bosnien musste Mujic seine frühere Arbeit, Altmetall für ein paar Euro am Tag zu sammeln, wieder aufnehmen.

Als er nicht mehr in der Lage war, die Grundsicherung für seine Familie zu gewährleisten, verkaufte er seinen silbernen Bären für umgerechnet etwa 4.000 Euro an einen lokalen Tavernenbesitzer. „Zunächst verkaufte ich ein altes Auto, dann einige persönliche Habseligkeiten und schließlich war der Bär dran.“ Die Entscheidung, die Trophäe zu verkaufen, sei ihm „sehr schwer“ gefallen, doch „meine Kinder hatten drei Tage lang so gut wie nichts zu Essen.“

Nach Aussagen seines Bruder, Suljo Mujic, war Nazif in den letzten Monaten von Krankheit geplagt und sehr besorgt über seine finanzielle Lage. Im Januar diesen Jahres versuchte er erneut, Deutschland zu erreichen.

Mit einem Teil des Geldes, das er aus dem Verkauf der Trophäe gewonnen hatte, hatte Mujic ein Busticket nach Berlin gekauft. Er musste aber nach Bosnien zurückkehren, nachdem ihm mitgeteilt worden war, dass ihm in Deutschland, aus der Zeit als er mit seiner Familie Asyl beantragte, eine Geldstrafe drohte, die er nicht bezahlen konnte.

Es ist klar, dass die unmenschliche Asylpolitik der Bundesregierung und des Berliner Senats – zunächst eine Koalition aus SPD und CDU und seit Dezember 2016 eine rot-rot-grüne Koalition (SPD, Linkspartei und Grüne) –, zu Mujics frühem Tod beitrug.

Mitte Januar 2016 schob die Berliner Polizei auch die achtjährige Denica, die an Herzproblemen leidet, und ihren Vater zurück nach Bosnien. Denicas Mutter und ihr Bruder, der ebenfalls eine Herzerkrankung hat, hatten aufgrund der Schwere seiner Erkrankung vorübergehend die Erlaubnis erhalten, zu bleiben, beschlossen dann aber, „freiwillig“ nach Bosnien zurückzukehren.

Im Jahr 2017 wurden 2.028 Flüchtlinge aus Berlin deportiert, von denen mehr als 80 Prozent in Balkanländer zurückgeschickt wurden, darunter 254 nach Bosnien.

Ende Dezember stellte die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales fest, dass die Asylgesuche von insgesamt 11.754 Migranten abgelehnt seien und ihnen somit die Abschiebung droht.

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