Spanien verdoppelt seinen Militärhaushalt

Die Verteidigungsausgaben Spaniens werden laut Verteidigungsministerin Maria Dolores de Cospedal bis 2024 verdoppelt. Das erklärte die Ministerin vor dem Verteidigungsausschuss des Parlaments. Der Verteidigungshaushalt werde von 0,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (8,7 Milliarden Euro auf 1,53 Prozent des BIP (18,47 Milliarden Euro) steigen.

Um die Opposition gegen Krieg und die Empörung über eine Erhöhung der Militärausgaben unter Kontrolle zu halten, lehnte es Cospedal ab, den Brief an die Nato zu veröffentlichen, in dem sie die Erhöhungen näher erläuterte. Sie begründete diese Weigerung damit, dass Teile des Inhalts der Geheimhaltung unterlägen.

Der Geheimhaltung unterliegt auch die wirkliche Höhe der Militärausgaben. Der pazifistischen Organisation Centre Delàs d’Estudis per la Pau zufolge gibt es seine ganze Reihe von Ausgaben, die mit dem Militär in Zusammenhang stehen, die nicht im Verteidigungshaushalt aufgeführt werden. Wenn die Sozialversicherungsausgaben, die Rentenzahlungen und Versicherungsbeiträge des Militärs, von Auslandsmissionen, staatlichen Zuschüssen für militärische Forschungen und die Budgets der Guardia Civil und Natobeiträge hinzugezählt würden, dann betrüge der Verteidigungshaushalt in Wirklichkeit ca. 18,9 Milliarden Euro. 2024 würde er dann unglaubliche 28 Milliarden Euro betragen, erklärte das Centre.

Die Erhöhung der spanischen Verteidigungsausgaben geht auf die Übereinkunft auf dem Nato-Gipfel im vergangenen Mai zurück. Die Trump-Regierung hatte auf alle Nato-Mitglieder enormen Druck ausgeübt, ihre Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent des BIP anzuheben.

Cospedal gab zu, dass die Anhebung auf 1,53 Prozent das Ziel der Nato verfehle, betonte aber, dass sie die Voraussetzung für ein Erreichen des Ziels in späteren Jahren schaffe und außerdem auf dem gleichen Niveau wie die Ziele anderer europäischer Länder liege.

Die Liste geplanter Anschaffungen militärischer Hardware gibt einen Eindruck von dem Ausmaß der Modernisierung und Aufrüstung des Militärs. Angeschafft werden sollen 348 gepanzerte Piranha 5 Infanterie Transporter für den Einsatz im Nahkampf, fünf F-110 Fregatten, vier S-80 U-Boote, drei Tankflugzeuge, 23 NH-90 Hubschrauber, eine unbemannte Reaper-Kampfdrohne und ein neues Ausbildungsflugzeug. Außerdem wird die Armee ein neues Leitsystem anschaffen und ein Programm zur Renovierung der Kasernen auflegen. 17 Chinook-Hubschrauber sollen modernisiert werden, und Spanien wird einen Beitrag zur Ersetzung des F-18 Kampfflugzeugs leisten.

Cospedal bestätigte, dass die militärischen Ausgaben für Spaniens Teilnahme an 17 Militärmissionen in aller Welt letztes Jahr 835 Millionen Euro betrugen. Spanien wird sich an der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) der Europäischen Union beteiligen und die Leitstelle der EU-Missionen führen. PESCO wurde im vergangenen November von 23 der 28 EU-Mitgliedsländer beschlossen, um gemeinsame Verteidigungskapazitäten zu entwickeln und militärische EU-Operationen durchzuführen.

Spaniens Engagement für PESCO spiegelt den Versuch der herrschenden Elite in Spanien und in Europa wider, ihre wirtschaftlichen und militärischen Positionen gegenüber tatsächlichen und potenziellen Konkurrenten in einer vom Brexit und der „America First“ -Politik der Trump-Regierung bedrohten Situation zu verteidigen.

Die spanische Regierung möchte es sich weder mit der EU, noch mit den USA verderben. Daher setzt sie momentan auf beides, sowohl auf das von Deutschland dominierte EU-Militärprojekt PESCO, als auch auf die Nato, in der die USA den Ton angeben. Aber auf lange Sicht sind beide nicht kompatibel. Dieser Spagat kommt in einem Regierungsbeschluss zum Ausdruck, der demnächst im Parlament debattiert werden soll. In dem Text der Resolution geht es um Verbesserungen der europäisch-amerikanischen Beziehungen, und gleichzeitig wird betont, dass die Europäer mehr denn je Verantwortung für ihre eigene Sicherheit übernehmen müssen.

Das Anwachsen des spanischen Militarismus ist die Reaktion der herrschenden Klasse auf zunehmende soziale Ungleichheit, auf die Verschärfung der Wirtschaftskrise und die wachsenden Konflikte zwischen den Großmächten. Damit unterscheidet sich Spanien nicht vom Rest der Welt. Das Ziel ist, sich vor allem im Konflikt mit Russland und China neue Einflusssphären, Märkte und Rohstoffe zu sichern, und soziale Spannungen nach außen abzulenken. Das wurde an der neuen Nationalen Sicherheitsstrategie der USA deutlich.

Das größte Hindernis für die herrschende Klasse Spaniens ist die traditionelle Feindschaft der Bevölkerung gegen das Militär. Das wurde kürzlich wieder deutlich, als eine Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nach dem Beispiel des französischen Präsidenten Macron losgetreten wurde. Alle großen Tageszeitungen beklagten ausführlich die Ablehnung einer solchen Maßnahme in der Bevölkerung.

Der pro-militaristische Wissenschaftler Félix Arteaga vom Real Instituto Elcano beschwerte sich in El Mundo: „Die Einführung der Wehrpflicht vorzuschlagen, würde hier einem politischen Selbstmord gleichkommen. Erstens, weil es keinerlei militärische Notwendigkeit dafür gibt, und zweitens, weil die spanische Gesellschaft die Konzeption der Verpflichtung [zum Militär] nicht wertschätzt. Es gibt keine Mentalität und Kultur der nationalen Identität und natürlich ist niemand überzeugt davon, dass man sein Leben für die Verteidigung des Landes hingeben sollte.“

Insoweit die spanische herrschende Elite in der Lage ist, ihre militärischen Ambitionen zu verfolgen, kann sie dies vor allem auf Grund der Rolle von Podemos. Die pseudolinke Partei hat zu diesen Entwicklungen entweder geschwiegen oder sie sogar offen unterstützt. Im vergangenen Monat deckte Podemos die Ausweitung der spanischen Intervention in Mali, wo EU-Länder seit nunmehr fünf Jahren militärisch im Einsatz sind. 2012 hatten dschihadistische Gruppen den Norden des Landes überrannt und zehntausende zu Flüchtlingen gemacht. Tausende versuchten, das Mittelmeer auf dem Weg nach Europa zu erreichen, viele von ihnen sind ertrunken.

Am 24. Januar trat Cospedal vor dem Verteidigungsausschuss auf, um sich verspätet die Vollmacht für die Übernahme der Leitung der Mission erteilen zu lassen und die Genehmigung für die Entsendung von mehr Soldaten genehmigen zu lassen. Sie erklärte dem Ausschuss, dass ein verstärktes Eingreifen im Rahmen der EU-Intervention „wesentlich“ sei, und dass Nordafrika für Spanien „von strategischer Bedeutung“ sei.

Juan Antonio Delgado, der Sprecher von Podemos für militärische Angelegenheiten, beklagte, dass Cospedal das „Gesetz gebrochen“ habe, als sie Truppen ohne vorherige parlamentarische Genehmigung entsandt habe. Er sei „vor drei Monaten in Mali“ gewesen und habe bei der Gelegenheit erfahren, dass Spanien die Leitung der Operation übernehmen werde. Dann fragte er Cospedal: „War es in der Zwischenzeit nicht möglich, die Bewilligung zu beantragen?“

Es drängt sich die offensichtliche Frage auf, warum nicht Delgado selbst die Sache weiter verfolgt hat. Als es zur Abstimmung im Ausschuss kam, enthielt er sich lediglich der Stimme.

Noch deutlicher war Podemos Generalsekretär Pablo Iglesias, der Cospedal in der Frage des Todes des Piloten eines Kampfflugzeugs im vergangenen Oktober von rechts angriff. „Patriotismus bedeutet, die Rechte unserer Armeeangehörigen zu verteidigen“, erklärte er. Es sei „eine Schande, dass in diesem Land einige den Mund voll nehmen, wenn sie über die Heimat reden und die Rechte der Beschäftigten nicht respektieren, die uns alle schützen und deren Leben nicht in Gefahr gebracht werden darf.“

Solche Äußerungen beweisen, dass Podemos eine pro-militaristische Partei ist, die sich als verlässliche politische Plattform für den spanischen Militarismus anbietet. Seit ihrer Gründung hat Podemos Gruppen in der Armee aufgebaut und sich zum Sprecher ihrer Interessen gemacht. Ex-Verteidigungsminister Julio Rodriguez Fernandez hat als Kandidat von Podemos bei den jüngsten Parlamentswahlen kandidiert und ist der Generalsekretär von Podemos in der Hauptstadt Madrid, wo er auch im nächsten Jahr der führende Kandidat der Partei sein wird.

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