Die von den USA unterstützte saudische Monarchie und ihre verbündeten Ölscheichtümer am Golf haben ihre Bombenangriffe auf den Jemen, das ärmste Land im Nahen Osten, dramatisch verschärft. Allein in den letzten Tagen sind dutzende Zivilisten getötet worden.
Bei den blutigsten Luftschlägen zielten die saudischen Flugzeuge am Dienstag auf einen belebten Marktplatz in der südwestlichen Provinz Taiz. Bei diesem Angriff wurden 54 Zivilisten getötet.
Amerikanische und andere westliche Medien berichteten kaum über dieses Blutbad, doch der jemenitische Fernsehsender Al Masirah veröffentlichte auf seiner Website Fotos, die die ausgebombten Stände des Marktes und die zerfetzten Leichen abgeschlachteter Zivilisten zeigten. Der Sender berichtete über hunderte Meter verstreut liegende Leichenteile.
Unter den Toten befanden sich mindestens acht Kinder. Weitere 32 Menschen wurden verletzt, darunter sechs Kinder.
Am gleichen Tag griffen Kampfflugzeuge einen Bauernhof im Distrikt al-Tuhayta in der westlichen Provinz al-Hudeida an und töteten eine 14-köpfige Familie, darunter Frauen und Kinder.
Jemenitische Quellen berichteten, dass saudische und alliierte Kampfflugzeuge am Mittwoch mehr als 45 Angriffe flogen, mehrere jemenitische Städte angriffen und dabei mindestens weitere sechs Zivilisten töteten, darunter eine fünfköpfige Familie, deren Haus in der Hafenstadt al-Hudeida angegriffen wurde, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz.
Dem Sender Al Masirah zufolge war die Zahl der getöteten Jemeniten im gesamten Dezember schon vor den jüngsten Toten und Verletzten seit Dienstag auf 600 angestiegen.
Diese neue blutige Phase in dem seit mehr als tausend Tagen andauernden Krieg der reichen, reaktionären arabischen Monarchien gegen den verarmten Jemen wird von der Frustration des Hauses Saud über seine Unfähigkeit angetrieben, das militärische Patt zu durchbrechen. Daran änderte auch die bedingungslose Unterstützung Riads durch seine westlichen Verbündeten nichts, besonders der USA und Großbritanniens.
Die Intensivierung der Bombenangriffe ist teilweise eine Reaktion auf das Scheitern eines von den Saudis unterstützten Putsches des ehemaligen jemenitischen Diktators Ali Abdullah Saleh gegen seine vormaligen Verbündeten, die Houthi-Rebellen. Der gescheiterte Versuch endete mit dem Tod Salehs und der Niederlage seiner Anhänger zu Beginn des Monats.
Riad wurde auch von dem Beschuss seines internationalen Flughafens und des königlichen Palastes mit Raketen aus dem Jemen erschüttert. Die Raketen wurden allerdings abgefangen und verursachten keinerlei Opfer.
Washington wird schon seit Langem von der saudischen Monarchie als Pfeiler der Reaktion in der arabischen Welt unterstützt und bis an die Zähne bewaffnet. Die US-Waffenhersteller machen dabei riesige Profite.
Bei seinem Besuch in Saudi-Arabien im Mai unterzeichnete US-Präsident Donald Trump mit dem saudischen Regime Waffenverkäufe im Wert von 110 Mrd. Dollar. Es war das größte einzelne Waffengeschäft in der US-Geschichte. Dabei stand es allerdings durchweg in der Kontinuität der Politik der Demokratischen Regierung unter Barack Obama. Diese hatte den Saudis F-15- Kampfflugzeuge im Wert von 29 Mrd. Dollar verkauft – der bis dahin ebenfalls größte je abgeschlossene Waffendeal der USA. Außerdem gab es Pläne für den Verkauf weiterer Waffen im Wert von 100 Mrd. Dollar an das Königreich.
Washington liefert nicht nur die Kampfflugzeuge, Bomben und Raketen für den Angriff auf jemenitische Zivilisten, sondern es ist auch ein unmittelbarer Komplize und Teilnehmer an dem Angriff auf den Jemen. Dabei handelt es sich um ein eindeutiges Kriegsverbrechen, das zur größten humanitären Katastrophe weltweit führt. Die US Air Force betankt saudische Kampfflugzeuge in der Luft, damit sie ohne Unterbrechung Angriffe auf den Jemen fliegen können. US-Geheimdienste helfen bei der Zielauswahl für Luftschläge und Kriegsschiffe unterstützen die barbarische Seeblockade der Saudis, um die hungernde Bevölkerung zur Unterwerfung zu zwingen.
Seit Beginn des von den USA unterstützten Krieges der Saudis im März 2015 haben etwa 13.600 Zivilisten ihr Leben verloren. Diese Verluste werden aber bei weitem von der Zahl der Todesopfer durch Hunger und Krankheit in den Schatten gestellt. Die Ursache ist die Zerstörung grundlegender Infrastruktur für die Wasserversorgung und die Abwasserentsorgung und von Fabriken, Höfen, medizinischen oder anderen lebenswichtigen Einrichtungen und die Blockade der Versorgung mit Lebensmitteln, Medikamenten und anderen wichtigen Gütern.
Fast drei Jahre nach Beginn des Kriegs benötigen 21 Millionen Menschen, d.h. 82 Prozent der Bevölkerung, humanitäre Hilfe. Ihnen fehlen sauberes Wasser, Lebensmittel und Treibstoff. Etwa acht Millionen Menschen stehen am Rand einer Hungersnot. Stark steigende Lebensmittelpreise machen lebenswichtige Waren unerreichbar für den größten Teil der jemenitischen Bevölkerung.
Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes gab vergangene Woche bekannt, dass die Zahl der Cholera-Fälle die Millionenmarke überschritten hat. Das ist die größte Epidemie der modernen Geschichte. Zusätzlich ist auch Diphtherie im Land ausgebrochen, eine Krankheit, die weltweit fast vollständig ausgerottet ist.
Das apokalyptische Ausmaß des menschlichen Leids im Jemen hat einige im Westen zu vorsichtiger Kritik am saudischen Regime bewegt. So wird berichtet, dass der französische Präsident Emmanuel Macron den saudischen König Salman am 24. Dezember angerufen und zu einer „vollständigen Aufhebung“ der Blockade des Jemen aufgefordert habe. Macron machte aber keine Anstalten, den Waffendeal über 455 Millionen Euro aufzukündigen, den sein Vorgänger François Hollande mit Riad geschlossen hat. Dieser beinhaltete auch Waffen, die jetzt zur Ermordung jemenitischer Zivilisten genutzt werden.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der Koordinator für humanitäre Angelegenheiten bei den Vereinten Nationen, Jamie McGoldrick, wies auf die jüngste hohe Opferzahl infolge der Bombardierung der Saudis hin und verurteilte die „völlige Missachtung von Menschenleben auf Seiten aller beteiligten Parteien, die in diesem absurden Krieg an den Tag gelegt wird.“
Tatsache aber ist, dass die überwältigende Zahl der Toten der illegalen Aggression der Saudis anzulasten ist. Der Krieg ist vom Standpunkt Riads und Washingtons außerdem keineswegs „absurd“, sondern vielmehr Teil einer breiteren regionalen Strategie des US-Imperialismus, eine militärische Konfrontation mit dem Iran vorzubereiten, der sich zu einem Hindernis für die amerikanische Hegemonie über den ölreichen Nahen Osten entwickelt hat.
Schließlich veröffentlichte die New York Times am Donnerstag einen Leitartikel mit dem Titel „Schmelztiegel Jemen“, der von Heuchelei und Betrug troff. Er beschuldigt die Trump-Regierung, an die Katastrophe im Jemen mit einer „Doppelmoral heranzugehen“, wenn sie die angebliche Unterstützung der Houthi-Rebellen mit Waffen durch den Iran verurteilt, aber „nichts über die Bombardierung des Jemen durch die Saudis zu sagen hat“.
Die Times, ein Sprachrohr des Establishments der Demokratischen Partei, wirft die Möglichkeit auf, dass der Iran „möglicherweise eine Resolution des UN-Sicherheitsrats verletzt“, die ihm verbietet, Raketen und andere Waffen zu exportieren, und eine Resolution verletze, die ihm verbiete, „eine Krise zu verschärfen“, die zu einem Krieg mit Saudi-Arabien führen könne.
Die Zeitung geht dann auf einen Auftritt der US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Nikki Haley, ein. Sie erschien in einem militärischen Hangar in Washington mit den vermeintlichen Überresten einer vom Iran gelieferten Rakete, die angeblich von den Houthi-Rebellen auf Riad abgeschossen worden war. Sie gab zu, dass die Präsentation an die Rede des damaligen Außenministers Colin Powell über die „Massenvernichtungswaffen“ im UN-Sicherheitsrat in der Vorbereitung auf die US-Invasion im Irak erinnere.
Freilich unterstützte die Times diesen Angriffskrieg im Jahr 2003 und entwickelte sich zu einem der Hauptpropagandisten der Lüge über Massenvernichtungswaffen, mit der er gerechtfertigt wurde.
Der Leitartikel äußert kein Wort der Kritik an US-Waffenverkäufen an das saudische Regime, und noch viel weniger an der Unterstützung der Obama-Regierung für den Krieg gegen den Jemen. Er schließt mit der Behauptung, die Trump-Regierung scheine „konstruktiven Einfluss“ auf die Saudis auszuüben.
Diese Lügen und Auslassungen machen klar, dass das „Leitmedium“ erneut seine Dienste als Propagandaarm für den amerikanischen Militarismus zur Verfügung stellen wird, wenn Washington einen Krieg mit potentiell katastrophalen weltweiten Folgen gegen den Iran initiieren sollte.