US-Präsident Donald Trumps Drohung, „Feuer und Wut, wie die Welt sie noch nie erlebt hat“ über das verarmte und unterdrückte Nordkorea zu bringen, hat auf der ganzen Welt Furcht und Besorgnis ausgelöst.
Am 6. und 9. August jährten sich zum 72. Mal die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki, bei denen fast eine Viertelmillion japanische Männer, Frauen und Kinder getötet wurden. Während Überlebende noch Gedenkfeiern besuchten, drohte Trump von einem Golfurlaub aus mit einem neuen Atomkrieg in Asien, der für die ganze Menschheit unvorstellbare Konsequenzen hätte.
Ein hoher Berater des Weißen Hauses versuchte, den beunruhigenden Inhalt von Trumps Äußerungen zu verharmlosen, und erklärte, der Kommentar des Präsidenten sei „ungeplant und spontan“ gewesen. US-Außenminister Rex Tillerson versicherte der amerikanischen Bevölkerung, sie könne „nachts ruhig schlafen“ und müsse sich „wegen der Rhetorik der letzten Tage keine Sorgen machen“.
Doch trotz dieser wenig überzeugenden Beruhigungspillen schloss sich der ex-General der Marines, James „Mad Dog“ Mattis, den Drohungen des Präsidenten an. Die Medien bezeichnen Mattis regelmäßig als „vernünftige“ und mäßigende Kraft. Am 9. August forderte er, Nordkorea müsse „alle Aktivitäten einstellen, die zum Ende seines Regimes und der Zerstörung seines Volkes führen könnten“. Der Sinn dieser Aussage ist klar: Unterwerft euch Washingtons Forderungen, oder euch droht die atomare Vernichtung.
Am selben Mittwoch bekräftigte Trump seine Drohung mit einem Tweet, in dem er betonte, Washington sei in der Lage, einen Atomkrieg zu führen: „Mein erster Befehl als Präsident war es, unser Atomarsenal auf Vordermann zu bringen und zu modernisieren. Heute ist es stärker und mächtiger als je zuvor. Ich hoffe, wir müssen diese Macht nie einsetzen, aber wir werden immer die mächtigste Nation der Welt bleiben!“
Aus diesen Drohungen und dieser Einschüchterungsrhetorik spricht großer Leichtsinn. Was soll die nordkoreanische Führungsriege denken, wenn die mächtigste Atommacht der Welt ihr mehrfach mit „Feuer und Wut“ und der Auslöschung ihrer gesamten Bevölkerung droht?
Im Vorfeld der Drohungen haben die USA eine Marinekampfgruppe unter Führung des Flugzeugträgers USS Carl Vinson vor der koreanischen Küste stationiert, und an der nordkoreanischen Grenze flogen Bomber vom Typ B1 Lance bedrohliche Einsätze.
Nordkorea reagierte auf die Kriegsdrohungen der USA mit der Gegendrohung, eine Rakete auf die Pazifikinsel Guam abzufeuern, die zum Territorium der USA gehört und als Basis für Atom-U-Boote und strategische Bomber dient. Es ist nicht klar, ob dies bloß eine leere Drohung ist. Falls Nordkorea damit rechnet, dass die USA ihre Drohungen ernst meinen und ein Krieg unmittelbar bevorsteht, könnten sie sich durchaus für einen eigenen Präventivschlag entscheiden, um Washington zu zeigen, dass sie nicht bluffen, anstatt abzuwarten und zuzusehen, wie ihr Militär von amerikanischen Bomben und Raketen zerstört wird.
Die World Socialist Web Site hat für die reaktionäre Erbdynastie in Nordkorea und ihr provokantes Verhalten nichts übrig. Aber solche Erwägungen wären sicherlich alles andere als irrational.
Die Haltung, die Nordkorea einnimmt, ist durch eine immense historische Last bestimmt. Im Koreakrieg vor 65 Jahren wurden mehr als drei Millionen Menschen getötet, darunter zwei Millionen Nordkoreaner. Die US Air Force erklärte selbst: „Achtzehn der zweiundzwanzig Großstädte in Nordkorea wurden mindestens zur Hälfte zerstört.“ Der Air Force-General Curtis LeMay erinnerte sich: „Wir haben fast alle Städte in Nord- und Südkorea niedergebrannt.“
Deshalb ist das Gerede der USA über „Feuer und Wut“ und die Drohungen, die gesamte Bevölkerung auszulöschen, für Nordkorea alles andere als bloß übertriebene Rhetorik.
Der ganze derzeitige Konflikt geht auf Washingtons Forderung zurück, Nordkorea müsse seine Atomwaffen- und Raketentests einstellen und sämtliche nuklearen Kapazitäten aufgeben. Doch Kim Jong-uns Regierung weiß, welches Schicksal andere Regimes erlitten, die sich solchen Forderungen unterworfen haben.
Der Irak, der gemeinsam mit Nordkorea und dem Iran von George W. Bush als „Achse des Bösen“ bezeichnet wurde, gab seine Waffenprogramme auf. Trotzdem wurde er 2003 unter dem verlogenen Vorwand überfallen, er besitze noch immer „Massenvernichtungswaffen“. Der Irakkrieg forderte eine Million irakische Todesopfer und endete mit der Ermordung von Staatschef Saddam Hussein. Auch der libysche Herrscher Muammar Gaddafi erklärte sich nach dem Einmarsch im Irak bereit, sein Waffenprogramm aufzugeben. Doch im Jahr 2011 brachen die USA und die Nato trotzdem einen Krieg gegen Libyen vom Zaun. Zehntausende Zivilisten wurden getötet, eine funktionierende Gesellschaft zerstört und Gaddafi selbst von einem Lynchmob ermordet.
Nur das nordkoreanische Atomprogramm hat bisher verhindert, dass das Land und seine Regierung ein ähnliches Schicksal erlitten haben.
Trumps scheinbar wahnsinnige Drohungen verdeutlichen, dass der US-Imperialismus bei seinen geplanten neuen Angriffskriegen die Gefahr eines Atomkriegs nicht mehr als unüberwindliches Hindernis betrachtet.
Die US-Regierung versucht, die Öffentlichkeit auf einen Konflikt vorzubereiten, der sich fast sicher zu einem katastrophalen Krieg entwickeln würde. Dies hätte zweifellos verheerende Folgen für das Wirtschaftsleben, die demokratischen Rechte und die Existenz der arbeitenden Bevölkerung in den USA und auf der ganzen Welt. Das Weiße Haus, das Pentagon und diverse Denkfabriken, die die Politik des US-Imperialismus ausarbeiten, behaupten, Pjöngjang habe die Schwelle überschritten und sei zur Atommacht geworden. Angeblich hat das Regime miniaturisierte Sprengköpfe und Interkontinentalraketen entwickelt, die es gegen eine amerikanische Stadt einsetzen kann.
Diese Behauptungen darf man ebenso wenig für bare Münze nehmen wie die Lügen der Bush-Regierung über irakische Massenvernichtungswaffen. Und während die US-Regierung die nordkoreanischen Atomwaffen als existenzielle Bedrohung darstellt, hat sie selbst ebenso instabilen und aggressiven Regimes dabei geholfen, eigene Atomarsenale aufzubauen: Dies ist zum Beispiel für Israel, Indien und Pakistan der Fall.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Das Magazin The Economist schilderte in seiner jüngsten Ausgabe auf beängstigende Weise die Überlegungen der herrschenden Klasse bei ihrer Kriegsvorbereitung gegen Nordkorea. Der Artikel beschreibt ein hypothetisches Szenario, in dem ein Krieg ausbricht und mit einem schnellen Sieg der USA endet. Die unmittelbare Zahl der Todesopfer wird auf 300.000 geschätzt, wobei die Zahl der Toten durch Strahlenkrankheit noch deutlich höher sein wird. Der Artikel endet mit einem hypothetischen Tweet Trumps: „Kims Atomangriff auf Seoul war BÖSE! Hatte keine andere Wahl als zurückzuschießen. Aber dank meiner Tat ist Amerika wieder sicher!“
Dieses grauenhafte Szenario ist noch das bestmögliche Ergebnis. Wahrscheinlich wäre von einem solchen Krieg nicht nur die gesamte Bevölkerung Nordkoreas betroffen, sondern auch die zehn Millionen Einwohner von Seoul und die 38 Millionen Einwohner der Metropolregion Tokio, sowie zehntausende US-Soldaten, die in Südkorea stationiert sind. Außerdem könnte ein Angriff der USA auf Nordkorea, wie schon vor 65 Jahren, China zum Eingreifen zwingen, das mittlerweile eine Atommacht ist.
Die wachsende Kriegsgefahr und die scheinbar wahnsinnigen Drohungen mit nuklearer Vernichtung gehen nicht nur auf die kriminelle und faschistische Gesinnung von Donald Trump zurück. Die gesamte US-Regierung hat die Sprache Adolf Hitlers übernommen.
Dieser Zustand ist das Endergebnis einer politischen Kultur, die sich im Laufe der letzten fünfundzwanzig Jahre entwickelt hat. In dieser Zeit hat die kapitalistische Oligarchie in den USA auf Militarismus, Angriffskriege, Drohungen und Einschüchterung gesetzt, um ihre schwindende wirtschaftliche Vormachtstellung auszugleichen.
Kriege außerhalb der USA gingen mit immer schärferer sozialer Ungleichheit und unablässigen Angriffen auf die Lebensbedingungen und Grundrechte der Arbeiterklasse im Inland einher. Der soziale Widerstand wächst. Trump ist der unpopulärste Präsident in der Geschichte Amerikas. Das politische Establishment ist innerlich gespalten, und die Trump-Regierung führt einen internen Krieg. Es besteht durchaus die Gefahr, dass das Weiße Haus einen Krieg mit Nordkorea benutzt, um die sozialen und politischen Spannungen im Inneren abzulenken und gegen einen äußeren „Feind“ zu richten.
Eine solche Politik hätte zweifellos weitreichende Folgen. Ein Krieg mit massiven Opferzahlen, zu denen auch tausende amerikanische Soldaten gehören würden, würde als Vorwand benutzt werden, um den politischen Widerstand in den USA selbst gewaltsam zu unterdrücken.
Googles Versuche, die World Socialist Web Site auf die schwarze Liste zu setzen, müssen als Vorgeschmack auf die diktatorischen Methoden verstanden werden, die sich gegen die gesamte Arbeiterklasse richten.
Die Ursache für die wachsende Gefahr eines atomaren Weltkriegs ist die zunehmende Krise des amerikanischen- und des Weltkapitalismus. Diese Krise geht auf den unlösbaren Widerspruch zwischen der globalen Wirtschaft und der Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten zurück. Die gleiche Krise des Profitsystems schafft jedoch auch die objektiven Bedingungen und die politische Notwendigkeit dafür, dass die Arbeiterklasse für ihre eigene revolutionäre Lösung kämpft. Dazu muss sie eine internationale Antikriegsbewegung aufbauen, die auf einer sozialistischen Perspektive basiert und deren Ziel es ist, den Kapitalismus abzuschaffen, bevor er die Menschheit in die Barbarei stürzt.