Am Samstag fand in dem kleinen thüringischen Ort Themar eines der größten Neonazi-Treffen der letzten Jahrzehnte statt. Mehr als 6.000 Rechtsradikale waren aus ganz Europa angereist, um an dem Festival „Rock gegen Überfremdung“ teilzunehmen. Es kamen damit weit mehr Nazis als von den Veranstaltern erwartet worden waren.
Offensichtlich fühlten sich die Rechtsextremisten durch die Kampagne ermutigt, die nach dem G20-Treffen in Hamburg von allen Parteien gegen linke Proteste geführt worden war. Es war Justizminister Heiko Maas (SPD), der dazu aufrief, ein Konzert „Rock gegen Links“ zu veranstalten.
Während die Polizei beim G20-Gipfel brutal gegen friedliche Demonstranten vorging und genehmigte Versammlungen gewaltsam auflöste, stellte sie sich beim Nazi-Festival schützend vor die Teilnehmer. Selbst als die Rechtsextremisten massenhaft Straftaten begingen, den Hitlergruß zeigten und „Sieg Heil“ riefen, weigerte sich die Polizei, die Versammlung aufzulösen und die Täter festzunehmen.
Dabei traten die Neonazis extrem aggressiv auf und machten aus ihrer Gesinnung von Anfang an keinen Hehl. Die Zeit berichtet von einem Teilnehmer, der mit offener Jacke zur Veranstaltung lief und ein T-Shirt mit Hakenkreuzaufdruck präsentierte. Andere Teilnehmer trugen T-Shirt-Aufschriften wie „Nationaler Sozialist“, „I love Htlr“, „Wer A sagt, muss auch DOLF sagen“, „1933“, „I love NS“, „N.A.Z.I.“ und „HKN KRZ“. All das ist im Netz hundertfach dokumentiert. Journalisten wurden bedroht und bespuckt.
Auf der Bühne standen Bands wie Stahlgewitter, die in ihren Liedern die Wehrmacht besingen und „88“ skandieren, ein Code, der in Nazi-Kreisen für „Heil Hitler“ steht. Unterbrochen wurde die Musik durch Redebeiträge von Vertretern der NPD, der Partei die Rechte, des Pegida-Ablegers Thügida und vieler weiterer rechtsextremistischer Organisationen.
Vom Inneren des Geländes, das durch blickdichte Bauzäune abgeschirmt war, gibt es nur wenige Bilder. Journalisten berichteten aber, dass von außerhalb zu hören war, wie der Sänger der rechtsradikalen Band „Blutzeugen“ mehrfach „Sieg Heil“ von der Bühne heruntergerufen habe und dass ähnliche Sprechchöre im Publikum angestimmt wurden.
Eines der wenigen kurzen Videos der Veranstaltung zeigt, wie dutzende Neonazis den Hitlergruß zeigen und immer wieder „Sieg Heil“ rufen. Das Video zeigt nur einen kleinen Ausschnitt des Publikums und vermittelt den Eindruck, dass in Wirklichkeit hunderte Nazis ihren Arm gehoben haben. Das Video wurde kurz nach Veröffentlichung vom Autor wieder gelöscht, war aber bereits in sozialen Medien geteilt worden.
Die Polizei hatte in der Nacht zum Sonntag zunächst behauptet, dass sie von diesen Szenen nichts mitbekommen habe. Angesichts der Absurdität dieser Behauptung musste sie aber schon am Montag einräumen, dass sie Kenntnis davon hatte, dass verfassungsfeindliche Symbole gezeigt wurden, deren Verwendung unter Strafe steht. Dennoch bezeichnet die Polizei eine Auflösung der Versammlung als nicht verhältnismäßig, weil das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit geschützt werden müsse.
Eine Woche nach den schweren Polizeiübergriffen auf friedliche Anti-G20-Demonstranten ist das der reine Hohn. In Hamburg wurde ein gerichtlich genehmigtes Zeltlager von linken G20-Gegnern brutal überfallen. Zahlreiche friedliche Proteste wurden mit Wasserwerfern und Tränengas angegriffen. Aber wenn sich Neonazis versammeln, um Hitler zu verehren und Straftaten zu begehen, wird ihr „Grundrecht auf Versammlungsfreiheit“ von der Polizei durchgesetzt!
In Themar erteilte die Polizei trotz der massiven Straftaten und der Hitler-Verehrung der 6.000 Neonazis nur 43 Strafanzeigen unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Bedrohung, Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz.
Im Wesentlichen schützte die Polizei die Neonazi-Horden. Ein Foto, das in den sozialen Medien weit geteilt wurde, zeigt einen Polizisten in freundschaftlichem Kontakt mit einer der rechtsextremistischen Musikgruppen. Die Polizei besteht in einer Pressemitteilung darauf, dass es sich bei der Szene nicht um einen Handschlag handele. Das Bild spricht allerdings eine eindeutige Sprache.
Die Website Vice berichtet ferner, wie sich Neonazis und Polizisten über die G20-Proteste unterhielten. Zwei Neonazis seien zu seiner Gruppe Polizisten gegangen und einer habe gefragt: „Und, wart ihr auch in Hamburg?“ Als die Beamten nickten sagte der Neonazi: „Scheiße, oder? Hättet ihr mal ein bisschen fester zugetreten.“
Der Polizeieinsatz in Themar ist von der rot-rot-grünen Landesregierung in Thüringen zu verantworten. Es war über Monate bekannt, dass zu der Versammlung tausende Neonazis kommen würden und offenbar hat die Regierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linkspartei) entschieden, die braunen Horden zu schützen.
Der thüringische Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) dankte daher auch der Polizei für den reibungslosen Einsatz: „Das Konzept der Polizei ist hervorragend aufgegangen, die Polizei hatte die Lage jederzeit im Griff. Insbesondere vor dem Hintergrund der starken Einsatzbelastung nach dem G20-Gipfel gilt mein besonderer Dank der Thüringer Polizei und den sie unterstützenden Einheiten aus anderen Bundesländern“, erklärt Poppenhäger.
Auch Ramelow selbst äußerte keine Kritik am Polizeieinsatz. Stattdessen forderte er, das Versammlungsrecht einzuschränken, damit „in Zukunft Landratsämter und Genehmigungsbehörden und dann auch in der Folge die entscheidenden Gerichte diese Dinge nicht mehr unter Meinungsfreiheit abtun.“
Eine solche Maßnahme würde sich nicht gegen die Neonazis richten, die unter den Augen der thüringischen Polizei sogar massenhaft Straftaten begehen können, sondern gegen linke Proteste. Nicht zufällig hatte die Ramelow-Regierung 450 Polizisten nach Hamburg geschickt, um dort die Grundrechte der Demonstranten anzugreifen.
Dass die gleichen Polizisten jetzt beauftragt wurden, die Straftaten von Neonazis zu decken, ist eine deutliche Warnung. Von SPD bis Linkspartei sind alle bürgerlichen Parteien bereit, den Staat aufzurüsten und den braunen Bodensatz zu mobilisieren, um den Widerstand gegen ihre rechte Politik in der Bevölkerung zu unterdrücken.