Erste permanente Stationierung von US-Truppen an russischer Grenze

Rund 4.000 amerikanische Soldaten trafen am Wochenende mit Panzern, Artillerie und gepanzerten Fahrzeugen in Polen ein. Kurz vor der Amtseinführung des designierten amerikanischen Präsidenten Donald Trump am 20. Januar verschärfen sich dadurch die Spannungen mit Russland. Es handelt sich um die größte Truppenentsendung der USA nach Europa seit dem Kalten Krieg.

Die Truppen werden über sieben osteuropäische Länder verteilt, die mit Ausnahme Polens alle an Russland grenzen - darunter auch die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Nach neun Monaten werden die Truppen durch andere Einheiten ersetzt. Dadurch wird die Stationierung praktisch permanent. Die Nato plant im Laufe des Jahres zudem die Stationierung weiterer vier Bataillone an der russischen Grenze, und zwar in Polen und den drei baltischen Staaten.

Die Ankunft der Truppenkontingente erfolgt, nachdem die amerikanische Politik in jüngster Zeit Russland und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin übel beschimpft hat. Bei den Anhörungen der designierten Minister für Trumps Kabinett im Senat bezeichneten Abgeordnete Putin als „Kriegsverbrecher“, „Autokraten“ und „Mörder“. Zeitungen und Fernsehsender warfen Russland Verschwörungen und die Manipulation der US-Wahl vor.

Die amerikanischen Stationierungen in Polen sind Teil einer Vervierfachung der Verteidigungsausgaben für Osteuropa in 2017, die Verteidigungsminister Ashton Carter vergangenen Februar angekündigt hatte. Die jährlichen amerikanischen Militärausgaben für die Region werden dieses Jahr von 800 Millionen Dollar auf 3,4 Milliarden Dollar ansteigen.

Neben der Entsendung von Bodentruppen planen die USA auch, ein Raketenabwehrsystem in Polen zu installieren und Munitionsdepots sowie Befestigungsanlagen an der russischen Grenze aufzubauen.

Kreml-Sprecher Dimitri Peskow nannte die Aufrüstung „eine Bedrohung für unsere Sicherheit…insbesondere, da eine dritte Partei ihre militärische Präsenz an unseren Grenzen aufzubauen versucht“. Er fügte hinzu: „Jedes Land würde den Aufbau fremden Militärs an seinen Grenzen negativ aufnehmen. Genauso nehmen wir es auf.“

Ursprünglich sollte die Stationierung erst Ende des Monats stattfinden, d.h. nach der Amtseinführung des neuen US-Präsidenten. Aber sie wurde am Ende von der Obama-Regierung vorgezogen, um zu verhindern, dass die harte anti-russische Linie aufweicht, die von einflussreichen Teilen des amerikanischen Militär- und Geheimdienstapparats ausgeht.

Die Stationierung wurde von der aggressiv rechten und anti-russischen polnischen Regierung begrüßt, die letztes Jahr von der Europäischen Union formell abgemahnt wurde, weil sie „den Rechtsstaat, Demokratie und Menschenrechte verletzt“. Seit ihrer Amtsübernahme im Oktober 2015 hat die Recht- und Gerechtigkeitspartei (PiS) Richterstellen mit rechten Ideologen besetzt und ist gegen oppositionelle Medien vorgegangen.

Polnische Vertreter begrüßten die US-Truppen am Samstag enthusiastisch mit einer Zeremonie in der westpolnischen Stadt Zagan. Die Vertreter äußerten sich geradezu hysterisch und stellten Russland als aggressive Bedrohung für die Souveränität Polens und andere osteuropäische Länder da.

„Wir haben schon so lange auf Sie gewartet“, teilte der polnische Verteidigungsminister Antoni Macierewicz den aufmarschierten Truppen mit. „Wir warten seit Jahrzehnten… wir hatten das Gefühl, wir seien die einzigen, die die Zivilisation gegen die Aggression aus dem Osten verteidigten.“

Er sagte, die amerikanische militärische Präsenz sichere „Freiheit, Unabhängigkeit und Frieden in Europa und der ganzen Welt“. Ministerpräsidentin Beata Szydlo fügte hinzu: „Dies ist ein wichtiger Tag für Polen, für Europa, für unsere gemeinsame Verteidigung.“

Während der Zeremonie am Samstag sagte der US-Botschafter in Polen Paul Jones, die jüngste Stationierung signalisiere eine „unverrückbare Verpflichtung“ gegenüber Washingtons Nato-Verbündeten. „Dies ist Amerikas schlagkräftigste Kampftruppe: eine kampfbereite, bestens ausgebildete, mit modernsten Waffen ausgerüstete Panzerbrigade.“

Ein US-Bataillon wird in Ostpolen in der so genannten Suwalki-Lücke stationiert, zwischen Weißrussland und der russischen Enklave Kaliningrad. Diese Truppe dienen als eine Art Stolperdraht. Sie erhöhen im Fall eines Grenzkonflikts die Wahrscheinlichkeit einer offenen militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und den USA.

Die offizielle Begründung für die Aufrüstung ist der Anschluss der Krim an Russland im März 2014, der von den USA und der Nato als einseitige Aggression Russlands interpretiert wurde.

Tatsächlich hatte die Initiative auf der Krim hauptsächlich einen defensiven Charakter. Sie war eine Reaktion auf den vom Westen unterstützten und von Faschisten geführten Putsch in der Ukraine im Februar 2014. Dieser drohte den Zugang Russlands zu seinem Flottenstützpunkt in Sewastopol abzuschneiden. Dem Anschluss ging ein Referendum auf der hauptsächlich russischsprachigen Krim über die Lostrennung von der Ukraine und den Anschluss an Russland voraus.

Die USA und ihre Nato-Verbündeten nutzten den Anschluss als Vorwand für eine Reihe von Vergeltungsaktionen, zum Beispiel für Wirtschaftssanktionen gegen die russische Regierung und Einzelpersonen.

Die Stationierung der US-Truppen wurde in den amerikanischen Medien eher heruntergespielt. In This Week, dem Interview Programm von ABC am Sonntag wurde sie nur einmal nebenbei erwähnt. In Meet the Press und Face the Nation wurde sie praktisch völlig ignoriert. Die Berichte auf CNN und in der New York Times stellten die Stationierung als Maßnahme zur Verteidigung kleinerer Staaten an der russischen Grenze dar.

In der Berichterstattung fehlte jeder Hinweis auf historische Zusammenhänge. Der Zweite Weltkrieg, der zum Tod von 26 Millionen Sowjetbürgern führte, begann 1939 mit dem Überfall Nazideutschlands auf Polen. Für Deutschland war die Eroberung Polens das Vorspiel für den Überfall auf die UdSSR. Der „Vernichtungskrieg“ Nazideutschlands gegen die Sowjetunion begann im Juni 1941. Hitler betrachtete die Eroberung Sowjetrusslands als Schlüssel für den Aufstieg Deutschlands zur Weltmacht, um es mit den Vereinigten Staaten aufnehmen zu können.

Jetzt versuchen die Vereinigten Staaten ihren Würgegriff über Eurasien zu festigen und bereiten sich auf einen Showdown mit ihrem wichtigsten internationalen Rivalen China vor. Hierzu bereiten sie sich auf einen militärischen Zusammenstoß mit Russland vor, der zweitgrößten Atommacht der Erde.

Wenn Trump jetzt eine zurückhaltendere Haltung gegenüber Russland signalisiert, dann nur, um sich auf die diplomatische, wirtschaftliche und militärische Aggression gegen China zu konzentrieren. In einem Interview mit dem Wall Street Journal vom Wochenende sagte Trump, er stehe der Aufhebung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland positiv gegenüber. Trump bekräftigte gleichzeitig seine Bereitschaft, Washingtons jahrzehntelange Politik der Nichtanerkennung Taiwans zu überdenken. Peking warnte, dass eine solche politische Initiative zu einem Bruch der diplomatischen Beziehungen führt.

Trumps designierter Außenministers, der ehemalige Geschäftsführer von ExxonMobile Rex Tillerson, erklärte bei seiner Anhörung im Senat in der vergangenen Woche, dass die USA unter Trump den Zugang der Chinesen zu den von ihnen beanspruchten Inseln im Südchinesischen Meer sperren würden. Chinesische Kommentatoren nennen ein solches Vorgehen einen Kriegsakt.

Im politischen Establishment der USA herrscht ein erbitterter Fraktionskampf über die Außenpolitik. Beide Fraktionen sind jedoch dafür, die militärische Eskalation gegen nuklear bewaffnete Mächte voranzutreiben, ob gegen Russland oder gegen China. In beiden Fällen sind die Folgen für die gesamte Welt katastrophal.

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