Auf dem Gipfel der Asia Pacific Economic Cooperation (APEC) im peruanischen Lima am Wochenende war die Unsicherheit, Instabilität und politische Neuorientierung von Regierungen weltweit nach Donald Trumps Sieg in der Präsidentschaftswahl zu spüren.
Formell wurde die amerikanische Delegation vom scheidenden Präsidenten Barack Obama geführt, aber Trumps Wahl warf einen langen Schatten auf das Treffen der 21 politischen Führer voraus. Die Stimmung war in hohem Maße von wachsendem Pessimismus geprägt, denn die künftige Trump-Regierung nimmt eine immer offenere protektionistische, nationalistische und militaristische Form an.
Trump droht mit 45prozentigen Zöllen gegen chinesische und andere Importe, angeblich um „amerikanische Arbeitsplätze“ zu schützen. Damit verabschiedet er sich von dem sogenannten „Freihandel“, mit dessen Hilfe bisherige Regierungen die wirtschaftliche Vorherrschaft der USA nach dem Zweiten Weltkrieg in der Region zu wahren versuchten.
Nach dem Sieg Trumps hat Obama sein Versprechen fallen gelassen, seine verbleibende Amtszeit zu nutzen, um die Trans Pacific Partnership (TPP) vom Kongress ratifizieren zu lassen. Dieses Abkommen war selbst alles andere als eine Vereinbarung über „Freihandel“. Vielmehr sollte es den USA als aggressiver Handelsblock dienen, der China ausschloss und die ungehinderte wirtschaftliche Vorherrschaft der USA in der Region festschreiben sollte.
Obama hat selbst immer wieder erklärt, das TPP-Abkommen sei der wirtschaftliche Arm des „Pivot to Asia“ - eine Politik, die Chinas zunehmendem Einfluss entgegenwirken soll. Mittels TPP wären die USA in der Lage, die Regeln des globalen Handels zu bestimmen, und nicht China. Trumps „Amerika zuerst“-Protektionismus lässt nun das Feigenblatt von „Freihandel“ und „offenen Märkten“ fallen und propagiert mit kriegerischen Tönen die amerikanischen Interessen gegenüber seinen Rivalen, besonders China.
Während des gesamten US-Wahlkampfs versuchte Trump, die extreme Unzufriedenheit der Arbeiterklasse und ihre Ablehnung des wirtschaftlichen und politischen Establishments in nationale Bahnen zu lenken. Er versprach, er werde „Amerika wieder groß machen“ und „amerikanische Arbeitsplätze“ auf Kosten von Rivalen wie China und Japan schützen.
Trumps unverhüllter Nationalismus zwingt jede Regierung, sich auf direkte wirtschaftliche Konflikte vorzubereiten und neu aufzustellen.
In einer Rede auf dem Gipfel propagierte der chinesische Präsident Xi Jinping selbstbewusst eine von China geführte Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Eine solche Partnerschaft würde Indien einbeziehen, die USA und andere nord- und südamerikanische Mitglieder von APEC jedoch ausschließen.
Aus diplomatischen Gründen stellte Xi die RCEP als Schritt hin zu einer erweiterten Freihandelszone dar, der Free Trade Area of the Asia-Pacific (FTAAP), die alle 21 APAC-Mitglieder umfassen würde. Im Gegenzug zur Unterstützung der chinesischen Pläne versprach Xi eine weitere Öffnung der chinesischen Märkte und damit die Möglichkeit für transnationale Konzerne, billige Arbeitskräfte auszubeuten.
„Wir werden Auslandsinvestitionen erleichtern und weiterhin lukrative Freihandelszonen in China einrichten“, sagte Xi. „Das Investitionsklima in China wird sich verbessern und transparenter werden und so ausländischen Firmen ermöglichen, an Chinas Wachstumspotentialen teilzuhaben.“
Seine Offensive verstärkt die Bemühungen Pekings, US-Verbündete mit dem Versprechen von Investitions- und Handelschancen von ihrer Unterstützung für den amerikanischen „Pivot to Asia“ abzubringen. In den letzten Wochen wurden zu diesem Zweck dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte und dem malaysischen Ministerpräsidenten Najib Razak großzügige Angebote gemacht.
Australien und Neuseeland haben zwar öffentlich die Hoffnung noch nicht aufgegeben, TPP wiederzubeleben, allerdings warnen sie, dass sie gezwungen wären, China zu folgen, wenn diese Hoffnungen auf das Handelsabkommen zerstört würden. Beide Länder befinden sich in einem tiefen Dilemma: Sie sind einerseits stark von Exporten nach China abhängig, andererseits unterhalten sie seit dem Zweiten Weltkrieg militärische und strategische Bündnisse mit den USA.
Über die RCEP sagte der australische Ministerpräsident Malcolm Turnbull gegenüber Reportern: „Sie ist nicht so weitgehend wie die TPP, aber je mehr Zugang wir zu den Märkten für unsere Exporte bekommen, desto besser.“ Auf seinem Weg zum APAC-Gipfel versuchte Turnbull, ein Treffen mit Trump zu arrangieren, aber er wurde abgewiesen. Das verstärkt die Angst in Canberra über die Auswirkungen des designierten Präsidenten auf die Beziehungen zwischen den Ländern.
Ähnlich äußerte sich der neuseeländische Ministerpräsident John Key. Er beteuerte, die USA seien zwar ein wichtiger Partner in der Region, aber China werde das Vakuum füllen, falls die Trump-Regierung sich vom sogenannten „Freihandel“ zurückziehen sollte. Key sprach von „völliger Verzweiflung“, die die Ansichten Trumps zur Handelspolitik auslösten.
Japans Elite steht vor einer akuten Krise. Eine der nationalistischen Zeitungen des Regimes in Peking, die Global Times, rieb sich die Hände angesichts der Auswirkungen der Politik Trumps auf Japan. Die Regierung unter Premierminister Shinzo Abe hatte stark auf die TPP gesetzt, um die jahrelange wirtschaftliche Stagnation des Landes zu überwinden.
„Trumps Erklärung, TPP fallen zu lassen und Japan unter Druck setzen zu wollen, in Japan stationierte amerikanische Truppen zu bezahlen, hat Abe verunsichert und droht ihre Strategie, sich zur Eindämmung Chinas auf die USA zu stützen, scheitern zu lassen“, hieß es in einem Leitartikel in der Global Times. Und weiter: „China ist in einer besseren Position, die Geopolitik des Asien-Pazifik-Raums zu gestalten.“
Die japanische Regierung, die immer noch für die drittgrößte Volkswirtschaft der Erde spricht, wird möglicherweise versuchen, TPP zu einem von Japan geführten Block umzuwandeln, um seine eigenen imperialistischen Interessen zu sichern. Der Japan Times zufolge beschlossen die Staatschefs der zwölf TPP Staaten am Samstag, ihre Bemühungen zu verstärken, das Abkommen in ihren Länder zu ratifizieren. Sie zitierte Abe mit den Worten: „Wenn wir den Ratifizierungsprozess in unseren Ländern jetzt stoppen, dann ist TPP endgültig tot.“
Auf seinem Weg zum APEC-Gipfel machte Abe einen kurzfristig organisierten Abstecher nach New York, um Trump zu treffen. Das war ein klarer Ausdruck der Sorge in Tokio über die Auswirkungen der Politik Trumps. Das Treffen produzierte nicht viel mehr als heiße Luft über die Bedeutung des amerikanisch-japanischen Bündnisses. Abe nutzte dann das APAC-Treffen auch, um Tokios Verbindungen zu anderen Regierungen zu stärken, darunter der russischen, der südkoreanischen und der philippinischen, um auf diese Weise die Kehrtwende der USA auszugleichen und China entgegenzuwirken.
Der APAC-Gipfel endete mit einer formellen Erklärung, die alle 21 Mitglieder verpflichtet, „unsere Märkte trotz der „zunehmenden Skepsis in Handelsfragen offen zu halten“. In den Wirtschaftsmedien werden allerdings andere Schlussfolgerungen gezogen.
Henry Ergas sagte in Murdochs Australian voraus, dass Trumps Protektionismus „zu Handelskriegen führen könnte, die für Australien und die Welt enorm kostspielig wären“. Einige politische Kommentatoren verbreiten zwar die Illusion, dass Trump seine aggressive Politik mäßigen werde, sobald er an der Regierung sei. Ergas warnte dagegen, dass ein weiterer Arbeitsplatzabbau in Amerikas „Rostgürtel“ (älteste und größte Industrieregion im Nordosten Amerikas) es Trump umso „schwerer machen werde, von seinen freihandelsfeindlichen Positionen des Wahlkampfs abzurücken.“
Wie in den 1930er Jahren führt Handelskrieg unausweichlich zu militärischem Krieg. Trump hat angekündigt, die US-Armee auf 550.000 Mann und die Navy auf 350 Schiffe aufzustocken. Einer seiner Berater, der Ex-Bürgermeister von New York, Rudy Giuliani, erklärte dazu vergangene Woche, diese Maßnahme werde sicherstellen, dass „China im Pazifik nicht an uns heranreichen kann“.
Die Verwirrung, die Trumps Sieg ausgelöst hat, ist nur ein Vorgeschmack auf die explosiven und potentiell katastrophalen wirtschaftlichen und militärischen Konflikte über die Frage, welche herrschende Elite den asiatischen Pazifik beherrschen wird.