In den anderthalb Wochen seit Donald Trumps Sieg bei den US-Präsidentschaftswahlen von 2016 haben sich führende Demokraten in atemberaubender Geschwindigkeit darauf eingerichtet, den designierten Präsidenten zu unterstützen. Dieselben Personen, die Trump vor dem 8. November noch als existentielle Bedrohung für das Land bezeichnet hatten, verpflichten sich jetzt, mit ihm zusammenzuarbeiten.
Was ist in den zehn Tagen seit den Wahlen passiert? Zuerst kamen die versöhnlichen Äußerungen von Präsident Barack Obama und Hillary Clinton, die in der Wahl noch Trumps Kontrahentin war. Obama erklärte am Tag nach den Wahlen, es sei seine „oberste Priorität“ sicherzustellen, dass Trump „erfolgreich“ ist. Dann entschuldigte sich die New York Times, die führende Tageszeitung der USA, für ihre Berichterstattung im Wahlkampf, in dem sie für Clinton Kampagne gemacht hatte.
Sogenannte „linke“ Demokraten, wie die Senatoren Bernie Sanders und Elizabeth Warren, beeilten sich zu erklären, dass sie mit Trump in grundlegenden Fragen seines Programms „zusammenarbeiten“ würden. Ähnlich äußerten sich Gewerkschaftsführer wie der AFL-CIO-Präsident Richard Trumka und der UAW-Präsident Dennis Williams. Nach einem Treffen mit dem designierten Vizepräsidenten Mike Pence in dieser Woche lobte Vizepräsident Joseph Biden seinen Nachfolger und erklärte, das Amt werde vom „ersten Tag“ der neuen Regierung an in „guten Händen“ sein.
Gleichzeitig wurde in dieser ganzen Zeit die ultrarechte politische Agenda der designierten Regierung, die in der Ernennung des Faschisten Stephen Bannon zum neuen Chefstrategen Trumps ihren schärfsten Ausdruck findet, ignoriert oder heruntergespielt. Auch die Tatsache, dass Trump voraussichtlich zwei Millionen weniger Stimmen als Clinton bekommen hat und nur aufgrund einer Mehrheit in der Wahlmännerversammlung gewinnen konnte, wird von den Demokraten und den Medien als unbequeme Wahrheit behandelt, die ihrem jetzigen Bemühen um die Stabilität der neuen Regierung im Wege steht.
Diese Entwicklung ist nicht nur das Ergebnis der altbekannten Rückgratlosigkeit der Demokratischen Partei, sondern sie hat eine bestimmte politische Logik. Die Wahlkampagne war zwar der Ausdruck von erbitterten Fraktionskämpfen innerhalb der herrschenden Klasse, doch der Ausgang der Wahl hat einer Neuausrichtung der Klassenpolitik den Weg geebnet – in eine extrem nationalistische Richtung.
Besonders aufschlussreich ist die Reaktion der demokratischen Kongressmitglieder auf die neuen Machtverhältnisse in Washington. Eingeleitet wurde diese Wende von den Demokraten im Senat, die am Mittwoch Charles Schumer zu ihrem neuen Minderheitsführer gewählt haben, nachdem dessen Vorgänger Harry Reid aus Nevada in den Ruhestand getreten war.
Schumer ist ein Senator aus New York und ein glühender Verteidiger der Interessen der Wall Street. Er vertritt außerdem eine aggressive Wirtschafts- und Handelspolitik gegen China. Über Jahre hinweg hat er zusammen mit der republikanischen Kriegstreiberin Lindsey Graham aus South Carolina Gesetzesentwürfe vorgelegt, in denen gefordert wird, dass die US-Regierung China unter der Androhung von Strafzöllen auf chinesische Importe zwingen solle, seine Währung aufzuwerten.
Der vehementeste Verfechter einer solchen Politik ist der designierte Präsident Trump. Er hat erklärt, er werde eine Verordnung erlassen, mit der China als „Währungsmanipulator“ gebrandmarkt wird, und Zölle in Höhe von bis 45 Prozent verhängen, um Peking zur Aufwertung zu zwingen. Trump und Schumer kennen sich seit Jahrzehnten, und Trump hat ihn bei seinen Kampagnen im Repräsentantenhaus und im Senat unterstützt.
Die New York Times, die die Pro-Trump-Kampagne der Demokraten weitgehend unterstützt, veröffentlichte am Donnerstag einen Leitartikel unter der Überschrift: „Die überraschende Strategie der Demokraten im Senat: Ein Versuch, sich an Trump anzupassen“. Der Artikel berichtete, dass die Demokraten im Kongress „ein Programm ausarbeiten, das sich auf viele Vorschläge des designierten Präsidenten Donald J. Trump ausrichtet, die ihn in Konflikt mit seiner eigenen Partei gebracht haben“.
Da Trump keine engen Verbindungen zur Führung der Republikaner im Kongress hat, hoffen die Demokraten, ihn in bestimmten Fragen auf ihre Seite ziehen zu können, wenn sie sich sein Handelskriegsprogramm zu eigen machen, mit dem sie weitgehend übereinstimmen. Der Bericht der Times fährt fort: „Senator Chuck Schumer aus New York, der am Mittwoch zum neuen Minderheitsführer der Demokraten gewählt wurde, hat schon mehrfach mit Mr. Trump gesprochen. Außerdem planen die Demokraten, in den kommenden Wochen populistische ökonomische und ethische Initiativen vorzustellen, von denen sie glauben, dass sie Mr. Trump gefallen könnten.“
Der Versuch, das Bündnis der Demokraten mit Trump als „populistische“ Wende hin zur „weißen Arbeiterklasse“ darzustellen, ist ein Betrug. Das nationalistische Programm soll die Interessen der amerikanischen Konzerne gegen ihre Rivalen durchsetzen. Die Konsequenz dieser Politik sind noch brutalere Militärinterventionen auf der ganzen Welt.
Bernie Sanders wurde diese Woche in die Führung der Senatsfraktion berufen. Diese Aufwertung von Sanders’ Rolle in der Demokratischen Partei ist von großer Bedeutung. Er hatte seine Kampagne in den demokratischen Vorwahlen zu einem großen Teil auf die Opposition gegen Handelsabkommen gestützt. Auch der Senator Joe Manchin aus West Virginia, eine fanatischer Protektionist, der bereits überlegt hatte, zu den Republikanern zu wechseln, wurde jetzt in die demokratische Senatsführung aufgenommen.
Die Behauptung der Demokraten, sie werden mit Trump in bestimmten Fragen „zusammenarbeiten“, während sie in anderen gegen ihn agieren, ist eine politische Fiktion. Eine nationalistische Wirtschaftspolitik wird zwangsläufig von einem aggressiven Einsatz militärischer Gewalt im Ausland begleitet sein. Das deutete sich bereits am Donnerstagabend an, als bekannt gegeben wurde, dass Trump den ehemaligen General Michael Flynn, einen vehementen Kriegstreiber, zu seinem Nationalen Sicherheitsberater ernennen wird.
Gleichzeitig werden alle Versuche der herrschenden Klasse, das wirtschaftliche Wachstum durch nationalistische Maßnahmen anzukurbeln, mit einer größeren Ausbeutung der Arbeiterklasse in den Vereinigten Staaten einhergehen. Die Hinwendung zu Trump signalisiert, dass die herrschende Elite sich darauf vorbereitet, autoritäre Herrschaftsmethoden und Polizeigewalt anzuwenden, um die wachsende soziale Opposition zu unterdrücken.
Die Wahl von Trump bedeutet eine deutliche Veränderung der politischen Methoden der herrschenden Klasse. Doch seine Politik befindet sich voll im Einklang mit dem allgemeinen politischen Kurs, der bereits seit Jahrzehnten verfolgt wird.
In der amerikanischen herrschenden Elite und ihren beiden politischen Parteien gibt es keine Unterstützung für einen wirklichen Kampf gegen das ultrarechte, autoritäre und militaristische Regime, das in Washington gerade Gestalt annimmt. Die neue Trump-Regierung ist eine Regierung der tiefen Krise. Sie wurde mit weniger als einem Viertel der Stimmen der Bevölkerung gewählt und hat kein Volksmandat für die brutale, reaktionäre Politik, die sie durchsetzen wird.
Der Kampf gegen Trump kann nicht durch eine Fraktion der diskreditierten Demokratischen Partei oder durch irgendeine Institution des kapitalistischen Staats geführt werden. Er erfordert die unabhängige politische Mobilisierung der Arbeiterklasse und den Aufbau ihrer eigenen Partei, die auf einem sozialistischen und internationalistischen Programm basiert.