Beobachtet man den Parteitag der Republikaner, muss man anerkennen, dass dort grundlegende politische Grenzen überschritten werden.
Es gibt wenig Grund, die politische Geschichte der Vereinigten Staaten zu beschönigen. Die Parteitage beider kapitalistischer Parteien sind seit jeher eine recht schmutzige Angelegenheit. Dort versammeln sich tausende Delegierte, die einen Querschnitt korrupter Politiker und Akteure im Sold des Big Business bilden. In den letzten fünfzig Jahren sind daraus Kandidaten wie Barry Goldwater, Richard Nixon, Ronald Reagan, Bill Clinton und die beiden Bushs hervorgegangen. Aber der gegenwärtige Parteitag der Republikaner in Cleveland, der Donald Trump gerade offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt hat, drückt etwas neues aus: hässlich, abstoßend und krank.
Auch Sozialisten, die seit langem die Krise der amerikanischen Demokratie verfolgen und sorgfältig analysieren, können ein Ekelgefühl kaumunterdrücken. Man fragt sich unwillkürlich: „Ist es wirklich so weit gekommen?“ Der Parteitag ist eine Bühne des Grotesken und Absurden. Auf ihr ist alles zu sehen, was in der amerikanischen Politik und Kultur schäbig, dumm, rückständig, grausam und reaktionär ist.
Ein Hauch demoralisierter Paranoia liegt über dem Parteitag. Unter der Parole „Make America Great Again“ (Macht Amerika wieder groß), schildern die Redner ein Land, das sich unabänderlich im Niedergang befindet, umlauert von inneren und äußeren Feinden. Die Reden voll endloser Appelle an Militär und Polizei vermitteln den Eindruck, dass sich hinter der ganzen Prahlerei eine herrschende Klasse verbirgt, die es nicht mehr wagt in die Zukunft zu blicken und zutiefst nervös ist.
Donald Trump erschien am Montagabend auf einer herausgehobenen Bühne und präsentierte seine Ehefrau, die ihren Helden in einer Rede voller Plagiate feierte. Wie schade, dass keiner der heutigen Journalisten H.L. Mencken das Wasser reichen kann. Dieser Autor hätte es sicher nicht versäumt, die absurde Ironie herauszustellen, dass hysterische evangelikale Delegierte sich einen Propheten erwählen, der schon zum dritten Mal verheiratet ist, sich in aller Öffentlichkeit über die Größe seiner intimen Körperteile auslässt und die New Yorker Boulevardzeitungen mit seinen schlüpfrigen Sexerlebnissen unterhält.
Ein anderer großer amerikanischer Satiriker, Sinclair Lewis, der Autor von „Elmer Gantry“ und „Das ist bei uns nicht möglich“, hätte im Jubel der Delegierten wahrscheinlich den Beweis gesehen, dass sich in den Vereinigten Staaten puritanische Hysterie mit Faszination für Pornographie verbindet, und dass selbst die allergrößte Frömmelei der Jagd nach dem allmächtigen Dollar niemals im Wege steht.
Die Person Donald Trump ist wenig originell, abgesehen von seiner grenzenlosen Selbstverliebtheit und seines Narzissmus, worin sich die Gier und Kriminalität der amerikanischen herrschenden Klasse ausdrückt. An seiner persönlichen Geschichte sticht allein seine Fähigkeit hervor, die Eigenschaften eines zwielichtigen Wirtschaftsbosses mit den Starallüren des amerikanischen Fernsehprofis zu verbinden.
Die World Socialist Web Sitehat schon früher darauf hingewiesen, dass Trumps besondere faschistoide Persönlichkeit nicht in einer Münchner Bierhalle oder in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs geformt wurde, sondern auf dem Immobilienmarkt von New York City. Mit seinen Kasinos, seinen fiktiven Universitäten und seinem endlosen Strom gescheiterter Unternehmen gibt es kaum eine bessere Verkörperung der Wirtschaftskriminalität und des amerikanischen Kapitalismus.
Dass Trump nur die Spitze des Eisbergs ist und einen umfassenderen politischen Niedergang zum Ausdruck bringt, stach bei diesem Parteitag, seinem Umfeld und den Rednern – einer reaktionärer als der andere – regelrecht ins Auge. Da bemühte sich der Ex-Bürgermeister von New York City, Rudolph Giuliani, mit blutrünstigem Geschrei Benito Mussolini nachzuahmen. Giulianis Vorredner war Sheriff David Clark aus Milwaukee, der erst kürzlich erklärt hatte, das Land befinde sich in einem Bürgerkrieg, beschwor den Kampf der Verteidiger von Recht und Ordnung gegen revolutionäre marxistische Kräfte, Occupy Wall Street und die Bewegung Black Lives Matter, die er allesamt in einen Topf mit dem Islamischen Staat warf.
Das Parteiprogramm wurde am Montag zügig verabschiedet. Es ist ausdrücklich dem Militär und der Polizei gewidmet und hat das Ziel, sämtliche juristischen, finanziellen und staatlichen Hindernisse für die hemmungslose Bereicherung zu beseitigen. Es fordert die Aufhebung des 16. Verfassungszusatzes, der die bundesstaatliche Einkommensteuer vorsieht, die Senkung der Unternehmenssteuern und die Beseitigung staatlicher Regulierungen, die Kürzung von Medicaid und Überführung von Medicare in ein System, das den Kauf privater Versicherungspolicen subventioniert; die Kürzung der Sozialversicherung und die Ersetzung der noch existierenden Sozialprogramme durch „eine Dynamik der Barmherzigkeit bei den Arbeitsanforderungen“ ersetzt werden. Die Umweltbehörde wird abgeschafft. Das Programmdokument stimmt auch Trumps Vorschlag zu, an der mexikanischen Grenze eine Mauer zu bauen.
Es proklamiert eine Art klerikalen Autoritarismus, mit einer Regierung, die sich auf religiöse Prinzipien stützt. Außer den allgegenwärtigen Verweisen auf Gott wollen die Republikaner die Abtreibung generell verbieten, Firmen und Organisationen zulassen, die auf religiöser Diskriminierung basieren, und Gerichtsurteile kassieren, die gleichgeschlechtliche Ehen erlauben.
Das Wichtigste am Programm der Republikanischen Partei ist allerdings, was es über die Außenpolitik zu sagen hat. Demnach müssen die Vereinigten Staaten die gesamte Welt den Interessen der amerikanischen Konzerne unterordnen. „Wir können ausländischen Regierungen nicht erlauben, den Zugang amerikanischer Interessen zu ihren Märkten zu verwehren und gleichzeitig unser geistiges Eigentum, unsere Patente, unsere Marken, unser Knowhow und unsere Technologie zu stehlen“, heißt es dort. „Wir können China nicht länger erlauben, seinen Wechselkurs zu manipulieren, US-Produkte von Regierungsaufträgen auszuschließen und chinesische Firmen zu subventionieren, um amerikanische Importe zu behindern.“
Im Nahen Osten tritt das Dokument dafür ein, Assad in Syrien zu stürzen, Krieg gegen die Hisbollah im Libanon zu führen, Obamas Abkommen mit dem Iran über den Haufen zu werfen, den Krieg im Irak auszuweiten und Israel bedingungslos zu unterstützen. Das Programm fordert die Bewaffnung der Ukraine gegen Russland und verspricht, „die Rückkehr russischer Kriegstreiberei mit der gleichen Entschlossenheit zu bekämpfen, die zum Zusammenbruch der Sowjetunion geführt hat“.
Die Entschlossenheit des amerikanischen Imperialismus, den ganzen Globus zu dominieren, gipfelt in dem Satz, die Vereinigten Staaten müssten „ihre natürliche Position als Führer der Freien Welt zurückerobern, indem sie ihr Militär wieder zum stärksten der Welt aufbauen, ein Militär, das jedem Land der Erde und jeder Gruppe von Ländern haushoch überlegen ist.“
Dies ist das Programm einer bis an die Zähne bewaffneten Festung Amerika. Eine solche Agenda kann man nicht durchsetzen, ohne einen Polizeistaat zu errichten, die Arbeiterklasse in totale Armut zu stürzen und einen Weltkrieg vom Zaun zu brechen.
Nächste Woche, wenn der Parteitag der Demokraten stattfindet, werden wir Gelegenheit haben, auch die andere Seite des politischen Systems Amerikas zu betrachten. Man muss allerdings sagen, dass die Charakteristika, die sich auf dem Republikanischen Parteitag und in Trumps Person zeigen, nicht nur auf eine Partei zutreffen, geschweige denn auf eine einzelne Person, sondern auf das ganze politische und gesellschaftliche System. Was bei der Demokratischen Partei noch zum Teil verdeckt ist, liegt in der Republikanischen Partei schon offen zutage. Trumps Nominierung stellt in der Todeskrise des amerikanischen Kapitalismus einen Wendepunkt dar.